Nitratdienst 2006 im Rückblick

Bodenprobenahme auf dem Feld

Monatlich einmal wird die Entwicklung des Bodenstickstoffs von der Landwirtschaftskammer auf 60 Dauerbeobachtungsflächen gemessen. Mit diesem aufwendigen Monitoringprogramm werden Veränderungen festgestellt, die dem Landwirten eine Hilfestellung bei der Bemessung der Düngung geben soll. Die Dynamik des Bodenstickstoffs ist außerordentlich Komplex, da viele Faktoren zusammenspielen. So wirkt sich zum einen das Wetter mit Temperatur, Einstrahlung und Niederschlag auf die Mineralisation aus. Ebenfalls ist die Düngung auf der Habenseite zu buchen. Auf der anderen Seite stehen die N-Aufnahme der Pflanze und mögliche Verluste durch Auswaschung oder in gasförmiger Form an die Atmosphäre. Mit der Beobachtung des Bodenstickstoffs über die N min-Methode in 3 Schichten kann das Geschehen verfolgt werden. Daraus können außerdem weitere Rückschlüsse zur Fruchtfolgegestaltung und Bodenbearbeitung gezogen werden, die sowohl der Stickstoffeinsparung dienen können wie auch der Umwelt, da der Stickstoff maßgeblichen Einfluss auf die Qualität des Grund- und Oberflächenwassers hat. Das Erntedankfest als Zeitpunkt des Rückblicks auf die vergangene Vegetation soll Anlass für einen Rückblick des Nitratdienstberichtsjahres sein.

Der ausgesprochen warme und sonnige Herbst 2005 bedingte eine starke herbstliche Stickstofffreisetzung. Neben den Tagesmitteltemperaturen, die sich bis Anfang November fast durchgehend über 15 °C hielten, war es vor allem auch die hohe Einstrahlung, die die Bodentemperaturen auf einem hohen Niveau verharren ließen. Im September wurden somit noch Bodentemperaturen von 20 °C in 20 cm gemessen. Unter Gerste fanden sich im Mittel der 11 Beobachtungsflächen im Oktober 129 kg/ha. Die hohe Freisetzung bewirkte ein oft mastiges Wachsen der Herbstsaaten insbesondere von Raps und Gerste, die zwar dadurch wieder Stickstoff abschöpften, aber selbst im November war noch ein Vorrat von 83 kg/ha im Durchschnitt gemessen worden. Der Weizen startete mit einem etwa niedrigerem Niveau von rund 80 kg/ha im Oktober. Insgesamt waren 12 Weizenflächen in der Beprobung, die sich zur Hälfte auf Standorte im Rheinland und Westfalen aufteilten.

Die im letzten Jahr vorgenommene Ausweitung des Nitratdienstes auf ganz Nordrhein-Westfalen hatte zur Folge, dass eine höhere Stichprobenzahl die Aussagesicherheit erhöht. Anhand der Grafiken, die den Vergleich der rheinischen und westfälischen Standorte zeigt, wird aber auch sehr deutlich, dass es enorme Unterschiede zwischen den Standorten gibt und eine reine Mittelwertbetrachtung der Vielfalt der pflanzenbaulichen Gegebenheiten oft nicht gerecht werden kann. So ergab sich bereits im November ein unterschiedliches Ausgangsniveau von 63 kg/ha auf den westfälischen und 90 kg/ha auf den rheinischen Standorten, die sich jeweils zum überwiegenden Teil auf die obersten Beprobungshorizonte aufteilten. Eine vorwinterliche Verlagerung war auf den rheinischen Standorten nicht festzustellen. Zum einen bestand noch ein hohes Wasserdefizit aus dem September, das zunächst wieder aufgefüllt werden musste, bevor es zur Sickerwasserbildung kam. Die tiefgründigen Böden vermögen außerdem hohe Wassermengen zu speichern. Gleichzeitig waren aufgrund der hohen Einstrahlung noch ungewöhnlich hohe Verdunstungsraten vorhanden.

Anhand der Verteilung des Stickstoffs im Profil ist eine Verlagerung in die unteren Schichten deutlich erkennbar. Bis Januar schien es aber keine Auswaschung aus dem Horizont bis 90 cm Tiefe zu geben.

Im westfälischen Teil waren die Verhältnisse anders. Die Umverlagerung aus der obersten Schicht in die Tiefe machte in der unteren Beprobungsschicht nicht Halt. Ein kontinuierlicher Verlust bis zum Januar war die Folge. Neben den weniger guten Bodenverhältnissen sind die regionalen Unterschiede vor allem durch höhere Regenmengen begründet. Von November bis März fiel auf den westfälischen Standorten mit rund 300 mm fast 100 mm mehr Niederschlag als auf den rheinischen Standorten. Ein nicht unerheblicher Effekt kommt dabei der Regenintensität zu. So gab es bis zum Frühjahr zwar nicht übermäßig viel Regen. Die Niederschlagsereignisse im Herbst waren aber häufig sehr hoch, was eine schnellere Verlagerung bewirkt.

Mit entsprechend großen Unterschieden im Bodenstickstoff fing das Frühjahr an. Eine normal hohe Andüngung der Bestände war angeraten, da sich auf allen Standorten der Oberboden auf ein vergleichbar einheitliches Niveau eingependelt hatte, die meisten Bestände aber vergleichbar kräftig aus dem Winter kamen.

Ein Fortlaufen der Auswaschung konnte auf den westfälischen Standorten bis in den April hinein beobachtet werden, da bis dahin der Stickstoff der unteren Schicht abnimmt. Dies ist ebenfalls vergleichbar ungewöhnlich, da der sehr lange Winter erst ab Mitte April ein intensives Wachstum zuließ, das den Wasserstrom durch die Pflanzenaufnahme umkehrte. Der lange Winter bewirkte dann auch, dass die zuvor kräftigen Bestände einiges an Vitalität einbüßten und mit einem recht abrupten Wachstumsbeginn schnell die die Schossphase wechselten.

Die in den Grafiken dann sehr hohen Ausschläge der N min-Werte nach oben bedingen sich durch die Düngung, was auch anhand der erhöhten Ammoniumanteile ausgemacht werden kann. Ein höheres N-Angebot lässt sich aber bis in den Juli für die rheinischen Flächen nachvollziehen. Erst ab Mai wurden die noch hohen Reserven im Boden von den Pflanzen erreicht. Hier dürfte ein Grund liegen, dass die Eiweißgehalte bei nicht ganz befriedigenden Weizenerträgen vergleichbar hoch ausfallen.

Das kalte Frühjahr bewirkte, dass die Nachlieferung des Bodenstickstoffs nur sehr schleppend erfolgte. Bis Ende April wurden Bodentemperaturen von lediglich 9 °C gemessen. Die geringe Sonnenscheindauer ließ die Böden auch oberflächlich lange kalt. Der abrupte Wetterumschwung im Mai brachte im Münsterland neben den ersehnten höheren Temperaturen dann auch gleich Trockenstress auf den leichteren Standorten. Dieser schränkte die gerade angelaufene Mineralisation zum Teil wieder ein. Die geringe Frühjahrsnachlieferung hatte auch zur Folge, dass das Getreide eher knapp mit Stickstoff versorgt war und daher einen vergleichbar geringen Krankheitsdruck unterlegen war.

Die hohen Niederschlagssummen von Mitte bis Ende Mai füllten das Defizit wieder auf. Auf den Maisstandorten, die aufgrund des erst geringen Aufwuchses noch eine geringe Wasseraufnahme hatten, mussten größere N-Verlagerungen festgestellt werden. Nur wenig Stickstoff ging dabei wirklich verloren. Für die Interpretation der N min-Ergebnisse der späten Probenahme Ende Mai/Anfang Juni brachte es das Problem, dass die unterhalb des Untersuchungshorizontes von 60 cm Tiefe noch zum Teil erhebliche N-Mengen befanden. Anhand der Schichtenverteilung und der Standortdaten ließen sich die Verhältnisse doch einigermaßen sicher auslegen.

Der Juni machte einige Aufs und Abs bei den Temperaturen und Niederschlägen durch, die die meisten Standorte knapp ausreichend mit Wasser versorgt hielten. Die den ganzen Juli dauernde Hitze- und Trockenperiode wurde nur vereinzelt von Gewitterschauern unterbrochen. Da zuvor bereits keine Wasserreserven vorhanden waren litten der Mais und der noch in der Einlagerung befindliche Weizen extrem. Die dadurch auch eingeschränkte Mineralisation wirkte sich aber weniger limitierend als der direkte Wassermangel auf das Wachstum aus. Die kühlen schnell wieder zu feuchten Verhältnisse im August kehrten die Situation schnell wieder um. Erst mit dem verspäteten Hochsommer Anfang September waren wieder stärkere Mineralisationsgewinne zu verzeichnen.

Autor: Theo Remmersmann