Landessortenversuche Sojabohnen 2015

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Anbauversuche mit Sojabohnen


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Sojabohnenernte. Fotos: Heinz Koch


Sojabohnen - bald mehr als eine Nische?

Die Diskussion über Gentechnikfreiheit hat zumindest in der gesellschaftlichen Diskussion zu einem wachsenden Interesse an regional erzeugten GVO-freien Sojabohnen geführt. Größere Auswirkungen für Anbau und Vermarktung in NRW hatte dies bislang aber nicht. Hier fristet die Sojabohne ein absolutes Nischendasein. Die Anbaufläche in NRW belief sich 2015 auf gerade einmal 150 ha. Die Gründe sind logisch und nachvollziehbar. Aus Sicht der Anbauer hatte der Anbau mehr Risiken als Chancen. Die bislang verfügbaren Sorten waren entweder zu ertragsschwach oder für NRW zu spätreif. Für den konventionellen Anbau sind nur wenig Pflanzenschutzmittel zugelassen. Auch dies erhöht die Anbaurisiken. Für die geringen Erntemengen gibt es logischerweise nicht die entsprechenden Vermarktungswege und die für den Erzeuger notwendigen Preise.

Bundesweit sind, auf immer noch niedrigem Niveau, seit Jahren steigende Anbauflächen zu verzeichnen. Insbesondere in den klimatisch begünstigten südlichen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg hat der Anbau von Sojabohnen zugenommen.

Die Sojabohne stellt sehr hohe Ansprüche an Temperatur und Wasser. In NRW zu empfehlen ist der Anbau nur auf Gunststandorten mit leicht erwärmbaren Böden mit guter Wasserführung, hoher Wasserspeicherkapazität sowie guter Struktur. Das sind Lagen entlang des Rheins, die Köln-Aachener Bucht sowie Teile des Niederrheins. Aber auch günstige Lagen im Münsterland und Westfalen kommen für den Anbau mit Einschränkungen noch in Frage. Standorte mit Kaltluftsenken sowie Spätfrostlagen sind zu meiden. Wegen der bei der Ernte notwendigen tiefen Absenkung des Mähtisches sollte der Anbau auf steinigen Böden grundsätzlich unterbleiben. Wenn dennoch Sojabohnen auf steinigen Böden angebaut werden, muss unmittelbar nach der Saat gewalzt werden, damit die Bodenoberfläche möglichst eben und frei von aufliegenden Steinen ist.

Sojabohnen sind wie Körnermais in Reifegruppen eingeteilt. Sorten der Reife-gruppe 000 (sehr früh) eignen sich für Körnermaislagen, in denen Mittelfrühe Körnermaissorten K 240 bis 250 ausreifen. Bei der Sortenwahl in NRW muss der Fokus auf Sorten aus dem 000 Segment liegen. Nur so kann eine einiger-maßen sichere Abreife gewährleistet werden. Die Sojabohne verlangt Anbau-pausen von mindestens vier Jahren, um den Sklerotiniabefall möglichst gering zu halten. Enge Fruchtfolgen mit Soja, Raps, Erbsen oder Sonnenblumen sind zu vermeiden.

Ein hohes Stickstoffangebot hemmt die sehr wichtige Knöllchenbildung. Als Vorfrucht eignen sich daher bevorzugt Kulturen, die nur wenig Stickstoff im Boden hinterlassen. Sojabohnen sind ähnlich frostempfindlich wie Körnermais. Daher darf die Aussaat der Sojabohnen erst ab Mitte April bei Bodentemperaturen über 10 °C erfolgen. Eine zu frühe Saat mit nachfolgender feuchtkühler Witterung führt zu Auflaufverlusten und verlängert die kritische Phase der Jugendentwicklung. In der Auflaufphase sind Sojabohnen durch Vogelfraß stark gefährdet. In der weiteren Entwicklung fressen Hasen, Kaninchen und Rehe gerne die Pflanzen. Maßnahmen zur Wildschadensabwehr sind bei kleinflächigem Anbau leider die Regel und sollten mit dem Jagdausübungsberechtigten im Vorfeld abgestimmt werden. Bei Schneckenbefall kann eine Behandlung mit zugelassenen Schneckenbekämpfungsmitteln notwendig sein. Die Saatbettbereitung sollte auf abgetrockneten Böden mit wenigen Arbeitsgängen erfolgen. Die optimale Saattiefe beträgt 3 bis 4 cm. Die Saatstärke sollte bei den sehr frühen Sorten 65 bis 70 keimfähige Körner/m² betragen. Die Aussaat kann mit normaler Getreidesaattechnik vorgenommen werden. Besser ist die Einzelsaattechnik mit Reihenabstand von 30 oder 45 cm. Man erhält dadurch dichtere Reihen und hat im Bedarfsfall die Möglichkeit zu mechanischen Unkrautbekämpfung mit der Hacke.

Die Grunddüngung mit Phosphor, Kali und Magnesium erfolgt nach Nährstoffentzug. Bei 30 dt/ha Ertrag sind das 45 kg/ha P2O5, 50 kg/ha K2O und 15 kg/ha MgO.

Die Impfung ist Pflicht

Grundsätzlich werden Sojabohnen nicht mit Stickstoff gedüngt. Die Stickstoffversorgung der Pflanzen erfolgt zu 70 bis 80 % über die Stickstoffbindung der Knöllchenbakterien. Beim erstmaligen Anbau von Sojabohnen benötigen die Pflanzen eine Impfung des Saatgutes mit den entsprechenden Knöllchenbakterien. Dabei hat jede Leguminosenart eigene Knöllchenbakterien, die nicht auf anderen Leguminosen leben können. Es gibt die Möglichkeit der Bodenimpfung sowie die der Kontaktimpfung des Saatgutes. Letztere hat sich in unseren Versuchen bewährt. Bei der Kontaktimpfung wird unmittelbar vor der Saat das Impfmittel im Betonmischer mit dem Saatgut vermischt. Als Impfmittel haben sich HiStick sowie Force 48 bewährt. Beachten Sie die Anleitung der Impfmittel. Wenn den Impfmitteln Wasser zugegeben wird, verwenden sie Brunnen- oder Regenwasser, das nicht chlorhaltig ist. Die Impfung sollte unmittelbar vor der Aussaat erfolgen, damit die Bakterien nicht geschädigt werden. Sonneneinstrahlung und hohe Temperaturen können die Bakterienimpfung schädigen. Einige Sorten können auch bereits geimpft bezogen werden.

Bei Erstanbau empfiehlt sich eine zusätzliche „Frischimpfung“ mit den genannten Präparaten. Beim Einsatz von pneumatischer Sätechnik ist darauf zu achten, dass das Impfmittel, mit der die Sojabohne vor der Aussaat behandelt wurde, nicht wieder abgesaugt wird. Force 48 wird zusammen mit einem Haftmittel ausgeliefert. Daher eignet es sich besonders für die Aussaat mit pneumatischen Sämaschinen.

Hohe Bodenstickstoffgehalte sind kontraproduktiv für die Bildung von Knöllchenbakterien an den Wurzeln der Pflanzen. Daher darf auf keinen Fall zur Saat Stickstoff gegeben werden, da es sonst zu einer Beeinträchtigung der Knöllchenbildung kommt. Eine N-Düngung kann sinnvoll sein, wenn die Soja-pflanzen zum Zeitpunkt der Blüte gelblich aufhellen und kaum eine Bildung von Knöllchenbakterien erfolgt ist. Daher sollte zu diesem Zeitpunkt die Anhaftung von Knöllchenbakterien an den Wurzeln überprüft werden. Zu diesem Zeitpunkt sollten rund 70 % der Pflanzen Knöllchen aufweisen. Entscheidet man sich aus den vorgenannten Gründen für eine mineralische N-Düngung, sollte diese ab der Blüte in ein bis zwei N-Gaben von insgesamt 50 bis 70 kg/ha mit einem langsam wirkendem N-Dünger, wie Harnstoff, erfolgen. Eine mineralische N-Gabe kann zu einer Verzögerung der Abreife führen und birgt die Gefahr einer Absenkung des Rohproteingehaltes im Korn. Der Fokus sollte immer über eine gute Etablierung der Knöllchenbakterienbildung durch eine sorgfältige Impfung des Saatgutes liegen.

Die Ernte erfolgt je nach Witterungsverlauf, Standort und Sorte ab Mitte September. Ein Zeichen der Erntereife ist, wenn bei den Pflanzen vollständig die Blätter abgefallen sind und die Bohnen in den Hülsen frei liegen (Klappern beim Schütteln in den Hülsen). Die Bohnen sind dann mit dem Fingernagel schwerlich einzuritzen. Die Kornfeuchte sollte zum Erntezeitpunkt möglichst bei 14 % liegen.

Die Landessortenversuche 2015

Die Landwirtschaftskammer führt seit 2012 Sortenversuche an bis zu drei Standorten pro Jahr in NRW durch. Ziel ist das Erarbeiten von Sortenempfehlungen für verschiedene Anbauregionen in NRW. Die Versuche werden in den klimatisch günstigen Lagen der Köln Aachener Bucht, aber auch auf klimatisch etwas späteren und kühleren Lagen mit schwereren, kälteren Böden in Westfalen durchgeführt. Der Schwerpunkt der geprüften Sorten liegt in der Reifegruppe 000 (sehr früh). Zu Vergleichszwecken wurden sowohl frühere Sorten 0000 (extrem früh), wie auch etwas spätere Sorten 00 (früh) in das Versuchssortiment aufgenommen. Im aktuellen Versuchsjahr wurden die Sojabohnen in der Köln Aachener Bucht Mitte April ausgesät. Eine Woche später wurde am Standort Beckum ausgesät. Die Soja lief an allen Standorten recht zügig innerhalb von acht bis zehn Tagen auf. Die Jugendentwicklung verlief aufgrund des warmen und trockenen Wetters recht gut. Gerade noch rechtzeitig setzte ab Mitte Juni zu Beginn der Blüte Niederschlag ein. Die Bestände präsentierten sich zu diesem Zeitpunkt trotz der extremen Frühjahrtrockenheit gut. In der Folge hatte die Soja insbesondere am Standort Beckum genügend Niederschlag.

Die Abreife erfolgte sortenabhängig ab Ende August bis Ende September an den Standorten der Köln Aachener Bucht und etwa zwei Wochen später in Westfalen am Standort Beckum. Die Ernte erfolgte Anfang Oktober im Rheinland und Mitte Oktober in Westfalen. Die Mehrzahl der Sorten der Reifegruppe 000 konnten im Rheinland mit Feuchtegehalten um 15 % geerntet worden. Am Standort Beckum waren die Wassergehalte wesentlich höher. Hier war eine Trocknung des Erntegutes notwendig. Für den Anbauerfolg ist daher die Wahl einer für den Standort geeigneten Sorte das entscheidende Kriterium.

Im Erntejahr 2015 wurden elf verschiedene Sorten geprüft. Die früheste Sorte Tiguan (0000) war bereits Ende August an allen Standorten druschreif und die späteste Sorte ES Mentor (00) wurde auch auf den klimatisch günstigsten Standorten mit Wassergehalten um 23 % gedroschen.

Ergebnisse und Sortenempfehlungen

In den Tabellen 1 und 2 sind die Ertrags und Qualitätsergebnisse sowie die Eigenschaften der geprüften Sorten aufgeführt. Tiguan (0000) ist die früheste Sorte im angebauten Sortiment. Sie war bereits Ende August/Anfang September auf allen Standorten druschreif. Die Abreife ist auch in ungünstigen Lagen sicher. Frühe Abreife heißt aber auch geringer Ertrag und schlechte Rentabilität. Die Sorte enttäuschte in den Versuchen mit Erträgen von 25 dt/ha.

  • Merlin (000) ist die optimale Sorte für Neueinsteiger. Sie zeichnet sich durch eine hohe Kältetoleranz und gute Wüchsigkeit in der der kritischen Phase der Jugendentwicklung aus. Sie reift sicher ab und bringt knapp durchschnittliche Erträge.
  • Abeline (000) ist seit 2014 zugelassen. Sie kommt aus dem gleichen Züchter-haus wie Merlin und ähnelt Merlin in den Merkmalen. Sie ist allerdings etwas länger und lageranfälligerer als Merlin. Wüchsigkeit und Jugendentwicklung sind gut und auch in der Abreife ähnelt sie Merlin. Sie ist daher auf jeden Fall eine interessante Sorte für Grenzstandorte.
  • Obelix (000) ist erstjährig im Versuch und fällt durch hohe Ertragsergebnisse und ihre schnelle Jugendentwicklung auf. Sie reift etwas später als Merlin ab und ist auch interessant für Grenzstandorte.
  • RAGT Shouna (000) ist erstjährig geprüft und fällt mit sehr hohen Erträgen auf. Die Sorte ist trotz gleicher Reifeeinstufung mindestens eine Woche später als Merlin. Die Sorte gehört nach ersten Erfahrungen daher eher in die Gunstlagen von NRW.
  • Tourmaline (000) wird seit zwei Jahren geprüft. In beiden Jahren hatte die Sorte überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Auch sie ist wie RAGT Shouna mindestens eine Woche später in der Abreife als Merlin und wird daher ausschließlich für Gunstlagen von NRW empfohlen.
  • Amadea (000) ist 2015 neu zugelassen worden. Die Sorte zeigte überdurch-schnittliche Erträge. Auffallend waren der hohe Wuchs und die Lagerneigung. Wie bei RAGT Shouna und Tourmaline erfolgt die Abreife mindestens eine Woche später als bei Merlin. Auch sie gehört damit auf die Gunstlagen von NRW.

Autor: Heinrich Brockerhoff, Heinz Koch