Landessortenversuche Winterroggen 2016

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Winterroggen

Winterroggen: große Vielfalt an leistungsfähigen Sorten

Die Anbaufläche von Winterroggen in NRW betrug im Jahr 2016 rund 17.000 Hektar. Der Anbauschwerpunkt der Kultur liegt mit 15.000 Hektar eindeutig in Westfalen auf den leichten Böden des Münsterlandes und in Ostwestfalen. Im Rheinland werden nur noch 2.000 Hektar Winterroggen angebaut. In den klassischen Ackerbaugebieten ist Roggen leider sehr selten geworden. Roggen hat seine Verwendung neben der klassischen Verwertung als Brotroggen auch als Ganzpflanzensilage für Biogasanlagen. Heinrich Brockerhoff und Heinz Koch stellen die Ergebnisse der Landessortenversuche für die Körnernutzung vor und geben Tipps für die anstehende Sortenauswahl.

Vielfach Ernteprobleme und Auswuchs

Alles sah nach einem eher unproblematischen Anbaujahr aus. Gute Aussaatbedingungen im Herbst, keine Probleme bis ins Frühjahr, ein für Roggen vergleichsweise geringer Krankheitsdruck bei Braunrost und eine gute Wirkung der Wachstumsregler sorgten für optisch gute und stabile Bestände mit guten Ertragsaussichten. Man soll den Tag bekanntlich aber nicht vor dem Abend loben. Bei Winterroggen fingen die Probleme in der Abreifephase an. Die Dauerniederschläge im Juni sorgten für spätes Lager. Weniger Sonnenstunden als üblich brachten keine idealen Bedingungen für die Kornfüllungsphase. Auch die weitere Abreife im Juli fand bei sehr wechselhaftem Wetter mit regelmäßigen Niederschlägen statt. Der Drusch der eigentlich erntereifen Bestände verzögerte sich auf vielen Standorten immer weiter nach hinten. Fallzahl- und nachfolgend Auswuchsprobleme waren schnell abzusehen. Die Erträge 2016 lagen im Vergleich der letzten fünf Jahre aufgrund der niedrigeren Tausendkorngewichte auf einem niedrigen Niveau. Große Partien mit Brotroggenqualitäten dürften eher rar sein.

Landessortenversuche als sichere Basis für Empfehlungen

Trotz der vergleichsweise niedrigen Anbauflächen prüft die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen weiterhin Winterroggensorten. Auf drei Lehmstandorten werden in NRW am Niederrhein, in Süd- und in Ostwestfalen sowie auf einem Sandstandort im westlichen Münsterland ältere und neuere Sorten vergleichend getestet. Die Versuche werden in zwei Intensitätsstufen angelegt. Stufe 1 mit normaler Düngung, sehr eingeschränktem Einsatz von Wachstumsreglern und ohne Fungizide prüft die Sortengesundheit. Stufe 2 mit praxisüblicher Intensität prüft die Ertragsleistung der Sorten und ist Basis für die Sortenempfehlung. Die entsprechenden Versuchsergebnisse für 2016 sind in Tabelle 1 aufgeführt. Bei durchschnittlichen Mehrerträgen von rund 23 dt/ha war die höhere Behandlungsintensität auch 2016 trotz des vergleichsweise niedrigen Braunrostdruckes wirtschaftlich.

Durch den Austausch von Versuchsergebnissen mit Niedersachsen und Hessen stehen pro Anbaujahr insgesamt acht bis zehn Versuche zur Verfügung. Die Versuchsergebnisse der Lehmstandorte können voll auf Löß und Höhenlagen übertragen werden. Die mehrjährigen zusammengefassten Ergebnisse für die Bodengruppen zeigt Tabelle 2. Auch beim Winterroggen fehlen 2016 vor allem auf den besseren Standorten mit hoher Ertragserwartung gegenüber Normaljahren rund 10 Prozent Ertrag.

Wichtige Kriterien für die Sortenwahl

In Tabelle 3 sind die agronomischen Eigenschaften der geprüften Sorten nach der aktuellen Beschreibenden Sortenliste aufgeführt. Nach unseren Erfahrungen werden die Eigenschaften der Sorten hier sehr zuverlässig und zutreffend beschrieben. Schwachstelle des Winterroggenanbaues ist die geringe Fallzahlstabilität der Kultur. Für Brotroggen werden Fallzahlen über 180 Sekunden gefordert. Für das aktuelle Versuchsjahr liegen zu Fallzahlen bislang nur Ergebnisse von zwei früh geernteten Standorten vor. Probleme und Sortenunterschiede gab es hier verständlicherweise noch nicht. Hier sind größere Sortenunterschiede nicht abzuleiten. Auch in der Beschreibenden Sortenliste kann das Merkmal Fallzahlstabilität nicht sicher beschrieben werden. Hinsichtlich Lagerneigung, Strohstabilität und besonders Braunrostempfindlichkeit haben sich die Hybriden in den letzten 10 Jahren verbessert.

Unterschiede bei den Sorten gibt es auch bei der Mutterkornanfälligkeit. Mutterkorn entsteht, wenn in der Blüte durch ungünstiges Wetter und einen geringen Pollendruck ungünstige Befruchtungsbedingungen herrschen. Unter diesen Umständen kann sich der Pilz in der Blütenanlage leichter einnisten. In der Beschreibenden Sortenliste sind die Sorten von KWS-Saat beim Merkmal Mutterkorn durchgängig besser bewertet als die der Saaten-Union. Die Werte sind allerdings nur begrenzt vergleichbar, da hier die Sorte als reine Hybride beschrieben wird. Alle Sorten der Saaten Union werden für die Praxisaussaat mit einer zehn prozentigen Zumischungen von Populationsroggen verkauft. Hierdurch wird im Bestand ein höherer Pollendruck erzeugt. Im Ergebnis ist die Mutterkornanfälligkeit der für den Anbauer verfügbaren Saatgutware als gleich gut einzustufen.

Welche Hybriden sind empfehlenswert?

Winterroggen ist im Gegensatz zu Wintergerste oder Winterweizen ein Fremdbefruchter. Hybridzüchtung bringt gegenüber der klassischen Züchtung hier unbestritten deutliche Ertragsvorteile. Die Mehrerträge liegen im Schnitt der Jahre bei 10 bis 20 Prozent. Hybriden bei Winterroggen haben im Vergleich zu Populationssorten höhere Bestandesdichten, höhere Kornzahlen je Ähre und nahezu gleiche Tausendkorngewichte. In den aktuellen Sortenversuchen gibt es mit Conduct nur noch eine Nichthybride. Aufgrund der deutlichen Ertragsnachteile werden Populationssorten nicht mehr empfohlen.

Viele mehrjährig geprüfte Hybriden zeigen sehr vergleichbare Erträge. Es fällt daher schwer, Argumente für oder gegen einzelne Sorten zu finden. Beim Ertrag fallen lediglich KWS Bono und die ältere Sorte Palazzo leicht ab. Die restlichen Sorten sind annähernd gleich zu beurteilen. Bei gleicher Ertragsleistung sollten daher strohstabilere und gesündere Sorten bevorzugt werden. SU Cossani besticht durch gute Erträge und hat keine größeren Macken. SU Composit zeigt sich bei durchgängig guten agronomischen Eigenschaften etwas schwächer auf Sandstandorten. Beim Halmknicken gibt es bei SU Forsetti und SU Performer leichte Schwächen. Bei Mutterkorn gilt dies für SU Mephisto und SU Performer. Ohne Macken zeigt zweijährig geprüft SU Nasri ein hohes Leistungsniveau.

Gibt es Interessante neue Sorten?

Als Neuzulassungen wurden KWS Daniello und KWS Gatano neu in die Landessortenversuche aufgenommen. Beide Sorten besitzen eine gute Grundgesundheit und gehören bei Braunrost und Rynchosporium zu den überdurchschnittlich gesunden Sorten. Die in der Werbung der KWS unter dem Stichwort „VorsprungPlus“ aus Parzellenversuchen dargestellten und beworbenen Mehrerträge der Sorten konnten in Exaktversuchen nicht belegt werden. Nach unseren Ergebnissen reihen beide sich bezüglich ihrer Ertragsleistung in die Reihe der anderen Hybriden ein. Weitere Prüfjahre können daher abgewartet werden.

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