Sommerhafer: Ergebnisse der Landessortenversuche 2017

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Auch der Sommerhafer hat 2017 unter der Trockenheit und der Hitze gelitten und bei Ertrag und Qualität oftmals enttäuscht. Nach den vorläufigen Zahlen der Besonderen Ernteermittlung in NRW lag der Haferertrag der Ernte 2017 mit 53,0 dt/ha um 15 Prozent unter dem Durchschnittsniveau der Jahre 2011 bis 2016. Die Anbaufläche in NRW war 2017 mit rund 7.200 ha im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant. Über die Chancen und Risiken der Kultur, die Ergebnisse der Landessortenversuche und die abzuleitenden Anbauempfehlungen berichten Heinrich Brockerhoff und Heinz Koch.

Sommerhafer wird in NRW in erster Linie zu Futterzwecken für die Pferdehaltung oder zur Aufbesserung des Kraftfutters für den eigenen Betrieb angebaut. Er steht in der Praxis oft oder überwiegend auf ertragsschwächeren Standorten als abtragende Frucht an einer ungünstigsten Stelle der Fruchtfolge und wird dann oft extensiv, manchmal auch stiefmütterlich behandelt. Das eigentliche Ertragspotential der Kultur kann hier oft nicht realisiert werden. Versuchsergebnisse, aber auch Praxisergebnisse bei optimalen Anbaubedingungen zeigen, dass Sommerhafer zu deutlich höheren Leistungen fähig wäre.

Schälhafer eine Alternative?

Der Bedarf an Futterhafer in Deutschland ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Gleichzeitig ist der Bedarf an Qualitätshafer für die Schälindustrie gestiegen. Der Bedarf der Industrie kann durch Ware aus Deutschland nicht abgedeckt werden. Die gezielte Produktion von Schälhafer für den wachsenden Markt ist nicht einfach. Die Industrie sucht große, einheitliche, sortenreine und qualitativ hochwertige Partien. Für diese Verwertungsrichtung werden im Vertragsanbau Spezialsorten wie Ivory, Scorpion, Bison oder Max angebaut. Qualitätsanforderungen sind mit geringe Spelzenanteile (< 26 Prozent), leicht lösbarer Spelzen, ein hohes Hektolitergewicht (mindestens 53kg/hl), hohe Tausendkorngewichte sowie eine gute Sortierung (mehr als 90 Prozent größer 2 mm). Die geforderten Qualitäten werden in der Praxis selbst auf guten Standorten nicht immer sicher erreicht. In Frage kommen vor allem Standorte mit gesicherter Wasserversorgung, nicht zu hohen Niederschlägen und kühleren Temperaturen während der Kornfüllungsphase und der Abreife. Wenig oder besser kein Lager, eine guter Kornausbildung, eine geringe mikrobielle Belastung und eine helle Kornfarbe sind weitere Grundvoraussetzungen für die Produktion von Qualitätshafer. Schwächere Standorte scheiden für Schälhafer von Anfang an aus.

Die aktuellen Versuchsergebniss

Die Sortenprüfung von Sommerhafer erfolgt auf den Standortgruppen Lehm- sowie Sandböden im Verbund der Landwirtschaftskammern NRW; Niedersachen, Schleswig-Holstein und Hessen. Im Jahr 2017 können für Lehmböden sechs Standorte und für Sandböden vier Standorte ausgewertet werden. Die Versuche werden in zwei Intensitätsstufen angelegt. In der extensiven Behandlungsstufe erfolgt ein reduzierter Wachstumsreglereinsatz in EC 31/32. Auf Fungizide wird hier verzichtet. In der intensiveren Behandlungsstufe erfolgt eine Wachstumsreglergabe in EC31/32. In EC 39/49 erfolgte dann eine zweite Gabe eines Wachstumsreglers in Kombination mit einem Fungizid. Beide Behandlungsstufen werden praxisüblich in zwei Teilgaben mit Stickstoff gedüngt und bei Bedarf mit Insektiziden behandelt. Die zusammengefassten, mehrjährigen Versuchsergebnisse der praxisüblichen Variante für Ertrag und Qualität (hl-Gewicht) sind den Tabellen 1 und 2 zu entnehmen. Die agronomischen Eigenschaften der geprüften Sorten finden sie in Tabelle 3 und die zusammengefasste Sortenempfehlung in Tabelle 4.

Empfehlungen für Futterhafer auf Lehmstandorten

Unabhängig von der Verwertungsrichtung sollte bei der Sortenwahl Wert auf einen hohen, stabilen Ertrag, ein gutes hl-Gewicht, eine geringe Lagerneigung, eine gute Strohstabilität sowie auf eine möglichst gleichmäßige Korn-Strohabreife gelegt werden. Die Spelzenfarbe ist entgegen der oft gehörten Meinung nicht mit wertbestimmenden Eigenschaften geknüpft.

Soll Futterhafer vermarket werden, wird ein Hektolitergewicht von mindestens 50 kg gefordert. Im Mittel aller Lehmstandorte konnte dieses Niveau 2017 knapp erreicht werden. Das Standortmittel schwankt allerdings zwischen 45 und 53 kg. Die beste Qualität der geprüften Sorten besitzt immer noch die seit 2008 zugelassene Sorte Max. Wer beim Futterhafer Qualität sucht, der kommt an Max immer noch nicht vorbei, muss aber beim Ertrag Zugeständnisse machen. Besser beim Ertrag sind Apollon, Poseidon und Symphony. Harmony und der Kurzstrohhafer Troll stehen seit zwei Jahren in den Versuchen. Harmony zeigt in beiden Prüfjahren bei relativ guten hl-Gewichten leicht überdurchschnittliche Erträge und kann mit sehr guter Mehltaufestigkeit punkten. Der Kurzstrohhafer Troll zeigt auf Lehm unterdurchschnittliche Erträge. Kurzstrohhafer machen nur dort Sinn, wo standort- oder bewirtschaftungsbedingt eine sehr gute Standfestigkeit gefordert ist. Sehr gute Versuchsergebnisse in Punkto Ertrag und Qualität zeigt die neue Sorte Delfin.

Empfehlungen für Futterhafer auf Sandstandorten

Auf den Sandstandorten ist es im Mittel der Jahre noch schwieriger ausreichend hohe und sichere hl-Gewichte zu erreichen. Die sichersten hl-Gewichte hat Max, der aber auch auf Sand beim Kornertrag nicht mehr unbedingt erste Wahl ist. Mit Apollon, Poseidon, Symphony und Yukon stehen ertragsstärkere Sorten als Alternative zur Verfügung. Positiv bei Yukon ist die sehr geringe Anfälligkeit bei Mehltau. Dies gilt auch für die zweijährig geprüfte Sorte Harmony. Der Kurzstrohhafer Troll fällt auch im zweiten Prüfjahr beim Ertrag deutlich ab. Delfin zeigt auch auf Sand ein sehr vielversprechendes erstes Prüfjahr.

Worauf ist beim Anbau zu achten?

Eine möglichst frühe Saat ist die Grundvoraussetzung für hohe Erträge. Die frühe Saat verspricht eine bessere Bestockung, eine längere Vegetation und die bessere Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit. Hafer darf in keinem Falle in den Boden hereingeschmiert werden. Bei frühen Saatterminen Anfang März werden 260 bis 300, bei normalen Saatterminen im März 300 bis 330 und bei späten Saatterminen 330 bis 360 keimfähige Körner/m2 empfohlen. Die Saattiefe sollte aufgrund des durch die Spelze höheren Keimwasserbedarfs bei 3 bis 4cm liegen.

Hafer ist bezüglich der Nährstoffansprüche relativ anspruchslos und besitzt ein gutes Wurzelwerk. Niedrigere pH-Werte oder eine schlechtere Versorgung mit Grundnährstoffen werden eher als bei Sommerweizen toleriert. Belohnt wird Nährstoffmangel aber auch bei Hafer nicht. Auf schlechter versorgten Böden muss bei Hafer als abtragender Frucht zumindest eine Teilmenge der Nährstoffe frisch ergänzt werden. Vor allem auf Böden mit zu hohen pH-Werten muss auf eine ausreichende Manganversorgung geachtet werden.

Die Stickstoffdüngung muss eine zügige Jugendentwicklung ermöglichen. Daher muss Hafer früh und ausreichend mit Stickstoff versorgt werden, ohne durch zu hohe Gaben die Lagergefahr zu sehr zu fördern. Späte N-Gaben bergen die Gefahr von Lager und Zwiewuchs. Eine Startgabe von 60 N zur Saat, gefolgt von einen zweiten Gabe in der Mitte der Schoßphase mit 30 bis 40 N kann als grobe Orientierung gelten. Besonders bei der zweiten Gabe muss die N-Nachlieferung des Bodens berücksichtigt werden.

Wichtigste und regelmäßige Blattkrankheit beim Hafer ist der Mehltau, bei dem es deutliche Sortenunterschiede in der Anfälligkeit gibt.

Bei Befall mit virusbeladenen Blattläusen drohen Verzwergungskrankheit und Haferröte und als Folge Ertrags- und Qualitätseinbußen. Die intensive Kontrolle und der gezielte Einsatz von Insektiziden ist Pflicht.

Wachstumsregler wirken immer ertragssichernd und nie ertragssteigend. Bei Trockenstreß oder zu hohen Aufwandmengen sind Schädigungen und Mindererträge möglich. Der Einsatz der zugelassenen Mittel muss daher mit Bedacht in Phasen mit guter Wasserversorgung und wüchsiger Witterung erfolgen. In sehr standfesten Sorten kann bei angepasster Bestandesdichte und N-Düngung auf Wachstumsregler verzichtet werden. Die einmalige Einkürzung reicht bei geringer Lagergefährdung normalerweise aus. Bei hoher Lagergefahr sind Doppelbehandlungen erforderlich.

Autor: Heinrich Brockerhoff, Heinz Koch