Sommerhafer: Ergebnisse der Landessortenversuche 2016

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Die Anbaufläche von Hafer in NRW war 2016 mit rund 8.000 ha im Vergleich zum Vorjahr konstant. Sommerhafer hatte daran einen Anteil von 7.100 Hektar. Über die Chancen und Risiken der Kultur, die Ergebnisse der Landessortenversuche und die abzuleitenden Anbauempfehlungen berichten Heinrich Brockerhoff und Heinz Koch.

Sommerhafer könnte mehr

Nach den vorläufigen Zahlen der Besonderen Ernteermittlung in NRW lag der Haferertrag in der Ernte 2016 mit 53,3 dt/ha in etwa auf dem Durchschnittsniveau der Jahre 2010 bis 2015. Auffällig ist auch in diesem Jahr die erhebliche Ertragsdifferenz zu den Erträgen in den Landessortenversuchen. Hier wurden mit 83,5 dt/ha auf den Lehmstandorten und 76,2 dt/ha auf den Sandstandorten deutlich höhere Erträge erzielt. Die Differenzen sind typisch für Sommerhafer, der anscheinend sein genetisches Ertragspotential unter Praxisbedingungen nicht umsetzen kann. Die Gründe hierfür sind vielschichtig.

Sommerhafer wird in NRW in erster Linie zu Futterzwecken für die Pferdehaltung oder zur Aufbesserung des Kraftfutters für den eigenen Betrieb angebaut. Er steht in der Praxis oft oder überwiegend auf ertragsschwächeren Standorten als abtragende Frucht an einer ungünstigsten Stelle der Fruchtfolge und wird dann oft extensiv, manchmal auch stiefmütterlich behandelt. Das mögliche Ertragspotential der Kultur kann so nicht erreicht werden. Die Versuchsergebnisse, aber auch Praxisergebnisse bei optimalen Anbaubedingungen zeigen, dass Sommerhafer zu deutlich höheren Leistungen fähig wäre.

Ist Schälhafer eine Alternative?

Der Bedarf an Futterhafer in Deutschland ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Gleichzeitig ist der Bedarf an Qualitätshafer für die Schälindustrie gestiegen. Der Bedarf der Industrie kann durch Ware aus Deutschland nicht abgedeckt werden. Eigentlich also eine Marktlücke mit Chancen für den Anbauer. Die gezielte Produktion von Schälhafer für den wachsenden Cerealienmarkt ist allerdings schwierig. Die Industrie sucht große, einheitliche, sortenreine und qualitativ hochwertige Partien. Für diese Verwertungsrichtung werden Spezialsorten mit geringem Spelzenanteil (< 26 Prozent), leicht lösbarer Spelze, hohem Hektolitergewicht (mindestens 53kg/hl), hohem Tausendkorngewicht sowie guter Sortierung (mehr als 90 Prozent größer 2 mm) benötigt. Die geforderten Qualitäten werden in der Praxis selbst auf guten Standorten nicht immer sicher erreicht. In Frage kommen vor allem Standorte mit gesicherter Wasserversorgung, nicht zu hohen Niederschlägen und kühleren Temperaturen während der Kornfüllungsphase und der Abreife. Wenig oder besser kein Lager, eine guter Kornausbildung, eine geringe mikrobielle Belastung und eine helle Kornfarbe sind weitere Grundvoraussetzungen für die Produktion von Qualitätshafer. Schwächere Standorte scheiden für Schälhafer von Anfang an aus.

Die aktuellen Versuchsergebnisse

Die Sortenprüfung von Sommerhafer erfolgt auf den Standortgruppen Lehm- sowie Sandböden im Verbund der Landwirtschaftskammern NRW; Niedersachen und Schleswig-Holstein. Im Jahr 2016 können für jede Standortgruppe jeweils vier Standorte ausgewertet werden.

Die Versuche werden in zwei Intensitätsstufen angelegt. In der extensiven Behandlungsstufe erfolgt ein reduzierter Wachstumsreglereinsatz in EC 31/32. Auf Fungizide wird hier verzichtet. In der intensiveren Behandlungsstufe erfolgt eine Wachstumsreglergabe in EC31/32. In EC 39/49 erfolgte dann eine zweite Gabe eines Wachstumsreglers in Kombination mit einem Fungizid. Beide Behandlungsstufen werden praxisüblich in zwei Teilgaben mit Stickstoff gedüngt und bei Bedarf mit Insektiziden behandelt. Durch die höhere Wachstumsregler- und Fungizidintensität konnten Mehrerträge von 6,5 dt/ha auf den Lehm- und 9,7 dt/ha auf den Sandstandorten erzielt werden. Die intensivere Behandlung war damit knapp wirtschaftlich.

Die zusammengefassten, mehrjährigen Versuchsergebnisse der intensiveren Variante für Ertrag und Qualität (hl-Gewicht) sind den Tabellen 1 und 2 zu entnehmen. Die agronomischen Eigenschaften der geprüften Sorten finden sie in Tabelle 3 und die zusammengefasste Sortenempfehlung in Tabelle 4.

Empfehlungen für Futterhafer - Lehmstandorte

Unabhängig von der Verwertungsrichtung sollte bei der Sortenwahl Wert auf einen hohen, stabilen Ertrag, ein gutes hl-Gewicht, eine geringe Lagerneigung, eine gute Strohstabilität sowie auf eine möglichst gleichmäßige Korn-Strohabreife gelegt werden. Die Spelzenfarbe ist entgegen der oft gehörten Meinung nicht mit wertbestimmenden Eigenschaften geknüpft.

Soll Futterhafer vermarket werden, wird ein Hektolitergewicht von mindestens 50 kg gefordert. Im Mittel aller Standorte konnte dieses Niveau 2016 knapp erreicht werden. Die beste Qualität der geprüften Sorten besitzt immer noch die seit 2008 zugelassene Sorte Max, die mittlerweile aber beim Ertrag gegenüber neueren Sorten leicht abfällt. Wer beim Futterhafer Qualität sucht, der kommt an Max immer noch nicht vorbei. Besser beim Ertrag sind Poseidon und Apollon. Bei Apollon sprechen auch die vergleichsweise guten hl-Gewichte für eine Anbauempfehlung.

Neu im Landessortenversuch waren Harmony und der Kurzstrohhafer Troll. Harmony zeigte überdurchschnittliche Erträge bei guten hl-Gewichten und kann mit sehr guter Mehltaufestigkeit punkten. Vor einer generellen Empfehlung sollte ein weiteres Prüfjahr abgewartet werden. Der Kurzstrohhafer Troll zeigte auf Lehm leicht unterdurchschnittliche Erträge, die eventuell auch auf den für diese Sorte zu hohen Wachstumsreglereinsatz zurückzuführen sind. Kurzstrohhafer machen dort Sinn, wo hohe Standfestigkeit gefordert ist.

Empfehlungen für Futterhafer - Sandstandorte

Auf den Sandstandorten ist es im Mittel der Jahre noch schwieriger ausreichend hohe hl-Gewichte zu erreichen. Zu empfehlende Sorten müssen daher von Natur aus schon gut in diesem Merkmal eingestuft sein. Die sichersten hl-Gewichte hat Max, der aber auch auf Sand beim Kornertrag nicht mehr unbedingt erste Wahl ist. Mit Apollon und Yukon stehen zwei neuere Sorten als Alternative zur Verfügung. Positiv bei Yukon ist die sehr geringe Anfälligkeit bei Mehltau. Dies gilt auch für Harmony, bei dem nach erst einem Prüfjahr vor einer generellen Empfehlung weitere Ergebnisse abgewartet werden sollten. Der Kurzstrohhafer Troll zeigte im ersten Prüfjahr auf Sand unterdurchschnittliche Ergebnisse, die sicherlich Sandstandorten auch auf den für diese Sorte zu intensiven und überflüssigen Wachstumsreglereinsatz zurückzuführen sind.

Empfehlungen für Schälhafer

Der Anbau von Schälhafer kann nur auf guten Standorten unter optimalen Anbaubedingungen empfohlen werden. Die Sorte sollte im Vorfeld mit dem Vermarkter abgesprochen werden. Unter den mehrjährig geprüften Sorten bietet Max das beste Gesamtpaket aus Ertrag und Qualität. Apollon besitzt ebenfalls eine gute Schälhafereignung. Nicht mehr im Prüfsortiment vertreten ist beispielsweisen Ivory, der über viele Jahre seine gute  Eignung als Schälhafer nachgewiesen hat und bei eigenen guten Erfahrungen weiter angebaut werden kann.

Worauf ist beim Anbau zu achten?

Eine möglichst frühe Saat  ist die Grundvoraussetzung für hohe Erträge. Die frühe Saat verspricht eine bessere Bestockung, eine längere Vegetation und die bessere Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit. Hafer darf in keinem Falle in den Boden hereingeschmiert werden. Bei frühen Saatterminen Anfang März werden 260 bis 300, bei normalen Saatterminen im März 300 bis 330 und bei späten Saatterminen 330 bis 360 keimfähige Körner/m2 empfohlen. Die Saattiefe sollte aufgrund des vergleichsweise höheren Keimwasserbedarfs bei 3 bis 4 cm liegen. Die Keimtemperaturen liegen bei 3 bis 5 Grad Celsius.

Hafer ist bezüglich der Nährstoffansprüche relativ anspruchslos und besitzt ein gutes Wurzelwerk. Niedrigere pH-Werte oder eine schlechtere Versorgung mit Grundnährstoffen werden eher als bei Sommerweizen toleriert. Belohnt wird Nährstoffmangel aber auch bei Hafer nicht. Eine Ernte von 60 dt/ha mit Strohabfuhr entzieht dem Boden 70 kg P2O5, 210 kg K2O und 25 kg MgO. Auf schlechter versorgten Böden muss bei Hafer als abtragender Frucht zumindest eine Teilmenge der Nährstoffe frisch ergänzt werden. Vor allem auf Böden mit zu hohen pH-Werten muss auf eine ausreichende Manganversorgung geachtet werden.

Die Stickstoffdüngung muss eine zügige Jugendentwicklung ermöglichen. Daher muss Hafer früh und ausreichend mit Stickstoff versorgt werden, ohne durch zu hohe Gaben die Lagergefahr zu sehr zu fördern. Späte N-Gaben bergen die Gefahr von Lager und Zwiewuchs. Eine Startgabe von 60 bis 80 N zur Saat, gefolgt von einen zweiten Gabe in der Mitte der Schoßphase mit 30 bis 60 N können als grobe Orientierung gelten. Besonders bei der zweiten Gabe muss die N-Nachlieferung des Bodens berücksichtigt werden.

Wichtigste und regelmäßige Blattkrankheit beim Hafer ist der Mehltau, bei dem es deutliche Sortenunterschiede in der Anfälligkeit gibt. Bei stärkerem Befall sind gezielte Behandlungen mit Zenit M oder Vegas erforderlich. Haferkronenrost oder die Haferstreifenkrankheit treten in der Praxis nicht regelmäßig auf. Vermeiden muss man den späten Einsatz von höheren Strobilurinmengen (Juwel Top). Dies kann zu einer sehr verzögerten Strohabreife und Ernteproblemen führen.

Bei Befall mit virusbeladenen Blattläusen drohen Verzwergungskrankheit und Haferröte und als Folge Ertrags- und Qualitätseinbußen. Die intensive Bestandesbeobachtung und der gezielte Einsatz entsprechend zugelassener Insektizide ist Pflicht.

Wachstumsregler wirken immer ertragssichernd und nie ertragssteigend. Bei Trockenstreß oder zu hohen Aufwandmengen sind Schädigungen und Mindererträge möglich. Der Einsatz der zugelassenen Mittel muss daher mit Bedacht in Phasen mit guter Wasserversorgung und wüchsiger Witterung erfolgen. In sehr standfesten Sorten kann bei angepasster Bestandesdichte und N-Düngung auf Wachstumsregler verzichtet werden. Am besten kalkulierbar ist immer noch die Einfachbehandlung mit CCC in EC 34 bis 37. Die einmalige Einkürzung reicht bei geringer Lagergefährdung normalerweise aus. Bei hoher Lagergefahr sind Doppelbehandlungen erforderlich.

Autor: Heinrich Brockerhoff, Heinz Koch