Landessortenversuche Sommerweizen 2015

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Sommerweizen - oft nur Ersatzspieler

Deutlich aus der Nische heraus kommt Sommerweizen nur in Jahren, die man sich als Ackerbauer nicht wünscht. Das Jahr 2012 wird Landwirten als ein solches Jahr fest in Erinnerung bleiben. Heftige und lange andauernde Kahlfröste führten vor allem in Westfalen zu massiven Auswinterungsschäden und einem massiven Umbruch von Wintergetreideflächen. Häufige Alternativkultur war damals Sommerweizen, der historische Anbauflächen und glücklicherweise auch sehr gute Ertragsleistungen erreichte.

Chancen und Risiken von Sommerweizen

Sommerweizen hat unter den Sommergetreidearten das höchste Ertragspotenzial. Hohe Erträge lassen sich sicher aber nur auf guten Standorten bei rechtzeitiger Saat und ausreichender Wasserversorgung während der relativ kurzen Vegetationsphase erzielen. Ein Anbau auf schwächeren Standorten, eine späte Saat oder wie 2015 eine ausgeprägte Frühsommertrockenheit wirken schnell ertragsmindernd. Bei vorhandenen Alternativen wird jeder Landwirt die Risiken bei Sommerweizen eher meiden. In Ackerbauregionen mit entsprechenden Alternativen kommt Sommerweizen also nur dann zum Zuge, wenn nichts anderes mehr geht. Die Weizenbestellung nach sehr später Rüben- oder Körnermaisernte und ungünstigen Witterungs- und Bodenbedingungen wäre ein entsprechendes Beispiel. Aber auch hier kommt Sommerweizen erst dann ins Spiel, wenn nicht doch noch spätsaatverträgliche Winterweizensorten gedrillt werden können.

Für späte Saattermine eignen sich alternativ dann auch Sommerweizensorten, die als sogenannte „Wechselweizen“ bezeichnet werden. Diese Sorten besitzen eine eingeschränkte Winterhärte. In milden Regionen eine Chance, in Höhenlagen eher ein Risiko. Da Sommerweizen besser als Winterweizen an kürzere Wachstumsphasen angepasst ist, können Ertragsvorteile gegenüber Winterweizen entstehen. Zusätzliche Vorteile bei der Vermarktung entstehen durch die bessere Qualität der Sorten. Alle zur Verfügung stehenden Sommerweizensorten haben A- oder sogar E-Qualität und erzielen sehr sicher Qualitätszuschläge. Trotz allem hat der gezielte Anbau von Wechselweizen keinen nennenswerten Eingang in die Praxis gefunden.

Eine weitere Chance für Sommerweizen könnte ab 2016 in Betrieben entstehen, die an der Fördermaßnahme „Vielfältige Kulturen“ teilnehmen und bislang Winterweizenanteile über 30 % an der Ackerfläche hatten. Auf der überschüssigen Fläche könnte hier nun alternativ Sommerweizen stehen. Aber auch das ist nur eine kleine Nische. Zusammengefasst wird sich unter den derzeitigen Verhältnissen und bei einem normalen Winter an der sehr begrenzten Bedeutung von Sommerweizen nichts ändern.

Ergebnisse der Landessortenversuche

Trotz der geringen Anbaubedeutung prüft die Landwirtschaftskammer in einem festen Versuchsprogramm die Ertrags- und Qualitätsleistung der Sorten. Wir wollen in der Sportlersprache gesprochen am Ball bleiben, um bei Bedarf sichere Empfehlung geben zu können. Zur Ergebnisabsicherung erfolgt die Prüfung zusammen mit anderen Bundesländern in vergleichbaren Boden- und Klimaräumen. Im Jahre 2015 wurden in NRW zwei Versuche mit sechs Sorten in Kerpen-Buir (Köln-Aachener Bucht) und Lage-Heiden (Ostwestfalen) angelegt. Ergänzt werden diese beiden Standorte durch Standorte aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein, sodass für Lehmstandorte in der Summe fünf Standorte für eine sichere Sortenbeurteilung herangezogen werden können.

Die Prüfung erfolgt in zwei Anbauintensitäten. Neben einer praxisüblichen Variante mit zwei Fungizidterminen gibt es eine Variante ohne Fungizideinsatz. Hier wird die Sortengesundheit überprüft. Basis der vorgestellten Ergebnisse ist die praxisübliche Variante. Die mehrjährig geprüfte Sorte Tybalt (A) zeigt sich konstant überdurchschnittlich in ihrer Ertragsleistung. Im Merkmal Proteingehalt ist sie schwächer als der Durchschnitt der Sorten, erreicht aber immer sicher A-Qualität. Tybalt zeigt mit Ausnahme einer höheren Fusariumanfälligkeit keine Besonderheiten in den agronomischen Merkmalen. Ein Anbau nach Mais birgt Risiken. Sehr sicher beurteilt werden können auch Sonett (E) und KWS Chamsin (A). Beide sind im Ertrag schwächer, in den Proteingehalten aber besser als Tybalt. Sonett ist wie Tybalt anfällig bei Ährenfusarium. KWS Chamsin zeigt bei allen Krankheiten relativ hohe Anfälligkeiten. Die Sorte ist kurz und standfest.

Mittlerweile zweijährig geprüft sind die Sorten Quintus (A) und Cornetto (A). Beide zeigen sehr interessante Leistungen. Wie sehr oft heißt höherer Ertrag auch hier etwas niedrigere Proteingehalte. Quintus ist relativ blattgesund. Auch bei Ährenfusarium ist die Sorte gut eingestuft. Bei Cornetto muss wie bei KWS Chamsin auf Gelbrost geachtet werden. Die erstmalig geprüfte Sorte Licamero (A) zeigte eine vielversprechende Ertrags- und Proteinleistung und kann für den Probeanbau empfohlen werden. Positiv ist auch hier die gute Einstufung bei Ährenfusarium. Auf Braunrost muss allerdings geachtet werden.

Tipps zur Aussaat

Wie die Saat, so die Ernte. Diese alte Binsenweisheit gilt ganz besonders bei den Sommerungen. Die kurze Vegetationszeit gibt der Kultur wenige Chancen zur Kompensation. Sommerweizen sollte so früh wie möglich gesät werden. Typische Saattermine liegen Ende Februar oder Anfang März. Trockene, kalte Hochdruckwetterlagen eignen sich sehr gut für die Saat, da die Keimung schon knapp oberhalb des Gefrierpunktes stattfindet. Die Aussaatmenge sollte dann bei 350 bis 380 keimfähigen Körnern/m2 liegen. Bei später Saat müssen entsprechende Zuschläge gemacht werden. Bei Spätsaaten bleibt kaum noch Zeit zur Bestockung. Hier sind dann 420 bis 450 keimfähige Körner/m2 erforderlich. Der Boden muss bei der Saat unten locker, frei von Störschichten oder Staunässe und gut durchwurzelbar sein. Ein „Hereinschmieren“ oder Verschlämmungen nach der Saat werden über schlechten Feldaufgang und eine schlechte Bestandesentwicklung bitter bestraft. Die Saattiefe sollte bei 2 bis 4 cm liegen. Eine zu tiefe Saat kostet den Keimling Energie, die er später in der kurzen Bestockungsphase besser nutzen könnte.

Sommerweizen als Wechselweizen wird wie Winterweizen geführt. Das gilt für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und für die Düngung. Bei Frühjahrssaaten hat sich eine zweigeteilte Stickstoffgabe bewährt, bei der in Abhängigkeit von der N-Nachlieferung des Bodens 80 bis 100 N zur Saat und weitere 60 N zum Termin Fahnenblatt oder Ährenschieben gegeben werden.

Autor: Heinrich Brockerhoff, Heinz Koch