Landessortenversuche Triticale 2016

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Erntereife Triticale

Wintertriticale - Extensivkultur war einmal!

Die Anbaufläche von Wintertriticale in NRW betrug im Jahr 2016 rund 69.000 Hektar. Der Anbauschwerpunkt der Kultur liegt mit 63.000 Hektar eindeutig in Westfalen-Lippe. Im Rheinland stehen nur 6.000 ha Anbaufläche. Lange Zeit galt Wintertriticale als gesunde und einfach zu führende Getreideart. Vor 15 Jahren wurde noch diskutiert, ob überhaupt ein Fungizideinsatz in Triticale sinnvoll und notwendig ist. Diese Zeiten sind mittlerweile leider vorbei. Die deutlich gestiegene Krankheitsanfälligkeit hat aus der einstigen Gesundfrucht mittlerweile eine intensiv zu führende Kultur gemacht. Heinrich Brockerhoff und Heinz Koch stellen die Ergebnisse der Landessortenversuche vor und geben Tipps für die anstehende Sortenauswahl.

Ein Anbaujahr mit vielen Problemen!

Auch bei Triticale hatte das gerade abgeschlossene Anbaujahr leider einige Besonderheiten zu bieten, auf die viele Anbauer gerne verzichtet hätten. Der sehr milde Herbst und der ausgebliebene Winter führten nicht nur bei frühen Saatterminen zu überwachsenen und kranken Beständen. In mehltauanfälligen Sorten wie Adverdo, Grenado oder Dinaro war schon im Spätherbst ein massiver Mehltaubefall feststellbar. Gelbrostanfällige Sorten wie KWS Aveo, SU Agendus oder Silverado zeigten schon früh Rostbefall. Alle Bestände litten aufgrund der ausgiebigen Niederschläge und der wassergesättigten Böden unter Sauerstoffmangel im Boden sowie Stickstoff- und Spurenelementmangel. Logische Folge der geschilderten Umstände waren geschwächte Bestände mit schlechtem Wurzelwerk. Mitte Januar folgte für die bis dahin wärmeverwöhnten Bestände wenige Tage Kahlfrost. Kurze Zeit später zeigten sich vor allem in den durch den massiven Mehltaubefall geschwächten Sorten Adverdo, Grenado und Dinaro Schäden, die sogar zum Umbruch von Beständen führten.

Die Frühjahrsentwicklung war weiter geprägt von einem äußerst massiven Gelbrostbefall, der die Praxis zu einem sehr intensiven Fungizideinsatz zwang. In den Sorten SU Agendus, KWS Aveo oder Silverado wären nach unseren Versuchsergebnissen ohne entsprechnenden Fungizideinsatz auf Befallsstandorten nur 40 Prozent einer normalen Ernte möglich gewesen. Ende Mai präsentierten sich bei angepasster Anbaustrategie Bestände, die gute Erträge versprachen. Die Erntephase verlief für Triticale stressig. Gutes Erntewetter war selten und der Drusch musste immer weiter verschoben werden. Schlechte Fallzahlen, niedrige Hektolitergewichte und Auswuchs waren die logische Konsequenz.

Landessortenversuche als sichere Basis für Empfehlungen

In den Versuchen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen wurden in diesem Jahr an sieben Standorten insgesamt 14 Sorten geprüft. Davon waren drei Standorte auf der Bodengruppe Lehm und Löß, zwei Versuche auf Höhenstandorten und ein Versuch auf Sand. Die Prüfung erfolgte in zwei Anbauintensitäten. In Stufe 1 werden Gesundheit und Lageranfälligkeit der Sorten überprüft. Daher erfolgen bei normaler Stickstoffgabe kein Fungizideinsatz und nur ein sehr eingeschränkter Einsatz von Wachstumsreglern. In Stufe 2 erfolgt die Prüfung praxisüblich mit angepasster Fungizid- und Wachstumsreglerintensität. Hier sollen die Sorten ihr Ertragspotential zeigen Die Ergebnisse der Einzelstandorte in der behandelten Stufe für 2016 sind in Tabelle 1 dargestellt. Mit Ausnahme von Kerpen-Buir sind die Erträge im Mittel zufriedenstellend. Das Ergebnis in Kerpen-Buir ist für einen Lößstandort mit 85 Bodenpunkten sehr enttäuschend. Auffällig sind die hohen Mehrerträge durch die höhere Pflanzenschutzintensität auf den Standorten Neukirchen-Vluyn, Altenmellrich und Meerhof.

Aus einjährigen Versuchsergebnissen von eventuell nur einem Standort sollte kein Praktiker Sortenentscheidungen ableiten. Zur Absicherung der Ergebnisse greift die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen daher auch bei Wintertriticale auf zusätzliche Versuchsergebnisse aus Niedersachsen und Hessen zurück. In der mehrjährigen Auswertung der Sortenleistung in Tabelle 2 stehen daher für alle dargestellten Boden- und Klimaräume deutlich mehr Standorte zur Verfügung. Gute Sorten beweisen ihre gute Ertragsleistung mit durchgängig überdurchschnittlichen Erträgen. Bei schwächeren Sorten wird ein gutes Ergebnis auf einem Einzelstandort in der Zusammenfassung mehrerer Standorte sicher relativiert.

Welche Sorten wurden geprüft?

Neben den schon mehrjährig geprüften Sorten Adverdo, KWS Aveo, SU Agendus, Tulus, Tantris, und Securo standen Barolo und Lombardo im zweiten Prüfjahr in den Versuchen. Beide hatten im Erntejahr 2015 vielversprechende Leistungen gezeigt. Neu wurden Callzano, Cedrico und Salto in die Versuche aufgenommen. Zusätzlich wurden bei der Zusammenstellung des Sortiments für NRW in einem Anhang Besonderheiten berücksichtigt. So wurde die alte, aber immer noch äußerst vermehrungsstarke Sorte Grenado wieder in die Prüfungen aufgenommen. Mit Silverado und Fredro wurdenzwei Sorten geprüft, die schwerpunktmäßig über die Agravis vermehrt und vertrieben werden. Hier wollen wir als Landwirtschaftskammer sichere Aussagen zu den stärker angebotenen und angebauten Sorten haben.

Wichtige Kriterien für die Sortenwahl

Für die Sortenwahl bei Triticale gibt es eine Reihe von wichtigen Kriterien. Natürlich steht dabei die Ertragsleistung im Mittelpunkt. Triticale wird als Futtergetreide von viehhaltenden Betrieben angebaut, bei denen der intensive Ackerbau nicht immer im Vordergrund steht. Die angebaute Sorte sollte daher möglichst unkompliziert sein. Standfestigkeit und Blattgesundheit sind daher weitere wichtige Sortenkriterien, die auch leichte Ertragsnachteile ausgleichen können. Blattkranke Sorten wie Adverdo, SU Agendus, KWS Aveo oder Silverado passen eigentlich nicht in diese Betriebe. Im Gegensatz zu Winterweizen wird das Kriterium Fusariumanfälligkeit bei Triticale nicht in der Beschreibenden Sortenliste beschrieben. Aus Exaktversuchen sind aber auch hier Sortenunterschiede bekannt, die eine weitere Feinjustierung bei der Sortenwahl erlauben. Adverdo, Barolo und Tantris sind besser als der Durchschnitt, während SU Agendus und Silverado deutlich schlechter einzustufen sind.

Besonders für Höhenlagen sollte zusätzlich die Winterhärte eine entscheidende Rolle bei der Sortenwahl besitzen. In Tabelle 3 sind die Eigenschaften der geprüften Sorten dargestellt. Basis für die Bewertung sind die Einstufungen der Beschreibenden Sortenliste 2016. In Einzelfällen wurde die Einstufung bei Mehltau und Gelbrost aufgrund eigener Erfahrungen angepasst. Die zusammengefasste Sortenempfehlung für die kommende Aussaat ist in Tabelle 4 aufgeführt. Bei den empfohlenen Sorten sind die wichtigen positiven Zusatzeigenschaften ausgewiesen.

Sortenempfehlungen für die nächste Aussaat

Sorten mit mehr als einem Prüfjahr

Die Aussagesicherheit zur Leistungsfähigkeit einer Sorte steigt mit der Prüfdauer. Daher sind prinzipiell mindestens dreijährig geprüfte Sorten den zweijährig geprüften Sorten bei gleicher Ertragsleistung vorzuziehen. Die Aussage ist einzuschränken, wenn neuere Sorten über deutlich bessere agronomische Eigenschaften verfügen. Unter den älteren und schon länger geprüften Sorten sind mit Adverdo, KWS Aveo, SU Agendus vermehrungsstarke, aber leider sehr krankheitsanfällige Sorten. Es ist daher mehr als verständlich, wenn die Praxis kranke Sorten gerne durch gesündere Sorten ersetzen möchte.

Mit Tantris zeigt eine kurze, standfeste und relativ gesunde Sorte auf Löß, Lehm und in den Höhenlagen mittlerweile dreijährig geprüft gute Ertragsleistungen. Tulus und Securo sind länger vom Wuchs. Tulus zeigt in den Höhenlagen im Mittel der Jahre knapp durchschnittliche Erträge. Securo ist aufgrund der schlechteren Standfestigkeit bei höchstens durchschnittlicher Ertragsleistung keine hervorzuhebende Empfehlung.

Barolo und Lombardo sind ertragsstarke Sorten mit jetzt zweijähriger Prüfdauer. Beide zeigen in Punkto Gesundheit und Ertragsleistung Vorteile gegenüber den älteren Sorten. Lombardo ist die etwas ertragsstärkere und winterhärtere Sorte. Barolo hat leichte Vorteile bei der Standfestigkeit und 2016 auch in der Gesundheit. Barolo und Lombardo sind daher neben Tantris die Hauptempfehlungen für die kommende Aussaat.

Gibt es Interessante neue Sorten?

Als Neuzulassungen wurden Callanzo, Cedrico und Salto erstmalig in den Landessortenversuchen geprüft. Callanzo und Cedrico zeigen ansprechende Ertragsleistungen, die vor einer generellen Empfehlung aber im Jahr 2017 noch einmal bestätigt werden müssen. Die beiden Sorten sind kurz, standfest und relativ gesund. Saatgut für den Probeanbau auf Teilflächen des Betriebes steht hier nur sehr begrenzt zur Verfügung. Salto ist eine sehr gesunde aber bei den Erträgen jedoch deutlicher limitierte Sorte.

Bei den zusätzlich nur in NRW geprüften Sorten Grenado, Silverado und Fredro konnten wir in den Versuchen des Jahres 2016 keine Vorteile erkennen. Grenado ist 10 Jahre nach seiner Zulassung in Punkto Ertragsleistung nicht mehr auf dem aktuellen Leistungsniveau und zudem gelbrostanfällig. Silverado kann beim Ertrag ebenfalls nicht überzeugen und steht SU Agendus oder KWS Aveo in der hohen Gelbrostanfälligkeit leider um nichts nach. Bei Fredro kann nach einem Prüfjahr auf einem Standort die Leistung noch nicht abschließend beurteilt werden. Bei unterdurchschnittlichen Erträgen und schwacher Standfestigkeit kann die Sorte nur bei der Gesundheit punkten.

Saatgut frühzeitig bestellen!

Schlechtere Erträge, niedrige Tausendkorngewichte und Auswuchs haben 2016 zwangsläufig auch Auswirkungen auf die Saatgutverfügbarkeit. Der Vermehrungsschwerpunkt in NRW lag 2016 zudem mit rund 50 Prozent der Gesamtflächen bei den krankheitsanfälligeren Sorten Adverdo, Grenado, KWS Aveo und SU Agendus. Saatgut der vorrangig empfohlenen Sorten wird mit Sicherheit knapp werden. Wer seine Wunschsorte haben möchte, der muss umgehend bestellen. Beim begrenzten Angebot werden für die kommende Aussaat auch die krankheitsanfälligeren älteren Sorten immer noch eine größere Anbaubedeutung haben. Hier müssen alle pflanzenbaulichen Möglichkeiten zur Reduzierung eines zu erwartenden Befalls genutzt und vor allem extreme Frühsaaten vermieden werden.

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