Landessortenversuche Ökoweizen 2011

Öko-Winterweizen
Sortenprüfung des Winterweizens am Standort Warstein-Belecke

Gute Erträge beim Öko-Winterweizen

Auf vier Standorten in Nordrhein-Westfalen wurden 2011 in Landessortenversuchen 18 verschiedene Winterweizensorten auf ihre Eignung für den Anbau im ökologischen Landbau geprüft. Erste Ergebnisse fasst Dr. Claudia Hof-Kautz, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, zusammen.

Beim Winterweizen sind zwei der Standorte in einem bundesweiten Projekt eingebunden, welches sich im dritten Auswertungsjahr befindet und von der Landwirtschaftkammer Niedersachsen koordiniert wird. Hier werden zusätzliche für den Ökolandbau wichtige Parameter, wie der Bodenbedeckungsgrad, die Blattstellung oder Feuchtklebergehalte, ermittelt. Darüber hinaus sind in diesem Jahr bundesländerübergreifende Anbaugebiete, kurz ABG genannt, festgelegt worden, die aus den Boden-Klima-Räumen entwickelt wurden. Für die derzeitigen Versuchsstandorte in NRW ergibt sich daraus vor allem das Gebiet Lehmige Standorte West, das den größten mittleren Teil von NRW abdeckt. Die Versuchsergebnisse werden mit den Standorten aus Niedersachsen und Hessen verrechnet. Ziel ist es, in den Anbaugebieten eine ausreichende Anzahl an Versuchen mit zuvor abgesprochenen einheitlichen Sortimenten zu betreuen, Versuchsplanung und Durchführung effizienter zu gestallten und eine bessere statistische Absicherbarkeit zu erzielen.

Erträge der Standorte und Sorten

In Nordrhein-Westfalen wurden im Mittel aller Sorten auf allen Standorten - trotz der langsamen Frühjahrsentwicklung bedingt durch die extreme Trockenheit - noch 47,1 dt/ha Kornertrag erreicht, siehe Tabellen 1 und 2. Dabei war der Ertrag im Mittel der Standardsorten Capo, Naturastar, Estevan in Dörentrup-Wendlinghausen mit 50,5 dt/ha am höchsten, gefolgt von Lichtenau mit 48,1 dt/ha und Warstein-Belecke mit 47,4 dt/ha. Stommeln kam im Mittel nur auf 33,0 dt/ha, da dieser Standort massiv unter Unkraut zu leiden hatte. In Hessen und Niedersachsen wurden mit im Mittel bis zu 75,0 dt/ha Spitzenerträge erzielt. Die Sorten aus den Versuchen der letzten drei Jahre sind im Folgenden einzeln aufgeführt.

Mehrjährig geprüfte Sorten

Akteur E: ertragsstabil und auf gutem Niveau, vor allem in 2011 vorne dabei, in 14 Versuchen im Mittel 103 % Ertrag im Vergleich zu den Standardsorten, mit guten Qualitäten, mittlere Pflanzenlänge, wenig Lager-anfällig, allerdings etwas Mehltau- und Gelbrost-anfällig

Capo E: in diesem und letztem Jahr sehr hohe Erträge, sonst eher im Mittelfeld, in 18 Versuchen im Mittel 102 % Ertrag im Vergleich zu den Standardsorten, eignet sich offenbar für trockene Lagen und trockene Jahre, sichere gute bis sehr gute Qualitäten, begrannte Sorte mit langem Wuchs und guter Bestockung, guter Bestandesdichte und Beschattung, daher gute Unkrautunterdrückung, lageranfälliger, recht blattgesund

Event E: hoher Ertrag mit 92 bis 121 % im Mittel von 14 Versuchen, mittlere Qualität, eher Futter- oder Masseweizen, kürzere Sorte mit geringer Lagerneigung, aber nur geringem Unkrautunterdrückungspotenzial, Braunrost- und Blattseptoria-anfällig, insgesamt nicht so überzeugend, was die pflanzenbaulichen Parameter betrifft; wird aus unserer Öko-LSV für das kommende Jahr herausgenommen

Naturastar A: sichere, leicht unterdurchschnittliche Erträge von im Mittel 97 % in 18 Versuchen und sichere Qualitäten, langstrohig mit guter Unkrautunterdrückung, relativ gute Blattgesundheit, etwas Blattseptoria

Discus A: sehr hohe, überdurchschnittliche und sichere Erträge mit 104 % in 13 Versuchen im Vergleich zu den Standardsorten, geringere Qualitäten, gute Bodenbedeckung und Unkrautunterdrückung, sehr blattgesund

Julius A: ehemals B-Sorte, sehr hohe Erträge, mit im Mittel 107 % beste Ertragssorte des Sortiments aus 17 Versuchen, geringe Qualitäten, später reif, mittellang, standfest, blattgesund

Fast alle hier vorgestellten mehrjährigen Sorten sollten bei der Anbauplanung Berücksichtigung finden: Als ausgewogen und relativ sicher im Ertrag und der Qualität könnend die Sorten Akteur, Capo und Naturastar bezeichnet werden. Discus und Julius sind als Futter- oder Masseweizen zu berücksichtigen.

Sorten aus der Öko-Züchtung

Butaro E: Sorte aus der biologisch-dynamischen Züchtung von H. Spieß, Deutschland, laut Züchter besonders widerstandsfähig gegen Weizensteinbrand, mit im Mittel 90 % unterdurchschnittlichem Ertrag im Vergleich zu den Standardsorten, sehr hohe Qualitäten, mittlere Bodenbedeckung, hohe Pflanzenlänge und sehr lageranfällig, mittlere Blattgesundheit

Wiwa E: Sorte aus der biologisch-dynamischen Züchtung von Kunz, Schweiz, geringstes Ertragsniveau des Sortiments mit 88 % im Mittel von 15 Versuchen, sehr gute Qualität, etwas Mehltau- und Braunrost-anfällig, mittlere Pflanzenlänge, mittlere Lagerneigung, eher steilere Blatthaltung, daher gut zu striegeln

Scaro E: Sorte aus der biologisch-dynamischen Züchtung von Kunz, Schweiz, mittlerer Ertrag, etwas besser als Wiwa mit 95 % im Mittel, gute Qualität, etwas schlechter als Wiwa, etwas Mehltau- und Blattseptoria-anfällig

Alle Sorten aus der Öko-Züchtung weisen gute Qualitäten auf; Daten aus 2011 liegen allerdings noch nicht vor. Die Sorten erreichen relativ sicher die vom Markt geforderten Feuchtklebergehalte zwischen 24 bis 26 % und sollten daher in die Anbauplanung einbezogen werden.

Österreichische begrannte Sorten

Arnold E: sehr frühreif, muss auch früh geerntet werden wegen Auswuchsgefahr, mittlerer Ertrag, im Mittel 95 % wie Scaro, gute Qualitäten, mittellang, sehr wüchsig, sehr gute Bodenbedeckung, damit hohe Unkrautunterdrückung, mittlere Lagerneigung, relativ blattgesund

Bitop E: sehr frühreif, muss früh geerntet werden wegen Auswuchsgefahr, kleine Ähren, geringer Ertrag als Arnold, unterdurchschnittlich im Ertrag mit im Mittel 93 %, gute Qualitäten, wüchsig, dicht im Schossen, aber kurz in Pflanzenlänge, daher nur mittlere Unkrautundrückung, schwer zu striegeln, krankheitsanfällig, vor allem für Blattseptoria und Gelbrost, insgesamt nicht überzeugend, wird aus den Öko-LSV für das kommende Jahr herausgenommen

Estevan (E): gute Erträge, gleichbleibend Ertragsstark mit 94 bis 105 % in 18 Versuchen im Ertragsmittelfeld, mittlere Qualitäten, frühreif, lange Sorte, daher lageranfällig, aber gute Bodenbedeckung und Unkrautunterdrückung, gute Blattgesundheit

Philipp (E): kleine Ähren, Korn relativ lose in der Ähre, was Ausfallgefahr beim Drusch bedeutet, mittlere bis unterdurchschnittliche Erträge mit 95 % im Mittel, gute Qualitäten, mittlere Pflanzenlänge und Bodenbedeckung, etwas Blattseptoria

Lukullus A: neuere Sorte, erst einjährig geprüft, durchschnittlicher Ertrag mit 94 bis 106 % im Vergleich zu den Standardsorten, scheint die seltene Kombination von guten Erträge und guten Qualitäten tatsächlich realisieren zu können, gute Bodenbedeckung und Unkrautunterdrückung bei mittlerer Länge und Standfestigkeit, zudem auch recht blattgesund

Von den österreichisch begrannten Sorten könnten die Sorten Arnold als eher qualitätsbetont für den frühen Drusch, Esteavan als eher ertragsbetont und Lukullus als eine ausgewogene Sorte in die Anbauplanung einbezogen werden.

Neue Sorten, konventionell gezüchtet

Es gibt auch neue Sorten aus der konventionellen Züchtung, die überwiegend erst einjährig geprüft sind.

Genius E: mittlerer Ertrag mit 96 % im Vergleich zu den Standardsorten, Qualitäten im Mittelfeld, etwas besser als Event, kürzere Sorte mit geringer Lagerneigung, aber nur geringem Unkrautunterdrückungspotenzial, blattgesünder als Event

Famulus E: unterdurchschnittlicher Ertrag mit 90 % im Mittel, kürzere Sorte, standfest, mittlere Bodenbedeckung, Mehltau- und Braunrost-anfällig, auf den leichteren Standorten in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg nicht überzeugend, daher dort aus der Öko-LSV herausgenommen

Florian E: guter Ertrag von 98 bis 106 % im Vergleich zu den Standardsorten, kürzere Sorte, geringe Unkrautunterdrückung, Braunrost- und Blattseptoria-anfällig

Meister A: gute Erträge von 94 bis 113 % im Vergleich zu den Standardsorten, mäßige Qualitäten (Futterweizen), kurze bis mittlere Länge und sehr steile Blatthaltung, daher nicht so gute Unkrautunterdrückung, Braunrost- und Mehltau- anfällig

Von den neueren Sorten könnten Genius und Florian für den Ökolandbau interessant sein, müssen aber noch weiter geprüft werden. Grundsätzlich sollten neuere Sorten auf dem eigenen Betrieb nur auf kleineren Flächen ausprobiert werden. Weitere Informationen und nachfolgend weitere Ergebnisse zu den Qualitäten gibt es unter www.oekolandbau.nrw.de

Saatgutbezug

Die Verwendung von ökologisch erzeugtem Saat- und Pflanzgut ist grundsätzlich gemäß EU-Bioverordnung vorgeschrieben. Der Saatgutbezug kann über die Ökosaatgutvermehrer aus NRW, wie zum Beispiel die Bioland-Z-Saatgutliste, erhältlich beim Bioland Landesverband NRW, erfolgen. Die Verfügbarkeit einzelner Sorten finden Sie im Überblick unter www.organicXseeds.de.

Autor: Dr. Claudia Hof-Kautz