Landessortenversuche Winterweizen 2014 - Frühsaaten

Erntereifes Weizenfeld

Der Anbau frühreiferer Sorten kann unter sehr trockenen Frühsommer- oder günstigen Abreifebedingungen in Form sicherer Erträge eine pflanzenbauliche Maßnahme zur Ertragsrisikostreuung im Winterweizenanbau sein. Neben dem normal- bis etwas spätreiferen Blattfruchtweizen-Sortiment werden daher in der gleichen Fruchtfolgestellung in einem separaten Versuch Winterweizensorten mit früherer Reifeeinstufung geprüft. Dr. Kathrin Bürling, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, hat die Ergebnisse und erläutert den Stellenwert frühreifer Winterweizensorten.

Sehr frühreife Sorten sind gegenüber den normal- bis etwas später reifen Weizensorten rund drei bis fünf Tage früher druschreif. Da der gesamte Entwicklungsverlauf während der Vegetationszeit etwas früher verläuft, finden auch alle produktionstechnischen Maßnahmen dementsprechend eher statt. In der Praxis bedeutet dies eine Entzerrung von Arbeitsspitzen bis hin zur Ernte. Letzteres zeigt sich gerade in diesem Jahr von besonderer Bedeutung. Witterungsbedingt bereitet es in einigen Landesteilen große Schwierigkeiten, die spätreiferen Sorten zu ernten. Hier sind mittlerweile größere Qualitätseinbußen zu befürchten, auch bedingt durch das dort vorhandene stärkere Lager.

Pflanzenphysiologisch betrachtet bedeutet die etwas geringere Vegetationszeit eine natürliche Ertragsbegrenzung. Auf den Lehmstandorten zeigten die frühreifen Sorten im Mittel der letzten zehn Jahre mit 1 dt je ha weniger Ertrag keine wesentlichen Unterschiede zu den normalreifen Sorten. Auch auf den Höhenlagenstandorten lagen in den letzten acht Jahren zwischen 2006 und 2011 sowie 2013 bis 2014 die frühreifen Sorten gegenüber den normal- bis spätreifen Sorten im Mittel auf einem Ertragsniveau. Auf den ertragreichen wasserführenden milden Lößstandorten im Rheinland fallen die frühreifen Sorten in ihrer durchschnittlichen Ertragsleistung hingegen mit 4 dt je ha im Mittel der letzten zwölf Jahre gegenüber den normalreifen Sorten deutlicher ab. Auf solchen Standorten steht der Aspekt der Arbeitsspitzenentzerrung im Vordergrund.

Demgegenüber zeigen sich auf den leichteren, grundwasserfernen sandigen Standorten die Vorteile der frühreifen Sorten: Unter den dort per se wasserknapperen Bedingungen können spätreifere Sorten bei Frühsommertrockenheit in ihrer Kornfüllungsphase gehemmt werden, wenn hier der Bodenwasservorrat den Pflanzen nicht im benötigten Maße für das Erreichen der vollen Ertragsleistung zur Verfügung steht. Frühreifere Sorten haben in der Regel die Kornfüllung schon weiter abgeschlossen, so dass noch vorhandene Bodenwasservorräte hier ausreichend für die volle Leistung sind. In den letzten beiden Jahren konnte eine geringfügig negative Ertragsdifferenz der frühreifen zu den normalreifen Sorten auf den Sandstandorten beobachtet werden. 2013 waren die noch passenden Niederschläge, diesjährig darüber hinaus die im Monat Mai weit über dem Niveau des Vorjahres und des langjährigen Mittel liegenden Niederschlagsmengen für eine gute Wasserversorgung der normalreifen Sorten in der Kornfüllungsphase ursächlich. Im Mittel von neun Jahren betrachtet, zeigten die frühreifen Sorten aber einen deutlichen Ertragsvorteil von 4,5 dt je ha.

Späte Frühe liegen vorn

Nicht alle Sorten in diesem Segment sind gleich frühreif. Die etwas Späteren unter den Frühreiferen haben somit oftmals Vorteile und erreichen Erträge, die an die besten Sorten im normalreifen Sortensortiment heranreichen. Auf der anderen Seite bieten Sorten wie Altigo aufgrund ihrer besonders frühen Reife gegenüber anderen Sorten dieses Sortimentes eine größere Chance zur deutlich früheren Ernte und damit Arbeitsspitzenentzerrung, obwohl sie unter der zuvor geschilderten natürlichen Ertragsbegrenzung früher reifer Sorten nicht immer zu den Ertragsstärksten zählen. Altigo zeichnet sich darüber hinaus durch eine Begrannung aus, die in Regionen mit hohem Wildbesatz zu einem verringerten Risiko von Wildverbiss beitragen kann.

Stoppelweizen als Unkrautbekämpfer

Stoppelweizenanbau in Rapsfruchtfolgen ist erforderlich, wenn die Gräserbekämpfung in Wintergerste problematisch ist. Oft ist aber, besonders in den Höhenlagen, das Zeitfenster zwischen Weizenernte und Rapsaussaat äußerst eng. Frühreifere Weizensorten als Stoppelweizen-Vorfrucht zu Raps in Kombination mit einer späteren Aussaat von Raps-Hybridsorten ergibt eine deutlich verlängerte Feldarbeitszeitspanne für eine optimale Saatbettbereitung und Aussaat des Rapses.

Den Vorzügen, die sich mit dem Anbau von Sorten mit unterschiedlicher  Reifezeit ergeben, stehen auch mögliche Risiken gegenüber. Bei der Vermarktung können sich bezüglich der Fallzahl Probleme ergeben, wenn eine frühzeitigere Ernte witterungsbedingt nicht möglich ist. 2007, 2008, 2009 und 2010 war das an einzelnen Standorten ein größeres Problem. Hier sollte insbesondere die Fallzahlstabilität der Sorten beachtet werden, siehe Tabelle 5.

Generell sollten die standortübliche Weizen-Saatzeit und auch Saatstärke auch für Sorten aus dem frühen Sortiment eingehalten werden. Pflanzenbaulich betrachtet, ergibt sich aus einer früheren Saat im Herbst nicht zwangsläufig eine frühere Reife im folgenden Sommer. Eine der Abreife angepasste Ernte sollte, möglichst auch unter Inkaufnahme einer eventuell höheren Kornfeuchte in problematischeren Erntejahren, eingehalten werden.

Die Landessortenversuchsergebnisse

Im vergangenen Herbst wurden an insgesamt acht Standorten in NRW die Landessortenversuche mit insgesamt zwölf frühreifen Winterweizensorten angelegt. Aus den gemeinsamen Anbauregionen mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen standen noch sechs weitere Landessortenversuchsergebnisse zur Verfügung, so dass in diesem Jahr insgesamt 14 Versuchsergebnisse für die Sortenleistungsbeurteilungen verfügbar waren. Die Anbautechnik und die Versuchsdurchführung entsprechen der höheren Intensitätsstufe (B 3) der Landessortenversuche für die normalreifen Sorten, wie in Tabelle 1 dargestellt. Dadurch ist die Vergleichbarkeit der Sortenerträge aus den verschiedenen Weizenanbausegmenten unmittelbar gegeben.

Der Tabelle 2 sind die diesjährigen Ertragsergebnisse von den Einzelstandorten zu entnehmen. Über alle Standorte und Anbauregionen betrachtet, zeigte sich im aktuellen Jahr bei den mehrjährig geprüften Sorten, mit Ausnahme der Futterweizensorte Expert, ein nur durchschnittliches bis leicht unterdurchschnittliches Ertragsniveau. Bei den zwei- und erstjährig geprüften neueren Sorten zeichnen sich mit der B-Sorte Rumor und der A-Sorte KWS Ferrum ertragsstarke Qualitätsorten ab. In der Tabelle 3 sind die mehrjährigen Erträge der Sorten in den verschiedenen Ackerbauregionen aufgeführt. Im Vergleich zum schon im vergangenen Jahr hervorragenden Erträgen konnten in diesem Erntejahr mindestens gleich hohe, teilweise auch deutlich höhere Erträge im Mittel über die Sorten erzielt werden, insbesondere auf den Sand- und Höhenstandorten. Auf der Basis dieser mehrjährigen Erträge ergeben sich die in der Tabelle 4 aufgeführten anbauregionsspezifischen Sortenempfehlungen.

Auf den Lößstandorten - mit ihren überwiegend auf Vermarktung angewiesenen Ackerbaubetrieben mithin als noch klassische Qualitätsweizen-Anbauregion geltend - stellt sich prinzipiell die Frage nach der Bedeutung frühreifer C-Weizensorten. Die Erträge der Sorte Expert sind hier zwar konstant überdurchschnittlich, jedoch nicht hoch genug, eine mögliche bessere Vergütung für qualitativ höherwertigen A- oder B-Weizen zu kompensieren. Die agronomischen Eigenschaften dieser Sorte sind ausgewogen. Die A-Sorte Cubus zeigt unter den Standortbedingungen von Kerpen-Buir stabil überdurchschnittliche Erträge, was für den zweiten Versuchsstandort Beckrath eher weniger zutrifft. Die eingeschränkt empfohlene E-Sorte Norin zeichnet sich durch gute agronomische Eigenschaften, insbesondere eine hohe Standfestigkeit aus.

Bei den über das LSV-Sortiment hinaus speziell auf den Lößstandorten geprüften Anhangsorten in den Tabellen 2 und 3 zeigte sich die nicht winterharte, aber standfeste und fallzahlstabile Sorte Premio am Standort Buir konstant über, am Standort Beckrath konstant im beziehungsweise unter dem Durchschnitt der LSV-Sorten. Hier zeigt sich unter den Standortbedingungen spezifisch wie Kerpen-Buir eine Anbaueignung. Das dies- und auch erstjährige Ergebnis der Sorte Cellule (Stärken: Standfestigkeit, Gelbrost, hohe Qualität; Schwächen: Halmbruch, Winterhärte) zeigte an beiden Prüforten eine sehr gute Ertragsleistung. Für eine sichere Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Sorte sollte mindestens noch ein zweites Prüfbar abgewartet werden.

Bei den ebenfalls erstjährig geprüften, in der Reife mit der Note 3 (JB Asano 4) eingestuften Sorten Armada und Solehio hingegen zeigte sich die Leistung standörtlich sehr unterschiedlich. Witterungsbedingt kam es am Standort Beckrath schon sehr früh zu massivem Lager in diesen beiden Sorten, was die dort sehr schlechten Erträge mit erklärt. Auch am EU-Prüfstandort in NRW am Lehmstandort auf den Flächen von Haus Düsse überzeugte Armada diesjährig nicht durch Standfestigkeit und hohe Ertragsleistung. Altigo als ebenfalls besonders frühe Sorte zeigte sich standfester und damit auch ertragssicherer. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Sorten im nächsten Prüfjahr präsentieren.

Auf den Löß-, Lehm- und Sandstandorten zeigen die mehrjährig geprüften B-Sorten Barok und Hekto in der Mehrzahl der Jahre schwächere und zum Teil schwankendere Leistungen als die qualitativ hochwertigeren Sorten JB Asano oder Cubus. Darüber hinaus zeichnen sich im B-Segment mit der neueren Sorte Rumor sowie der erstjährig im LSV geprüften A-Sorte Folklor ertragspotente Sorten mit attraktiven agronomischen Eigenschaften ab. Die alte Sorte Kerubino, zugelassen 2004 in Frankreich, erzielt als E-Sorte nach wie vor erstaunliche Erträge. Unter dem Aspekt, mit dieser Sorte möglicherweise eine sicherere A-Qualität als mit einer A-Sorte erreichen zu können, sowie der geringeren Fusariumanfälligkeit und guten Winterhärte der Sorte wird Kerubino eingeschränkt auf Löß, Lehm und Höhe empfohlen.

Die bisher vorliegenden Fallzahlergebnisse der frühreifen Sorten aus den LSV bewegen sich insgesamt unterhalb des Vorjahresniveaus, aber im noch unkritischen Bereich deutlich über 220 Sekunden.

Die Tabelle 5 zeigt die Einstufungen aller Sorten hinsichtlich ihrer agronomischen Eigenschaften. Zu den empfohlenen, sehr frühreifen Winterweizensorten sind darüber hinaus in der Tabelle 6 in gleicher Art und Weise wie auch bei den übrigen Getreidearten die sortenspezifischen Eigenschaften und Merkmale aufgeführt.

Autor: Dr. Kathrin Bürling