Landessortenversuche Winterweizen 2015 - Stoppelweizen

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Versuche mit Stoppelweizen (Winterweizen nach Winterweizen)

Welche Sorten überzeugten als Stoppelweizen?

In den letzten zehn Jahren hat sich der Stoppelweizenanbau immer stärker ausgeweitet. Zum Teil hat er auch die Wintergerste, wo sie sich aus arbeitswirtschaftlichen Gründen als frühräumende Vorfrucht oder unter schwächeren Standortbedingungen in der Fruchtfolge wirtschaftlich nicht mehr konkurrenzfähig zeigte, verdrängt. Welche Sorten besonders geeignet sind, erklärt Dr. Kathrin Bürling.

Vor dem Hintergrund des Greenings könnten sich diese Fruchtfolgeverhältnisse allerdings wieder ändern. Im Vergleich zu den alternativen Fruchtfolgegliedern Wintergerste, Triticale und Winterroggen werden die hohen Erträge des Stoppelweizens sowie die in der Regel höheren Erzeugerpreise mit einer insgesamt höheren ökonomischen Vorzüglichkeit in Verbindung gebracht. In diesem Jahr lagen im Mittel die Stoppelweizenerträge gut 3 dt/ha über den Blattfruchtweizenerträgen auf den Standorten, an denen sowohl Blattfruchtweizen als auch Stoppelweizen im Landessortenversuch angebaut wurde. Dieser Mehrertrag ist eindeutig mit den beim Stoppelweizen in der Regel früheren Aussaatzeiten in Verbindung mit der sehr trockenen Witterung ab Mai erklärbar.

Besonderheiten des Stoppelweizenanbaus

Beim Ertragsvergleich zwischen Blattfrucht- und Stoppelweizen der letzten 13 Versuchsjahre auf Lößstandorten (Kerpen-Buir) ergibt sich im Mittel der Sorten ein Ertragsvorteil von 4,8 dt je ha zugunsten des Blattfruchtweizens

Entscheidender noch als der Ertragsvergleich zwischen Blattfrucht- und Stoppelweizen sind letztlich die wirtschaftlichen Vergleiche über die bereinigten Marktleistungen der Getreidearten, bei denen die jeweiligen Erträge, Erzeugerpreise und Produktionskosten verrechnet werden. Hier zeigt sich auf den Lößstandorten, dass gleich nach dem Blattfruchtweizen 2006, 2007 und 2010 der Stoppelweizen die nächst höheren bereinigten Marktleistungen erbringt. In den letzten fünf Jahren übertraf allerdings Triticale den Stoppelweizen in der Wirtschaftlichkeit, in den letzten vier Jahren ebenso Wintergerste. Auf den Lehmstandorten zeigt sich in fünf von zehn Versuchsjahren, dass Winterroggen eine gleiche bis leicht höhere wirtschaftliche Vorzüglichkeit gegenüber Stoppelweizen besitzt. Auf den Höhenlagenstandorten folgt nach dem Blattfruchtweizen in fünf von acht Vergleichsjahren dagegen gleich der Triticale mit der nächst höheren Wirtschaftlichkeit. Daher sollte auf den Lehm- und Höhenlagenstandorten durchaus auch dem Roggen oder dem Triticale verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wo standortbedingt häufiger Auswinterungsschäden zu erwarten sind, sollte dabei der Focus auf dem Roggenanbau liegen. Leider enttäuschen im aktuellen Jahr insbesondere die Erzeugerpreise für Roggen.

Neben dem Wirtschaftlichkeitsvergleich können sich darüber hinaus auch arbeitswirtschaftliche Vorteile durch den Stoppelweizenanbau ergeben. Relativ einfach kann eine größere Winterweizenfläche mit nur unwesentlicher Ausweitung der Arbeitszeiten bewirtschaftet werden. Demgegenüber stehen jedoch auch gewisse Anbaurisiken, die betriebsindividuell abgewogen werden müssen.

Ebenso wie innerhalb einer Getreideart eine Risikostreuung durch die Wahl des Saatzeitpunktes oder die Wahl von Sorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten vorgenommen werden kann, kann man diese auch über die Wahl der Getreideart beeinflussen. Die Unwägbarkeit des Witterungsverlaufes und die Zunahme von Extremwitterungsereignissen machen ein Vertrauen auf die optimale Witterung für nur eine Kulturart (Blattfruchtweizen - Stoppelweizen) risikoreich. Darüber hinaus ist beim Stoppelweizen mit einem höheren Krankheitsdruck an der Halmbasis und dem Auftreten von Ährenfusariosen zu rechnen, was mit erhöhten Aufwendungen im Bereich der gesamten Produktionstechnik verbunden ist. Die Direkt- und Arbeitserledigungskosten steigen. Auch diese Schwierigkeiten gilt es bei einer Entscheidung für oder gegen den Stoppelweizenanbau zu berücksichtigen.

Winterweizen mit Weizen als Vorfrucht

Im Erntejahr 2015 standen in Nordrhein-Westfalen Ergebnisse von drei Landessortenversuchen mit insgesamt 16 Sorten zur Verfügung (Tabelle 2). Die Versuchsdurchführung entspricht der höheren Intensitätsvariante B3 bei den Landessortenversuchen Winterweizen nach Blattfrucht. Die Sorten wurden wie immer mit einer Standardbeize (B1 und B2) sowie in der zweiten Variante (B2) zusätzlich mit der Zusatzbeize Latitude mit Schwerpunkt Schwarzbeinigkeitsbekämpfung geprüft. Gegenüber dem Blattfruchtweizen-Landessortenversuch ist der N-Sollwert um 20 kg je ha erhöht (Tabelle 1).

Die Intensitätskosten der beiden Varianten unterscheiden sich durch die Beizkosten. Die mit Latitude gebeizten Sorten mussten gegenüber der Normalbeize bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 16,50 € je dt einen wirtschaftlichen Mehrertrag von 2,5 dt je ha bringen. Beim Vergleich der Durchschnittserträge (Mittel über die Sorten) aus der B1-Variante (Standard-Beize) mit der B2-Variante (Standardbeize plus Latitude-Beize) zeigen in Tabelle 2 die unteren Zeilen, dass die Latitude-Sonderbeizung sich in diesem Jahr am Standort Kerpen-Buir als nicht wirtschaftlich, am Standort Steinheim-Breitenhaupt und Altenmellrich dagegen als wirtschaftlich erwiesen hat – genau umgekehrt als im Vorjahr. Im Detail betrachtet konnte im Kerpen-Buir für alle Sorten die Zusatzbeize als nicht wirtschaftlich und am Standort Altenmellrich für alle als wirtschaftlich bewertet werden. Für den dritten Standort, Steinheim-Breitenhaupt, war die Sortenreaktion unterschiedlich.

Bei der generellen Frage nach dem wirtschaftlich lohnenden Einsatz der teureren Wurzelschutzbeize Latitude geben einjährige Ergebnisse und reine Mittelwertberechnungen keine Orientierung, weil man schlicht keinen Vergleich hat! Erst mehrjährige Ergebnisse können sortenspezifische Tendenzen aufzeigen, was aus der Grafik (siehe PDF-Datei unten, Seite 2) deutlich erkennbar wird. In der Vergangenheit hat sich herausgestellt, dass es entscheidender ist, nach möglichen sortenspezifischen Reaktionen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit auf die Latitude-Beize zu schauen.

Eine Betrachtung der Ergebnisse über mehrere Jahre und Orte zeigt dabei, dass lediglich bei Inspiration, Linus und auch bei Lear die Sonderbeize überwiegend wirtschaftlich war, und sie bei diesen Sorten damit auf jeden Fall eingesetzt werden sollte. Auch die Sorte Anapolis zeigt tendenziell eine Wirtschaftlichkeit der zusätzlichen Latitude-Beize. Die neuere Sorte Elixer sowie Matrix und auch Smaragd hingegen zeigen in der Tendenz, dass sie überwiegend wirtschaftlicher ohne eine Zusatzbeize auskommen. Ähnliches deutet sich bei geringerer Datengrundlage bei Tobak und Trapez an. Bei den übrigen Sorten zeigen sich sehr unterschiedliche Ergebnisse, sodass hier das persönliche Sicherheitsbedürfnis des Praktikers für oder gegen eine Zusatzbeize entscheidet. Züchterisch verwertbare Resistenzen gegenüber dem Erreger der Schwarzbeinigkeit sind bislang keine gefunden worden.

Zur Beurteilung der generellen Stoppelweizen-Anbaueignung der Sorten sind in der Tabelle 2 die Erträge im Mittel der beiden Varianten B1 und B2 aufgeführt. Die Leistungen der Sorten präsentieren sich in einigen Fällen sehr unterschiedlich. Für eine abgesicherte Sortenempfehlung sind daher die in Tabelle 3 aufgeführten Mehrjahresergebnisse entscheidend. Die daraus resultierenden Sortenempfehlungen sind Tabelle 4 zu entnehmen.

Auf den Lehmstandorten zeigten sich die beiden Futterweizensorten Anapolis und Lear mit vergleichbarer Ertragsleistung, wobei aufgrund der besseren agronomischen Eigenschaften erstgenannter Sorte der Vorzug zu geben wäre. Ebenso verhält es sich mit den beiden A-Weizensorten RGT Reform und Linus über alle drei Anbauregionen. Linus weist bekanntlich eine große Schwäche bei der Fallzahlstabilität auf, während RGT Reform sowohl in den Qualitäts- als auch den agronomischen Merkmalen und der Krankheitsanfälligkeit wesentlich besser oder ausgeglichener eingestuft ist.

Neben den Erträgen der geprüften Stoppelweizensorten spielen, wie bereits angeführt, die Schwächen eine wichtige Rolle bei der Sortenwahl und der notwendigen Bestandesführung. Besonders die Problemkrankheiten Halmbruch, DTR und Ährenfusarium sind zu beachten, da viele der leistungsfähigen und empfohlenen Stoppelweizensorten in diesen Merkmalen nur durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Widerstandsfähigkeiten zeigen. Entsprechend sind die acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen zu wählen.

Ebenso wie in den LSV-Blattfruchtweizen wurden in den LSV-Stoppelweizen von den stark fusariumanfälligen Sorten Laboranalysen über mögliche DON-Gehalte im Erntegut durchgeführt. An zwei Standorten lagen die Werte für alle Sorten unter der analytischen Nachweisgrenze von 0,2 mg/kg. In Kerpen-Buir konnte nur in der Sorte Manitou (Ährenfusarium Note 5) mit 0,3 mg/kg ein leicht erhöhter, jedoch noch weit unter dem Grenzwert von 1,25 mg/kg liegender DON-Gehalt festgestellt werden. Zur diesjährigen Weizenblüte herrschte keine günstige Witterung für eine mögliche Infektion mit Fusarium.

Hinweise zur Aussaat

Neben den angesprochenen Eigenschaften der Sorten gilt es beim Stoppelweizenanbau noch einige ackerbauliche Punkte zu beachten. Wird das Stroh der Vorfrucht nicht abgefahren, muss unbedingt für eine sehr gute Stroh-Häckselqualität und -Verteilung durch den Mähdrescher gesorgt werden. Bei Pflug- oder Mulchsaat ist das Risiko einer grünen Brücke, also die Übertragung verschiedener Krankheiten, die auf altem Pflanzenmaterial, wie Stoppelresten, überdauern, möglichst gering zu halten. Ferner ist die Strohverdaulichkeit des Bodens und die Mineralisierungsgeschwindigkeit zu beachten. Gegebenenfalls ist mit einer N-Ausgleichsdüngung (Gülle?) zu reagieren. Ein weiteres Problem kann die aufwändigere Gräserbekämpfung sein.

Mit Blick auf den Saatzeitpunkt sollte dieser nicht zu früh gewählt werden, da man sich weitere Risiken einhandelt, wie beispielsweise eine stärkere Frühinfektion mit bodenbürtigen Krankheiten im Herbst. Mulchsaat ist hier besonders betroffen. Schwarzbeinigkeit, Halmbruch, die höhere Gefährdung mit Ährenfusarium sowie Blattseptoria und DTR können unter solchen Bedingungen die Intensitätserfordernisse beträchtlich erhöhen. Das Ertrags- und Qualitätsrisiko steigt. Weiterhin kann unter warmen Herbstbedingungen und zu früher Saat ein Befall mit Gelbverzwergungsvirus auch beim Weizen zu höheren Insektizidaufwendungen führen. Mit Blick auf das Auswinterungsjahr 2011/2012 kann ein durch zu frühe Saat zu weit entwickelter Bestand unter Umständen auch nicht ausreichend winterfest sein (Sorte Winnetou zum Beispiel sehr empfindlich), was durch einen späten Eintritt in die Vegetationsruhe oder einen wüchsigen Herbst noch verschärft werden kann.

Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau des Blattfruchtweizens bewegen. Unter ungünstigeren Mulchsaatbedingungen mit größeren oder ungleichmäßig verteilten Strohrückständen in der Krume ist die Saatstärke um 20 bis 30 Körner je m² zu erhöhen.

Autor: Dr. Kathrin Bürling