Landessortenversuche mittelspäte Maissorten / Biogasmais 2007

Mais vor einer Biogasanlage
Mais nimmt als Energielieferant in der Biogasproduktion eine absolute Spitzenstellung ein. Um die Transportkosten gering zu halten wird Silomais nach Möglichkeit arrondiert um die Anlagen angebaut. Foto: Norbert Erhardt.

Welche Sorte für die Biogasproduktion?

Silomais nimmt als Energielieferant in der Biogasproduktion eine Spitzenstellung ein. In günstigen Lagen wird im Energiemaisanbau dabei auch auf mittelspäte Sorten zurückgegriffen. Norbert Erhardt, Landwirtschaftskammer NRW, berichtet über die Landessortenversuche mit mittelspätem Silomais und gibt Sortenempfehlungen.

Die Anbaufläche für Silomais wurde 2007 in NRW um fast 10 000 ha auf über 145 000 ha ausgedehnt. Schätzungsweise 30 000 ha davon dürften mittlerweile als nachwachsender Rohstoff in der Biogasproduktion Verwertung finden. Während bei der Silomaisproduktion zu Fütterungszwecken neben den Erträgen insbesondere auch die Futterqualitäten im Vordergrund stehen, geht es beim Energiemaisanbau bislang in erster Linie um die Erzeugung höchster Biomasseerträge. Da brauchbare Kriterien zur Beurteilung einer möglichen sortenspezifischen Gasausbeute nach wie vor nicht zur Verfügung stehen, ist weiterhin davon auszugehen, dass höchste Trockenmasseerträge auch mit höchsten Gaserträgen je ha einhergehen.

Um eine ordnungsgemäße Silierung zu ermöglichen und den Austritt von Sickerwasser zu unterbinden, sind aber auch in der Energiemaisproduktion T-Gehalte im Häckselgut zwischen 30 und 32 % anzustreben. Damit die Maispflanze die Vegetationszeit optimal nutzen kann, sollten Blätter und Stängel bis zur Ernte weitgehend grün bleiben. Grüne Blätter und Stängel lassen gleichzeitig erwarten, dass die Lignifizierung noch nicht weiter fortgeschritten ist, was Vorteile hinsichtlich des Zelluloseabbaus und somit der Methanbildung mit sich bringen dürfte. In der Restpflanze lange grün bleibende stay-green-Sorten erweisen sich gleichzeitig auch unempfindlicher in Bezug auf den Erntezeitpunkt als Sorten, die im Blattapparat zum Teil vor der physiologischen Körnerreife absterben. Da die grünen Pflanzenteile unter normalen Witterungsbedingen maximale T-Gehalte von 20 bis 22 % aufweisen, können die geforderten Gesamt-T-Gehalte von mindestens 30 % in der Silage nur über höhere Kolben- oder Kornanteile realisiert werden. Die Maissilage zur Biogasnutzung wird dann immer auch deutlich Stärke enthalten und sich hinsichtlich der Zusammensetzung kaum von Silagen unterscheiden, die in der Rindviehfütterung zum Einsatz kommen. Theoretisch hat der Stärkegehalt zwar keinen Einfluss auf die Gasausbeute, so dass im Fall der Biogasnutzung gewisse Kompromisse hinsichtlich der Abreife und der absoluten Höhe der Stärkegehalte möglich wären. Im praktischen Betrieb der Anlagen ist aber immer wieder festzustellen, dass niedrige Energie- und Stärkekonzentrationen in der Silage durch die Zugabe von CCM oder Getreide ausgeglichen werden müssen beziehungsweise mehr Silagetrockensubstanz gefüttert werden muss, um gleiche Gaserträge erzielen zu können.

Vor diesem Hintergrund ist es sehr bedenklich, bei der Energiemaisproduktion auf Maissorten zu bauen, die ein höheres Abreiferisiko mit sich bringen, so dass in ungünstigen Jahren unter Umständen vor dem Erreichen der optimalen Reife gehäckselt werden muss. Das höhere Anbaurisiko späterer Sorten ist daher - wenn überhaupt - nur dort zu verantworten, wo bislang erfahrungsgemäß immer zeitig im September gehäckselt werden konnte und wo günstige Bodenverhältnisse auch unter nassen Witterungsbedingungen eine frühe Aussaat und eine spätere Ernte erlauben. Das in Frage kommende Sortenspektrum sollte aber auch dann um maximal 20 bis 30 Punkte bezüglich der Reifezahl erweitert werden.

Trockenmassepotenzial erhöht das Abreiferisiko Aus Tabelle 1 ist zu erkennen, dass mittelspäte Sorten (S 260 bis S 280) 2007 im Mittel der Standorte noch etwas acht Tage benötigten, um vergleichbare T-Gehalte zu erzielen wie die früher geernteten mittelfrühen Sorten (S 230 bis S 250). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die späten Sorten im Herbst unter deutlich trockeneren Bedingungen geerntet werden konnten, beziehungsweise die T-Gehalte der mittelfrühen Sorten auf Grund des unbeständigen Erntewetters im September durch Niederschlagswasser insgesamt gedrückt wurden. Unter anderen Bedingungen werden die Abreifeunterschiede daher noch deutlich größer ausfallen, insbesondere in Jahren mit allgemein schlechten Abreifebedingungen, da die Reifefortschritte im Spätherbst gegen Null gehen. Tendenziell höhere Trockenmasseerträge können mit späteren Sorten nur realisiert werden, wenn dem Mais genügend Zeit für die Ertragsbildung zur Verfügung steht.

So konnten 2007 mit den späteren Sorten in Merfeld bei Aussaat am 2. Mai nur geringfügig höhere Trockenmasseerträge erzielt werden, obwohl mit der Ernte bis zum 12. Oktober gewartet wurde (siehe Tabelle 1). In Haus Düsse und Neulouisendorf, wo früher ab dem 19. April gesät wurde, nutzte der Mais die warmen Tage Ende April und Anfang Mai für den Ertragsaufbau. Hier konnten die mittelspäten Sorten ihr tendenziell höheres Ertragspotenzial im vergangenen Herbst unter Beweis stellen. In Abbildung 2 sind die Trockenmasseerträge der mehrjährig geprüften Sorten in den Landessortenversuchen nach Siloreifezahlen dargestellt. Dabei zeigt sich ein mit der Reifezahl von links nach rechts zunehmendes Trockenmasseertragspotenzial, dass aber nicht überbewertet werden sollte. Die hohen Erträge der ertragsstärksten mittelfrühen Sorten wie Ronaldinio oder Agro Lux, können bei weitem nicht von allen mittelspäten Sorten erreicht werden, obwohl diesen Sorten in den Versuchen im Mittel der Jahre eine um rund zehn Tage längere Wachstumszeit zum Ertragsaufbau zur Verfügung stand. Gleichzeitig ist zu beachten, dass mit dem deutlich größeren Abreiferisiko der späteren Sorten auch ein größeres Ertragsrisiko verbunden ist – denn muss zu früh noch während der Kornfüllungsphase gehäckselt werden, sind neben niedrigen T-Gehalten auch deutliche Ertragseinbrüche zu erwarten. Wie aus Tabelle 1 entnommen werden kann, weisen frühreife Sorten bei gleichzeitiger Ernte höhere Energie- und Stärkekonzentrationen auf. Neben der besseren Ausreife ist dies auch auf höhere Kolbenanteile und auf die oftmals kompaktere Restpflanze zurückzuführen. Dies gilt insbesondere für die frühen, ausgesprochen qualitätsbetonten Sorten Nescio, Adenzo und Goldosse.

Drei Versuche mit mittelspäten Sorten Die Landwirtschaftskammer NRW führt seit 2005 Landessortenversuche mit mittelspäten Maissorten an drei Standorten durch. Um die Sortenbeurteilung auf eine breitere Datenbasis zu stellen, werden zusätzlich Ergebnisse aus Niedersachsen berücksichtigt. Das mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen abgestimmte Prüfsortiment umfasste 2007 19 mittelspäte Sorten im Reifebereich von S 260 bis S 280. Als Vergleichssorte aus dem mittelfrühen Sortiment wurde die Sorte Agro Max (S 240) im Versuch integriert. Nach sehr guten Ergebnissen in den Vorjahren kam die Sorte Agro Max mit den Abreifebedingungen im Herbst 2007 schlechter zu recht, was sich in den diesjährigen Ergebnissen widerspiegelt. In den Vorjahren konnte diese Sorte, wie die mehrjährige Verrechnung in Tabelle 3 zeigt, ertraglich aber immer mit den besten mittelspäten Sorten mithalten. Die frühere Reife von Agro Max macht sich dabei insbesondere bei den Stärkeerträgen positiv bemerkbar.

Abgesehen von den Sorten DK 287, Aarley und Varios, die bezüglich der Trockenmasseerträge deutlich unterdurchschnittlich abschneiden, bewegen sich die Trockenmasseerträge der übrigen Prüfglieder im mittelspäten Sortiment auf recht einheitlichem Niveau – einzelne deutliche Überflieger wie in den anderen Sortimenten fielen 2007 nicht auf. Mit den Sorten Atletico und Agro Gas stehen jetzt zwei Sorten im Versuch, die speziell für die Biogasnutzung gezüchtet wurden. Beide Sorten bewegen sich hinsichtlich der Abreife (S 280) aber selbst für günstigste Standorte in NRW am äußersten Limit, bestechen allerdings optisch durch eine gigantische Pflanze, was auch in der Tabelle 3 anhand der enormen Wuchshöhe zu erkennen ist. Da beide Sorten neben den niedrigen Gesamt-T-Gehalten auch durch relativ geringe Stärkegehalte auffallen, ist zu folgern, dass es sich bei diesen Sorten um spätes Zuchtmaterial handelt, dass durch eine zügig einsetzende Restpflanzenabreife früh gemacht ist. Dadurch fehlt es den Sorten dann tendenziell an Kolbentrockenmasse, so dass die Erträge niedriger ausfallen, als es das Auge oder auch die enorme Wuchshöhe erwarten lässt, denn selbst bei normalen Silomaistypen werden zum Zeitpunkt der Silomaisreife bis zu 60 % und mehr des Trockenmassertrages über den Kolben gebildet. Restpflanzenbetonte Sorten blenden oftmals optisch in der Ertragserwartung - enttäuschen dann aber auf der Waage.

Für die Rindviehfütterung gute Qualitäten lieferten 2007 im mittelspäten Sortiment die Sorten PR39F58, Atfields und ES Paroli. PR39F58 kam mit den günstigen Abreifebedingungen 2005 und 2006 wesentlich besser zu recht und zeigte sich in der Reife auch durchaus vergleichbar mit vielen mittelfrühen Sorten. Im kühleren Herbst 2007 brauchte die zahnmaisbetonte Sorte länger, um die bekannten qualitativen Vorzüge zu realisieren. Dort, wo die Sorte zusammen mit mittelfrühen Sorten im Anbau stand, wurde sie daher auch in der Praxis zum Teil zu früh, vor dem Erreichen der optimalen Silomaisreife, gehäckselt. Im dreijährigen Mittel erzielt PR39F58 im mittelspäten Sortiment die höchsten Energie- und Stärkeerträge.

Sortenempfehlung Biogas

In die Sortenempfehlung für die Energiemaisproduktion in NRW sind die Sorten aufgenommen worden, die in den Landessortenversuchen vor dem Hintergrund der sortenspezifischen Abreife mehrjährig hohe Trockenmasseerträge erzielten. Einjährig geprüfte Sorten werden nur für den Probeanbau empfohlen. Bei der Sortenwahl sollte immer das mit der Reifezahl zunehmende Abreiferisiko Berücksichtigung finden. Das geringfügig höhere Trockenmasseertragspotenzial mittelspäter Sorten kann nur dort genutzt werden, wo diesen Sorten auch in kühlen Jahren ausreichend Zeit für die Ertragsbildung zur Verfügung steht. Frühreife Sorten bringen hingegen ein deutlich höheres Maß an Anbausicherheit mit sich. Sowohl bei der Aussaat als auch bei der Ernte kann damit flexibler auf die unterschiedlichen Witterungsbedingungen reagiert werden. Während in den Superherbsten 2005 und 2006 auf nordrhein-westfälischen Äckern bis in den November hinein fast alles möglich war, wurden 2007 die Grenzen der Befahrbarkeit vielerorts wieder deutlich. Glücklicher Weise stellten sich im Oktober 2007 noch für zwei Wochen günstige Erntebedingungen ein, so dass auch erst später reife Bestände noch von den Flächen geholt werden konnten. Mittelspäte Sorten, die 2007 erst im Mai in die Erde kamen oder auf Grund der Frühjahrstrockenheit erst später aufliefen, mussten hingegen mit Abstrichen bezüglich der Abreife und entsprechend auch mit Mindererträgen gehäckselt werden.

Die Sortenwahl für einzelne Biogasanlagen sollte anhand der Sortenleistung beziehungsweise der Sortenempfehlung konkret vor dem Hintergrund der Reifezahlen geplant werden. Voraussehbare Saatzeitunterschiede zum Beispiel durch Zwischenfruchtanbau können dabei ebenso gut über die sortenspezifische Abreife kompensiert werden, wie die Notwendigkeit früher Erntetermine auf erfahrungsgemäß im Herbst schwer befahrbaren Flächen. Um das Anbaurisiko bei zunehmenden Anbauflächen zu verringern, sollte bei der Sortenwahl gezielt auch auf unterschiedliche Sortenherkünfte geachtet werden, denn unter ungünstigen Bedingungen kann die Schwäche einer einzelnen genetischen Herkunft, die oft in mehreren Sorten zu finden ist, sonst stärker zum Tragen kommen.

Für hohe Maiserträge mindestens so wichtig wie die Sortenwahl ist immer auch eine Optimierung der allgemeinen Produktionstechnik. Höchsten Stellenwert haben dabei insbesondere die Bodenbearbeitung sowie die Vermeidung von Bodenverdichtung bei der Gülle- und Gärrestausbringung. Anbaufehler können niemals über die Sorte kompensiert werden.

Autor: Norbert Erhardt