Turicium: Die Maissorte nach der Blattgesundheit wählen?

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Ab der Blüte zeigen sich längliche, nekrotische Flecken.


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Unter feucht warmen Bedingungen nimmt der Befall schnell zu. Die Flecken werden größer...


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... und fließen zunehmend zusammen.


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Ertragseinbußen kommen durch Verlust der Assimilationsfläche zustande.


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Während sich der Ausgangsbefall in der Regel nesterweise ausgehend von Gräben oder Waldrändern zeigt, tritt der Sekundärbefall flächendeckend, auch auf den oberen Blättern auf.


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Auch in der Praxis zeigen sich enorme Sortenunterschiede: links gesunde, rechts stark befallene Sorte. Alle Fotos: Norbert Erhardt.


Die feuchten Bedingungen der Sommer 2007 und 2008 begünstigten das Auftreten von Turcicum-Blattflecken im Mais. Norbert Erhardt beschreibt den Krankheitsverlauf und gibt Sortenhinweise.

Mais kann von mehreren Blattkrankheiten befallen werden. In NRW waren in den vergangenen Jahren neben den mittlerweile bekannten Turcicum-Blattflecken, auch die Krankheiten Helminthosporium carbonum und Kabatiella-Flecken in den Maisbeständen zu finden. Diese Blattkrankheiten sind jedoch von untergeordneter Bedeutung, da sie überwiegend nur isoliert an einzelnen Pflanzen vorkamen. Nicht neu ist das Auftreten von Maisrost. Nennenswerter Rostbefall im Mais zeigte sich bei uns bislang in der Regel aber erst spät, im Zuge der allgemeinen Abreife und wird daher auch kaum zu Ertragsverlusten geführt haben.

Feucht-warme Bedingungen begünstigen den Befall

Turcicum-Blattflecken werden durch Infektionen des feuchte- und wärmebedürftigen Pilzes Trichometasphaeria turcica hervorgerufen. So ist das massive Auftreten der Blattflecken in den Jahren 2007 und 2008 offensichtlich auch auf die ausgeprägt feuchten Umweltbedingungen bei gleichzeitig relativ hohen Temperaturen während der Sommermonate zurückzuführen. Ideale Infektionsbedingungen bestehen bei ganztägig nassen Blättern und Temperaturen von über 18 °C, die in den Sommermonaten fast immer erreicht werden. Ausgehend von abgestorbenen Pflanzenresten, an denen der Pilz überdauert, wird der Mais zuerst nesterweise befallen. Der Befallsausbruch in den Maisbeständen beginnt dabei oft in feuchten Mulden- oder schattigen Waldrandlagen. Zusätzlich gefördert bzw. möglich wurde die Ausbreitung speziell in Nordwestdeutschland und den benachbarten Niederlanden offensichtlich durch den flächenstarken Anbau hoch anfälliger Sorten, bei grundsätzlich hoher Maisanbaudichte in der Region.

Die ersten Symptome in Form länglicher, anfangs wässrig, durchscheinender und später nekrotischer Flecken sind isoliert auf den unteren und mittleren Blattetagen zu finden. Ausgehend von ersten Befallsnestern breitet sich der Befall in der Hauptwindrichtung im Bestand aus. Unter günstigen Infektionsbedingungen werden der gesamte Bestand bzw. auch die Nachbarbestände befallen. Dieser Sekundärbefall zeigt sich dann nach der Blüte zuerst auf den oberen Blättern. Im weiteren Verlauf fließen die Blattflecken zusammen und ganze Blätter zuletzt auch der gesamte Blattapparat sterben ab. Das Sporenmaterial wird mit dem Wind aber auch über weitere Strecken transportiert, so dass es 2007 und 2008 regional zu großflächigem Befall kam. Dabei war ein deutlicher Zusammenhang mit dem Niederschlagsgeschehen zu erkennen. Während 2007 im nördlichen und westlichen Münsterland fast flächendeckender, zumeist allerdings später Befall zu beobachten war, zeigten sich 2008 am Niederrhein und im östlichen Münsterland, wo bereits vor der Blüte stärkere Niederschläge fielen, schon Anfang August erste Symptome. In den Befallsregionen wurde in beiden Jahren auch Zweitfruchtmais zum Teil schon vor der Blüte massiv befallen.

Zu Ertragsverlusten kommt es durch den vorzeitigen Verlust der Assimilationsfläche. Im Extrem kann die Stärkeproduktion und damit auch die aktive T-Gehaltszunahme in den Körnern komplett zum Erliegen kommen. Frühbefall kann zur Folge haben, dass eine Ernte als Körnermais unmöglich wird, da nur „Gummikörner“ gebildet werden. Stark betroffene Bestände sind dann nur noch als Silomais mit zum Teil deutlichen Abstrichen insbesondere im Stärkegehalt und -ertrag zu nutzen. Anhand des nesterweisen Auftretens der Blattkrankheit in den Landessortenversuchen Silomais am Standort Neulouisendorf, Kreis Kleve war 2008 zu erkennen, dass der Befall ab Mitte August über die Einschränkung der Fotosyntheseleistung Ertragseinbußen von bis zu 20 % mit sich brachte. Auch stark betroffene Sorten waren in den Versuchen zu diesem Zeitpunkt allerdings erst mit Befall auf 30 bis 40 % der Blattfläche betroffen, so dass die Schäden unter ungünstigen Bedingungen gravierender ausfallen können.

Sorten unterschiedlich anfällig

In der Praxis wie auch in den Landessortenversuchen der Landwirtschaftskammer waren 2007 und 2008 deutliche Sortenunterschiede hinsichtlich der Anfälligkeit für Turcicum-Blattflecken zu erkennen. Einige Sorten fielen dabei regelmäßig durch sehr frühen und rasch fortschreitenden Befall auf, wohingegen andere Sorten deutlich später befallen wurden und auch nach der Ausbreitung des Befalls über den Bestand nur einzelne, scharf abgegrenzte und isolierte Blattflecken zeigten. Am Versuchsstandort Milte im Kreis Warendorf, wo in beiden Jahren flächiger Befall über die Sortenversuche zu beobachten war, wurde der Befall jeweils sortenspezifisch erhoben. Des Weiteren waren am Standort Dülmen-Merfeld und 2008 auch an den rheinischen Versuchsstandorten in Moers und Neulouisendorf Sortenreaktionen zu erkennen, die bezüglich der Einstufung in der Sortenübersicht berücksichtigt wurden. In der Übersicht sind die Maissorten aufgeführt, die 2008 in den Landessortenversuchen der Landwirtschaftskammer geprüft wurden.

Als stark anfällig wurden dabei die Sorten eingestuft, die sofern in den Versuchen Turcicum-Blattflecken zu beobachten waren, regelmäßig frühen und rasch fortschreitenden Befall zeigten und offensichtlich als Ausgangspunkt für den epidemieartrigen Ausbruch verantwortlich waren. Die als bedingt anfällig eingestuften Sorten fielen ebenfalls durch starken Befall auf, waren in der Regel aber anfänglich nicht betroffen und somit nicht für die erste „Sporenvermehrung“ im Versuchsbestand verantwortlich, konnten aber offensichtlich dem anschließend hohen Infektionsdruck nicht standhalten.

Auch an den als weniger anfällig eingestuften Sorten, waren die Blattflecken deutlich zu erkennen, das Fortschreiten der Krankheit verlief bei diesen Sorten aber wesentlich langsamer. Die kaum anfälligen Sorten zeigten zwar auch gelegentlich vereinzelte Blattflecken, die wenn überhaupt aber erst spät auftraten und sich nicht mehr weiter ausbreiteten. Da aber auch diese Sorten nicht gänzlich befallsfrei blieben, scheinen sich diese Sorten durch eine gewisse Toleranz gegenüber den Blattflecken auszuzeichnen, während in der Literatur auch von Resistenzen gesprochen wird. In ersten Versuchen wurden 2007 und 2008 Fungizideinsätze im Mais erprobt. Dabei war aber deutlich zu erkennen, dass der sortenspezifischen Anfälligkeit für Turcicum-Blattflecken immer eine größere Bedeutung beizumessen ist, als mögliche Effekte einer Fungizidmaßnahme. So konnte auch in einigen Regionen Süddeutschlands, wo schon seit Jahren stärkerer Befall mit Turcicum-Blattflecken vorkommt, dem Krankheitsgeschehen über die Sortenwahl erfolgreich begegnet werden. Das zeigt sich auch darin, dass mittelfrühe und mittelspäte Sorten, die im Gegensatz zu den zum Teil hochanfälligen frühen Sorten auch in Süddeutschland verstärkt angebaut werden, allgemein als weniger anfällig einzustufen sind.

Wie geht es weiter?

Nach dem starken Auftreten der Turcicum Blattflecken in den vergangenen Jahren ist davon auszugehen, dass sich zumindest in und auch um die Regionen wo Befall zu beobachten war, ein zunehmender Krankheitsdruck aufgebaut hat. In der Praxis ist durchaus zu erkennen, dass auf die Beseitigung des Maisstrohs durch zusätzliches Schlägeln und sauberes Unterpflügen mittlerweile mehr Wert gelegt wird. Diese vorbildliche „Ackerhygiene“ trägt sicherlich dazu bei, die Fusarienbelastung im Getreidebau nach Mais und die Ausbreitung von Maisschädlingen einzudämmen.

Anders als bei der Fusarienproblematik, wo sich das Krankheitsgeschehen mehr oder weniger stationär auf der Fläche bewegt, reichen für das erneute, auch großflächige Auftreten von Turcicum-Blattflecken aber einzelne Mulchsaatflächen oder auch mit Mais bestellte Wildäcker als erste Sporenquelle aus. Dies ist insbesondere dann zu erwarten, wenn sich ähnlich günstige Infektionsbedingungen wie in 2007 und 2008, also lange Blattnasszeiten bei hohem Temperaturniveau einstellen. Eine spürbare Minderung des Infektionsdruckes ist hingegen erst zu erwarten, wenn sich anhaltend trockene und heiße Bedingungen in den Sommermonaten einstellen.

Grundsätzlich wird der Sortenwahl hinsichtlich des weiteren Auftretens der Turcicum-Blattflecken zukünftig eine sehr große Bedeutung zu kommen. Sofern weiterhin stark anfällige Sorten im Anbau stehen, ist zu erwarten, dass dadurch der Infektionsdruck erheblich erhöht wird bzw. erhalten bleibt. Selbst nach trockenen und heißen Sommermonaten, können bei diesen Sorten einige laue Herbsttage mit langen Tauphasen für die Aufrechterhaltung des Infektionsdruckes ausreichen. Vom Anbau stark anfälliger Sorten muss daher in den betroffenen Regionen unbedingt abgeraten werden.

Sofern es in 2009 oder den darauf folgenden Jahren erneut zum Auftreten der Krankheit kommt, ist auch beim Anbau bedingt anfälliger Sorten mit entsprechend Symptomen zu rechnen. Bei hohem Infektionsdruck und frühen Befall sind auch bei diesen Sorten Ertragsverluste sicherlich nicht auszuschließen, so dass, sofern möglich auf weniger anfällige Sorten ausgewichen werden sollte. Durch die Beobachtungen der vergangenen Jahre ist aber auch die Maiszüchtung entsprechend sensibilisiert, so dass auch das Zuchtmaterial hinsichtlich der Blattgesundheit stärker selektiert werden wird. Es also bleibt hoffen, dass zukünftig verstärkt auch frühe Sorten auf den Markt kommen, die sich durch eine geringe Anfälligkeit gegenüber den Turcicum-Blattflecken auszeichnen.

Autor: Norbert Erhardt