Landessortenversuche Winterraps 2015

Gescheitelter WinterrapsBild vergrößern
Die gescheitelten Rapssorten reifen bis zur Ernte klar getrennt voneinander heran. Foto: Dr. Kathrin Bürling

Von den insgesamt 17 Landessortenversuchen Winterraps in den gemeinsamen Anbauregionen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen stand in diesem Jahr lediglich ein Höhenstandort des benachbarten Landes nicht für die Versuchsauswertung zur Verfügung. Die übrigen 16 Standorte sind alle auswertbar, so dass insgesamt schon eine Sortenempfehlung, auch für die Höhenstandorte, gegeben werden kann. Die Sorten sind unter den Bedingungen einer praxisüblichen Intensität in den LSV in jeweils vierfacher Wiederholung geprüft worden. Dr. Kathrin Bürling, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, stellt sie vor.

Die Anbaufläche der Ölfrucht Winterraps ist nach vorläufigen Angaben des statistischen Landesamtes in NRW diesjährig um 18,3 % oder um 12 251 ha zum Vorjahr zurückgegangen und liegt damit 1,6 % unter dem langjährigen Mittel von 2005 bis  2014. Die Rapsaussaat 2014 gestaltete sich aufgrund feuchter Witterungs- und damit auch Saatbettbedingungen sehr schwierig bis vereinzelt gar unmöglich. Auf den Flächen, die bestellt werden konnten, lief der Raps vielfach schlecht auf. In Einzelfällen kam es auch zu Umbrüchen. Durch den erneut milden Winter, in dem es nur partiell zu einem Absinken der Temperatur unter 5°C und damit einer Vegetationsruhe kam, konnten sich viele Bestände jedoch noch ausreichend entwickeln. Durch das bekannt hohe Kompensationsvermögen des Rapses ist es möglich, dass in lückigen Beständen sehr kräftige und standfeste Einzelpflanzen mit enormer Seitentriebbildung einen gewissen Ausgleich schaffen.

Die diesjährigen Erträge in den Landessortenversuchen NRW lagen im Mittel über die Sorten und Standorte mit 51,1 dt je ha auf Vorjahres- und damit einem sehr guten Niveau. Die Ölgehalte lagen mit 43,5 % knapp 1 % höher als im Vorjahr, was bei fünfjähriger Betrachtung das zweitbeste Ergebnis darstellt. Generell ist bekannt, dass zwischen Öl- und Proteingehalt signifikante negative Korrelationen bestehen, jedoch nicht zwischen Kornertrag und Ölgehalt.

Die Tabelle 1 (siehe PDF unten) stellt dar, wie die einzelnen Rapssorten im Mittel über alle Standorte ihre bereinigte Marktleistung (BML) erbringen. Im dreijährigen Mittel zeigt sich, dass die Sorten Hybrirock und DK Exstorm ihre sehr hohe BML über sehr hohe Kornerträge, bei unterdurchschnittlichen Ölgehalten erbringen. Die Sorte Avatar hingegen zeigt sich in beiden Leistungsmerkmalen und damit auch in der BML leicht überdurchschnittlich. Die vergleichsweise ältere (Zulassungsjahr 2008) Sorte PR46W20 kommt über nur durchschnittliche Erträge aber etwas bessere Ölgehalte als Avatar am Ende auf die gleiche BML.

Bei den zweijährig geprüften Sorten erzielt die Sorte PT 211 über sehr hohe Erträge und überdurchschnittliche Ölgehalte ihre sehr hohe BML und bestätigt damit ihr letztjähriges Gesamtbild. Auch die beiden Liniensorten Arabella und Patron zeigen einmal mehr, dass sie den Hybriden nicht nachstehen. Dabei punktet Arabella über ihre Ertragsleistung, während Patron eher der Öltyp ist.

Gute neue Sorten

Während sich die zweijährig geprüften Kandidaten in der Gesamtbetrachtung nicht als leistungspotenter gegenüber den stärksten mehrjährig geprüften Sorten abheben oder auf einem Niveau liegen, scheinen sich möglicherweise bei den diesjährig, erstmalig im LSV geprüften Kandidaten kornertragsstarke Typen mit noch guten Ölgehalten abzuzeichnen. Die Liniensorte Patron (zweijährig geprüft) und die Hybridsorte Avatar (mehrjährig geprüft) liegen in der bereinigten Marktleistung nahezu gleich auf. Die Ölgehalte beider Sorten liegen dabei auf einem gleichen, leicht überdurchschnittlichen, Niveau. In den Erträgen hingegen weist Patron unterdurchschnittliche, Avatar leicht überdurchschnittliche Leistungen auf. In der gleichen bereinigten Marktleistung beider Sorten spiegeln sich bei Avatar also die höheren Kosten für das Hybridsaatgut wieder.

Die Abbildung (siehe PDF unten) veranschaulicht sehr deutlich, dass eine alleinige Betrachtung der Ertragsleistung oder der Ölgehaltsleistung einer Sorte nicht zielführend ist. Am Ende bestimmt die Kombination dieser beiden Merkmale - sowie bei den Liniensorten zusätzlich noch die geringeren Saatgutkosten - die bereinigte Marktleistung als entscheidendes Sortenwahlkriterium. Gerade beim Winterraps sind die Sortenleistungsstreuungen über die Jahre und Standorte sehr groß. Daraus errechnete Mittelwerte können daher nur zur groben Orientierung dienen.

Entscheidend sind die Streuungen der Ergebnisse über die Jahre und Standorte in den einzelnen Anbauregionen. Nur daraus lassen sich die Sorten filtern, die in der Mehrzahl der Standorte und Jahre überwiegend deutlichere überdurchschnittliche Leistungen erbracht haben. Diese Sorten zeigten damit eine sehr große – wünschenswerte – Marktleistungssicherheit auf hohem Niveau, wie aus Tabelle 1 zu sehen.

Standortbedingte Sortenergebnisse

Die Sortenergebnisse auf den Lehm-, Sand- und Höhenlagenstandorten sind in den Tabellen 2 und 3 zusammengefasst.

Auf den Lehmstandorten können über alle neun Standorte mehrjährig betrachtet die EU-Sorten DK Exstorm und Hybrirock sowie die Sorte Avatar als konstant überdurchschnittlich in ihrer bereinigten Marktleistung bewertet werden. Anzumerken ist jedoch, dass die Sorte Avatar auf den niedersächsischen Standorten sowie auf dem NRW-Standort Wülfrath schwankendere Leistungen zeigt. Alle weiteren, mehrjährig geprüften Sorten schwanken in ihrer bereinigten Marktleistung mehr oder weniger stark um den Mittelwert, so dass die vier eingeschränkt empfohlenen Sorten eine Art Feintuning der Leistungsbewertung darstellen.

Für Praktiker, die gute Erfahrungen mit diesen Sorten gemacht haben, bieten diese selektierten Kandidaten weitere Sortenwahloptionen. Dabei zeigt PR46W20 in NRW schwankende durchschnittliche Leistungen, ist in Niedersachsen jedoch konstant überdurchschnittlich. Die Liniensorte Sherlock sowie die Hybridsorte Sherpa zeigen, mehrjährig betrachtet, in NRW auf dem Standort Wülfrath tendenziell bessere Leistungen als die voll empfohlenen Sorten. Darüber hinaus zeigt sich Sherpa in der Tendenz in NRW insgesamt leistungsstärker als auf den niedersächsischen Standorten. Diesjährig in NRW leicht unterdurchschnittlich, kann die zweijährig geprüfte Empfehlungssorte PT 211 im bisherigen Prüfzeitraum auf den Standorten des benachbarten Kammerlandes als potenter gesehen werden. Im Gegensatz zu den zwei- und mehrjährig geprüften Sorten zeigen die drei erstjährig geprüften und zum Testen empfohlenen Kandidaten eine deutliche Verbesserung in der bereinigten Marktleistung.

Unter den auf den Sandstandorten empfohlenen Sorten weist bei den mehrjährig geprüften die Sorte PR46W20 die eindeutig beständigere überdurchschnittliche bereinigte Marktleistung auf. Die zweijährig geprüften Sorten zeigen, ebenso wie auf den Lehm- und letztlich auch den Höhenstandorten, keine eindeutige Verbesserung gegenüber den mehrjährigen Prüfkandidaten. Mit fokussiertem Blick auf den landeseigenen Standort Merfeld sowie den Standort Wehnen in Niedersachsen, der mit ersterem hinsichtlich der Boden-Klimaverhältnisse die größte Ähnlichkeit aufweist, sind die Liniensorte Patron und die Hybride SY Vesuvio empfehlenswert.

In den Höhenlagen kann bei den zweijährig geprüften Sorten lediglich die Sorte PT 211 als stabil überdurchschnittlich in der BML bewertet werden. Die übrigen Sorten schwanken unstet um den Mittelwert.

Faktor Kohlhernie-Resistenz

Die Sorte SY Alister ist die derzeit einzige im LSV geprüfte Sorte mit einer rassenspezifischen Kohlhernie-Resistenz. Mehrjährig betrachtet erbringt diese Sorte zwar keine überzeugenden bereinigten Marktleistungen, sie sollte jedoch unbedingt auf Kohlhernie-Verdachtsflächen - und ausschließlich dort, um einem möglichen Überwinden der Resistenz durch den Erreger so lange wie möglich vorzubeugen - angebaut werden. Von den in Tabelle 1 empfohlenen Sorten weist DK Exstorm eine überdurchschnittliche Resistenz gegen Phoma auf, während PR46W20 in diesem Merkmal unterdurchschnittlich zu sehen ist – das gemäß Einschätzung nach mehrjährigen Ergebnissen der bundesweiten LSV-Phomaresistenzprüfung). In der Tabelle 4 sind die agronomischen Eigenschaften aller geprüften Sorten aufgeführt.

In Zusammenhang mit dem Wegfall der insektiziden Beize konnte in NRW diesjährig nur auf Einzelflächen ein übermäßiger Erdflohbesatz beobachtet werden. Mit Blick auf die anstehende Rapsaussaat sollten jedoch extreme Frühsaaten (standortspezifisch) - neben dem generellen Risiko der Auswinterungsverluste auch aufgrund der Gefahr des Kohlfliegenbefalls - vermieden werden.

Qualitätskriterium Ölgehalt

Bei der Leistungsbewertung der Rapssorten spielt nicht nur der Ertrag eine Rolle. Zweiter entscheidender Faktor für die Endabrechnung ist der Ölgehalt, denn bei Abweichungen vom Standard um 40 % gibt es Zu- oder Abschläge. Daneben haben bei der Anlieferung beim Handel noch Besatz und Feuchte Einfluss auf die Bezahlung. Ein weiterer Faktor ist die Saatgutkostendifferenz zwischen Hybrid und Liniensaatgut. Zieht man all diese Faktoren in Betracht und berechnet die bereinigte Marktleistung, erhält man ein differenziertes Bild. Es gibt Sorten, die eher über hohe Erträge bei niedrigen Ölgehalten punkten und auf der anderen Seite Sorten, die nicht zu den Ertragsstärksten zählen, jedoch über sehr hohe Ölgehalte verfügen. Und manche sind in beiden Leistungsmerkmalen gut. Die Bewertung dieser unterschiedlichen Typen und darauf basierende Sortenempfehlung wird daher auf Basis der mehrjährig erzielten bereinigten Marktleistung vorgenommen. Nur so ergibt sich ein reelles Gesamtbild.

Autor: Dr. Kathrin Bürling