Rückblick auf die Feldbesichtigungssaison 2007

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Längenabweicher beim Weizen

In Nordrhein-Westfalen wurde in diesem Jahr Saatgut auf einer Fläche von 15.629 ha vermehrt. Gegenüber dem Vorjahr entsprach dies einem Rückgang um 3,2 %. Maßgeblich haben zu diesem Rückgang die Reduzierungen der Vermehrungsflächen bei Getreide (- 5,2 %) und bei Gräsern (- 11,1 %) beigetragen. Leguminosen haben nach dem kleinen Zuwachs in 2006 wieder abgenommen. Gewinner waren diesmal die Öl- und Faserpflanzen und hier vornehmlich der Winterraps, bei denen gegenüber dem Vorjahr ein deutliches Plus von 35,2 % zu verzeichnen ist. Innerhalb der Getreidearten ist die Winterweizenfläche am stärksten zurückgegangen (- 9 %). Bei Wintergerste wurden die Flächen um 3,5 % zurückgenommen, während die Flächen bei Triticale etwas erhöht worden sind.   Roggen wird nach wie vor nur auf einer kleinen Fläche in NRW vermehrt.

Die Feldbesichtigung wird in Nordrhein-Westfalen sowohl von Bediensteten der Landwirtschaftskammer und wie auch von amtlich verpflichteten Feldbestandsprüfern durchgeführt. Je nach Fruchtart und Kategorie sind ein- oder mehrmalige Feldbesichtigungen erforderlich. Dabei werden die Vermehrungsflächen auf die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Normen überprüft. Die Feldbesichtiger sind erfahrene Fachkräfte mit dem für diese Arbeit notwendigen Wissen. Wegen der im Vergleich zu normalen Jahren früheren Vegetationsentwicklung stand in 2007 für die Feldbesichtigung deutlich weniger Zeit zur Verfügung als sonst üblich. Die große Herausforderung in diesem Jahr bestand vor allem darin, dass sich die Besichtigungstermine vieler Fruchtarten überschnitten hatten und die Besichtigung diesmal unter sehr großem Zeitdruck erfolgen musste. Dank der gewissenhaften Arbeit der Feldbesichtiger ist es aber in der relativ kurzen Zeit von Mai bis Juli wieder gelungen, die hoheitlichen Aufgaben der Saatgutanerkennung termin- und qualitätsgerecht durchzuführen.

Anerkennungsquote zufrieden stellend

Die Ergebnisse der Feldbestandsprüfungen bei den verschiedenen Fruchtarten sind in Übersicht 1 dargestellt. Von den 15.629 Hektar der angemeldeten Vermehrungsflächen wurden im Rahmen der diesjährigen Feldbestandsprüfung insgesamt 14.427 Hektar mit Erfolg geprüft. Das entspricht einer Feldanerkennungsquote von gut 92 % und liegt in etwa auf dem Vorjahresniveau. Insgesamt ist das Anerkennungsniveau aber durchaus noch zufrieden stellend und als durchschnittlich zu bezeichnen. Gut 3 % der angemeldeten Vermehrungsflächen wurden zurückgezogen und z.T. schon vor dem Beginn der Feldbesichtigung aus dem Verfahren genommen. Ohne Erfolg wurden insgesamt 723 ha besichtigt, was einer Aberkennungsquote von 4,6 % entspricht. Von dieser Fläche konnte das Anerkennungsverfahren aber bei 346 ha nach § 8 (2) SaatgutV fortgeführt werden. In diesen Fällen können die festgestellten Mängel bei der Saatgutaufbereitung behoben werden. Insgesamt wurden damit 2,4% aller angemeldeten Vermehrungsflächen endgültig ohne Erfolg geprüft.

Der Vergleich der Ergebnisse über die Jahre zeigt, dass die Anerkennungsquote in 2007 insgesamt niedriger ausfiel als in 2004 und 2005 und sich in etwa auf dem Niveau von 2006 bewegte. Speziell bei Wintergetreide sind über die Jahre stärkere Schwankungen zu beobachten (Übersicht 2). Bei Sommergetreide bewegten sich die Anerkennungsquoten in engen Grenzen zwischen 92 und 94 %. Bei den Leguminosen gab es ähnlich wie in 2005 wieder etwas größere Probleme in der Feldbesichtigung. Bei Öl- und Faserpflanzen sind die Anerkennungsquoten über die Jahre gesehen relativ hoch. Diesmal wurden etwa 97 % der angemeldeten Flächen mit Erfolg feldbesichtigt. Bei den Gräsern fällt die Anerkennungsquote mit 89,4 % im Vergleich zu den anderen Fruchtarten deutlich niedriger aus und lag damit sogar unter dem Niveau der letzten Jahre. Auffällig war hier in diesem Jahr ein relativ großer Anteil an Zurückziehungen mit 6,6 %.

Wintergerste mit Aberkennungen

Betrachtet man die Ergebnisse innerhalb der Getreidearten so fällt auf, dass die Anerkennungsquoten bei Wintergerste in den beiden letzten Jahren unterdurchschnittlich ausgefallen sind (Übersicht 3). In erster Linie waren die Verluste hier auf Besatz mit anderen Getreidearten zurückzuführen. In 2007 trat in zahlreichen Vermehrungsbeständen Befall mit Gelbverzwergungsvirus auf. Sowohl in Vermehrungsbeständen wie auch in Konsumflächen kam es in den lückigen Beständen später auch noch in stärkerem Ausmaß zu Zwiewuchs. Besonders stark durch das Virus geschädigte und sehr ungleichmäßig entwickelte Bestände wurden vielfach aus dem Verfahren zurückgezogen. Der Anteil der Zurückziehungen fiel deshalb mit rund 5 % entsprechend hoch aus. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass das Gerstengelbverzwergungsvirus für die Übertragung auf Blattläuse als Vektoren angewiesen ist. Es kann sich nicht über Samen oder mechanisch ausbreiten. Eine Übertragung von Saatgut ist deshalb auszuschließen. Bei den übrigen Getreidearten gab es keine nennenswerten Besonderheiten. Betrachtet man die einzelnen Arten über die Jahre, so fällt auf, dass es speziell bei Wintergerste und Hafer immer wieder einmal zu höheren Aberkennungsraten kommt. Größere Schwankungen in den einzelnen Jahren sind auch noch bei Spelzweizen und Sommerweizen festzustellen. Dagegen schwanken die Anerkennungsquoten bei Roggen, Sommergerste, Triticale und Winterweizen verhältnismäßig wenig.

Was führte zu Aberkennungen?

Übersicht 4 zeigt die Gründe für die Aberkennungen bei der Feldbesichtigung für den Zeitraum von 1996 bis 2007. Bis zum Jahr 2003 sind nur die Daten aus Westfalen-Lippe dargestellt; ab 2004 die Ergebnisse aus ganz NRW. Die Ursachen für Aberkennungen sind recht vielfältig. Im Durchschnitt der Jahre zeichnet sich ab, dass besonders in Getreidevermehrungen sehr oft ein zu hoher Besatz mit Fremdgetreide vorgefunden wurde (60 %). Der Besatz mit Unkraut war in 25 % der Fälle verantwortlich für eine Aberkennung. In 2007 musste in 77 % der Fälle eine Aberkennung wegen zu hohem Besatz mit Fremdgetreide und Unkraut ausgesprochen werden. In wenigen Fällen sind auch noch andere Gründe für Aberkennungen verantwortlich, wie etwa die Unterschreitung der vorgeschriebenen Mindestentfernung, unzureichender Kulturzustand oder ein fehlendes Schild.

Fazit für die Praxis

  • Trotz des Rückganges der Vermehrungsfläche hat die Saatguterzeugung in Nordrhein-Westfalen nach wie vor einen hohen Stellenwert. Mit einer Fläche von 15.629 Hektar steht NRW bundesweit an sechster Stelle und bleibt damit auch weiterhin ein bedeutendes Vermehrungsgebiet.  
  • Die Ergebnisse machen deutlich mit welch unterschiedlichen Problemen sich die Vermehrer auseinandersetzen müssen und zeigen den starken Jahreseinfluss. Trotz aller Sorgfalt bei der Anlage und der Pflege der Vermehrungsbestände können Witterungseinflüsse (z.B. in 2003, 2006 oder 2007) zu umfangreichen Zurückziehungen oder Aberkennungen führen.
  • Im Rahmen der Feldbesichtigung gab es in diesem Jahr - mit Ausnahme bei der Wintergerste - relativ wenige Probleme. Die Anerkennungsquote fiel im Mittel aller Fruchtarten mit gut 92% durchschnittlich aus.
  • Die Arbeit der Feldbesichtiger ist eine wichtige Grundlage für die sachgerechte   Durchführung der Hoheitsaufgabe Saatgutanerkennung.

Autor: Holger Dietzsch