Auch in schwierigen Jahren NOB-Saatgut mit guten Werten

Saatgut im Lager

Bei der Anerkennung von Getreide-Saatgut ist es möglich, dass nicht mehr alle Z-Saatgutpartien vor dem Verkauf, also vor dem Inverkehrbringen, amtlich untersucht werden müssen. Immer mehr Saatgut durchläuft diesen alternativen Zertifizierungsweg. Das Verfahren, welches der Saatgutwirtschaft mehr Eigenverantwortung überträgt und gleichzeitig aber auch durchaus Vorteile für den Saatgutverbraucher beinhaltet, wird seitens der beteiligten Saatgutwirtschaft und der amtlichen Seite positiv und als richtungsweisend beurteilt. Für den Käufer von NOB-Saatgut ist die Möglichkeit gegeben über das Internet zu kontrollieren.

Teilnahme am NOB-Verfahren auf Antrag

NOB steht für „Nicht obligatorische Beschaffenheitsprüfung“. Nach § 12 (1b) Saatgutverordnung eröffnet der Gesetzgeber die Möglichkeit, dass nicht alle Saatgutpartien grundsätzlich der Be-schaffenheitsprüfung unterzogen werden müssen, wie es im weiterhin möglichen, herkömmli-chen Anerkennungsverfahren erforderlich ist. Dabei erhält die Saatgutwirtschaft im Vorfeld mehr Eigenverantwortung: Die Partien müssen nicht so strikt wie im bisherigen Anerkennungs-verfahren vor dem Inverkehrbringen geprüft werden. Im Nachhinein werden die aufbereiteten Partien dann allerdings sehr genau untersucht. Bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich An-meldung, Feldbesichtigung, Probenahme und Untersuchungsergebnis-Veröffentlichung müssen erfüllt sein, damit die Anerkennungsstelle der Teilnahme am Verfahren zustimmt. Es handelt sich dabei um ein Antragsverfahren. Ein Aufbereiter entscheidet in Abstimmung mit Vertriebsfirma und Züchter, ob er grundsätzlich am Verfahren teilnehmen will. Wird ihm dies von der An-erkennungsstelle genehmigt, kann er – wieder in Abstimmung mit Vertriebsfirma und Züchter – partiebezogen entscheiden, ob er das herkömmliche Anerkennungsverfahren wählt oder ob die Partie den Weg der „Nicht obligatorischen Beschaffenheitsprüfung“ gehen soll. Die wesentlichen Abläufe in diesem Verfahren sind zusammenfassend in der Übersicht 1 schematisch dargestellt.

Dabei müssen, bezogen auf eine Partie mit 120 Tonnen Saatgut, nicht mehr wie bisher vier Proben gezogen und untersucht werden, sondern es reicht eine repräsentative Probe aus vor-gereinigter, nicht endgültig aufbereiteter Rohware. Diese Probe muss allerdings bereits die ge-setzlichen Mindestanforderungen an die Beschaffenheit erfüllen. Das sind im Wesentlichen eine Mindestkeimfähigkeit bei Gerste und Weizen von 92% und bei den anderen Getreidearten von 85%. Das ist darüber hinaus eine technische Mindestreinheit von 98% und zum Beispiel ein maximaler Besatz mit anderen Getreidearten von 3 Körnern bezogen auf die Untersuchungs-menge von 500 Gramm. Diese Werte entsprechen exakt den gesetzlichen Mindestanforderun-gen, die auch an herkömmlich zertifiziertes Z-Saatgut von Getreide gestellt werden. Das her-kömmliche Anerkennungsverfahren gibt es natürlich nach wie vor; danach wird zurzeit in Deutschland immer noch die überwiegende Menge des Z-Saatgutes bei Getreide zertifiziert.

Amtliche Nachkontrollen

Zur Absicherung der Saatgutqualität sieht der Gesetzgeber eine amtliche Nachkontrolle des abschließend aufbereiteten Saatgutes in Form von 20% Kontrollproben vor. Denn von dem auf-bereiten Saatgut muss je 30 Tonnen eine Probe gezogen werden und für eine etwaige Überprü-fung bereitgestellt werden. Für die ersten Jahre hatten sich die Anerkennungsstellen in Deutschland und die Saatgutwirtschaft darauf geeinigt, dass nicht 20% sondern 75% der Proben nachkontrolliert werden. Damit sollten Erfahrungen mit diesem Verfahren gesammelt werden können und gleichzeitig der Saatgutverbraucher nachhaltig geschützt werden. Aufgrund der mehrjährig guten Erfahrungen wurde der Kontrollumfang auf 25%, mindestens aber eine Probe je NOB-Partie, zurückgefahren. Auch für das Saatgut aus dem Erntejahr 2012, d.h. für Partien, deren Saatgut für die Aussaat zur Ernte 2013 vorgesehen sind, ist dieser an die gesetzliche Mindestnorm angenäherte Kontrollwert vorgesehen.

Wesentlich ist, dass für die Ziehung der Kontrollproben ein zugelassenes automatisches Pro-benahmegerät im Rohrsystem des Aufbereitungsbetriebes sachgerecht eingebaut sein muss, was die Repräsentativität der gezogenen Proben optimiert. Auch werden nur solche Vermeh-rungsschläge für dieses Verfahren zugelassen, die bereits die Feldbesichtigung ohne jede Ein-schränkung mit Erfolg absolviert haben: ausgeschlossen sind nach § 8(2) feldbesichtigte Ver-fahren. Auch diese Punkte erhöhen die Sicherheit des Verfahrens.

Was bringt das Verfahren dem Saatguterzeuger?

Der Saatguterzeuger hat den Vorteil, dass er die endgültige Aufbereitung der Partie erst in An-griff nehmen muss, wenn zum einen ein Anerkennungsattest vorliegt und sich auch eine ent-sprechende Kundennachfrage abzeichnet. Das bedeutet für den Saatgutaufbereiter Kosten- und gegebenenfalls Zeit-Ersparnis. Damit wird ihm andererseits auch ein hohes Maß an Eigen-verantwortung übertragen. Durch die allgegenwärtige Nachkontrolle muss der Saatgutaufberei-ter sicherstellen, dass das von ihm aufbereitete Saatgut zumindest die gesetzlichen Mindestan-forderungen erfüllt, ansonsten greift ein Maßnahmenkatalog. In der Regel liegt das endgültig aufbereitete Saatgut deutlich über den gesetzlichen Anforderungen.

Vorteile für den Saatgutverbraucher

Zu Recht stellt sich die Frage nach dem Nutzen für den Saatgutkonsumenten, den Landwirt. Zunächst ist festzuhalten, dass zu erwarten ist, dass die Saatgutqualität genauso gut wie bei herkömmlich zertifiziertem Material ist. Völlig neuartig ist, dass deutschlandweit alle Saatgutpar-tien, die an diesem Verfahren teilnehmen, veröffentlicht werden. Partien, die in der Nachkontrol-le negativ aufgefallen sind, werden dabei besonders gekennzeichnet und die Untersuchungser-gebnisse dieser Partien werden gleichfalls veröffentlicht. Ständig einzusehen sind diese Angaben unter www.ag-akst.de. Das ist das Internet-Portal der Arbeitsgemeinschaft der Anerken-nungsstellen in Deutschland, wo auch über NOB hinaus zahlreiche Informationen rund um das Saatgut zu finden sind. Mit der Veröffentlichung der Daten und insbesondere der aufgefallenen Partien ist sicherlich schon ein sehr wichtiger Schritt getan, aber die Konsequenzen sind durch-aus noch weitreichender. Die Saatgutwirtschaft hat sich verpflichtet auf freiwilliger Basis Scha-densersatz zu leisten, wenn bestimmte Normwerte unterschritten werden. Diese freiwilligen Entschädigungsleistungen greifen wenn z.B. bei Winterweizen die Mindestkeimfähigkeitswerte um mehr als 5% unterschritten werden oder der Besatz mit Fremdgetreide 5 Körner oder mehr beträgt. Im Internet unter o.a. Adresse findet sich der vollständige Entschädigungskatalog. Wei-terhin werden solche Aufbereitungsbetriebe, bei denen Fehler vorgefunden werden, je nach Schwere des Vergehens, gemaßregelt. Das können Ermahnungen sein, das kann die Entbin-dung des Probenehmers sein, das kann der Ausschluss vom Verfahren sein, dies kann aber auch die Einleitung weiterer rechtlicher Schritte sein. So wurden und werden in den Fällen, wo nicht nur die Anerkennungsnorm sondern statistisch berechnete Toleranzwerte überschritten wurden, nachträglich die Anerkennungen zurückgenommen, was unabhängig von den Ent-schädigungsregelungen die Konsequenz beinhaltet, dass die Erwerber jenes Saatgutes zu in-formieren sind, dass sie nicht anerkanntes Saatgut gekauft haben. Der vollständige Maßnah-menkatalog ist auch unter obiger Internet-Adresse zu finden. Erkennen kann der Saatgutver-braucher NOB-Partien an dem Hinweis „anerkannt nach § 12 (1b)“ unter Bemerkungen auf dem blauen Etikett (Übersicht 2). Außerdem hat das blaue Etikett einen weißen, nicht amtlichen An-hang. Auf diesem weißen Anhang sind Angaben zur Keimfähigkeit und i.d.R. Tausendkornmas-se zu finden. Da diese Angaben nicht für jede einzelne Partie im Zuge der Anerkennung amtlich ermittelt wurden, dürfen diese Angaben nur auf dem nicht amtlichen weißen Anhang erscheinen.

Kontrollergebnisse in Deutschland von 2005 bis 2012

Mit dieser Vorgehensweise insgesamt, die unter Einbeziehung der Saatgutwirtschaft erarbeitet wurde, ist ein hohes Maß an Verbraucherschutz und eine hohe Saatgutqualität zu gewährleisten. Dass dies gelingt zeigen im Wesentlichen auch die Erfahrungen in den Erntejahren 2005 bis 2012. In der Nachkontrolle von 2005 bis 2012 fielen in Deutschland von den untersuchten Kon-trollproben 3 bis 6 % negativ auf (Übersicht 3). Diese wurden wie oben geschildert mit allen Daten veröffentlicht und entsprechend des Maßnahmenkatalogs weiter behandelt. Die Werte von 3 bis 6 % lagen niedriger als Vergleichswerte, die seit Jahren im Rahmen der Saatgutver-kehrskontrolle festgestellt werden, wobei sich Saatgut aus Deutschland insgesamt durch ein hohes Qualitätsniveau auszeichnet, welches meist deutlich über den gesetzlich festgeschriebe-nen Normwerten liegt. Im Erntejahr 2011 lagen bei 1.659 Kontrollproben 87 Kontrollproben also 5,2% unterhalb der Norm, im Erntejahr 2012 waren es bei (vorläufig) 1.599 Kontrollproben 61 Proben bzw. 3,8% unter der Norm. Nach diesen Eindrücken darf man also weiter optimistisch für die Zukunft sein. 68 Aufbereiter nehmen mittlerweile am NOB-Verfahren teil. Zukünftig dürfte das Interesse und die Zahl der teilnehmenden Aufbereiter noch weiter steigen. Manche Aufbe-reiter sehen im Erfordernis automatischer Probenahmegeräte ein gewisses Hemmnis. Die Vor-teile solcher Geräte im Hinblick auf Repräsentativität der Proben und Erfüllung privatrechtlicher Nachweispflichten liegen aber auf der Hand. Darüber hinaus wird der Einbau automatischer Probenahmegeräte insofern auch mehr Sinn machen, als seit 2007 in Aufbereitungsbetrieben ohne diese Geräte mindestens 5 % der Partien kontrollbeprobt und –untersucht werden müssen.

In NRW ebenfalls gute Ergebnisse

In Nordrhein-Westfalen nehmen 12 Aufbereitungsbetriebe am NOB-Verfahren teil. Die Proben-zahl liegt etwas unter dem Umfang des Vorjahres. Insgesamt wurden in dieser Saison 250 NOB-Partien mit insgesamt 817 Einzelpartien zur Anerkennung vorgestellt (Übersicht 4). Von den zur Anerkennung vorgestellten Partien haben 5 NOB-Partien mit insgesamt 12 Einzelpartien die Anerkennungsnormen nicht erfüllt und wurden aberkannt. Diese Partien schieden dann für NOB aus, konnten aber durchaus noch im normalen Anerkennungsverfahren vorgestellt werden. Die Kontrollprobenuntersuchungen weisen mit Stand vom Januar 2013 bislang gute Ergebnisse auf. Von bisher 218 untersuchten Kontrollproben lagen nur 3 Proben unter der Norm. Das sind 1,4 %, im Vorjahr waren es 2,9 %. Die Ergebnisse dieser Proben lagen innerhalb der zulässigen Toleranzen. Deshalb musste im Gegensatz zu 2011 in diesem Jahr bislang keine einzige Anerkennung im NOB-Verfahren zurückgenommen werden. Die Saatgut-Qualität aus dieser Verfahrensschiene ist genau wie beim herkömmlichen Anerkennungsverfahren vergleichsweise gut. Weitere Informationen und Auskünfte zu diesem Anerkennungsverfahren erhalten Sie bei der Anerkennungsstelle NRW in Münster (0251/2376-679) oder auf der Homepage der AG der Anerkennungsstellen unter www.ag-akst.de.

Fazit für die Praxis

  • Das Anerkennungsverfahren der „Nicht obligatorischen Beschaffenheitsprüfung“ wird von allen Seiten positiv beurteilt.
  • Die Eigenverantwortung der Saatgutwirtschaft wird erhöht.
  • Es besteht eine schnellere Verfügbarkeit des Saatgutes. Die Kosten der Aufbereitung lassen sich senken. Für Betriebe eröffnet sich die dadurch die Möglichkeit, ihre Wettbe-werbsfähigkeit zu stärken.
  • Die Sicherheit für den Saatgut-Konsumenten ist letztlich genauso hoch sein wie beim herkömmlichen Anerkennungsverfahren
  • Die Transparenz für den Verbraucher wird durch die bundesweite Veröffentlichung der Ergebnisse erheblich erhöht.

Autor: Holger Dietzsch, Willi Thiel, Eric Preuß