Die Liquidität im Griff behalten

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Die diesjährigen Ertragseinbußen sind ohne Frage eine besondere Herausforderung für den Acker- und Futterbau. Handeln Sie rechtzeitig, um die ökonomische Situation im Betrieb zu stabilisieren und den Schaden zu begrenzen.

Die außergewöhnliche Trockenheit der letzten Monate hat für erhebliche Ertragseinbußen im Acker- und Futterbau gesorgt, die sich früher oder später im Portemonnaie der Betriebe widerspiegeln werden. Erfahrungsgemäß fallen außerdem im Herbst größere Ausgaben, wie Pachtzahlungen, Lohnunternehmerrechnungen und Kapitaldienste, an. Die Konten bei den Banken, Landhändlern und Genossenschaften sind anschließend schnell am Limit. Was ist nun also zu tun?

  • Liquiditäsplan erstellen: Zunächst gilt es, die derzeitige Situation im Betrieb kritisch und rational einzuschätzen. Es sollte eine vollständige Bestandsaufnahme der unbezahlten Rechnungen sowie der kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten erstellt werden. In einer Liquiditätsplanung werden Zeitpunkt, Zweck und Höhe der zukünftigen Einnahmen und Ausgaben - sowohl im betrieblichen als auch im privaten Bereich - aufgelistet. Die regelmäßige Liquiditätsplanung und -kontrolle ist als Standardwerkzeug in der Unternehmensführung dringend zu empfehlen – und nicht erst, wenn finanzielle Schwierigkeiten drohen. Sie hat den Vorteil, dass direkt konkrete Zielvorgaben für die einzelnen Kosten- und Erlöspositionen formuliert werden. Auf dieser Grundlage wird schnell sichtbar, wann und in welcher Höhe Liquiditätsengpässe drohen. So wissen Sie ziemlich genau, was in den nächsten Monaten auf Sie zukommt. Ihr Berater kann Sie dabei unterstützen! 
  • Forderungen begleichen: Haben Sie noch Forderungen gegenüber Ihren Geschäftspartnern, so sollten Sie diese offenen Beträge zeitnah einfordern. Jeder Tag, an dem Ihr Konto im Minus steht, kostet teure Kontokorrentzinsen. Schreiben Sie unverzüglich Rechnungen und achten Sie auf die formalen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung.
  • Erweiterung von Zahlungszielen: Kontaktieren Sie Ihre Handelspartner, bei denen Sie noch offene Rechnungen haben. Oftmals lässt sich ein Aufschub der fälligen Rechnungsbeträge vereinbaren. Das verschafft Ihnen Luft! 
  • Gespräch mit der Hausbank: Machen Sie es sich zur Gewohnheit, Ihren Kundenbetreuer bei der Hausbank in regelmäßigen Abständen über die aktuelle Situation in Ihrem Betrieb zu informieren - unabhängig davon, ob die Lage momentan gut oder schlecht ist. Ihr Kundenbetreuer wird es positiv auffassen, dass Sie die Initiative ergreifen und unaufgefordert das Gespräch suchen. Vorsorge ist immer besser und kostengünstiger als Nachsorge! Bringen Sie zum Gespräch alle notwendigen Unterlagen, zum Beispiel Jahresabschluss, Geldrückbericht und Liquiditätsplan, mit, damit sich der Kundenbetreuer ebenfalls ein Bild machen kann. Ein Schönrechnen lohnt sich nicht, da auch die Bank die prognostizierten Zahlen mit den zukünftig erzielten Ergebnissen vergleichen wird. Gleichzeitig würden Sie Ihre Glaubwürdigkeit als Unternehmer und ihr Rating nachhaltig beschädigen. Im Gespräch sollten folgende Maßnahmen geprüft werden:

- Aussetzung der Tilgung: Für Hausbankdarlehen kann vereinbart werden, die Tilgung für zum Beispiel ein Jahr auszusetzen. In dieser Zeit werden nur die Zinsen auf die aktuelle Restschuld fällig. Je nach Vereinbarung setzt die Tilgung anschließend entweder mit den gleichen oder höheren Tilgungsbeträgen wieder ein. Die Zinsbindung bleibt unverändert.

- Umfinanzierung: Viele Ackerbaubetriebe nutzen Betriebsmittelkredite zur kurzfristigen Finanzierung des Tagesgeschäftes oder zur Überbrückung unterjähriger Liquiditätsengpässe. Aufgrund der aktuell schlechten Ertragssituation wird der beanspruchte Betriebsmittelkredit in vielen Fällen nicht komplett ausgeglichen werden können. Insofern ist zu überlegen, diesen Betrag langfristig zu finanzieren. Für die aufgelaufenen Rechnungen kann eine Umfinanzierung mithilfe eines zinsgünstigen Darlehens durchgeführt werden. Wichtig ist, dass die Laufzeit nicht zu kurz gewählt wird. Der Kapitaldienst muss langfristig tragbar sein!

  • Privatentnahmen kritisch prüfen: Die Entnahmen schlagen voll auf die Liquidität und das Eigenkapital im landwirtschaftlichen Unternehmen durch. Hier gilt es nun, die einzelnen Positionen, wie Lebenshaltungskosten oder private Versicherungen, auf den Prüfstand zu stellen und Einsparungspotenziale zu identifizieren. Wurden in der Vergangenheit Rücklagen für schlechte Zeiten in Form von Tagesgeldkonten oder Bausparverträgen gebildet, sollte überlegt werden, diese nun zur Überwindung des finanziellen Engpasses zu verwenden. Nicht vergessen: Den derzeit mickrigen Guthabenzinsen stehen hohe Kontokorrentzinsen von rund 5 bis 17 % gegenüber. Insofern sind die gesparten Kontokorrentzinsen die beste Verzinsung für Ihr Guthaben. 
  • Kapital freisetzen: Zunächst sollten in naher Zukunft keine neuen Investitionen getätigt werden. Unnötiges Betriebsvermögen sollte veräußert werden. Dies betrifft beispielsweise einen überdimensionierten Maschinenpark. Oft werden in guten Zeiten Luxusinvestitionen getätigt, die hohe Festkosten verursachen. Insbesondere die Kombination mit Herstellerfinanzierungen von nur drei bis vier Jahren Laufzeit kann den Betrieb in Krisenzeiten schnell ins Wanken bringen. Da ist der Kreditzinssatz von 0,00 % ein schwacher Trost. Im Fall der Fälle kann auch ein Verkauf von Fläche das Mittel der Wahl sein. Jedoch sollte man sich sicher sein, dass der Betrieb mit dieser einmaligen Finanzspritze auch in den normalen Jahren langfristig läuft. 
  • Reduzierte Einkommensteuervorauszahlungen beantragen: Die vierteljährlichen Einkommensteuervorauszahlungen beruhen auf der Steuerzahllast des letzten Steuerbescheids. Hier empfiehlt es sich, den voraussichtlichen Gewinn des laufenden Jahres realistisch zu beziffern und beim Finanzamt eine Herabsetzung der Vorauszahlungen zu beantragen. Sprechen Sie Ihren Steuerberater an. 
  • Optimierung der Produktion: Grundlage hierfür ist eine detaillierte Auswertung der Buchführung der letzten Jahre. Hier sind teilweise noch erhebliche Potenziale in der Rentabilität der Produktionsverfahren auf den Betrieben vorhanden. Optimieren Sie die Leistungen in Ihrer Produktion, denn Rentabilität schafft Liquidität. Gleichzeitig sollten alle Kostenpositionen in der Produktion sowie die Finanzierung des Betriebes kritisch analysiert und bei Bedarf verbessert werden. Zur Betriebsoptimierung gehört außerdem eine regelmäßige Erfolgskontrolle: Haben sich die Erlös- und Kostenstruktur in Richtung der gesetzten Ziele entwickelt? Wo gab es Ausreißer und warum? 
  • In Alternativen denken: Ist der Betrieb so in Schieflage, dass bei unterdurchschnittlichen Erträgen und großem Investitionsstau selbst nach mehrfacher Umfinanzierung und nur bei besten Preisen überhaupt ein Geldüberschuss erzielt werden kann, so ist die steigende Fremdkapitalbelastung langfristig oft nicht mehr abzubauen. In solchen Fällen kann - so groß die Hemmschwelle auch sein mag - ein geordneter und rechtzeitiger Ausstieg aus der Landwirtschaft das Mittel der Wahl sein.

Autor: Christian Solle