Regenfäule bei Schafen

Das Auftreten der sog. Regenfäule (synonym „Dermatophilose“) beim Schaf wurde durch die starken Niederschläge und langen Regenperioden in den letzten Wochen gefördert. 1980 wurde der bakterielle Erreger durch den Schafgesundheitsdienst des damaligen ITML der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe in Münster erstmalig in Deutschland nachgewiesen, nachdem zuvor Symptome in einer Schwarzkopfherde in Westfalen-Lippe beobachtet wurden.

Eigenschaften des Erregers:

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Bild 1: Im mikroskopischen Bild finden sich neben freiliegenden Sporen charakteristischerweise strangartige Zellagglomerate mit geldrollenartigem Aussehen.

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Bild 2: Überlicherweise sind bei einer Infektion im Rücken- und Lendenbereich typische Haut- und Vliesveränderungen zu beobachten.

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Bild 3: Die nach Scheiteln der Wolle erkennbare Rötung der Haut geht mit einer verstärkten Wundsekretbildung einher.

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Bild 4: Die Hautläsionen werden erst nach dem Scheren in vollem Umfang erkennbar. Oft gehen sie vom Schulterblatt bis zum Schwanzansatz.

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Bild 5: Exsudative Dermatitis mit borkigem Erscheinungsbild

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Bild 6: Bei dieser Ausprägung der exsudativen Dermitis finden sich auf Nasenrücken und Ohren entzündliche Pusteln.

Alle Fotos: Dr. Wilfried Adams

Bei der Regenfäule handelt es sich um eine Infektion mit dem zu den Aktinomyzeten gehörenden Bakterium Dermatophilus congolensis, welches ubiquitär, dass heißt in der Umwelt stark verbreitet, anzutreffen ist. Dermatophilus congolensis ist fakultativ anaerob und wächst auf Blutagarplatten in weißlich-gelben, trockenen Kolonien mit deutlicher Hämolyse. Der Entwicklungszyklus von Dermatophilus congolensis ist gekennzeichnet durch kleine, kugelförmige Zellen (Zoosporen), die aktiv beweglich sind und zu pilzähnlichen, fadenförmigen Gebilden (Hyphen) auskeimen. Aus den Hyphen entsteht durch Verzweigung eine Art Geflecht (Mycel), aus dem nach einer Reihe von Quer- und Längsteilungen wieder Zoosporen freigesetzt werden. Im mikroskopischen Bild finden sich neben freiliegenden Sporen charakteristischerweise strangartige Zellagglomerate mit geldrollenartigem Aussehen (Bild 1).

Bei Schafen, Ziegen, Schweinen und Pferden haftet der Erreger unter günstigen Wachstumsbedingungen auf der Haut. Tiere mit langer und feiner Wolle scheinen besonders gefährdet zu sein. Bei der Übertragung spielen die Zoosporen eine wichtige Rolle, indem sie in defekte Hautoberflächen eindringen und dort nach dem Auskeimen Entzündungsprozesse auslösen, die mit einer verstärkten Wundsekretion einhergehen. Der Erreger soll auch beim Menschen Hautentzündungen provozieren können.

Klinik

Üblicherweise sind bei einer Infektion der Schafe mit dem Erreger Dermatophilus congolensis im Rücken- und Lendenbereich (Bild 2) typische Haut- und Vliesveränderungen zu beobachten. Stark bewollte Tiere scheinen besonders anfällig zu sein.

Erste Symptome lassen sich in der Regel zunächst im Lendenbereich bzw. auf der Fläche zwischen den Sitzbeinhöckern feststellen und dehnen sich fortschreitend meist symmetrisch bzw. Sattel-ähnlich nach beiden Seiten aus.

Die nach Scheiteln der Wolle erkennbare Rötung der Haut geht mit einer verstärkten Wundsekretbildung einher, die zu einer büschelartigen Verklebung der Wolle im Bereich der Haaransätze im Rückenbereich führt. Die bernsteinfarbenen Sekretmengen können zu bis zu Erbsen-großen Gebilden verkleben, die man charakteristischerweise am Grund der Wolle erkennen kann (Bild 3).

Während die Haut anfangs deutlich gerötet ist, erscheint sie nach dem Austrocknen grau bis hellbraun und von krümeligen Schuppen übersät.

Die Wolle verliert an Elastizität, wodurch die umgeknickten und verflitzten Haarbüschel sich hart und spröde anfühlen. Das Vlies im betroffenen Gebiet ist daher rauher und die gräulichen Wollspitzen sind verklebt. Die Ausbreitung der Hautläsionen wird gelegentlich erst nach dem Scheren in vollem Umfang erkennbar (Bild 4). Die entzündlichen Prozesse können sich dann in Einzelfällen vom Schulterblatt bis zum Schwanzansatz erstrecken.

Neuerdings konnten in einer Herde bei 20 von ca. 30 Schaflämmern im Alter von 4-5 Monaten und bei wenigen Altschafen im Kopfbereich - mit besonderer Konzentration auf dem Nasenrücken und im Bereich der Ohren - pustulös-borkige bis entzündlich-nässende Veränderungen (sogenannte exsudative Dermatitis; Bilder 5 und 6) festgestellt werden, in denen kulturell der Erreger der Dermatophilose nachgewiesen wurden. Diese Lokalisation ist eigentlich atypisch für diesen Erreger. Interessanterweise klangen die Symptome ca. 3 Wochen später auch ohne Behandlung wieder ab.

Parallel eingeleitete parasitologische Untersuchungen verliefen negativ, dass heißt Sarkoptes-Milben konnten als auslösendes Agens oder Begleitflora ausgeschlossen werden.

Das Allgemeinbefinden der Schafe war bei allen Erscheinungsformen der Dermatophilose nicht beeinträchtigt, auch fehlte im Gegensatz zum Ektoparasitenbefall (Haarlinge, Milben) der typische Juckreiz. Beim Berühren lassen sich im Gegensatz zum Milbenbefall aufgrund der Schmerzen Ausweichbewegungen bei den Schafen feststellen

Behandlung und Prophylaxe

Im Antibiogramm erwiesen sich die Dermatophilose-Erreger als empfindlich gegenüber einer größeren Zahl gebräuchlicher Antibiotika, unter anderem Penicillin, Ampicillin, Streptomycin, Erythromycin, Gentamycin, Enrofloxacin sowie gegenüber Tetracyclinen und Cephalosporinen. In Zusammenarbeit mit dem Tierarzt empfiehlt sich der Einsatz von Langzeitpräparaten in Anlehnung an das Antibiogramm.

Ein Besprühen der Tiere mit wässrigen Schwermetallsalzlösungen oder quaternären Ammoniumbasen ist auch wirksam, für derartige Substanzen gibt es allerdings in Deutschland keine arzneimittelrechtliche Zulassung.

Der Behandlungserfolg hängt im Wesentlichen davon ab, dass die Tiere kurz geschoren werden, wobei die sichtbar erkranken Schafe natürlich zuletzt geschoren werden sollten. In Extremfällen bei anhaltenden Regenperioden muss man stark betroffene Tiere nach dem Scheren und der antibiotischen Behandlung Tiere zeitweise aufstallen. Etwa 2-3 Wochen nach der Aufstallung soll sich das klinische Bild deutlich bessern. In Australien wird zur Prophylaxe ein Impfstoff gegen Dermatophilose eingesetzt.

Autor: Dr. Wilfried Adams, Dr. Jürgen Apel