Afrikanische Schweinepest: Wie schütze ich meinen Betrieb?

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Gute Hygiene ist im Schweinestall entscheidend

Mit Seuchengeschehen in Tschechien, Belgien und dem westlichen Polen war Deutschland bereits von der ASP „umzingelt“. Jetzt gab es in Brandenburg in der Nähe der polnischen Grenze den ersten Fall auf Bundesgebiet. Damit ist Deutschland nicht mehr ASP-frei.

Durch die Fälle in den Nachbarländern mussten wir anerkennen, dass dieses Virus sich nicht nur in der Wildschweinepopulation direkt ausbreitet, sondern – am wahrscheinlichsten durch kontaminierte Lebensmittel, die unachtsam entsorgt werden – große Sprünge über mehrere hundert Kilometer machen kann. Dass nun mehr denn je Maßnahmen zum Schutz vor der ASP zu treffen sind und wie die Schweinehalter vorgehen sollten, erläutert Dr. Jürgen Harlizius.

In hiesige Schweinehaltungsbetriebe kann das Virus durch Wildschweinekontakte, aber auch durch andere belebte und unbelebte Vektoren eingeschleppt werden. Nicht nur Blut, Fleisch- und Schlachtabfälle, auch gepökelte Dauerwurst und Schinken können wochen- bis monatelang infektiös sein. Sie gehören nicht in den Schweinestall. Schadnager, Haus- und Wildtiere und eventuell auch Insekten gehören zu den belebten Vektoren. Zu den unbelebten Vektoren zählen zum Beispiel Fahrzeuge, deren Reifen, Innen- oder Kofferraum, Schuhwerk und auch getragene Kleidung.

Konsequenter Schutz

Die Betriebe müssen unbedingt richtig geschützt werden. Grundsätzlich sind alle Anforderungen an Biosicherheit und Hygiene für die Schweinehaltung in der Schweinehaltungshygieneverordnung geregelt. Je nach Betriebsgröße und Art der Haltung werden dort unterschiedliche Sicherheitsstufen gefordert, siehe dazu die Schweinehaltungshygieneverordnung Anlagen 1 bis 6:

Unabhängig von den gesetzlich vorgeschriebenen Biosicherheitsmaßnahmen sollte jeder Tierhalter ein Maximum an Hygiene und Bestandsabschirmung für den eigenen Betrieb anstreben. Zuviel an Biosicherheit gibt es nicht.

Seinen Betrieb sollte man einmal anhand der Checkliste des Friedrich-Loeffler-Instituts überprüfen, die unter www.openagrar.de mit dem Suchbegriff Checkliste-ASP-2018-07-20 als PDF-Dokument herunterzuladen ist:

Wer seinen Betrieb gründlicher unter die Lupe nehmen will, kann auch eine ausführliche Checkliste der Universität Gent kostenlos ausprobieren. Nach vollständigem Ausfüllen bekommt man eine Auswertung, in welchen Bereichen noch Verbesserungsbedarf besteht und kann sich auch anonym mit anderen Betrieben, die die Checkliste benutzt haben, vergleichen, zu finden mit dem Stichwort biocheck unter:

Wildschweine draußen halten

Hausschweine dürfen auf keinen Fall Kontakt mit Wildschweinen bekommen. So muss die Einfriedung überprüft und oft auch optimiert werden. Grundsätzlich sollte das Betriebsgelände nur durch abschließbare Tore befahren und begangen werden können. Um einen geregelten Fahrzeug- und Personenverkehr zu gewährleisten, müssen die Zufahrten und Zugänge immer verschlossen sein. Ein gut sichtbares Hinweisschild am Tor mit der Aufschrift „Bitte bei dem Betriebsleiter anmelden“ und der Angabe einer Mobilnummer stellt sicher, dass weder Personen noch Fahrzeuge unbemerkt die Betriebsstätte betreten oder befahren. Ein gut erkennbarer Parkplatz für betriebsfremde Personen außerhalb der Hoffläche hilft, den möglichen Erregereintrag über Fahrzeuge zu minimieren.

Ställe, Laufwege und die Funktionsbereiche, wie Futterlager und -annahmestellen, Verladeplätze und Kadaverlagerung, sollten gegen das Eindringen von Wildschweinen gesichert sein.

Der Zaun sollte hoch genug, etwa 1,50 m, und zumindest im unteren Drittel engmaschig sein, so dass Haustiere oder kleines Wild nicht hindurch gelangen können. Geschlossene Stallaußenwände können in die Einfriedung mit einbezogen werden. Besteht jedoch in der Gebäudewand ein Zugang in den Stall, das umfasst auch Brandschutztüren, muss dieser Bereich ebenfalls großzügig umzäunt werden, um eine Verschleppung des ASP-Virus, zum Beispiel aus Wildschweinharn über das Schuhwerk, zu verhindern. Die Einfriedung einer Freilandhaltung stellt eine noch größere Herausforderung dar. Eine doppelte Einfriedung mit einem Mindestabstand von 2 m ist hier Pflicht und auch das Unterwühlen muss verhindert werden.

Konkretere gesetzliche Regelungen gibt es aber nicht. Bei Unsicherheiten ist es immer gut, das zuständige Veterinäramt zu fragen. Diese können aber bei einer Gefährdungslage weitere Auflagen, wie das Verbot der Auslauf und Freilandhaltung, bestimmen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Umkleide und Hygieneschleuse im Betrieb. Diese sollte sich stallnah befinden, so dass eine regelmäßige Benutzung beim Betreten und Verlassen der Tierhaltung sowohl von Besuchern als auch von allen im Betrieb arbeitenden Personen gewährleistet ist. Denn die beste Hygieneschleuse nützt nichts, wenn sie nicht genutzt wird.

Stall und Straße strikt trennen

Eine Besucherliste, die vor Betreten des Stalles auszufüllen ist, hilft, den Überblick zu haben, wer den Betrieb wann betreten hat. Arbeiten viele Mitarbeiter im Betrieb und gibt es eventuell auch noch Sprachbarrieren, ist es wichtig zu erklären, warum eine Hygieneschleuse vorhanden ist und wie sie funktioniert. Hilfreich kann auch eine kurze Beschreibung an der Tür sein, was beim Betreten und Verlassen des Bestandes zu tun ist, wie Reinigung der Stiefel, Overallwechsel, Händewaschen. Die strikte Trennung zwischen Straßen- und Stallkleidung und Schuhwerk ist eine wichtige Maßnahme der internen Biosicherheit. Prinzipiell sollte eine saubere Trennung zwischen Straßen- und Stallkleidung vorhanden sein, so dass es einen Schwarzbereich für die Straßenkleidung und einen Weißbereich für die Stallkleidung gibt.

Der Übergang sollte nicht fließend, sondern durch eine gut sichtbare Barriere gekennzeichnet sein. Dies kann eine einfache Abtrennung mittels eines Querbalkens oder einer Bank sein oder auch eine Tür in einen nachfolgenden Bereich.

Wichtig ist, dass eine Hygieneschleuse oder Umkleide nicht auch als Lagerraum für alles genutzt wird. Denn schnell müllt so ein Raum zu, wird dann auch nicht mehr gereinigt und erfüllt die eigentliche Funktion nicht mehr.

Getrennte Aufhängmöglichkeiten für die Bekleidung sind selbstverständlich, optimal sind geschlossene Spinde auf beiden Seiten. Außerdem sollte genügend betriebseigene, saubere Schutzkleidung oder Einwegkleidung und Stiefelüberzieher vorhanden sein. Ebenso sollte es eine Möglichkeit zum Händewaschen und zum Händeabtrocknen geben, am besten Einmalhandtücher. Eine stalleigene Waschmaschine und Wäschetrockner in der Hygieneschleuse helfen, saubere Schutzkleidung vorrätig zu halten. Hat man zum Beispiel Gartenclogs für Besucher, können diese anschließend eine Runde in der Waschmaschine mitfahren, um auch für den Nächsten hygienisch bereit zu stehen.

Grundsätzlich gilt für die Hygieneschleuse oder Umkleide das Motto: „Der Besucher sollte Ihren Hof so sauber verlassen können, wie Sie auch möchten, dass er bei Ihnen ankommt!“.

Früherkennung sicherstellen

In den letzten Seuchenzügen hat sich immer wieder gezeigt, wie wichtig eine frühe Erkennung der Seuche ist. Daher wird noch einmal darauf hingewiesen, dass der Betriebsleiter nicht zu lange warten darf, bis die Ursache von Erkrankungen geklärt wird.

Bei gehäuften oder ungeklärten Todesfällen, Kümmern oder fieberhaften Erkrankungen muss der Tierarzt innerhalb von sieben Tagen benachrichtigt werden. Bei erhöhten Umrausch- und Abortquoten muss ein Tierarzt die Ursache feststellen und gegebenenfalls weiterführende Untersuchungen einleiten. Wenn bei fieberhaften Erkrankungen zwei verschiedene antibiotische Behandlungen nicht helfen, ist die Untersuchung auf Schweinepest und Aujeszkysche Krankheit sogar zwingend vorgeschrieben. Die Untersuchung dieser Proben ist in NRW im Rahmen des Früherkennungssystems möglich, wobei die Untersuchungskosten und die Kosten der Blutprobenentnahme durch den Hoftierarzt durch eine Beihilfe der Tierseuchenkasse finanziert werden. Selbstverständlich sollte sein, dass Bestandsregister tagesaktuell geführt werden, so dass im Ernstfall nicht lange nach dem Verbleib von Tieren geforscht werden muss.

Im Rahmen der Tierseuchen-Früherkennungssysteme in NRW gibt es sogar die Möglichkeit, schon in Friedenszeiten (also jetzt) den Status eines ASP-unverdächtigen Betriebes zu erlangen. Das erleichtert den Verkauf von Tieren für den Fall, daß der eigene Betrieb im einem Wildschweine-ASP-Restriktionsgebiet liegt, ungemein. Nähere Informationen dazu findet man unter anderem auf der Website der Tierseuchenkasse, die die dazu notwendigen regelmäßigen Untersuchungen mit einer Beihilfe unterstützt.

Jagd und Landwirtschaft

Besonders vorsichtig müssen Schweinehalter sein, die gleichzeitig auch Jäger sind. In gefährdeten Regionen sollte auf die Jagd verzichtet werden. Für jeden muss selbstverständlich sein, dass Jagd- und Stallkleidung nicht miteinander in Berührung kommen. Die gesamte Jagdausrüstung sollte ihren Platz in einem separaten Schrank, insbesondere getrennt von Arbeitskleidung, haben und dort unmittelbar nach der Jagd verstaut werden. Dieser Schrank darf natürlich unter keinen Umständen in der Hygieneschleuse stehen.

Das Auto sollte man, wenn man damit im Revier war, schnellstmöglich in einer Waschanlage waschen und auf dem Betrieb abseits der Arbeitswege, außerhalb des Tierbereichs nach Schweinehaltungshygieneverordnung, parken. Der Innenraum sollte gereinigt und Fußmatten und Kofferraumwanne gereinigt und zusätzlich desinfiziert werden. Der (Jagd)-Hund hat keinen Zutritt zum Stall. Erlegte Wildschweine sollten möglichst nicht mit nach Hause genommen werden. Besser ist es, einen Metzger mit dem Zerwirken zu beauftragen, so dass zuhause keine großen Mengen Fleischabfälle entstehen. Aus hygienischer Sicht völlig ungeeignet für das Abhängen und Zerwirken sind wie auch immer geartete Stallnebenräume mit Bezug zur Schweinehaltung.

Wenn Zuhause zerwirkt werden muss, dann sollte dies im Wohnhaus geschehen, - möglichst durch jemanden, der nicht im Stall arbeitet - und mit anschließender Desinfektion von Arbeitsfläche und Spüle. Vorteilhaft ist ein Extra-Raum für das Zerwirken, der räumlich deutlich getrennt von der Schweinehaltung gelegen ist. Weitere Hinweise zu Jagdreisen gibt ein Infoblatt des Landwirtschaftsministeriums:

Entschädigungen nur bei Rechtseinhaltung

Warum ist es noch wichtig, zumindest die rechtlichen Rahmenbedingungen konsequent einzuhalten? Im Falle eines Seuchenausbruchs besteht erst einmal Anspruch auf Entschädigungsleistungen durch die Tierseuchenkasse. Eine Entschädigung ist nicht gleichzusetzen mit Schadensersatz, sondern deckt die Kosten für Tötungs-, Beseitigungs- und Verwertungskosten sowie den gemeinen Wert des Tieres ab. Voraussetzung für solche Entschädigungsleistungen sind unter anderem die korrekte Tierzahlmeldung und die Einhaltung gültiger Rechtsvorschriften. Die Tatsache, dass Biosicherheitsmaßnahmen nicht erfüllt wurden, kann bereits zu einem Versagen der Entschädigung führen, ohne das nachgewiesen werden muss, dass dies tatsächlich zur Einschleppung der Seuche im Bestand geführt hat!

Jeder Landwirt sollte also wissen, welche Anforderungen er nach Schweinehaltungshygiene-Verordnung in jedem Fall einhalten muss. Nötige Verbesserungen sollten umgehend vorgenommen und im Zweifelsfall lieber mit dem Hoftierarzt oder dem zuständigen Veterinäramt besprochen werden. Nur so kann jeder seinen Bestand effektiv schützen. Aktuelle Infos zur Seuchensituation gibt es immer unter beim Friedrich-Loeffler-Institut (www.fli.de) unter Aktuelles, Tierseuchengeschehen, Afrikanische Schweinepest.

Autor: Dr. Jürgen Harlizius