Leckeres für Ziegen - Was haben Ziegen für Futteransprüche?

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Ziegen bevorzugen schmackhaftes Futter und selektieren ihr Futter. Alle Wiederkäuer lassen sich in drei Äsungs- bzw. Fresstypen einteilen. Es gibt zum einen die Konzentratselektierer, zu denen das Rehwild sowie auch Elche gehören. Kennzeichnend für diese Tiere sind, das überwiegend nährstoffreiche Blätter und Gehölze gefressen werden und weniger gegrast wird. Auf der anderen Seite gibt es die Rauhfutter-Fresser, die das meiste Futter über grasen aufnehmen, wie z.B. Rinder und Schafe. Dazwischen gibt es die Intermediär-Typen, die zwischen dem Konzentratselektierer und dem Raufutter-Fresser angesiedelt sind. Dazu gehören neben den Ziegen auch Dam- und Rotwild sowie Gämse und Wisente. In Zeiten eines üppigen Nahrungsangebotes selektieren Ziegen gerne ihr Futter und wählen dann Kräuter, Sträucher und ähnliches. Im Winter wird dann meist auf das vorhandene Rauhfutter zurückgegriffen.

Aus diesem Futterverhalten lassen sich einige Grundsätze für die praktische Ziegenfütterung ableiten. Um eine möglichst hohe Futteraufnahme bei Ziegen zu erzielen, ist es unumgänglich den Ziegen schmackhaftes Grundfutter anzubieten. Aber nicht nur das Futter selbst spielt eine Rolle, auch die Stall- und Futterplatzgestaltung hat einen großen Einfluss auf das Fressverhalten. Stress wirkt sich dabei negativ auf das Wohlbefinden und die Futteraufnahme bei Ziegen aus.

Die optimale Pansenversorgung steht bei Ziegen, wie auch bei Rindern, an erster Stelle. Der Pansen ist charakteristisch für Wiederkäuer. Dort wird das grob zerkleinerte Futter von den Pansenbakterien aufgeschlossen. Die Pansenbakterien ermöglichen den Abbau von Rohfaser (Cellulose) zu Essigsäure. Diese steht dem Organismus dann für weitere Stoffwechselprozesse zur Verfügung und die Ziege gewinnt daraus Energie. Futterproteine werden durch die Pansenbakterien zu Ammoniak und weiter zu einzelnen Aminosäuren aufgespalten, aus denen wieder neues Mikrobenprotein gebildet wird. Dieses Mikrobenprotein kann dann im Dünndarm weiter verwertet werden für den tierischen Organismus. Kohlenhydrate aus dem Futter werden im Pansen zu Zucker und Stärke und weiter zu Propion- und Buttersäure umgewandelt. Die ständige Säurebildung lässt den pH-Wert sinken, der bei normaler Pansenaktivität bei 6 - 7 liegen sollte. Um diesen pH-Wert zu halten, ist es notwendig, dass die Ziege als Wiederkäuer regelmäßig wiederkaut und Speichel produziert. Denn der Speichel enthält Natriumbicarbonat, dass den Pansen pH-Wert abpuffert.

Doch wie sieht nun eine wiederkäuergerechte Ziegenfütterung aus? Die eine optimale Ration für Ziegen gibt es nicht. Jeder Ziegenhalter hat eine andere Futtergrundlage, betriebliche Voraussetzungen und setzt andere Futtermittel ein. Hier gilt es zu prüfen, welche Futtermittel vorhanden sind oder welche kostengünstig eingesetzt werden können. Die folgenden Grundsätze sollten dann bei der folgenden Rationsplanung einfließen.

Als erstes sollte sich der Ziegenhalter bewusstmachen, was für einen Nährstoffanspruch seine Ziegen haben. Je nach Leistung verändert sich dieser Anspruch. Güste (nicht tragende Tiere) haben einen anderen Anspruch an Energie und Nährstoffe als eine hochleistende Milchziege. Anhand von Empfehlungen zur Versorgung von Ziegen erhält man einen Überblick über den täglichen Bedarf einer Ziege. Die Werte zeigen deutliche Unterschiede, je nachdem ob die Ziege Milch produziert, in der Hochträchtigkeit ist oder kaum mehr als der Erhaltungsbedarf gedeckt werden muss.

Zusätzlich zu der erbrachten Leistung spielt auch das Gewicht der Ziege eine entscheidende Rolle. Kleinere Ziegen haben einen geringeren Nährstoffbedarf als eine großrahmige Ziege mit über 70 kg Lebendgewicht. Wenn möglich, sollten die Tiere in regelmäßigen Abständen gewogen werden und anhand des tatsächlichen Gewichtes die Fütterung ausgelegt werden. Gewichtsschätzung weisen meist große Abweichungen auf und so kann es schnell zu einer Über- oder Unterversorgung der Ziegen kommen.

Konnten anhand der Leistung und des Gewichtes die benötigten Nährstoffansprüche ermittelt werden, sollte auch auf die mögliche Futteraufnahme geschaut werden. Die Futteraufnahme steigt ebenfalls mit erhöhter Leistung. Die angegebenen Werte sollten jedoch immer mit der tatsächlichen Futteraufnahme im Stall verglichen werden. Versuche auf dem Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Riswick 2017 und 2018 zeigten deutlich höhere Futteraufnahmen bei Mutterschafen um den Geburtszeitraum als in der Literatur angegeben waren. Es ist zu vermuten, dass sich auch bei Ziegen in den letzten Jahren durch die Genetik und Züchtung die Futteraufnahme verändert hat. Als Faustzahl können Ziegen je nach Futter 2 bis 3 kg Trockenmasse täglich aufnehmen. Dabei sollte beachtet werden, dass der Kraftfutteranteil in der Ration nicht über 40 % liegen sollte, um noch eine wiederkäuergerechte Fütterung zu erreichen. Zusätzlich sollte die Ration mind. einen Gehalt von 18 % Rohfaser aufweisen.

Für die verschiedenen Leistungsstadien bei Ziegen verändern sich ebenfalls die Ansprüche an die Futterinhaltsstoffe. Bei güsten Ziegen muss nur der Erhaltungsbedarf gedeckt werden, da die Tiere keine zusätzliche Leistung erbringen und ein Verfetten durch eine Überversorgung vermieden werden soll. Der Erhaltungsbedarf kann meist schon über die Weide und Landschaftspflege sichergestellt werden.

Empfehlungen zur Versorgung von >Mutterziegen (75 kg Lebendgewicht) mit Energie, nutzbarem Rohprotein (nXP) und Mineralstoffen (je Tier/Tag)

Leistungsstadium Futteraufnahme1) kg TM Energie2) MJ ME nXP2) g Ca3) g P3) g Na g Mg g
güst oder niedertragend 1,0 - 1,3 11,5 106 3,1 2,1 0,6 1,3
hochtragend (letzten 6 Wo.) 1,4 - 1,7 15,3 185 7,0 4,5 0,9 2,0
säugend (1.-8.Wo.)4)
mit 1 Lamm 1,7 - 2,1 18,5 270 8,0 5,6 1,2 2,0
mit 2 Lämmern 2,1 - 2,3 22,5 350 11,0 1,9 1,5 2,0

1) Ø ± 0,15 bis 0,18 kg / ± 10 kg Lebendgewicht (LG), nach GfE 2003
2) je 10 kg LG steigt oder fällt die erforderliche Versorgung um etwa 1,2 MJ ME und ca. 10 g nXP; großflächige Weidegebiete, hügeliges Gelände insbesondere Gebirgsweiden erfordern Zuschläge!
3) Der Calciumgehalt sollte 4 g und der Phosphorgehalt 2,5 g je kg Futtertrockenmasse nicht unterschreiten!
4) ab der 8. Woche verhaltener füttern (s. hochtragend), Beifütterung der Lämmer (Lämmerschlupf)

Quelle: Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH): Nähr- und Mineralstoffversorgungsempfehlungen für Mastbullen, Schafe und Ziegen sowie Futterwerte der in Hessen gebräuchlichen Futtermittel nach DLG-Futterwerttabelle und eigenen Untersuchungsergebnissen („Grüne Futterwerttabelle“, 2015)

Für eine erfolgreiche Deckzeit ist es wichtig, dass die Ziegen eine optimale Körperkondition aufweisen und sich in einer positiven Energiebilanz finden. Eine negative Energiebilanz, die nach dem Ablammen auftritt, sollte hier nicht mehr vorhanden sein und würde sich negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken. Allerdings führt auch ein Energieüberschuss zu einer erhöhten Embryonensterblichkeit. Kraftfutter sollte zu diesem Zeitpunkt nur eingesetzt werden, wenn die Tiere noch Milchleistung erbringen müssen. Ob die Ziegen eine gute Körperkondition haben, lässt sich anhand des Body Condition Score bewerten. Die übliche Bewertung der Lendenwirbel eignet sich jedoch bei Ziegen nur bedingt, hier kann besser das Brustbein genutzt werden. Die Ziege weist eine gute Kondition auf, wenn auf dem Brustbein eine leichte Fettauflage und die Einbuchtungen des Brustbeins seitlich daneben fühlbar sind. Sind das Brustbein und die Rippenbögen nicht mehr fühlbar, ist die Ziege deutlich verfettet. Eine Flushing-Fütterung 2 bis 3 Wochen vor der Deckzeit ist bei Ziegen möglich, um durch die kurzeitige Energieerhöhung eine höhere Ovulationsrate zu erzielen und die Wahrscheinlichkeit von Mehrlingsgeburten zu erhöhen. Ob das für jeden Ziegenhalter sinnvoll ist, muss betriebsindividuell entschieden werden, da ein höheres Lämmeraufkommen auch vermarktet werden muss.

Nach einer erfolgreichen Belegung, steigt der Nährstoffbedarf der Ziegen noch nicht an. In der ersten Hälfte der Trächtigkeit ist der Leistungsbedarf noch kaum erhöht. Auch hier muss auf eine mögliche Verfettung der Tiere geachtet werden, da es ansonsten zu vermehrten Schwergeburten und Stoffwechselkrankheiten kommen kann. Der Energie- und Nährstoffbedarf der Ziegen steigt erst während des letzten Trächtigkeitsdrittel merklich an. Dann muss den Tieren eine leistungsangepasste Ration vorgelegt werden. Diese sollte sich schon an die Zusammensetzung der Ration nach der Ablammung anpassen, um spätere Futterumstellungen direkt nach der Ablammung zu vermeiden. Generell sollten Futterumstellungen über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen durchgeführt werden. Der Pansen mit seinen Bakterien muss sich langsam an neue Futtermittel gewöhnen und umstellen. Während der Hochträchtigkeit wachsen die Feten stark an und die Futteraufnahme der Mutterziege geht zurück, da der Pansen deutlich weniger Platz einnehmen kann. Hier gilt es zu beachten, dass die Tiere nun den erhöhten Nährstoffbedarf mit einer geringeren Menge an Futter aufnehmen müssen. Hier muss dann meist das Grundfutter mit Kraftfutter oder anderen energie- und eiweißreichen Futtermitteln aufgewertet werden.

Mit der Ablammung setzt die Milchproduktion ein und die Ziege hat einen sehr hohen Energie-und Eiweißbedarf, den Sie meist aus dem Futter nicht decken kann. Sie kommt in eine negative Energiebilanz und versucht dies durch das Einschmelzen von Körpersubstanz auszugleichen. Dies ist ein normaler Prozess und kann nicht verhindert werden. Allerdings sollte dies nur für die ersten Wochen nach der Geburt gelten und kein langandauernder Zustand werden. Dies würde sich nachteilig auf den Stoffwechsel der Tiere auswirken und gesundheitliche Probleme verursachen.

Im Verlaufe der Laktation sollte die Ration immer wieder mit der tatsächlichen Milchleistung überprüft werden und das Nährstoffangebot angepasst werden. Mit sinkender Milchleistung kann dann meist zuerst das Kraftfutter reduziert werden. Vor allem in der zweiten Laktationshälfte kann die Verfütterung von Mais an Ziegen zu einer schnellen Verfettung führen.

Empfehlungen zur täglichen TM-Aufnahme, nXP- und ME-Versorgung von Milchziegen nach Lebendgewicht und Milchleistung (3,5 % Fett, 3,3 % Eiweiß)

  Lebendgewicht
  45 kg LM 60 kg LM 75 kg LM
  TM kg nXP g ME MJ TM kg nXP g ME MJ TM kg nXP g ME MJ
tragend bis 4. Mon. 0,9 108 7,6 1,1 132 9,7 1,3 156 11,5
tragend ab 5. Mon. 1,2 144 10,4 1,4 168 13,0 1,7 204 15,3
1 kg Milch 1,4 152 12,5 1,5 168 14,4 1,7 182 16,2
2 kg Milch 1,8 233 17,2 2,0 250 19,1 2,1 263 20,9
3 kg Milch 2,2 314 21,9 2,4 330 23,8 2,5 344 25,6
4 kg Milch 2,5 393 26,6 2,7 410 28,5 2,9 423 30,3
5 kg Milch   3,0 488 33,2 3,2 502 35,0
6 kg Milch             3,5 580 39,7

Quelle: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL): Gruber Tabelle zur Fütterung der Milchkühe, Zuchtrinder, Schafe, Ziegen, 42. Auflage, 2017

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Fütterung stellt die Mineralstoff- und Spurenelementversorgung dar. Ein Teil des Bedarfes kann über das Grund- und Kraftfutter gedeckt werden. Reicht dies nicht aus, muss den Ziegen Mineralfutter zusätzlich angeboten werden. Dies kann über eine Zulage in der Ration, wenn eine Mischration verfüttert wird, erfolgen oder über Minerallecksteine oder -schalen. Lecksteine oder Leckschalen sollten den Tieren ständig im Stall oder auf der Weide zur Verfügung stehen und diese decken ihren Bedarf daran selbstständig. Auf dem Markt gibt es viele verschiedene Anbieter und es lohnt sich, hier die Preise und die enthaltenen Mengen zu vergleichen. Leckmassen mit Melasse werden von den Tieren gerne angenommen. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass die Tiere vermehrt an die Masse gehen und eventuell zu viel Mineral- und Spurenelemente aufnehmen als notwendig. Zudem wirkt sich der enthaltende Zucker längerfristig negativ auf die Zahngesundheit aus. Am einfachsten bewährt haben sich loses Mineralfutter, dass in einer Schale mit Gummiabdeckung angeboten wird. Ziegen reagieren nicht so empfindlich auf Kupfer wie Schafe und haben einen höheren Bedarf. Wer Schafe und Ziegen zusammenhält, muss darauf achten, dass die Ziegen nicht an einem Kupfermangel leiden, wenn nur Schafmineralfutter ohne Kupfer angeboten wird. Für solche Situationen können auch Pansenbolis mit Mineralstoffen und Spurenelementen zur Deckung des Bedarfes genutzt werden. Die Bolis werden den Ziegen in den Pansen eingegeben und diese geben über mehrere Monate hinweg die Stoffe ab. Der Vorteil des Pansenbolus ist, dass jedes Tier mit Mineralstoffen und Spurenelementen versorgt ist. Bei einer Leckschale kann die tatsächlich aufgenommene Menge beim Einzeltier nicht kontrolliert werden. Als Arbeitserleichterung kommt hinzu, dass die Leckmassen nicht bei jedem Weidewechsel mitgenommen werden müssen.

In der Milcherzeugung steht die Milch- und Käsevermarktung an erster Stelle. Hier ist darauf zu achten, dass Geschmacksstoffe aus dem Futter auch in die Milch übergehen und diese geschmacklich beeinträchtigen können. Zu diesen Futtermitteln gehören zum Beispiel Raps, Kohl und Rübenblätter. Weiterhin sollten Biertreber, Futterrüben und rohe Kartoffeln nur in begrenztem Umfang in der Fütterung eingesetzt werden, da zu große Mengen sich negativ auf die Verdauungsprozesse auswirken und Stoffwechselprobleme hervorrufen können.

Die aufgezeigten Leistungsstadien mit ihren unterschiedlichen Nährstoffansprüchen zeigen, wie wichtig es ist, die Fütterung regelmäßig daran anzupassen und die Ration vorzulegen. Die Rationsberechnung ist dabei nur ein Baustein in einer angepassten Ziegenfütterung. Regelmäßig sollte im Stall auf dem Futtertisch überprüft werden, ob die Ration auch so gefressen wurde, wie angedacht. Bleiben eventuell viele Reste übrig oder werden manche Bestandteile stark selektiert? Dies muss der Ziegenhalter, egal ob es sich um einen großen Bestand oder eine kleine Hobbyhaltung handelt, im Blick behalten. Für weitere Fragen zur Fütterung stehen die Autorin und die Fachberater der Landwirtschaftskammer zur Verfügung.

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