Stroh oder Luzerneheu für hochleistende Milchkühe?

Kühe am Fressgitter

Zur Erhöhung der Energiedichte in Rationen für Milchkühe werden höhere Konzentratfutteranteile eingesetzt. Damit einher geht in der Regel eine Erhöhung der Anteile schnell fermentierbarer Kohlenhydrate. Bei dieser Vorgehensweise und in Abhängigkeit von der Grobfuttersituation steigt das Risiko für klinische und subklinische Pansenübersäuerungen. Die meisten Milchviehhalter setzen zur Sicherung der Wiederkauaktivität neben den betriebseigenen Silagen Stroh oder Heu ein. Grundsätzlich ist gehäckseltes Strukturfutter im Gegensatz zum unbearbeiteten Erntegut zu bevorzugen, da ein Aussortieren weitgehend vermieden werden kann. Auch Luzerne weist eine gute Strukturwirkung auf und hat gegenüber Stroh einen deutlich höheren Rohproteingehalt, sodass Proteinausgleichsfutter eingespart werden kann. Luzerne besitzt im Vergleich zu Gras- und Maissilage einen deutlich geringeren Energiegehalt, was in der Regel nachteilig für die Futteraufnahme ist. In Fütterungsversuchen mit Milchkühen und Mastbullen ergab sich jedoch bei Einsatz von Luzernesilage im Austausch gegen andere Grobfutter eine signifikant höhere Futteraufnahme in den Luzernegruppen, sodass der geringere Energiegehalt durch die bessere Futteraufnahme kompensiert wurde. Es stellt sich die Frage, ob und bis zu welcher Einsatzmenge der positive Effekt auf die Futteraufnahme auch bei Luzerneheu beobachtet werden kann.

Wie wurde vorgegangen?

In Haus Riswick wurde von Oktober 2012 bis Januar 2013 ein Fütterungsversuch mit viermal 25 hochleistenden Milchkühen der Rasse Deutsche Holstein über einen Zeitraum von 100 Laktationstagen durchgeführt. Die vier Versuchsgruppen wurden hinsichtlich der Milchleistung, der Laktationstage, der Laktationsnummer, des Tiergewichtes und der Vorlaktationsleistung gleich eingeteilt. Die Tiere erhielten Totale Mischrationen, deren Nährstoffgehalte für eine Leistung von etwa 35 kg Milch einschließlich des Erhaltungsbedarfs gemäß den Versorgungsempfehlungen ausreichend waren. In Futtergruppe 1 wurde 1 kg Stroh eingesetzt. In der zweiten Gruppe erhielten die Kühe 1 kg, in der dritten Gruppe 2 kg und in der vierten Gruppe 4 kg Luzerneheu. Die Rationszusammensetzung und Nährstoffgehalte zeigen die Tabellen 1 und 2. Das Luzerneheu wurde unter dem Handelsnamen Rumiluz aus Frankreich zugekauft.

Welche Ergebnisse wurden erzielt?

Die Tabelle 3 zeigt Futter- Wasser- und Nährstoffaufnahmen für die verschiedenen Futtergruppen. Bezüglich Laktationsnummer und Laktationstag ergeben sich keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Futtergruppen. Die höchste Trockenmasseaufnahme von 23,1 kg/Kuh/Tag wird in der Variante 1 kg Luzerneheu erreicht. Es folgen die beiden Varianten mit der Luzerneheuergänzung in Höhe von 2 und 4 kg mit 22,9 und 23,0 kg. Die geringste TM-Aufnahme wird mit 21,7 kg TM für die Strohgruppe gemessen. Die Wasseraufnahme ist in den mit Luzerne ergänzten Rationen teilweise signifikant höher. Bei der XP- und nXP-Versorgung ergeben sich keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Futtergruppen. Die Versorgung mit löslichen Kohlenhydraten ist in der Variante 1 kg Luzerneheu am höchsten. Die Aufnahme an Strukturkohlenhydraten (Neutral-Detergenzien-Faser) steigt signifikant mit zunehmendem Anteil an Luzerneheu. Bei der Energieaufnahme ergeben sich wegen der höheren TM-Aufnahme signifikante Vorteile zugunsten der Luzernegruppen.

Die mittleren Lebendmassen der Kühe im Versuchsverlauf liegen sehr nahe beieinander, siehe Tabelle 4. Die natürliche Milchmenge ist in den Luzerneheu ergänzten Rationen tendenziell höher als bei Strohfütterung. Die Syntheseleistungen hinsichtlich Milchfett sind zwischen den Gruppen nicht verschieden. In der Variante 1 kg Luzerneheu wird eine signifikant höhere Eiweißmenge und ein höherer Laktosegehalt als in der mit Stroh ergänzten Ration erzielt. Bezüglich der ECM-Leistung ergeben sich Vorteile zugunsten der Luzerneheurationen, wobei mit 36,2 kg in der Variante 1 kg Luzerneheu ein signifikanter Unterschied zur Strohergänzung mit 33,0 kg ECM besteht. Hinsichtlich der Milchharnstoffgehalte ergeben sich bei Werten zwischen 204 und 223 mg/kg keine signifikanten Differenzen.

In der Abbildung sind die Ergebnisse bezüglich der Trockenmasseaufnahme und ECM-Leistung graphisch dargestellt. Die höhere TM-Aufnahme der Luzernegruppen wird besonders deutlich. Die Tabelle 5 zeigt die Ergebnisse der Harnuntersuchungen. Keine Unterschiede bestehen zwischen den pH-Werten. Signifikant höhere Netto-Säure-Basen-Ausscheidungswerte (NSBA) ergeben sich für die Variante 4 kg Luzerneheu. Mit 96 mmol/l wird für die Gruppe 1 kg Luzerneheu der niedrigste Wert ausgewiesen. In dieser Futtergruppe ergibt sich mit 38 % auch der größte Anteil an Tieren mit einer Unterschreitung des NSBA-Referenzbereichs, der mit 80 bis 220 mmol/l angegeben wird.

Wie sind die Ergebnisse zu bewerten?

Im dem Versuch wurden alternativ Stroh oder zunehmende Anteile an Luzerneheu zur Strukturergänzung eingesetzt. Wegen des höheren XP- und nXP-Gehaltes des Luzerneheus konnte bei zunehmendem Luzerneanteil gleichzeitig Proteinkonzentratfutter, in diesem Fall Rapsextraktionsschrot, eingespart und durch energiereiches Milchleistungsfutter ausgetauscht werden. Hierdurch ergaben sich hinsichtlich der Proteinkennzahlen und der Kohlenhydratfraktionen vergleichbare Konzentrationen in der Trockenmasse. Die Futteraufnahme ist in allen mit Luzerneheu gefütterten Gruppen um 1,2 bis 1,4 kg TM höher als in der Strohvariante, in zwei Fällen signifikant. Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit den Befunden in den Versuchseinrichtungen in Iden und Grub. In diesen Arbeiten ergaben sich höhere Futteraufnahmen bei Einsatz von Luzernesilage im Austausch gegen Mais- oder Grassilage. Die Verzehr fördernde Wirkung der Luzerne wird durch eine erhöhte Abbaurate der Trockenmasse je Zeiteinheit erklärt, womit eine höhere Passagerate im Pansen einhergeht. Durch die geringe Verweilzeit im Pansen lässt sich teilweise die geringe Verdaulichkeit des Luzerneheus gemäß den Ergebnissen des Verdauungsversuchs erklären. Die höhere Futteraufnahme führt zu einer besseren Nährstoffversorgung der Tiere, die im Falle der Kohlenhydrate zum Teil signifikant ist. Insbesondere in der Variante 1 kg Luzerneheu sind die Kühe sehr gut mit löslichen und Strukturkohlenhydraten sowie mit XP und nXP versorgt. Dies führt insgesamt zu einer signifikant höheren Fett- und Eiweißmenge und besseren ECM-Leistung. Auch die höheren Laktosegehalte in der Milch dieser Tiere zeigen die gute Versorgungslage mit löslichen Kohlenhydraten an, die im Stoffwechsel zu einer guten Glukoseversorgung geführt hat.

In der Ration der Strohgruppe wurde ein DCAB-Wert von 161 meq/kg TM ermittelt. Mit zunehmendem Anteil an Luzerneheu steigen die DCAB-Werte in den Rationen auf 185, 193 und 214 meq/kg TM an. Luzernefütterung bedeutet demnach eine kationenreichere Fütterung, die metabolisch zu weniger Acidosen führt. Dies kommt in den ansteigenden NSBA-Werten im Harn der Kühe bei zunehmenden Anteilen an Luzerneheu zum Ausdruck. Die tendenziell geringeren NSBA-Werte im Harn der Kühe aus der Variante 1 kg Luzerneheu dürften vorwiegend durch die höhere Versorgung mit löslichen Kohlenhydraten zu erklären sein. Höhere Luzerneanteile in der Ration bedingen eine steigende Wasseraufnahme der Kühe, wobei signifikante Mehraufnahmen vor allem bei den Tieren aus der Gruppe 4 kg Luzerneheu gemessen wurden. Ursächlich hierfür ist zum einen der höhere TM-Gehalt dieser Ration gegenüber zum Beispiel der Strohration (45,2 % im Vergleich zu 50,3 %). Des Weiteren steigt mit zunehmenden Luzerneheuanteilen die Aufnahme an Calcium, Kalium und Chlor, siehe Tabelle 4. Versorgungsüberschüsse mit diesen Elementen werden über größere Harnmengen ausgeschieden, wozu eine höhere Wasseraufnahme Voraussetzung ist.

Und die Futterkosten?

Die Kosten der verschiedenen Rationen wurden unter Berücksichtigung der derzeitigen Futtermittelpreise berechnet. Für Gras- und Maissilage wurden Vollkosten gemäß den Auswertungsergebnissen von den der Kammerberatung angeschlossenen Betrieben angesetzt. Tabelle 6 zeigt die Futterkosten. Mit zunehmenden Anteilen an Luzerneheu steigen die Futterkosten je Kuh und Tag an. Dies erklärt sich vor allem aufgrund der höheren Futteraufnahme in diesen Gruppen. Die Kosten je Kilo ECM sind dagegen durch keine großen Unterschiede gekennzeichnet. Lediglich die Variante 4 kg Luzerneheu fällt mit 17,3 Cent/kg ECM nach oben aus dem Rahmen.

Fazit

Der durchgeführte Fütterungsversuch zeigt ähnlich wie bisherige Befunde mit Luzernesilage eine Luzerneheu induzierte Mehraufnahme an Trockenmasse. Dies führt zu einer besseren Nährstoffversorgung der Kühe, in deren Folge sich höhere tierische Leistungen ergeben. Bezüglich der Einsatzmengen scheinen nach den hier erzielten Ergebnissen 1 bis 2 kg am besten geeignet, die Strukturversorgung zu sichern. Die höhere Proteinlieferung der Luzerne kann den Einsatz von Proteinkonzentraten verringern. Auch bei Luzerneprodukten gibt es in der Praxis variierende Futterqualitäten, die durch entsprechende Futteruntersuchungen bei der Rationsberechnung berücksichtigt werden müssen.

Autoren: Dr. Martin Pries, Annette Menke, Claudia Verhülsdonk, Christoph Hoffmanns, Dr. Klaus Hünting, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen