Landessortenversuche Triticale 2020

Ähren Triticale

Wintertriticale oder Winterroggen?

Momentan planen viele Landwirte die kommende Aussaat. Dabei stellen sich wichtige Fragen. Ändert sich in Zeiten von Klimawandel und Witterungsextremen die Rangfolge der Kulturen? Welche Kulturen bringen unter den gegebenen Standortbedingungen sichere Erträge und damit verbunden auch hohe Nährstoffentzüge? Sind die Kulturen am Standort sicher und einfach zu führen?

Bis vor einigen Jahren spielte Winterroggen bei diesen Überlegungen nur auf den extrem leichten und trockenen Standorten eine Rolle. Die Anbauflächen bewegten sich 2016 in NRW mit nur 17.000 ha auf einem sehr niedrigen Niveau. In den folgenden Jahren mit extremer Frühjahrstrockenheit hat der Roggenanbau deutlich an Stellenwert gewonnen. Die Anbaufläche hat sich mit aktuell 35.000 ha mehr als verdoppelt, in einigen Kreisen sogar verdreifacht. Brotroggen spielt anteilmäßig nur eine geringe Rolle. Roggen ist mittlerweile auch als Futtergetreide geschätzt.

Wintertriticale besitzt als robustes Getreide auf vielen Standorten ebenfalls eine hohe Ertragssicherheit. Die Anbauflächen in NRW liegen relativ konstant bei rund 65.000 ha. Hohe Erträge mussten in den letzten Jahren häufig mit einem hohen Fungizidaufwand erkauft werden. Mehltau, Gelb- und Braunrost sowie Fusarium erforderten in aller Regel zwei, nicht selten auch drei Fungizideinsätze. Bei vielen neuen Sorten kam es relativ schnell zum Resistenzbruch bei Gelbrost.

Winterroggen ist der Spezialist für leichte und mittlere Böden und Trockenheit. Hier ist Roggen der Ertragssieger. Auf besseren Standorten liegen Triticale und Winterroggen beim Ertrag nah beieinander. Die Nährstoffeffizient auf leichteren Standorten ist durch die hohen und sicheren Erträge besser als bei anderen Getreidearten. Moderne Roggensorten sind gesünder, standfester, strohstabiler und weniger anfällig bei Mutterkorn geworden. In Höhenlagen mit späterem Befallsbeginn bei Braunrost reicht in der Regel ein Fungizideinsatz für einen sicheren Krankheitsschutz. In Regionen mit frühem Befall ist eine höhere Intensität erforderlich. Aber auch hier reichen zwei Behandlungen sicher aus.

Pflanzenbaulich gibt es bei Winterroggen aber auch Einschränkungen. Die Gräserbekämpfung in ist aus Zulassungs- und Verträglichkeitssicht deutlich schwieriger. Die für eine sichere Ackerfuchsschwanzbekämpfung erforderlichen Herbizidmengen sind nicht zugelassen oder schlechter verträglich. Roggen kann bei flacher Saat, Staunässe, sandigen Böden mit wenig Humus und späten Saatterminen sehr empfindlich auf Bodenherbizide reagieren. Besonders problematisch in einem sehr nassen Herbst und Winter wie 2019. Hier kann es zu nachhaltigen Schäden und Ertragseinbußen kommen. Triticale ist unter diesen Bedingungen deutlich robuster.

Wintertriticale – Was zeigen die aktuellen Sortenversuche?

Basis für eine sichere Sortenentscheidung sind die Landessortenversuche, die in NRW im Verbund mit Niedersachsen und Hessen durchgeführt werden. Mit fünf Lehm-, vier Sand- und vier Höhenstandorten wird die Sortenbeurteilung sehr sicher. Die Prüfung erfolgt in zwei Behandlungsintensitäten. Neben der praxisüblichen Behandlungsstufe mit Wachstumsreglern und Fungiziden prüft die unbehandelte Stufe Sortengesundheit und Standfestigkeit. An den Standorten zeigten sich 2020 im Mittel aller Standorte mit 7 bis 17 dt/ha sehr unterschiedliche Mehrerträge durch Fungizide und deutlich Sortenunterschiede, die überwiegend durch Gelbrost bedingt waren. In den Höhenlagen war der Krankheitsdruck deutlich geringer als in milden Niederungslagen. Die Stickstoffdüngung erfolgte nach den Vorgaben der Dünge-VO in zwei oder drei Gaben.

Ertragssicherheit zählt

Grundlage für die Sortenentscheidung sind mehrjährige Ertragsleistungen und agronomische Eigenschaften. Tabelle 1 zeigt die Ertragsleistung der Sorten in der behandelten Stufe für die Einzeljahre und zusätzlich als mehrjährige Verrechnung unter Einbeziehung aller Wertprüfungen aus der betreffenden Anbauregion. Hierdurch wird die Aussagesicherheit vor allem für Anbauregionen mit vielen Versuchsergebnissen deutlich verbessert. Bei weniger Versuchen, wie bei Sand und Höhenlagen, lohnt zur Absicherung ein Blick auf die Region Lehm.

Neben der Ertragsleistung zählen agronomische Eigenschaften. Wunschsorte wäre eine ertragreiche, ertragssichere, winterharte, standfeste und durchgängig gesunde Sorte. Diese Kombination gibt es leider nicht.  Daher gilt es für den eigenen Anbau wichtige Kriterien zu definieren und dann entsprechende Sorten auszuwählen. Wer auf Gesundheit oder Standfestigkeit besonderen Wert legt, der muss beim Ertrag leichte Kompromisse eingehen. Tabelle 2 zeigt die Einstufungen der Beschreibenden Sortenliste 2020, die vor allem bei Gelbrost durch eigene Beobachtungen angepasst wurde. Auch bei Mehltau und Braunrost versprechen die Einstufungen der Beschreibenden Sortenliste bei Triticale häufig etwas mehr, als sie in der Praxis halten.

Sortenempfehlung

Lombardo dominiert als sehr ertragsstabile Sorte seit Jahren in der Praxis. Auch im aktuellen Jahr zeigt die Sorte in der intensiven Stufe überdurchschnittliche Erträge. Lombardo hat eine hohe Anfälligkeit bei Gelb- und Braunrost sowie eine mittlere bei Fusarium. Ein intensives Fungizidprogramm ist daher Pflicht. Ein gesünderer Ersatz mit ebenfalls hohem Ertragsniveau ist Ramdam, der sein überragendes Vorjahresergebnis nicht ganz wiederholen konnte. Ramdam zeigte 2020 im Vergleich zum Vorjahr eine etwas höhere Anfälligkeit bei Gelbrost. Die Boniturnoten wurden daher angepasst. Deutliche gesünder als Lombardo ist Ramdam bei Braunrost. Dritte interessante Sorte aus Ertragssicht ist Rivolt, eine EU-Zulassung aus Frankreich, die in der deutschen Wertprüfung ein sehr hohes Ertragspotential zeigte. Rivolt ist wie Ramdam frohwüchsig mit etwas früherer Abreife und guter Standfestigkeit. Bei Gelbrost zeigte die Sorte trotz guter Züchterbeschreibung eine überdurchschnittliche Anfälligkeit auf dem Niveau von Lombardo. Bei Fusarium wird Rivolt als sehr gesund beschrieben. Durch die Einbeziehung der Wertprüfungsergebnisse liegen auch für Rivolt Ergebnisse aus vier Prüfjahren vor. Durch Ramdam und Rivolt hat Lombardo Konkurrenz bekommen.

Neu im Versuch sind Belcanto und RGT Flickflac. Beide setzen im Prüfsortiment bei der Kombination aus Blattgesundheit, Fusarium und Standfestigkeit einen neuen Standard. Bei der Gesundheit hat Belcanto leicht die Nase vorne. RGT Flickflac ist kurzstrohig und sehr standfest. In der Ertragsleistung müssen bei beiden Sorten gegenüber Lombardo, Ramdam und Rivolt Abstriche gemacht werden.

Daneben gibt es eine ganze Reihe weiterer Sorten, die beim Ertrag schlechter als die Spitzensorten sind und bei der Gesundheit nicht mit den sehr gesunden Sorten mithalten können. Cedrico kann mit der guten Fusariumnote punkten. Die sehr hohe Mehltauanfälligkeit zwingt oft zu frühen Behandlungen. Temuco hat eine relativ gute Blattgesundheit und Fusariumnote vier. Lanetto ist relativ ertragsstark, erfordert aber einen intensiven Pflanzenschutz. Porto und Riparo sind blattgesunde Sorten, die leider bei Fusarium mit Note sechs Schwächen zeigen. RGT Belemac zeigt sich mit relativ guter Grundgesundheit. Ozean ist sehr standfest, hat aber Schwächen bei Gelbrost. Ramos erfordert aufgrund der hohen Gelbrost- und Mehltauanfälligkeit einen intensiven Pflanzenschutz. Vivaldi ist standfest und bis auf Gelbrost relativ gesund. Tabelle 3 zeigt die Sortenempfehlung für die kommende Aussaat.

GPS-Nutzung - Winterroggen oder Wintertriticale?

Auch bei Ganzpflanzensilage sind Triticale und Roggen mögliche Konkurrenten. Ziel des Anbaues ist ein möglichst hoher Trockenmasseertrag je Hektar. In normalen Jahren bestehen zwischen den beiden Kulturen keine wesentlichen Unterschiede. In trockenen Jahren oder auf leichten, trockenen Standorten bringt Winterroggen die etwas besseren und stabileren Erträge. Auf Standorten mit Ackerfuchsschwanz kommt der Anbau von Winterroggen aufgrund der schlechteren Herbizidverträglichkeit an seine Grenzen. Hier ist der Anbau von Wintertriticale eindeutig vorzuziehen.

Die Nutzung von Wintergetreide als Ganzpflanzensilage hat vor allem für Biogasbetriebe einen festen Platz und erweitert bei unsicheren Maiserträgen das Substratangebot. Die Züchtung hat sich auf die Nachfrage in diesem Segment eingestellt und bietet entsprechende Spezialsorten für die GPS-Nutzung. Diese Sorten sind speziell auf Trockenmasseertrag gezüchtet und werden vom Bundessortenamt in Sonderversuchen geprüft und zugelassen. Alternativ bieten sich auch normale Korntypen mit höherer Trockenmassebildung als sogenannte Doppelnutzer an. Hier kann die endgültige Nutzung bis kurz vor dem Häckseltermin offenbleiben.

Die Versuchsergebnisse

Wie in den Vorjahren wurden in NRW und Niedersachsen entsprechende Versuche angelegt. Beim Roggen waren neben der GPS-Spezialsorte KWS Progas die Körnersorten KWS Eterno, KWS Tayo und SU Performer vertreten. Bei Triticale sind Tender PZO, Trimasso sowie HYT Kappa spezielle GPS-Sorten. Ramdam und Rivolt sind Körnersorten.

In der Summe liegen drei Versuche für Lehm- und zwei für Sandstandorte vor. Die mehrjährige Zusammenfassung der Versuche zeigt Tabelle 1. Die Erträge auf den Lehmböden liegen normalerweise rund 20 dt/ha TM über dem der Sandböden. Die niedrigen Erträge auf dem sehr trockenen Versuchsstandort am Niederrhein drücken 2020 den Schnitt bei Lehm auf das Niveau der Sandböden. 

Beim Winterroggen hat KWS Progas im Schnitt der Jahre auf Lehm und Sand erwartungsgemäß leichte Ertragsvorteile gegenüber den besten Körnersorten. Bei den Körnersorten zeigt SU Performer langjährig gute Trockenmasseerträge. KWS Eterno fällt nach gutem Vorjahresergebnis im aktuellen Jahr etwas ab. KWS Tayo zeigt im ersten Prüfjahr ein unterdurchschnittliches Leistungsniveau.

Bei Triticale sind die Unterschiede zwischen den Spezialisten und Doppelnutzern auf Lehm nur sehr gering. Auf Sand liegen die GPS-Sorten Tender PZO und Trimasso deutlicher vorne. Die Hybride HYT Kappa erreicht im ersten Prüfjahr ein durchschnittliches Niveau. Nach Züchteraussage ist für die kommende Aussaat kein Saatgut vorhanden. Bei den Doppelnutzern zeigt Ramdam zweijährig ansprechende Erträge. Bei Rivolt sollte ein weiteres Versuchsjahr abgewartet werden.  

Worauf es zusätzlich ankommt

Auch im Bereich GPS-Nutzung spielen agronomische Eigenschaften bei der Sortenwahl eine wichtige Rolle. Wer GPS anbaut, der will und muss organische Dünger einsetzen. Bei schwieriger zu kalkulierender N-Nachlieferung ist Standfestigkeit wichtig.

Beim Winterrogen haben KWS Tayo und mit leichten Einschränkungen KWS Trebiano und SU Performer eine bessere Standfestigkeit als KWS Progas. Mehr Standfestigkeit bei gleichzeitig weniger Pflanzenlänge bedeutet in aller Regel weniger TM-Ertrag. Bei Triticale sind die GPS-Sorten Tender PZO, Trimasso und HYT Kappa standfester als die Doppelnutzer Rivolt und Ramdam.

Zusätzliches Auswahlkriterium ist die Blattgesundheit der Sorten. Frühe Blattbehandlungen am Beginn der Vegetationsperiode werden bei Winterroggen durch Mehltau und Rhynchosporium ausgelöst. Hier gibt es zwischen den Roggensorten nur sehr geringe Unterschiede. Bei Wintertriticale muss früh auf Mehltau und Gelbrost geachtet werden. Trimasso zeigt hier das beste Gesundheitspaket. Die Sortenempfehlung für die kommende Aussaat zeigt Tabelle 2.

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