Die richtige Beize für den Mais

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Gebeiztes Maissaatgut

Der letzte Mais ist gerade geerntet, da läuft das Saatmaisgeschäft für die Aussaat 2021 schon wieder an. Nach dem Jahr „eins“ ohne Thiram und Mesurol, stellt sich die Frage mit welchem Beizschutz das Maissaatgut für die nächste Aussaat ausgestattet werden soll oder kann.

Beizmittel werden eingesetzt, um Saatkorn und Keimling, bei systemisch wirkenden Mitteln auch noch die junge Maispflanze zu schützen. Dabei wird grundsätzlich zwischen fungiziden und insektiziden Wirkstoffen unterschieden. Darüber hinaus können Mittel mit vogelvergrämender Wirkung (Repellents), spezielle Nährstoffe und zunehmend auch sogenannte Biostimulanzien angebeizt werden. Das Spektrum der Maisbeizen mit fungiziden und insektiziden Wirkstoffen und einer entsprechenden Zulassung in Deutschland ist eingeschränkt. Im Einzelfall können aber auch Beizmittel eingesetzt werden, die in einem anderen EU-Mitgliedsland zugelassen sind. Die Saatgutbehandlung erfolgt in dem Mitgliedsland mit der entsprechenden Zulassung, von wo aus das gebeizte Saatgut dann EU-weit exportiert werden kann. Die Zulassung des Beizmittels bezieht sich auf die Anwendung, was in diesem Fall der Beizvorgang, also die Saatgutaufbereitung, ist.

Fungizider Beizschutz ist Standard

Voraussichtlich werden zur Maisaussaat 2021 als fungizide Beizmittel an Mais die Produkte Redigo M, Maxim Quattro, Maxim XL, Vibrance 500 FS, Vibrance XL und Lumiflex mit deutscher oder einer Zulassung in der EU eingesetzt werden können. Ein fungizider Beizschutz gilt im konventionellen Landbau immer noch als Routinemaßnahme und wird regelmäßig auch als „Standardbeize“ bezeichnet. Im Bereich der Insektizide ist jetzt neu, dass 2021 Sonido als insektizide Beize gegen Drahtwurmbefall nicht mehr zur Verfügung steht. Die Mehrheit der Züchter bzw. Vertriebsfirmen bietet Force 20 CS als einzigen insektiziden Beizschutz an. Force 20 CS (Wirkstoff: Tefluthrin) wirkt als Pyrethroid aber nicht systemisch. Bekämpft werden sollen bodenbürtige Schadinsekten in einem Beizhof von 3 cm um das Saatkorn. Zur Drahtwurmbekämpfung wird daher eine maximale Ablagetiefe von 3 cm empfohlen, damit Keimling und Hypokotyl nicht von den Drahtwürmern angenommen werden können. Die flache Ablage gefährdet aber unter Umständen Keimung und Feldaufgang und kann Schäden durch Vogelfraß geradezu provozieren. Versuchsergebnisse zum Bekämpfungserfolg unter Praxisbedingungen liegen der LWK NRW nicht vor. Auf Grund der fehlenden systemischen Wirkung ist ein Schutz gegen Fritfliegenbefall kaum gewährleistet.

Schäden durch Vogelfraß

Nach Praxisberichten und Beobachtungen in der Beratung ist es 2020 vermehrt zu Schäden durch Vogelfraß, in erster Linie durch Krähen und Dohlen, gekommen. Gleichzeitig waren regelmäßig Schäden durch Fritfliegenbefall zu beobachten. Auch im Versuchswesen gab es vereinzelt Probleme. Grobe Schätzungen lassen für NRW Schäden durch Vögel auf ca. 10 Prozent der Anbaufläche (300.000 ha) schließen. Ca. 3000 ha Mais mussten nach einer Erhebung der Landwirtschaftskammer in NRW komplett neu bestellt werden. Als Ursache für eine mögliche Zunahme der Vogelschäden und des Fliegenbefalls darf aber nicht allein der Wegfall von Mesurol als insektizide Beize mit Repellenteffekt angeführt werden. Grundsätzlich dürften sowohl der Vogelfraß als auch Schäden durch Fritfliege maßgeblich durch die Jahreswitterung und andere Faktoren begünstigt worden sein.

  • Nach fehlender Frostgare wurde nicht selten in ein klutiges Saatbett ohne ausreichende Feinerdeanteile gesät. Im Extrem waren Körner unter einzelnen Kluten zu finden. Eine zu flache Kornablage verstärkt die Vogelfraßproblematik.
  • Da nach der Aussaat kaum Regen fiel, blieb der Boden offen und locker, was den Vogelfraß begünstigte.
  • Im kühlen Mai stagnierte das Wachstum im und nach dem Auflaufen. Der Mais war damit ungewöhnlich lange für Vögel attraktiv. Auch die Larven der Fritfliege schädigen nur im Ein- bis Dreiblattstadium.
  • Die Spanne zwischen frühen und späten Saatterminen wird immer größer. Früh- und Spätsaaten sind regelmäßig stärker durch Vögel gefährdet.
  • Auch fungizide Beizen auf Basis des Wirkstoffes Thiram, die erstmals 2020 nicht mehr eingesetzt werden konnten, dürften bis 2019 einen gewissen Repellenteffekt mitgebracht haben.
  • Eine Steigerung der Attraktivität des Saatguts für Vögel durch neue Beizzusätze ist nicht auszuschließen.

Ziram mit Repellenteffekt

Nach den Vogelfraßschäden 2020 ist zu erwarten, dass zur Aussaat 2021 vermehrt Zusatzbeizen als Repellent auf Basis des Wirkstoffes Ziram (Produkte: Korit /Duvitt) angeboten und nachgefragt werden. Während aus Österreich von guten Repellenteffekten berichtet wird, konnten diese Zusatzbeizen bei uns 2020 nicht immer, zumindest in Bezug auf Schäden durch Krähen und Dohlen, überzeugen. Unter Umständen ist eine Verdrängung der Vögel auf Flächen mit unbehandeltem Saatgut denkbar. Ziram ist in Deutschland nicht zugelassen, kann aber angebeizt importiert werden. Es ist davon auszugehen, dass, obwohl die Zulassung über die EU für den Wirkstoff Ziram am 30.04.2021 ausläuft, Korit bzw. Duvitt behandeltes Importsaatgut zur Aussaat 2021 in Deutschland eingesetzt werden kann. In jedem Fall sollte gebeiztes Saatgut aufgebraucht werden, da die zukünftige Zulassungssituation nicht geklärt ist. Im schlimmsten Fall dürfte überlagertes Saatgut dann in 2022 nicht mehr ausgesät werden. Ein gewisser Repellenteffekt gegenüber Fasanen wird auch Maisguard, das schon durch die blaue Färbung auffällt, nachgesagt. Tatsächlich sind entsprechende Effekte im Versuchswesen nur schwer belegbar, da der Vogelfraß bei Freilandversuchen nicht gesteuert werden kann.

Nährstoffbeizen und Biostimulanzien

Mit dem Hinweis, den Restriktionen im Bereich Pflanzenschutz und Düngung zu begegnen, werden im Saatmaisgeschäft vermehrt Nährstoffbeizen und /oder Zusätze spezieller Biostimulanzien angeboten. Dabei handelt es sich in der Regel um Extrakte aus Pilzen oder Algen, speziellen Amino-/ Huminsäuren oder Pflanzenextrakten. Entsprechende Präparate sollen insbesondere das Wurzelwachstum fördern und die Widerstandskraft der jungen Pflanze gegenüber abiotischem Stress, wie zum Beispiel Trockenheit, positiv beeinflussen und damit die Ertragssicherheit erhöhen. Mögliche angebeizte Nährstoffe, oft Phosphor-/Zink –Verbindungen, sollen darüber hinaus temporären Nährstoffmangel überbrücken. Erste Tastversuche der Landwirtschaftskammer mit einzelnen Produkten lassen weder optische noch ertragliche Vorteile erkennen. Allerdings wurden diese Versuche auf Flächen im geregelten „Kulturzustand“ mit guten Startbedingungen für die Saaten durchgeführt. Unter schwierigen Bedingungen kann das unter Umständen anders aussehen. Der Praxis muss aber klar sein, dass ackerbauliche Mängel nicht durch Nährstoffbeizen oder Biostimulanzien kompensiert werden können. Gelegentlich werden diese Zusatzbeizen auch als Ersatz für Mesurol angeboten. Das ist grundsätzlich falsch, da es sich nicht um insektizide Wirkstoffe handelt.

Unübersichtliches Angebot

Während einige Züchterhäuser bzw. Saatgutvertreiber Repellents, basierend auf Ziram, Korit 420 FS oder Duvitt, als Zusatzbeize anbieten, werden Kombinationen aus Nährstoffbeize bzw. Biostimulanz und dem Repellent auch unter bestimmten Eigennamen in den Markt gebracht, um gegebenenfalls ein Alleinstellungsmerkmal aufzubauen. Bei einigen Anbietern sind zusätzliche Nährstoffe oder Biostimulanzien auch schon standardmäßig angebeizt. Unter Umständen muss die Zusammensetzung allerdings explizit erfragt werden. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Sortenflut und den unterschiedlichsten Beizkombinationen wird der Markt für Saatmais noch unübersichtlicher. Für den Handel ist das zum einen eine große logistische Herausforderung, andererseits wird nicht jeder Händler jede Sorte mit allen möglichen Beizkombinationen zur Verfügung stellen. Es ist daher sinnvoll, sich rechtzeitig um die Saatgutbestellung in der gewünschten Beizausstattung zu kümmern. Nicht jede Sorte wird mit jeder möglichen Beizausstattung lieferbar sein. Zusatzbeizen mit Repellenteffekt und insbesondere Force 20 CS sind in der Regel nur bei zeitiger Bestellung erhältlich. Da nicht absehbar ist, was zur übernächsten Aussaat bezüglich Beizschutz noch möglich ist, sollte mengenmäßig eher knapp bestellt werden, um Überlagerungen zu verhindern. Bei der Bestellung sollte auch die Rückgabemöglichkeit geklärt werden.

Was ist zu empfehlen?

Solange es möglich ist, sollte im konventionellen Ackerbau standardmäßig Maissaatgut mit einem fungiziden Beizschutz eingesetzt werden. Dort, wo es 2020 größere Probleme mit Vogelfraß gab, ist eine zusätzliche Beizung auf Basis Ziram angebracht. Beobachtungen in 2020 zeigen aber auch, dass der Repellenteffekt nicht überbewertet werden sollte. Neue Produkte mit Biostimulanzien und Nährstoffcocktails können in der Praxis getestet werden. In Teilbereichen sollte immer eine vergleichbare Variante (identische Sorte ohne Zusatzbeize) ausgesät werden, um vermeintliche Vorteile der Zusatzbeizen überhaupt erkennen zu können. Das Maissaatgut sollte vor dem Hintergrund der Aussaatstärke und Sorte zielgerecht bestellt werden. Restmengen und Überlagerung sollten nicht erfolgen, da im Einzelfall nicht gewährleistet ist, dass bestimmte Beizen auch zukünftig noch ausgesät werden können. Grundsätzlich muss ackerbaulich alles unternommen werden, um zügige Feldaufgänge und eine problemlose Jugendentwicklung zu fördern. Ziel muss es sein, dass die, für Vogelfraß und Fritfliegenbefall, kritische Phase bis zum Dreiblattstadium möglichst schnell durchwachsen wird. Voraussetzungen dafür sind:

  • Guter Kulturzustand der Flächen (Humus, ph-wert etc.)
  • Ordentliche Saatbettbereitung, ausreichend Feinerde
  • Richtige Ablagetiefe auf festen Saathorizont.
  • Gut zu durchwurzelnder Ober- und Unterboden
  • Vernünftige Saattermine nach ausreichender Bodenerwärmung (Frühsaat und Spätsaat wird oft stärker von Vögeln angenommen)
  • Gute Saatgutqualität (Keimfähigkeit), u. U. Rückstellprobe für Reklamationen

Denn wie bereits oben erwähnt, können ackerbauliche Mängel weder durch die beste Zusatzbeize noch durch die Auswahl der richtigen Sorte kompensiert werden.

Autor: Norbert Erhardt, Ursula Furth