Ackerbohnen und Körnererbsen: Ergebnisse der Landessortenversuche 2019

Junger AckerbohnenbestandBild vergrößern
Junger Ackerbohnenbestand


Körnererbsen zur BlütezeitBild vergrößern
Körnererbsen zur Blütezeit


Ackerbohnen und Körnererbsen legen weiter zu

Die Anbauflächen der beiden Kulturen haben sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Die Hauptgründe für NRW sind mit dem Förderprogramm „Vielfältige Kulturen“ und der Diskussion GVO-freie Fütterung schnell ausgemacht. Im Jahr 2020 werden landesweit rund 2.000 Betriebe am Förderprogramm „Vielfältige Kulturen“ teilnehmen. Die Anbaufläche von Ackerbohnen stieg von 1.900 Hektar im Jahr 2014 auf 10.000 Hektar im Jahr 2019. Bei Körnererbsen stieg der Anbau im gleichen Zeitraum von 1.200 auf 4.200 Hektar. Sojabohnen mit aktuell 600 oder Lupinen mit 200 Hektar Anbaufläche spielen in NRW zurzeit noch eine sehr untergeordnete Rolle. Aber auch das könnte sich in naher Zukunft ändern. Über die Ergebnisse der Sortenversuche 2019 und die abzuleitende Sortenempfehlung für die kommende Aussaat berichten Heinrich Brockerhoff und Heinz Koch.

2019 mehr Schatten als Licht

Trotz des positiven Trends beim Anbau und der positiven Fruchtfolgewirkung gibt in den letzten drei Jahren auch negative Erfahrungen. Körnerleguminosen als Sommerungen haben in der Blüte und in der Abreife einen hohen Wasserbedarf. Extreme Trockenheit und Hitze haben in der Praxis zu oftmals enttäuschenden Erträgen bei beiden Kulturen geführt. Im Jahre 2018 war die Ackerbohne stärker betroffen als Körnererbsen. Im aktuellen Jahr waren die Erträge bei beiden Kulturen sehr unbefriedigend. Die Rentabilität des Anbaues ohne Förderung im Rahmen der „vielfältigen Kulturen“ ist dann schnell in Frage gestellt. Die Erzeugerpreise für Körnerleguminosen als zweiter Hebel beim Erlös haben sich in den letzten Jahren verbessert. Aus „Abwehrpreisen“ des Handels und der Futtermittelwerke bei sehr kleinen Marktmengen sind attraktivere Preise geworden. In den Bereichen Stärkeindustrie und Humanernährung gibt es ebenfalls positive Signale. Die hier gehandelten Mengen sind aber noch klein. Ohne die stützende Förderung im Programm „Vielfältige Kulturen“ würden in der Konsequenz viele Betriebe wieder aus dem Anbau von Ackerbohnen und Körnererbsen aussteigen. Auch im Bereich Pflanzenschutz wird es immer enger.

Grundsätze zur Sortenwahl bei Ackerbohnen

Ackerbohnen unterscheiden sich im Tanningehalt und im Vicin- und Convicingehalt. Die Inhaltsstoffe bestimmen die Einsatz- und Vermarktungsmöglichkeiten. Daher sollten Anbauer im Vorfeld des Anbaues mit der aufnehmenden Hand oder mit der Fütterungsberatung die Sortenfrage abstimmen. Die Mehrzahl der Sorten ist tanninhaltig. Tanninhaltige Sorten haben Vorteile in der Fütterung von Wiederkäuern. Sie können aber auch erfolgreich bei Schweinen und Geflügel eingesetzt werden. Tanninfreie Sorten sind mittlerweile ausgesprochen selten. Die Ertragsleistung liegt 10 Prozent niedriger als die der besten tanninhaltigen Sorten. Bei hohen Anteilen in der Ration haben diese Sorten Vorteile in der Schweinefütterung. Wenn Ackerbohnen in der Fütterung von Legehennen eingesetzt werden, sollten Sorten mit geringen Vicin- bzw. Convicingehalten eingesetzt werden. Hier ist momentan die Sorte Tiffany der „Platzhirsch“.

Mit der Neuzulassung Bianca gibt es nun eine tanninfreie Sorte mit niedrigen Vincin- und Covincingehalten. In der Ertragsleistung ist diese Spezialsorte noch einmal schwächer als die tanninfreie Sorte Taifun. Weitere wichtige Sorteneigenschaften sind Proteingehalt, Standfestigkeit, Reifezeit und TKG. Im Proteingehalt gibt es eine Spannweite von etwa 2 Prozent zwischen den niedrigsten und den höchsten Gehalten. Die große Mehrzahl der heutigen Sorten hat eine gute Standfestigkeit. Die Unterschiede in der Reifezeit sind ausgesprochen gering und können bei der Sortenwahl vernachlässigt werden. Auch die Unterschiede in der Toleranz gegenüber Krankheiten sind gering. Durch den Anbau kleinkörnigerer Sorten können die Aussaatkosten etwas verringert werden.

Versuchsergebnisse und Empfehlungen für Ackerbohnen

Bei Ackerbohnen stehen für 2019 für das Anbaugebiet der Lehmböden im Nordwesten sechs Landessortenversuche zur Auswertung zur Verfügung. Im Mittel der Versuche wurden 42,6 dt/ha geerntet. Die Proteingehalte lagen im Mittel bei 29,1 Prozent. Die mehrjährigen Ergebnisse der Versuche zu Ertrag und Proteingehalten sind in Tabelle 1 und 2 aufgeführt. Tabelle 3 zeigt die Sortenempfehlung für die kommende Aussaat und Tabelle 4 die Sorteneigenschaften der geprüften Sorten.

Tiffany ist tanninhaltig und zusätzlich Vincin- und Covincinarm. Tiffany eignet sich hierdurch sehr universell für die Fütterung von Rindvieh, Schweinen und Legehennen. Die Sorte ist sehr ertragsstark mit überdurchschnittlichen Proteingehalten. Auch die aufnehmende Hand hat durch die universellere Vermarktung Vorteile. In der Summe aller wichtigen Eigenschaften und Leistungen ist sie daher die primär zu empfehlende Sorte.

Tanninhaltig mit höheren Vincin- und Covincingehalten sind Fanfare, Fuego, Birgit und Trumpet. Fanfare und Fuego zeigen als mittlerweile schon ältere Sorten immer noch eine gute Ertragsleistung bei durchschnittlichen Proteingehalten. Fuego hat über das hohe TKG den Nachteil höherer Saatgutkosten. Birgit zeigt nach drei Prüfjahren ertragsschwächer mit überdurchschnittlichen Proteingehalten. Trumpet zeigt zweijährig geprüft eine sehr hohe Ertragsleistung. Bei Proteingehalt liegt die Sorte aber 2 Prozent unter dem Niveau von Tiffany. Positiv für die Aussaatkosten ist das niedrigere TKG. Beim Bohnenrost ist die Sorte als anfälliger beschrieben.  

Macho hatte als tanninhaltige Sorte das erste Prüfjahr und konnte die Einstufung als sehr ertragsstarke Sorte mit schwächeren Proteingehalten bestätigen.

Als tanninfreie Sorten wurden Taifun und Bianca geprüft. Taifun liegt bei der Ertragsleistung stabil 8 bis 10 Prozent unter den besten tanninhaltigen Sorten und hat durchschnittliche Proteingehalte. Beim Bohnenrost ist die Sorte als anfälliger beschrieben. 

Bianca ist mit den Eigenschaften Tanninfreiheit und Vincin- und Covincinarm eine Sondersorte. In der Ertragsleistung lag Bianca im Jahr 2019 sehr deutlich unter dem Versuchsmittel.

Grundsätze zur Sortenwahl bei Körnererbsen

Die Sortenwahl bei Körnererbsen darf nicht nur über die Ertragsleistung erfolgen. Die Auswahl einer Sorte mit guter Beerntbarkeit entscheidet ganz wesentlich über den Anbauerfolg bei Futtererbsen. Drei trockene Erntejahre in Folge sollten nicht vergessen lassen, dass in nassen Erntejahren mit hohem Lagerdruck der gewachsene Ertrag nur schwer oder gar nicht zu ernten ist. Eine gute Beerntbarkeit und geringe Ernteverluste werden im Wesentlichen über die Eigenschaften Lagerneigung bei Ernte und Wuchshöhe bestimmt. Da der Anbau von Sorten mit ungenügender Standfestigkeit ein erhebliches Ertragsrisiko darstellt, sollten nur Sorten mit mindestens Standfestigkeitnote 2 zum Anbau kommen. Weitere wichtige Sorteneigenschaften sind der Proteingehalt und die Tausendkornmasse. Die Sortenunterschiede im Rohproteingehalt können wie bei Ackerbohnen bis zu 2,0 Prozent betragen. Durch den Anbau von kleinkörnigeren Sorten können die Aussaatkosten etwas verringert werden.

Versuchsergebnisse und Empfehlungen für Körnererbsen

Bei Körnererbsen konnten im Jahr 2019 auf den Lehmstandorten im Nord-Westen fünf Landessortenversuche ausgewertet werden. Die mehrjährigen Ergebnisse der Versuche zu Ertrag und Proteingehalten sind in Tabelle 5 und 6 aufgeführt. Das Ertragsniveau 2019 lag mit 36,3 dt/ha auf sehr enttäuschendem Niveau. Die Proteingehalte von Futtererbsen lagen im Mittel bei 25,1 Prozent. Tabelle 7 zeigt die zusammengefasste Sortenempfehlung für die Aussaat 2020 und Tabelle 8 die Sortenbeschreibung der geprüften Sorten nach der Beschreibenden Sortenliste.

Astronaute verfügt stabil über die beste Ertragsleistung alle Sorten mit einer für die Praxis noch akzeptablen Standfestigkeit. Daher ist sie auch die hervorzuhebende Sortenempfehlung. Besser in der Beerntbarkeit sind der Sortenoldie Respect und die ebenfalls nicht mehr ganz junge Sorte Salamanca. Beim Ertrag und beim Proteingehalt müssen bei beiden Sorten gegenüber Astronaute Abstriche gemacht werden.

Für den Anbau von Alvesta gibt es im direkten Vergleich mit Astronaute wenig Argumente. Dies gilt auch für LG Amigo, LG Ajax und Safran, die in der Kombination aller Eigenschaften und deren Bewerbung keine Verbesserung gegenüber den bewährten Standardsorten darstellen.

Autor: Heinrich Brockerhoff