Landessortenversuche Sojabohnen und Lupinen 2019

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Sojabohnen und Lupinen im Aufwind?

Sojabohnen und Lupinen erreichen im Vergleich zu Ackerbohnen und Erbsen deutlich höhere Rohproteingehalte und besitzen zudem eine hohe Eiweißwertigkeit. Für den Einsatz in der Fütterung und für die menschliche Ernährung sind sie interessanter als Ackerbohnen und Körnererbsen. Es ist daher vor dem aktuellen politischen und gesellschaftlichen Hintergrund und bei der Diskussion um die Klimaänderung nicht verwunderlich, dass der Sojaanbau in Deutschland in den letzten Jahren eine sehr positive Entwicklung genommen hat. Die bundesweite Anbaufläche hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen und betrug nach 24.000 Hektar im Jahr 2018 rund 30.000 Hektar im Jahr 2019. Der Anbau konzentriert sich auf die Gunststandorte in Süddeutschland. In Bayern und Baden-Württemberg standen über 80 Prozent der bundesweiten Anbaufläche. Bei Lupinen war die Anbaufläche in Deutschland in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen rückläufig. Im Jahr 2018 waren es 24.000 Hektar. Der Anbau konzentriert sich hier traditionell auf die östlichen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Die geringen Anbauflächen der beiden Kulturen in NRW spiegeln eine nicht immer begründete Skepsis der Praxis wieder. Sojabohnen sind eine relativ anspruchsvolle Kultur, die für gute und sichere Erträge gute Standorte, eine gesicherte Wasserversorgung und günstige klimatische Bedingungen benötigen. Druschreif sind Bestände auch bei frühreifen Sorten frühestens Ende September. Sojabohnen sind auch nicht in jedem Fall Gewinner des Klimawandels. Hitze und Trockenheit in den kritischen Phasen der Ertragsbildung haben in den letzten beiden Jahren zu eher enttäuschenden Erträgen geführt. In NRW wurden 2019 nur rund 500 Hektar Sojabohnen angebaut. Hier ist die Sojabohne in vielen Regionen noch ein Exot. Die Anbauschwerpunkte liegen in Westfalen in den Kreisen Warendorf, Gütersloh, Münster und im Rheinland im Rhein-Kreis Neuss und im Rhein-Kreis Erft. Perspektivisch gibt es allem im Rheinland genügend Argumente für eine weitere Anbauausdehnung.

Wer in den letzten 20 Jahren über den Lupinenanbau nachgedacht hat, der musste zwangsläufig an Blaue Lupinen denken. Nur Blaue Lupinen verfügen über die notwendige Anthraknosetoleranz. Letztendlich eignen sie sich aber aus verschiedenen Gründen nicht so wirklich für Standorte in NRW. Blaue Lupinen gehören auf leichtere Standorte mit niedrigen pH-Werten. Zusätzlich haben Blaue Lupinen eine geringe Unkrautunterdrückung und ein begrenztes Ertragspotential. Nicht ohne Grund betrug die Anbaufläche von Lupinen 2019 in NRW nur 200 Hektar. Die durchschnittliche Ertragserwartung für Blaue Lupinen in NRW liegt bei 30 bis 35 dt/ha.

Neue Chancen mit Weißen Lupinen

Seit rund 20 Jahren wird an der Entwicklung von bitterstoffarmen Weißen Lupinen mit Anthraknosetoleranz gearbeitet und mittlerweile trägt die Arbeit erste Früchte. Weiße Lupinen bieten gegenüber Blauen Lupinen mit breiterer Standorteignung, höheren Erträgen, besserem Futterwert, besserer Unkrautunterdrückung und höherer Platzfestigkeit der Hülsen deutliche Vorteile. Das Ertragspotential kann momentan aufgrund fehlender Praxiserfahrungen nur geschätzt werden, wird aber 10 dt//ha höher als bei der Blauen Lupine liegen. Die bessere Trockentoleranz der tiefwurzelnden Kultur ist dann auch gegenüber Ackerbohnen und Erbsen ein wichtiges Anbauargument. Im Vergleich mit Sojabohnen sprechen frühere Aussaat, schnellere Jugendentwicklung, bessere Beerntbarkeit und vor allem die drei Wochen frühere Ernte vor allem auf Grenzstandorten des Sojaanbaues für Weiße Lupinen. Im Jahr 2019 wurden drei Sorten mit entsprechender Toleranz zugelassen. Mit der Markteinführung dieser Sorten und weiteren Neuzulassungen in den kommenden Jahren werden Weiße Lupinen ab 2020 auch in NRW sehr interessant. Die für 2020 zur Verfügung stehende Saatgutmenge ist sehr gering und wird bundesweit nur für 1.000 Hektar Anbaufläche reichen. In Tabelle 1 sind wichtige Anbautipps zu den drei genannten Kulturen aufgeführt.

Empfehlung Sojabohnen

Der Anbau von Sojabohnen ist eine mögliche Anbaualternative für Gunstlagen in NRW. Das sind Standorte, auf denen Körnermaissorten mit der Einstufung K 240/250 sicher abreifen und die zusätzlich über eine gute Wasserversorgung verfügen. Die durchschnittliche Ertragserwartung liegt hier bei 30 bis 35 dt/ha. Auf schwächeren Standorten werden diese Erträge nicht sicher erreicht. Wegen der hohen Temperaturansprüche in der Jugendentwicklung sollte erst ab einer Bodentemperatur über 10 Grad Celsius gesät werden. Sojabohnenkörner sind sehr empfindlich gegenüber Beschädigungen. Daher sollte die Keimfähigkeit vor der Aussaat mit einem Keimtest überprüft werden. Die Knöllchenbakterien der Sojabohne kommen in Böden nicht vor. Daher ist eine spezielle Saatgutimpfung notwendig. Die Bakterien sind sehr empfindlich gegen Licht, Trockenheit und Hitze. Spezielle Hinweise zur Saatgutimpfung sind auf der Internetseite des Sojaförderrings (Link in Tabelle 1) zu finden.

Sortenempfehlung Sojabohnen

Wichtigstes Sortenkriterium ist die gesicherte Abreife bis spätestens Ende September. Auch innerhalb des 000-Segments gibt es deutliche und für die Sortenwahl entscheidende Reifeunterschiede von bis zu 10 Reifetagen. Nach unseren Erfahrungen sind die Reifebeschreibungen für Sorten mit EU-Zulassung nicht immer zuverlässig und auf NRW übertragbar. Für Neueinsteiger sind in der ersten Testphase im Zweifel eher frühreifere Sorten mit verlässlich beschriebener Reife zu empfehlen. Neben der Ertragsleistung sind weitere Eigenschaften wie Standfestigkeit, Jugendentwicklung und Qualitätsmerkmale wie Öl- und Proteingehalte zu beachteten.

In NRW gibt es aufgrund der geringen Anbaubedeutung der Kultur aktuell nur zwei Landessortenversuche. Leider lieferten beide Versuche im Jahr 2019 keine sicher verwertbaren Versuchsergebnisse. Die Sortenempfehlung erfolgt daher aufgrund der Erfahrungen aus Vorjahren, vergleichbaren Anbauregionen und aus Praxiserfahrungen. Tabelle 2 zeigt die Sortenbeschreibung des aktuellen Prüfsortiments. Die Sorten sind hierbei in der Tabelle absteigend nach der Abreife sortiert.

Merlin ist trotz der unterdurchschnittlichen Ertragsleistung bei überdurchschnittlichen Ölgehalt und mittlere Proteingehalte aufgrund raschen Jugendentwicklung, der guten Standfestigkeit und der sicheren Abreife eine gute und sichere Empfehlung für Neueinsteiger und klimatisch ungünstigere Lagen in NRW. Sie hat ein relativ geringer TKG. Obelix ist im Vergleich zu Merlin ertragsstärker und etwas später in der Abreife. Der Ölgehalt ist etwas niedriger als bei Merlin. Die Sorte hat bei kurzem bis mittleren Wuchs eine zügige Jugendentwicklung und eine gute Standfestigkeit. Das TKG ist hoch.

Klimatisch günstigere Standorte können mit späteren 000-Sorten gegenüber Merlin und Obelix Ertragsvorteile in einer Größenordnung von bis zu 10 Prozent nutzen. Auf günstigen Standorten eine Chance, auf Grenzstandorten ein Risiko. ES Comandor reift mit überdurchschnittlichen Ertragsergebnissen 5 bis 6 Tage später als Merlin ab. Die Proteingehalte sind in unseren Versuchen überdurchschnittlich und die Ölgehalte etwas unterdurchschnittlich. Die Standfestigkeit der Sorte ist etwas schlechter als bei Obelix. Das TKG ist mittel. RGT Shouna ist im Segment der 000-Sorten eine relativ spät abreifende Sorte mit sehr guter Ertragsleistung. Die Proteingehalte sind hoch, die Ölgehalte leicht unterdurchschnittlich. Die Standfestigkeit der Sorte ist gut. Das TKG ist mittel.

Empfehlung Lupinen

Aufgrund der sehr begrenzten Saatgutmengen werden nur wenige Praktiker 2020 erste Anbauerfahrungen mit Weißen Lupinen machen können. Die Anbaufläche in NRW dürfte bei ungefähr 100 Hektar liegen. Im Sortenvergleich zwischen Frieda und Victor Baer hat Frieda die höhere Anthraknosetoleranz und die deutlich höhere Vermehrungsfläche. Mit Celina ist Ende 2019 eine weitere Sorte zugelassen worden. Celina, Frieda und Victor Baer sind verzweigte Sorten. Im Gegensatz zu Sojabohnen sind Lupinen als Tiefwurzler ertragsstabiler bei Hitze und Trockenheit. Tabelle 3 zeigt die entsprechende Sorteneigenstufung des aktuellen Prüfsortiments.

Bei Blauen Lupinen ist für 2020 mit keiner Anbauausdehnung zu rechnen. Landesweit sind daher in 2020 für beide Kulturen zusammen maximal 400 Hektar zu erwarten. In NRW gibt es aufgrund der geringen Anbaubedeutung der Kultur aktuell nur zwei Landessortenversuche. Leider lieferten beide Versuche im Jahr 2019 keine sicher verwertbaren Versuchsergebnisse. Die Sortenempfehlung erfolgt daher auch hier aufgrund der Erfahrungen aus Vorjahren, vergleichbaren Anbauregionen und aus Praxiserfahrungen.

Bei Blauen Lupinen muss man zwischen verzweigten und endständigen Sorten unterscheiden. Bei ungünstiger Witterung kommt es infolge fortlaufenden Wiederaustriebs bei verzweigten Sorten zu verzögerter und inhomogener Abreife. Unkrautunterdrückung und leider auch das Ertragspotential sind bei endständigen Sorten in der Regel niedriger als bei verzweigten Sorten. Ohne Sikkation ist der Anbau von verzweigenden Sorten riskanter. Hauptempfehlung sind trotz der Ertragsnachteile in NRW vorrangig endständige Sorten. Boruta hat hier gegenüber Haags Blaue eindeutig Ertragsvorteile. Bei verzweigten Sorten sind Boregine und Probor zu nennen.

Beim Anbau der Lupinenarten gibt sehr viele Parallelen und nur kleinere Unterschiede, die in Tabelle 1 dargestellt sind. Wichtig ist wie bei Sojabohnen die Impfung des Saatgutes mit speziellen Knöllchenbakterien für Lupinen.

Unkrautbekämpfung mechanisch...

Eine effiziente Unkrautregulierung ist in beiden Früchten sehr wichtig. Die Kontrolle kann mechanisch durch Striegel und Hackmaschine als auch chemisch durch den Einsatz mit Herbiziden erfolgen. Egal für welches Verfahren man sich entscheidet, wichtig ist bei beiden Kulturen eine ausreichend tiefe Saatgutablage von mindestens 3 cm. Hiermit wird zum einen das Risiko gemindert, das Pflanzen beim Striegeln los und herausgestriegelt werden zum anderen das Wirkstoffe bei einer Herbizidmaßnahme in den Wurzelbereich gelangen.

Leichte, schüttfähige Böden mit geringer Verunkrautung sind für die mechanische Unkrautregulierung besonders gut geeignet. Besonders effektiv ist diese, wenn die Maßnahme spätestens mit dem Auflaufen, idealerweise auch schon im Keimfadenstadium der Unkräuter, beginnt. Diese Arbeit ist etwa 3-4 Tage nach der Saat vor dem Auflaufen der Kultur mit einem „Blindstriegelgang“ möglich. Die Unkrautbekämpfungswirkung beruht auf Verschütten und Ausreißen der Unkräuter. Da etablierte Pflanzen mit dem Striegel nicht mehr ausreichend dezimiert werden können, ist eine mechanische Maßnahme so früh wie möglich durchzuführen. Die Arbeit ist laufend zu kontrollieren. Brechen Keimlinge der Leguminosen durch das Verschieben von Erde ab, so ist die Arbeit zu unterbrechen und an einem späteren Termin zu erledigen. Ein erneutes Striegeln ist erst wieder ab dem dritten Fiederblattstadium, bei etwa 10- 12 cm Wuchshöhe der Sojabohnen und ab 4 cm Wuchshöhe der Lupinen, möglich. Es sind mehrere Überfahrten mit dem Striegel möglich. Sofern bei der Aussaat größere Reihenabstände gewählt wurden, ist auch der Einsatz einer Maschinenhacke möglich. Hier ist zu beachten, dass Drillbreite auch gleichzeitig die Hackbreite ist, was sich deutlich in der Schlagkraft und Durchführbarkeit auswirkt.

… oder mit Herbiziden

Die Hauptanwendung der chemischen Unkrautbekämpfung ist in beiden Leguminosen der Vorauflauf. Da diese Kulturen bis zum Reihenschluss eine sehr langsame Jugendentwicklung haben, gilt es Herbizide mit Dauerwirkung einzusetzen. Die besten Wirkungsgrade der Herbizide werden erzielt, wenn die Applikation auf einen abgesetzten, feinkrümeligen und feuchten Boden erfolgt. Hier sollte die Restfeuchtigkeit des Bodens nach der Saat genutzt werden. Ein Anwalzen des Bodens vor der Herbizidapplikation fördert den Bodenschluss. Die am häufigsten auftretenden Unkräuter sind die Gänsefuß- und Knötericharten. Auf besseren Böden treten gelegentlich auch Bingelkraut, Nachtschatten, Klette und Ausfallraps auf. Problempflanzen wie Distel oder Winden können in beiden Früchten nicht bekämpft werden.

In der Lupine ist eine weitgehende Kontrolle der Unkräuter zum Beispiel mit 4,0 l/ha Spectrum Plus oder 3,0 bis 4,0/ha Gardo Gold möglich. Bewährt hat sich auch eine Kombination bestehend aus 2,5 l/ha Boxer + 2,0 l/ha Stomp Aqua. Alle Anwendungen müssen im Vorauflauf durchgeführt werden. Im Nachauflauf ist in der Gelben Lupine zusätzlich noch Lentagran WP mit der Aufwandmenge von 2 kg/ha zugelassen. Dieses ausschließlich blattaktive Herbizid erfasst Amarant, Klettenlabkraut, Nachtschatten und Taubnessel.

In Sojabohnen sind im Vorauflauf Artist, Centium 36 CS, Quantum, Sencor liquid, Spectrum, Spectrum Plus und Stomp Aqua einsetzbar. Gute Erfahrungen wurden mit den Tankmischungen 2,0 kg/ha Artist + 0,2 l/ha Centium 36 oder der Dreierkombination aus 0,3–0,4 l/ha Sencor liquid + 1 l/ha Spectrum + 0,2 l/ha Centium 36 CS gemacht. Metribuzin empfindliche Sorten wie ES Mentor können mit der Herbizidmischung 1,5 bis 2,0 l/ha Stomp Aqua in Kombination mit 0,75 bis 1,0 l/ha Spectrum behandelt werden. In Sojabohnen darf Stomp Aqua mit maximal 2,6 l/ha eingesetzt werden. Auf leichten Böden und nach Starkregen bzw. bei Staunässe ist eine Schädigung der Kulturpflanze nicht ausgeschlossen. Deswegen sollten in der Praxis nur reduzierte Aufwandmengen von Stomp Aqua zur Anwendung kommen.

Zur Nachbehandlung im Nachauflauf ist Harmony SX und auch Clearfield Clentiga einsetzbar. Die beiden Herbizide sind überwiegend blattaktiv und gewähren keine nachhaltige Unkrautwirkung. Harmony SX mit Wirkung gegen Vogelmiere, Kamille und Ausfallraps wird im Splitting mit zweimal mit 7,5 g/ha plus 0,3 l/ha Trend im 2 bis 4- Blatt-Stadium der Unkräuter eingesetzt. Bei fehlender Wachsschicht sind Wuchshemmungen bei der Kulturpflanze möglich. Bei extremen Tag-/Nachttemperaturschwankungen, in regen-oder staunassen Beständen und bei Temperaturen von über 25 °C sollte dieses Mittel nicht eingesetzt werden. Die Aufwandmenge von Clearfield Clentiga beträgt 1,0 l/ha + 1,0 l/ha Dash. Es wirkt gegen Vogel- und Windenknöterich, Klette, Ehrenpreis, Taubnessel, Vogelmiere, Nachtschatten und Gänsefuß. Größere Unkräuter können damit nicht mehr beseitigt werden, sie verbleiben als gestaucht Pflanzen auf der behandelten Fläche.

Hat die Wirkung der Vorauflaufmittel gegen Ungräser nicht ausgereicht kann gezielt mit zum Beispiel Fusilade MAX in beiden Kulturen nachgearbeitet werden. In Sojabohnen ist zusätzlich Focus Ultra zugelassen. Ein günstiger Anwendungstermin ist erreicht, wenn die Gräser 3 bis 5 Blätter entwickelt haben. Die Schadpflanzen sollten möglichst gut, am besten feintropfig mit Spritzbrühe benetzt werden.

Autor: Heinrich Brockerhoff, Heinz Koch