Landessortenversuche Triticale 2018

Ähren Triticale

Neue Chancen für Triticale und Winterroggen?

Die extreme Witterung der letzten Monate und die Folgen für die Landwirtschaft beherrschen die Medien. Die Landwirtschaft soll sich schnell an die geänderten Bedingungen anzupassen. Wenn das so einfach wäre gerne und sofort. Wie sollen Landwirte sich aber auf einen Klimawandel einstellen, der genauso Regen und Kälte bringen kann wie Hitze und Dürre? Was 2018 richtig gewesen wäre kann 2019 falsch sein. Kritisch über eigenes Handeln und mögliche Alternativen nachzudenken macht Sinn. Das gilt auch für die Frage, welche Wintergetreideart im Herbst 2018 angebaut werden soll.

Die aktuellen Anbauflächen sprechen eine deutliche Sprache. Anbaustärkste und wichtigste Getreidekultur in NRW war 2018 mit rund 260.000 Hektar Winterweizen vor Wintergerste mit 145.000 Hektar. Wintertriticale mit 62.000 und Winterroggen mit 18.000 Hektar folgen mit großem Abstand. Die anspruchsvollste Getreideart ist sicherlich Winterweizen. Nur gute Böden und eine gute Wasserversorgung garantieren hohe und sichere Erträge. Wintergerste, Triticale und Winterroggen kommen auch unter trockeneren Bedingungen im Frühjahr und Frühsommer besser klar. Es ist also nicht verwunderlich, wenn Wintergerste mittlerweile wieder beliebter geworden ist. Auch Wintertriticakle und Winterroggen haben bei Stress und Trockenheit ihre Vorzüge.

Die Zusammenhänge lassen sich mit den Ergebnissen der Landessortenversuche belegen. An den Versuchsstandorten in Merfeld (Sand) und Neukirchen-Vluyn (Lehm) liegen nach identischer Vorfrucht auf der gleichen Parzelle Landessortenversuche zu mehreren Kulturen. Auf dem Sandstandort nach Vorfrucht Silomais ist Winterroggen die sicherste Kultur. Im Versuchsmittel 2015 bis 2018 aller Sorten hat Winterroggen die höchsten Erträge. Wintertriticale folgt mit 3 dt/ha Abstand vor Wintergerste mit 13 dt/ha und Winterweizen mit 19 dt/ha Abstand. 

Auf den besseren Standorten rücken die Kulturen beim Ertrag näher zusammen. Auf Lehm liegen vergleichbare Ergebnisse vom Standort in Neukirchen-Vluyn nach Vorfrucht Winterweizen für den Zeitraum 2016 bis 2018 vor. Winterroggen und Wintertriticale liegen hier ertragsgleich an der Spitze. Wintergerste folgt mit 5 dt/ha Abstand vor Stoppelweizen mit 7 dt/ha Abstand.

Einen höheren Stellenwert in der Praxis verdient hätte demnach vor allem auf leichten Standorten der Winterroggen. Der Brotroggenmarkt ist leider nur ein kleiner Markt. Zunehmend interessant und häufig unterschätzt wird Roggen als Futtergetreide. Hier bieten sich Chancen für Veredlungsbetriebe. Die Hybridzüchtung hat Ertragshöhe und -sicherheit wie bei keiner anderen Getreidekultur steigen lassen. Moderne Sorten sind gesünder und standfester geworden. Die Nährstoffeffizient ist vor allem auf leichteren Standorten besser als bei anderen Getreidearten. Anbaurisiken bleiben die hohe Auswuchs- und Mutterkornneigung, obwohl auch bei diesen Eigenschaften leichte Züchtungsfortschritte feststellbar sind.

Neben Winterroggen besitzt auch Wintertriticale auf leichteren Standorten eine hohe Ertragssicherheit. Hohe Erträge mussten aber in den letzten Jahren an vielen Standorten mit einem hohen Fungizidaufwand erkauft werden. Betroffen waren vornehmlich ältere Sorten. Folgerichtig hat in den beiden letzten Jahren ein starker Sortenwechsel hin zu neueren und etwas gesünderen Sorten stattgefunden.

Auch beim Thema Ganzpflanzensilage sind Triticale und Roggen mögliche Alternativen und Ergänzungen zu Silomais. Die Silomaisernte 2018 wird landesweit katastrophal werden. Viehhaltende Betriebe und Biogasanlagen werden daher intensiv nach Ersatzfrüchten suchen müssen.

Zusammengefasst genug Gründe, sich intensiv mit der Anbauplanung für die kommende Aussaat und einer guten Sortenwahl zu beschäftigen.

Wintertriticale

Die Schwerpunkte des Triticaleanbaues in NRW liegen in Westfalen. Hier stehen 90 Prozent der landesweiten Anbaufläche von rund 62.000 Hektar. Die Anbauschwerpunkte befinden sich vor allem in den Veredlungsregionen rund um Münster und in Ostwestfalen. Im Rheinland liegt der Anbauschwerpunkt am Niederhein. In reinen Ackerbauregionen hat Triticale als Futtergetreide keine Bedeutung.

Die Witterungsbedingungen bei der Aussaat im Herbst 2017 waren unterschiedlich. Unproblematisch und gut im Westen und äußerst schwierig im Osten von NRW. Extreme Nässe behinderte eine zeitgerechte Aussaat um die Monatswende September/Oktober. Spätsaaten unter oftmals grenzwertigen Saatbedingungen entwickelten sich aufgrund der milden Herbstbedingungen noch relativ gut. Auffällig war der hohe Mehltaubefall in anfälligen Sorten wie Cedrico, Barolo oder Tantris, der durch übernässte Böden und schlechte Bodenstruktur zusätzlich gefördert wurde. Winter gab es bis Anfang Februar nicht. Am Ende der Sperrfrist gab es bei leichtem Frost gute Bedingungen für die Ausbringung organischer Dünger. Unmittelbar danach kam ein Wintereinbruch mit deutlichen Minusgraden, scharfem Ostwind und ohne schützende Schneeauflage, den die Bestände ohne Auswinterungsschäden überstanden. Die Vegetation begann erst Anfang April mit einem explosionsartigen Wachstum und zunächst ohne größeren Krankheitsdruck mit Mehltau und Gelbrost. Dann wurde es warm und trocken. Zur bestimmenden Krankheit entwickelte sich der Braunrost, der besonders in den Sorten Lombardo, Tantris, Robinson und der neuen Sorte Lanetto auftrat. Durchgängige Trockenheit und Hitze von April bis zur Ernte führten zu einer extrem frühen und erwartungsgemäß unterdurchschnittlichen und oft auch enttäuschenden Ernte.

Die Sortenversuche 2018

Im Erntejahr 2018 gab es in NRW insgesamt sechs Landessortenversuche, in denen sechs ältere und vier neue Sorten geprüft wurden. Bei der Neuzulassung RGT Belemac gab es aufgrund von Saatgutmängeln auffällig dünne Bestände. Daher wird dies Sorte in den Ergebnissen 2018 nicht mit ausgewertet. Die Prüfung erfolgt in zwei Behandlungsintensitäten und mit Wiederholungen. Gerade in kritischen Jahren mit extremen Prüfbedingungen eine zwingende Voraussetzung für sichere Versuchsergebnisse. Neben der praxisüblichen Behandlungsstufe mit Wachstumsreglern und Fungizidschutz prüft die unbehandelte Stufe Sortengesundheit und Standfestigkeit. Die Stickstoffdüngung erfolgte standortgerecht nach den fachlichen Vorgaben der Dünge-VO in zwei oder drei Gaben.

Die Sortenleistung 2018

Die Ergebnisse der Landessortenversuche 2018 sind in Tabelle 1 dargestellt. Die Erträge in den Landessortenversuchen dürfen und können nicht mit den Praxiserträgen verglichen werden. Mit Ausnahme von Lage/Heiden gab es an allen anderen Standorten glücklicherweise zur richtigen Zeit immer noch Niederschläge. Die Mehrerträge in der behandelten Stufe sind primär auf Mehltau und Braunrost zurückzuführen.

Unter den mindestens dreijährig geprüften Sorten bestätigt Lombardo in der behandelten Stufe auch 2018 seine sehr gute Ertragsleistung. Barolo schneidet ebenso wie Cedrico schwächer als gewohnt ab. Beide Sorten hatten schon im Herbst einen hohen Mehltaubefall, der in Kombination mit Nässe im Herbst und Frost im Februar und März zu gestressten und dünnen Beständen führte. Tantris bestätigt das durchschnittliche Leistungsniveau der Vorjahre. Bei den zweijährig geprüften Sorten zeigen Robinson und Temuco ebenfalls ein durchschnittliches Ertragsniveau.

Interessante Ergebnisse zeigen die drei Neuzulassungen Lanetto, Porto und Riparo. Lanetto ist leider sehr krankheitsanfällig, während sich Porto und Riparo im Sortenvergleich deutlich gesünder zeigen.

Ertragssicherheit zählt

Grundlage der Sortenentscheidung muss die mehrjährige Ertragsleistung sein. Daher sollten mehrjährig geprüfte und sicher einzuschätzende Sorten beim Anbau bevorzugt werden. Vielversprechende Neuzulassungen können bei entsprechender Saatgutverfügbarkeit testweise angebaut werden. Tabelle 2 zeigt die mehrjährige Ertragsleistung der Sorten. Hier sind für die entsprechenden Boden- und Klimaräume die zusätzlichen Standorte aus Niedersachsen mit verrechnet. Mit fünf Lehm-, vier Sand- und drei Höhenstandorten haben die Ergebnisse eine hohe Aussagekraft.

Neben der Ertragsleistung zählen bei der Sortenwahl wichtige agronomische Eigenschaften. Die Wunschsorte wäre ertragreich, ertragssicher, winterhart, standfest und durchgängig gesund. Ein Anforderungsprofil, dass keine mehrjährig geprüfte Sorte erfüllt. Ertragreich und ertragssicher ist Lombardo, der die Hauptempfehlung für die kommende Aussaat darstellt. Vor allem bei Braunrost müssen Abstriche in der Gesundheit gemacht werden. Alle anderen mehrjährig geprüften Sorten sind schwächer im Ertrag und haben zusätzlich Macken in Punkto Gesundheit. Die beste Saatgutverfügbarkeit gibt es unter diesen Sorten bei Barolo. Die Praxis wird bei bundesweit knapper Saatgutverfügbarkeit zwangsläufig Kompromisse eingehen müssen. Wunschsorten müssen umgehend bestellt werden. Tabelle 3 zeigt die Einstufungen der Beschreibenden Sortenliste 2018, die in einigen Fällen durch eigene Beobachtungen angepasst wurde. Ein gutes Gesundheitsprofil zeigen die neuen Sorten Porto und Riparo. Aufgrund der geringeren Anfälligkeit bei Mehltau und Gelbrost kann hier beim frühen Fungizideinsatz gespart werden. Die Sortenempfehlung für die kommende Aussaat ist in Tabelle 4 enthalten. Auf der Seite www.sortenberatung.de kann jeder Anbauer nach seinen Anforderungen Sorten selektieren und bewerten lassen.

Mehrjährig geprüfte Sorten

  • Lombardo: Stabil überdurchschnittliche Erträge, winterhart, mittlere Standfestigkeit, hohe Braunrostanfälligkeit, generelle Empfehlung für alle Standorte
  • Barolo: Durchschnittliche Erträge, kurz mit mittlerer Standfestigkeit, hohe Mehltau- und Gelbrostanfälligkeit, geringere Fusariumanfälligkeit, Empfehlung für alle Standorte
  • Tantris: Durchschnittliche Erträge, kurz, standfest, hohe Mehltau-, Gelb- und Braunrostanfälligkeit, geringere Fusariumanfälligkeit
  • Cedrico: Durchschnittliche Erträge, standfest, sehr hohe Mehltauanfälligkeit
  • Robinson: Durchschnittliche Erträge, zügige Frühjahrsentwicklung, mittlere Standfestigkeit, mittlere Krankheitsanfälligkeit
  • Temuco: Durchschnittliche Erträge, gute Gesundheit bei Mehltau und Braunrost

Neue Sorten

  • Lanetto: Überdurchschnittliche Erträge im ersten Prüfjahr, mittlere Standfestigkeit, anfällig bei Gelb- und Braunrost
  • Porto: Überdurchschnittliche Erträge im ersten Prüfjahr, kurz, mittlere Standfestigkeit, durchgängig gesund bei Mehltau, Gelb- und Braunrost
  • Riparo: Überdurchschnittliche Erträge im ersten Prüfjahr, mittlere Standfestigkeit, etwas frühreifer, durchgängig gesund bei Mehltau, Gelb- und Braunrost

 Ergebnisse zur Latitudebeize?

Erstmals geprüft wurde im Sortenversuch die Wirkung der Latitude Beize in Triticale. Latitude ist eine flüssige Zusatzbeize gegen Schwarzbeinigkeit in Weizen und Triticale. Die Mehrkosten der Beize liegen bei 35 bis 40 €/ha. Die in NRW anbaustärksten Sorten Lombardo und Barolo wurden im Standardversuch wie alle anderen Sorten ohne und zusätzlich auch mit der Sonderbeize geprüft. Bei sechs Anbauversuchen in NRW gab es mit Getreide, Silomais und Raps unterschiedliche Vorfrüchte. Mulchsaat nach Getreide gab es nur in Altenmellrich. Mehrerträge in beiden Sorten gab es nur am Standort in Lage. Bei hohem Mehltaubefall im Herbst hatte Latitude hier eine sichtbar positive Wirkung. Ausdünnungen der Bestände konnten reduziert werden. Ähnliche Effekte traten in der sehr mehltauanfälligen Sorte Barolo auch in Neukirchen-Vluyn auf. Die Ertragseffekte waren an beiden Standorten knapp wirtschaftlich. An allen anderen Standorten hat Latitude im Extremjahr 2018 keine positive Ertragswirkung gezeigt. Positive Effekte sind vor allem im pfluglosen Anbau nach Getreidevorfrucht zu erwarten.

GPS-Nutzung mit Winterroggen und Wintertriticale

Die Nutzung von Wintergetreide als Ganzpflanzensilage hat in Biogasbetrieben einen festen Platz und erweitert das Substratangebot. Im nächsten Jahr dürfte es in vielen Betrieben beim Substrat, aber auch beim Futter in Milchviehbetrieben knapp werden. Die anstehende oder schon begonnene Maisernte bringt schlechte oder miserable Mengen und Qualitäten. Die GPS-Nutzung von Wintergetreide könnte hier schon Anfang bis Mitte Juni 2019 für Nachschub sorgen. Ziel des Anbaues ist ein möglichst hoher Trockenmasseertrag je Hektar.

Die Züchtung hat sich schon länger auf die Nachfrage in diesem Segment eingestellt und bietet entsprechende Spezialsorten für die GPS-Nutzung an. Die Sorten sind speziell auf Trockenmasseertrag gezüchtet und werden vom Bundessortenamt in Sonderversuchen geprüft und zugelassen. Alternativ genutzt werden können auch normale Korntypen mit höherer Trockenmassebildung als Doppelnutzungssorten, bei denen die endgültige Nutzung bis kurz vor dem Häckseltermin offenbleibt.

Die Landwirtschaftskammer NRW führt seit vielen Jahren GPS-Sortenversuche durch. Dabei haben sich im Hauptfruchtanbau Winterroggen und Wintertriticale als geeignetste Kulturen herausgestellt. In normalen Jahren bestehen zwischen den beiden Kulturen keine Unterschiede im Trockenmasseertrag. In trockenen Jahren wie 2018 oder auf leichten und trockenen Standorten bringt wie bei der Körnernutzung Winterroggen die besseren und stabileren Erträge.

Die Versuchsergebnisse

Wie in den Vorjahren wurden in NRW drei Versuche mit fünf Winterroggen- und sechs Triticalesorten angelegt. Beim Roggen waren neben den Spezialsorten KWS Progas und KWS Propower die Körnersorten KWS Binntto, SU Performer und SU Nasri vertreten. Bei Triticale sind Tender PZO, Hyt Max, Borowik und Trimasso Spezialsorten für GPS und Lombardo und Jokari normale Körnersorten. Zusätzlich wurden zwei Mischungen getestet, die zu jeweils 50 Prozent aus Winterroggen und Wintertriticale bestehen. Hier soll ein möglicherweise schwächelnder Partner durch den anderen Partner ausgeglichen werden.

Das Prüfsortiment wurde auch hier mit Niedersachsen abgestimmt. Somit liegen in der Summe jeweils drei Versuche für bessere (Lehm) und schwächere Böden (Sand) vor.

Die mehrjährige Zusammenfassung der Versuche ist in Tabelle 1 enthalten. Winterroggen zeigt 2018 auf Lehm und besonders auf Sand im Vergleich zu Wintertriticale die bessere Ertragsleistung. Beim Winterroggen haben die Spezialsorten KWS Propower und KWS Progas Ertragsvorteile von drei bis sieben Prozent vor den Körnersorten. Bei Triticale sind die Unterschiede zwischen den Spezialisten und den Sorten zur Körnernutzung größer. Insbesondere die etwas frühreifere Sorte Jokari kann hier nicht mithalten. Die Mischung KWS Progas und Securo ist ertragsstabiler als SU Performer und Cosinus. Grundsätzliche Vorteile einer Mischung sind nicht zu erkennen. Man kann mischen, man muss es aber nicht. 

Sortenentscheidung – worauf es zusätzlich ankommt!

Auch bei der Sortenentscheidung im Bereich GPS sollten pflanzenbauliche Kriterien eine mitentscheidende Rolle spielen. Tabelle 2 zeigt wichtige Sorteneigenschaften nach der Beschreibenden Sortenliste. Wer GPS anbaut, der will und muss organische Dünger einsetzen. Bei schwieriger zu kalkulierender N-Nachlieferung ist Standfestigkeit ein wichtiges und nicht zu unterschätzendes Auswahlkriterium. Beim Winterrogen sind KWS Binntto und KWS Propower überdurchschnittlich standfest. Bei Triticale gilt dies für Tender PZO, Hyt Max, Borowik und Trimasso.

Zusätzlich sollte auf Blattgesundheit geachtet werden. Hier sollte bei Winterroggen speziell auf Mehltau und Rhynchosporium und bei Wintertriticale auf Mehltau und Gelbrost geachtet werden. Hoch anfällige Sorten sollten eher gemieden werden. Die Sortenempfehlung für die kommende Aussaat zeigt Tabelle 3.

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