Landessortenversuche Triticale 2005

Trirticale-Ernte

2005 Problemjahr für Triticale

Herausragend für den Triticaleanbau in diesem Jahr war die immer wieder unterbrochene und extrem späte Ernte. Dr. Joachim Holz von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen beschreibt in folgendem Beitrag die übrigen Besonderheiten des Triticalejahrgangs 2006.

Die lang anhaltenden, nassen Witterungsverhältnisse während der Erntezeit führten vereinzelt bereits zu offenem, sichtbaren Auswuchs. Die Fallzahlen lagen mit unter 80 Sekunden auf niedrigstem Niveau.   Ein Abwarten auf optimales Erntewetter mit niedrigen Kornfeuchten war häufig nicht möglich, so dass unmittelbar vermarktungsfähige Triticalepartien kaum erzielbar waren. In den Landessortenversuchen wurde landesweit nur ein Minderertrag von rund 3 % gegenüber dem sehr guten Jahr 2004 erzielt. Allerdings lassen sich je nach Region große Ertragsdifferenzen von + 11 % bis – 10 % feststellen.

Anbau- und Ertragsentwicklung

Wie aus Tabelle 1 zu ersehen, sind NRW-weit seit 1999 bis 2002 die Anbauflächen beim Triticale bis auf einen Höchststand von rund 72 400 ha stetig gestiegen. Ab 2003 setzte ein stärkerer Anbaurückgang ein, der nach ersten vorläufigen Ergebnissen mit nur noch rund 59 700 ha im aktuellen Jahr 2005 zu einer Anbauflächenreduzierung von etwa 17 % gegenüber dem Höchststand im Jahr 2002 geführt hat. Mittlerweile liegt die Rapsanbaufläche in NRW schon knapp über der Triticaleanbaufläche. Die Erträge nach der BEE (= Praxisertragsermittlung nach der Besonderen Ernteermittlung) in Tabelle 1 zeigen beim Triticale seit 1999 eine Stagnation. Beim Vergleich dieser mit denen der Wintergerste aus dem gleichen Zeitraum zeigen sich im Mittel von NRW deutlichere Ertragsvorteile für die Wintergerste in Höhe von 5 bis 7 dt je ha. Vor dem Hintergrund der mittlerweile beim Triticaleanbau nicht mehr unbeträchtlichen notwendigen Intensität, vor allem bezüglich der Mehltauanfälligkeit vieler Sorten, muss die betriebswirtschaftliche Rentabilität des Triticaleanbaues kritisch überprüft werden. Schwierigere Erntejahre, wie das abgelaufene Jahr, haben erneut gezeigt, wie schnell bei Triticale Vermarktungsprobleme auftreten können. Bei der Anbauentscheidung für die nicht interventionsfähige Futtergetreideart Triticale sind aber neben diesen Aspekten der Standort sowie sonstige betriebliche Verwertungsmöglichkeiten sowie auch fruchtfolge- und arbeitswirtschaftliche Bestimmungsgründe zu berücksichtigen.

Die Landessortenversuche

Im Herbst 2004 wurden landesweit sechs Triticale-Sortenversuche angelegt. Aus dem benachbarten Kammerbezirk Weser-Ems wurden noch drei weitere Landessortenversuche für die Auswertung herangezogen, so dass insgesamt neun Landessortenversuche die Grundlage für eine standortspezifische Sortenempfehlung für das Anbaujahr 2005/06 bilden. Die Prüfung der Sorten erfolgte in zwei Intensitätsstufen (Tabelle 2), erstmalig mit der gleichen N-Düngung in beiden Intensitätsvarianten. Mit Ausnahme der Hügellagen in Ost-Westfalen-Lippe wurden im Vergleich zum Vorjahr insgesamt leicht höhere Bestandesdichten erzielt. Die kühl-trockenen Witterungsverhältnisse im März und April sowie die extreme Hitzeperiode in der zweiten Junihälfte führten, standörtlich etwas differenziert (Tabelle 3), insgesamt zu niedrigeren Kornzaheln je Ähre beziehungsweise Tausendkornmassen, woraus sich die leicht niedrigeren Erträge in diesem Jahr erklären lassen. Abweichend davon schienen für den Triticale die Witterungsbedingungen auf Sand und im Hügelland nicht so ungünstig gewesen zu sein. Auf Sand etablierten sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich höhere Bestandesdichten bei leicht höheren Kornzahlen je Ähre sowie TKM, mit entsprechend deutlich höheren Erträgen. In den Hügellagen kann ein Vorjahresvergleich nicht korrekt durchgeführt werden, da sich der Triticaleversuch 2004 auf einem anderen Standort befand.  

Ertragsleistungen der Sorten

In der Tabelle 4 sind die diesjährigen Ertragsleistungen der Sorten an den einzelnen Versuchsstandorten aufgeführt. Die diesjährigen Ergebnisse der bereits mehrjährig geprüften Sorten zeigen, dass mit Ausnahme der Sorte Lamberto, die bereits im Vorjahr schwerpunktmäßig empfohlenen Sorten SW - Talentro, Vitalis und Modus auch in diesem Jahr ihre Anbauberechtigung auf vielen Standorten wieder positiv unter Beweis gestellt haben. Von den neueren, erst zweijährig geprüften Sorten, zeigen sich ebenfalls viele Sorten mit interessanten Leistungen. Bei den erstjährig geprüften Sorten sind die Sorten Trimester, Dinaro und Tremplin interessant. Allerdings müssen diese Sorten in einem weiteren Prüfjahr ihre guten Erträge erst bestätigen, ehe sie zum Testen für den Anbau im übernächsten Anbaujahr empfohlen werden können. Der Sortenleistungstabelle 5 sind - als sichere Beurteilungsgrundlage für die nächstjährige Leistungsvorausschätzung der Sorten - die über die letzten vier Prüfjahre erzielten Erträge der Sorten, zusammengefasst für die jeweiligen Anbauregionen, zu entnehmen. In der Tabelle 6 sind die standortspezifischen Sortenempfehlungen aufgeführt. Die unterschiedliche Standfestigkeit der Sorten sollte aus Ertragssicherheitsgründen beim Einsatz auf Gülle- oder Nicht-Gülle - Standorten Berücksichtigung finden.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsstufen

Die Tabelle 4 weist aus, dass beim Triticale im diesjährigen Anbaujahr im Mittel der Sorten und Standorte rund 20 % Mehrertrag in der höheren Intensitätsstufe (Stufe B2) erzielt wurde. An den Einzelstandorten schwankten diese Mehrerträge zwischen 19 und beachtlichen 45 % sehr stark. Da die N-Düngung in beiden Varianten die gleiche war, ist dieser Mehrertrag damit ausschließlich auf den ertragssichernden Pflanzenschutz in der höheren Intensitätsvariante zurückzuführen. Dieses zeigt sehr deutlich, dass das Anfälligkeitsniveau und damit die Behandlungsbedürftigkeit für Krankheiten beim Triticale gegenüber früher eindeutig gestiegen ist. Bei Betrachtung der Sortenreaktionen an den einzelnen Versuchsstandorten (Tabelle 7) zeigte sich in diesem Jahr, dass Sorten wie SW-Talentro, Vitalis, Agrano sowie die neuesten leistungsstärkeren Sorten Trimester, Dinaro und Tremplin relativ häufig in der Intensitätsstufe B1 bereits die höchsten bereinigten Marktleistungen erbrachten. Andere Sorten, wie Modus, Versus   und Lamberto benötigten ausnahmslos die höhere Intensität. Diese Ergebnisse sollten allerdings nur als Anhaltspunkte für die Behandlungsbedürftigkeit der Sorten gewertet werden, da erst noch mehrjährige Erkenntnisse vorliegen müssen, um zu sicheren Aussagen zu gelangen.

Sortenempfehlungen

SW-Talentro : Ertraglich recht beständige, leicht überdurchschnittliche Sorte unter allen Standortbedingungen. Wegen ihrer guten Standfestigkeit besonders prädestiniert für Güllestandorte. Kurze Sorte. Tendenziell etwas später reif. Im Blattbereich recht gesund. Ertragsbildung überwiegend über mittlere Bestandesdichte sowie Kornzahl je Ähre sowie eine deutlich höhere TKM. Steiler, dunkelgrüner Wuchshabitus im Frühjahr. Später kompaktes, üppig und gleichmäßig wirkendes Bestandesbild. Höhere Intensität seltener wirtschaftlich. Unter verspäteten Erntebedingungen Fallzahlsenkung weniger stark ausgeprägt.

Modus: Vieljährig recht konstante überdurchschnittliche Ertragsleistungen unter den verschiedensten Standortbedingungen. Zu beachten ist die sehr geringe Standfestigkeit. Auf einen ausreichend hohen Wachstumsreglereinsatz nach Menge und Zeitpunkt der Applikation ist bei dieser langen Sorte besonders zu achten. Auf Standorten mit hohem organischen Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung weniger zum Anbau geeignet. Im Blattbereich vor allem auf Mehltau achten. Zeigte schon 2004 und stärker 2005 vielfach starken Mehltaubefall. Ertragsbildung über leicht höhere Bestandesdichte, etwas unterdurchschnittlicher Kornzahl je Ähre und hohe TKM. Langsamere Frühjahrsentwicklung auf. Ausgangs Winter kriechender, wirrer Wuchshabitus, in der Blattfarbe heller grün. Sollte nicht zu überhöhter nachgeschobener N-Düngung verleiten. Höhere Intensität in der Regel erforderlich. Unter verspäteten Erntebedingungen Fallzahlsenkung weniger stark ausgeprägt.

Vitalis: Zeigt sehr gute, beständige Ertragsleistungen auf Sand sowie den Übergangs- und Höhenlagen. Geringe Standfestigkeit, längste Sorte im Prüfsortiment. Im Blattbereich recht gesunde Sorte. Ausreichend hoher Wachstumsreglereinsatz bei dieser Sorte erforderlich. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichte, tendenziell höherer Kornzahl je Ähre und TKM. Im Frühjahr etwas schneller in der Entwicklung, fällt auf durch längeren, steilwüchsigen Wuchshabitus. In der Blattfarbe etwas heller, sollte nicht zu einer überhöhten N-Düngung verleiten. Höhere Intensität nicht immer wirtschaftlich, wenn Wachstumsreglereinsatz ausreichend. Unter verspäteten Erntebedingungen sehr fallzahlstabil.

Lamberto: Zeigte nur noch auf den Höhenlagenstandorten knapp durchschnittliche Erträge. Sorte mit stärkstem Mehltaubefall. Ertragsbildung über höhere Bestandesdichte sowie Kornzahl je Ähre bei niedrigerer TKM. Höhere Intensität immer erforderlich. Unter verspäteten Erntebedingungen sehr fallzahlstabil.

Agrano: Bis auf die Höhenlagen recht gute Ertragsleistungen. Etwas schwächere Standfestigkeit sowie höhere Auswinterungsneigung ist zu beachten. Etwas frühreifer. Üppiges, breitblättriges Aussehen. Etwas heller in der Blattfarbe. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichten und Kornzahlen je Ähre sowie höherer TKM. Höhere Intensität nicht immer wirtschaftlich. Unter verspäteten Erntebedingungen hohe und schnelle Fallzahlsenkung.

Versus : Auf Löß-, Lehm- und Sandstandorten sehr beständige, überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Standfestigkeitssicherung ist zu beachten. Höhere Intensität bislang immer erforderlich gewesen, Mehltauanfälligkeit zeigte sich 2005 sehr hoch. Ausgangs Winter etwas wirrer Wuchshabitus. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichte und höhere Kornzahl je Ähre sowie TKM. Unter verspäteten Erntebedingungen hohe und schnelle Fallzahlsenkung.

Inpetto : Auf Sand-, Hügel- und Höhenlagen gute stabile Ertragsleistungen aufweisend. Spätreifer, gesund und standfest. In der Mehrzahl der Standorte zeigte sich 2005 die höhere Intensität wirtschaftlich. Im Frühjahr etwas wirrer Wuchshabitus, erst später startend. Etwas hellere Blattfarbe. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichte, höhere Kornzahl je Ähre und mittlere TKM. Unter verspäteten Erntebedingungen Fallzahlsenkung weniger stark ausgeprägt. Saatgut ist nur knapp verfügbar.

Hinweise zur Aussaat

In Abhängigkeit der Standort- und Herbstwitterungsbedingungen ist zu beachten, dass die Aussaatzeit für den Triticale noch eine gute Vorwinterentwicklung gewährleistet, mit möglichst drei bis vier ausgebildeten Seitentrieben. Die Ansprüche an die Saattiefe und die Saatbettbedingungen, möglichst flach – 2 bis 3 cm - in ein feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett, mit nach unten wurzelgängigem Unterboden entsprechen denen des Roggens. In der Tabelle 8 sind für die verschiedenen Ackerbau-Anbauregionen von NRW Empfehlungen zu den Aussaatmengen sowie deren Berechnungsweise aufgeführt. Die dort jeweils aufgeführten Angaben zur anzustrebenden Zielbestandesdichte, den Beährungskoeffizienten, also ährentragende Halme je überwinterter Keimpflanze, sowie den Feldaufgangs- und Überwinterungsverlusten, die mit in einer korrekten Aussaatmengenberechnung zu berücksichtigen sind, basieren auf mehrjährig in den Landessortenversuchen ermittelten Werten. Zwischen den Anbauregionen sind Unterschiede feststellbar. Liegen eigene standörtliche Erfahrungen vor, so sollten diese in der Rechnung berücksichtigt werden. Die aufgeführten Werte beziehen sich auf die regional langjährig bewährte normale Saatzeit für den Triticale sowie auf gute, normale Saatbettbedingungen. Bei größerer Saatzeitverspätung müssen die Beährungskoeffizenten reduziert werden, da sich die verfügbare Zeit für eine ausreichende Bestockung unter Kurztagsbedingungen im Spätherbst und möglicherweise im Frühjahr reduziert. Bei sich verschlechternden Saatbedingungen sind die Werte für die Feldaufgangsverluste sowie gegebenenfalls für die Überwinterungsverluste zu erhöhen. Ziel dieser flexiblen Korrektur-Anpassungen ist, über die sich daraus ergebenden Aussaatmengenänderungen ausreichende, aber nicht überhöhte, Bestandesdichten als wichtige Basis  für einen hohen und sicheren Ertrag zu sichern.

Autor: Dr. Joachim Holz