Landessortenversuche Triticale 2007

Ernte des Landessortenversuchs TriticaleBild vergrößern
Triticale aus dem Landessortenversuch wird geerntet

Triticale mit Ertrags- und Qualitätsproblemen  

Wie bei den anderen Getreidearten litt auch der Wintertriticale unter den extremen Witterungsabläufen des Vegetationsjahres. Sowohl Ertragsminderungen als auch, bedingt durch die verzögerte Ernte, häufige Fallzahlprobleme bis hin zu offenem Auswuchs führen zu einem insgesamt sehr unbefriedigenden Ernteergebnis 2007. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erläutern stellen in den Landessortenversuchen erprobten die Triticale-Sorten vor.

Wie aus Tabelle 1 zu ersehen, sind NRW-weit im Betrachtungszeitraum von 1999 bis 2007 die Triticaleanbauflächen seit 2002 stark zurückgehend. Mit rund 50 600 ha im aktuellen Anbaujahr insgesamt ist der Anbauumfang von 1999 fast wieder erreicht. Betrachtet man die nach der Besonderen Ernteermittlung (BEE) festgestellten durchschnittlichen Erträge beim Triticale in NRW, wird deutlich, dass der züchterisch bedingte Ertragsfortschritt in den letzten acht Jahren noch nicht in der Praxis angekommen ist. Ertragszunahmen in diesem Zeitraum sind nicht zu verzeichnen. Vergleicht man diese Praxiserträge mit denen der in der Fruchtfolge konkurrierenden Getreidearten Gerste und Roggen, dann liegt das Ertragsniveau von Triticale in den letzten sieben Jahren mit durchschnittlich 4 bis 6 dt je ha deutlicher unter denen der oben genannten Getreidearten Wintergerste (70 dt je ha) und Winterroggen (68 dt je ha). Vor dem Hintergrund des mittlerweile beim Triticaleanbau erforderlichen höheren Intensitätsanspruchs muss die betriebswirtschaftliche Rentabilität im Vergleich zur unmittelbar konkurrierenden Wintergerste und auch dem Winterroggen vor allem auf leichteren Standorten kritisch überprüft werden.

Die in den Landessortenversuchen ermittelten Ertragsminderungen im Vergleich zum Vorjahr sind in der Relation auf die Praxis übertragbar. Je nach Ackerbauregion, wirkte sich der spezifische Jahres-Witterungsverlauf sehr unterschiedlich auf die diesjährigen Erträge aus. Im Mittel aller Versuche aus NRW waren gegenüber dem Vorjahr Ertragsminderungen von 9 % festzustellen. Diese schwankten zwischen -3,6 % auf den Lößstandorten bis maximal -13 % in den Höhenlagen. Auf den Lehmstandorten waren -11 %, den Sandstandorten -6,2 % und den Übergangslagenstandorten -7 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Bei der Ertragsstrukturanalyse, dargestellt in Tabelle 2, ist über alle Ackerbauregionen von NRW einheitlich festzustellen, dass gegenüber dem Vorjahr die deutlich niedrigeren Bestandesdichten (Extremtrockenheit April) Hauptursache für die schlechteren Erträge gewesen sind. Höhere Kornzahlen je Ähre sowie tendenziell höhere TKM, bis auf die Übergangs- und Höhenlagenstandorte, konnten die niedrigen Bestandesdichten ertraglich nicht kompensieren.

Zwölf Landessortenversuche

Im Herbst 2006 wurden landesweit sechs Triticale-Sortenversuche angelegt. Aus dem benachbarten Kammerbezirk Niedersachsen konnten noch sechs weitere, zu den Standortverhältnissen in NRW her passende Landessortenversuche für die Auswertung herangezogen werden. Die insgesamt zwölf verfügbaren Landessortenversuche bieten damit eine hervorragende Grundlage für eine standortspezifisch orientierte, sehr sichere Sortenempfehlung zum nächsten Anbaujahr 2007/08. Die Prüfung der Sorten erfolgte in zwei Intensitätsstufen, siehe Tabelle 3. Als Gegenwert für die  rund 125 € je ha höheren Produktionskosten in der Intensitätsstufe 2 mussten bei einem nur bescheiden angesetzten Erzeugerpreis von 16 € je dt rund 7,8 dt je ha Mehrertrag erzielt werden, um eine Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahmen zu gewährleisten. Wie aus dem Vergleich der Erträge aus B1 zu B2 in dt je ha im Mittel aller Sorten in der Tabelle 4 hervorgeht, konnte auf allen Versuchsstandorten ein sehr deutlicher wirtschaftlicher Mehrertrag in der höheren Intensitätsstufe erzielt werden. Die relativen Mehrerträge in B2 bewegten sich im Mittel aller Versuchsstandorte bei beachtlichen 30 % bezogen auf die Stufe B1. Es liegt auf der Hand, dass bei steigenden Erzeugerpreisen die Wirtschaftlichkeit einer höheren Intensität schneller erreicht wird.

Die Ertragsleistungen der Sorten

In der Tabelle 4 sind die diesjährigen Ertragsleistungen der Sorten an den einzelnen Versuchsstandorten aufgeführt. Die diesjährigen Ergebnisse zeigen unter Beachtung der spezifischen Jahreswitterungsbedingungen, dass die Sorten zum Teil nicht nur zwischen den verschiedenen Ackerbaustandorten, sondern auch innerhalb dieser sehr unterschiedlich mit ihren Erträgen reagiert haben. Dieses gilt vor allem für die im Anbau weit verbreitete Sorte SW Talentro. Die neueren, erst zweijährig geprüften Sorten Grenado und Dinaro zeigten im aktuellen Anbaujahr 2007 vergleichsweise deutlich bessere und vor allem auch sehr konstante Ertragsleistungen. Daher ist, insbesondere nach einem Jahr wie diesem, die Beachtung der Vorjahresleistungen der Sorten besonders wichtig. Der Sortenleistungstabelle 5 sind als sichere Beurteilungsgrundlage für die Leistungsvorausschätzung der Sorten die über die letzten fünf Prüfjahre erzielten Erträge, zusammengefasst für die jeweiligen NRW-Ackerbauregionen, zu entnehmen. Aus der Übersicht geht hervor, dass die Triticalesorten zum Teil sehr spezifisch auf die verschiedenen Standortbedingungen reagieren, es also eindeutige Wechselwirkungen zwischen Sorte und Standort gibt. In der Tabelle 6 sind die entsprechenden standortspezifischen Sortenempfehlungen aufgeführt. Die unterschiedliche Standfestigkeit der Sorten sollte aus Ertragssicherheitsgründen beim Einsatz auf Gülle- oder Nicht-Gülle-Standorten Berücksichtigung finden. Für die Sorte Agrano gab es in NRW eine nur sehr geringe Vermehrungsfläche. Die Sorte Versus wurde in NRW nicht mehr vermehrt.

Intensitätsansprüche der Sorten

Auch beim Triticale wird bereits im dritten Jahr in den beiden Intensitätsvarianten B1 und B2 der Landessortenversuche die Stickstoffdüngung einheitlich durchgeführt. Dieses ermöglicht die Beantwortung der Frage, ob es Sorten gibt, die auf Grund ihrer besseren Gesundheit sowie Standfestigkeit einen verhalteneren fungiziden Pflanzenschutz sowie Wachstumsreglereinsatz benötigen. Da schon in jeweils einem Jahr bei einer Sorte, je nach Standort und Ertragsbedingungen mal in der B1, mal in der B2-Variante, die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt werden und in mehreren Jahren weitere Schwankungen hinzukommen, lassen sich allerdings nur sortenspezifische Tendenzen bezüglich ihrer erforderlichen Behandlungsbedürftigkeit ableiten. Das dafür herangezogene Beurteilungskriterium, die bereinigte Marktleistung, ist das rechnerische Produkt aus dem Ertrag und dem Erzeugerpreis abzüglich der jeweils in B1 und B2 vorhandenen variablen Kosten für Überfahrten, Wachstumsregler, Fungizide und Stickstoff, wie in Tabelle 3 dargestellt.

Hinter jeder dreijährig geprüften Sorte stehen insgesamt 30 Einzelergebnisse, die mittlerweile eine deutlichere Aussage über den notwendigen Behandlungsanspruch einer Sorte zulassen. Dieser ist unter anderem in der Abbildung dargestellt, woraus sich folgende Aussagen ableiten lassen: Bei den dreijährig vorliegenden Sortenergebnissen zeigt sich erwartungsgemäß - bei den hohen Erzeugerpreisen -, dass überwiegend die höhere Intensität B2 auch die höchsten bereinigten Marktleistungen erbrachte. Bei Berücksichtigung der Vorjahresergebnisse zeigen sich allerdings deutlichere Differenzierungen. Im Vergleich zur Sorte Agrano konnte bei der Sorte Inpetto überwiegend nur in der höheren Intensitätsstufe auch die höchste bereinigte Marktleistung erzielt werden. Offensichtlich wirkt sich die höhere Braunrostanfälligkeit dieser Sorte entsprechend aus. Auch Benetto besitzt generell einen vergleichsweise höheren Intensitätsanspruch, obwohl sich dieses in der Krankheitsanfälligkeit so nicht zeigt, siehe Tabelle 5. Wie Agrano weist in der Tendenz auch SW Talentro einen niedrigeren Intensitätsanspruch auf. Bei den übrigen Sorten sind größere Jahresstreuungen vorhanden, so dass sich deutlichere Aussagen daraus nicht ableiten lassen.

Die empfohlenen Sorten

SW Talentro : Ertrag: Wies bislang mehrjährig recht konstante leicht überdurchschnittliche Ertragsleistungen unter fast allen Standortbedingungen auf. Diesjährig   nur auf Löß überdurchschnittlich gut. Qualität: Unter verspäteten Erntebedingungen Fallzahlsenkung und Auswuchsrisiko weniger stark ausgeprägt. Ertragsbildung über durchschnittliche Bestandesdichte, durchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie hoher Tausendkornmasse (TKM). Agronomische Merkmale: Sehr kurze Sorte mit sehr guter Standfestigkeit. Daher besonders für Standorte mit hoher Stickstoffnachlieferung (Gülledüngung) geeignet. Tendenziell etwas später reif. Steiler, dunkelgrüner Wuchshabitus im Frühjahr. Später kompaktes, üppig und gleichmäßig wirkendes Bestandesbild. Besonderheiten: Tendenziell eher blattseptoriaanfällig, zeigte 2007 aber auch etwas stärker Braunrost. Marktleistung: Hohe bereinigte Marktleistungen bei vergleichsweise niedrigerer Intensität möglich. Empfehlung: Uneingeschränkt auf Löß- und Lehm-Niederungslagen, auf Lehm-Übergangslagen und Höhenlagen bei noch guten eigenen Anbauerfahrungen.

Inpetto: Ertrag: mehrjährig konstante, leicht überdurchschnittliche Erträge auf Sand- Niederungslagen, Lehm-, Übergangs- und Höhenlagen. Qualität: Unter verspäteten Erntebedingungen Fallzahlsenkung und Auswuchsrisiko weniger stark. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichte, leicht überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre und durchschnittliche TKM. Agronomische Merkmale: Kurze Sorte mit hoher Standfestigkeit. Tendenziell später reif. Stark braunrostanfällig. Bei der Wahl der Behandlungsintensität ist die Fungizidmittelwahl auf die erhöhte Anfälligkeit auszurichten. Besonderheiten: Im Frühjahr etwas wirrer Wuchshabitus, erst später startend. Etwas hellere Blattfarbe, breitblättrig. Marktleistung: Höhere Marktleistung in der Tendenz erst bei höherer Intensität erzielbar. Empfehlung: Eingeschränkt auf Löß- und Lehmstandorten, uneingeschränkt auf Sand-Niederungslagen, Übergangs- und Höhenlagen.

Trimester : Ertrag: Nur auf Sand konstante, leicht überdurchschnittliche Ertragsleistungen, auf Löß dieses Jahr, nach sehr guten Vorjahren, enttäuschend. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichte sowie leicht überdurchschnittlicher Kornzahl je Ähre und TKM. Agronomische Merkmale: Mittellange Sorte mit etwas schwächerer Standfestigkeit bei ansonsten guter Blattgesundheit. Besonderheiten: Schmalblättrige, dunkelgrünere Sorte. Marktleistung: Höhere Marktleistungen je nach Jahr bei sehr unterschiedlichen Intensitätsaufwendungen erzielend. Empfehlung: Eingeschränkt für Löß- und Lehm, uneingeschränkt für Sandstandorte.

Benetto : Ertrag: Nur auf Übergangs- und Höhenlagen konstant überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Ertragsbildung über eine höhere Bestandesdichte sowie Kornzahl je Ähre bei unterdurchschnittlicher TKM. Agronomische Merkmale: Tendenziell etwas frühreifere, längere Sorte bei noch recht guter Standfestigkeit. Auf ausreichenden Wachstumsreglereinsatz ist trotzdem zu achten. Besonderheiten: Sorte mit etwas erhöhter Anfälligkeit gegen Blattseptoria, zeigte 2007 stärkeren Braunrostbefall. Marktleistung: Höhere Marktleistungen insgesamt erst bei höheren Intensitäten erzielbar. Empfehlung: Für Höhen- und Lehm-Übergangslagen gut geeignet.

Agrano : Ertrag: Auf Löß-, Lehm-, Sand- und Lehm-Übergangslagen recht konstante, überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Qualität: Unter verspäteten Erntebedingungen hohe und schnelle Fallzahlsenkung, verbunden mit höherem Auswuchsrisiko. Ertragsbildung: Über mittlere Bestandesdichte sowie Kornzahl je Ähre bei tendenziell höherer TKM. Agronomische Merkmale: Lange, auswinterungsgefährdetere Sorte, bei etwas früherer Reife. Nur mittlere Blattseptoriagesundheit. Besonderheiten: Üppiges, breitblättriges Aussehen. Etwas heller in der Blattfarbe. Standfestigkeit beachten. Marktleistung: Höhere Marktleistungen häufig schon bei niedrigerer Intensität erzielbar. Empfehlung: Bei eigenen guten Anbauerfahrungen auf Löß- und Lehmstandorten.

Grenado: Ertrag: Vor allem auf Lehm-, Sand- sowie den Übergangs- und Höhenlagen recht konstante, überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Ertragsbildung über leicht überdurchschnittliche Bestandesdichte, einer sehr hohen Kornzahl je Ähre sowie leicht unterdurchschnittlichen TKM. Agronomische Merkmale: Sehr kurze, standfeste Sorte bei guter Blattgesundheit. Zeigte 2007 etwas stärker Gelbrost. Besonderheiten: Dunkelgrüne Blattfarbe. Kompakter, homogener Wuchstyp mit langen, goldgelben Ähren. Marktleistung: Höhere Marktleistung eher bei etwas höherer Intensität. Empfehlung: Für Löß- , Lehm- und Sandstandorte uneingeschränkt, für Übergangs- und Höhenlagen zum Ausprobieren.  

Dinaro : Ertrag: Auf Sand hervorragende Ertragsleistungen. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichte, eine sehr hohe Kornzahl je Ähre und eine unterdurchschnittliche TKM.

Agronomische Merkmale: Sehr kurze und sehr standfeste Sorte bei guter Blattgesundheit. Besonderheiten: Auf Standorten mit hohem organischen Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung geeignet. Marktleistung: Höhere Marktleistungen bislang bei eher niedrigerer Intensität, in diesem Jahr bei höherer Intensität. Empfehlung: Bevorzugt für Sandstandorte.

Hinweise zur Aussaat

In Abhängigkeit der Standort- und Herbstwitterungsbedingungen ist zu beachten, dass die Aussaatzeit für den Triticale noch eine gute Vorwinterentwicklung gewährleistet, mit möglichst drei bis vier ausgebildeten Seitentrieben. Frühsaaten, also eine Aussaat zum gleichen Zeitpunkt der Wintergerstensaat, sind zu vermeiden. Die Ansprüche an die Saattiefe und die Saatbettbedingungen - möglichst flach, 2 bis 3 cm in ein feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett mit nach unten wurzelgängigem Unterboden - entsprechen denen des Roggens.

In der Tabelle 7 sind für die verschiedenen Ackerbau-Anbauregionen von NRW Empfehlungen zu den Aussaatmengen in kg je ha sowie deren Berechnungsweise aufgeführt. Die dort jeweils aufgeführten Angaben zur anzustrebenden Zielbestandesdichte, den Beährungskoeffizienten sowie den Feldaufgangs- und Überwinterungsverlusten, die mit in einer korrekten Aussaatmengenberechnung zu berücksichtigen sind, basieren auf mehrjährig in den Landessortenversuchen ermittelten Werten. Zwischen den Anbauregionen sind Unterschiede feststellbar. Liegen eigene standörtliche Erfahrungen vor, so sollten diese in der Rechnung berücksichtigt werden. Die aufgeführten Werte beziehen sich auf die regional langjährig bewährte normale Saatzeit für Triticale sowie auf gute Saatbettbedingungen. Bei größerer Saatzeitverspätung müssen die ährentragenden Halme je überwinterter Keimpflanze reduziert werden, da sich die verfügbare Zeit für eine ausreichende Bestockung unter Kurztagsbedingungen im Spätherbst und möglicherweise im Frühjahr reduziert. Bei sich verschlechternden Saatbettbedingungen sind die Werte für die Feldaufgangsverluste sowie gegebenenfalls für die Überwinterungsverluste zu erhöhen. Ziel muss es sein, ausreichende, aber nicht überhöhte Bestandesdichten als wichtige Basis   für einen hohen und sicheren Ertrag zu sichern.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch