Landessortenversuche Triticale 2009

Ernte des Landessortenversuchs TriticaleBild vergrößern
Triticale aus dem Landessortenversuch wird geerntet

Insgesamt noch gute Erträge

Vor dem Hintergrund der gegenüber dem vergangenen Vegetationsjahr doch recht deutlich anderen Witterungsverhältnisse – 3 bis 4 monatige Vegetationsruhe, ein durchschnittliches Niederschlagsdefizit von im Mittel rund 140 mm – überraschte auch der Wintertriticale mit noch guten Erträgen. In den Landessortenversuchen wurden in NRW im Mittel der 7 Standorte über alle Sorten mit 98 dt je ha „nur“ rund 5 % weniger gedroschen als im Vorjahr. Die Schwankungsbreiten zwischen den Standorten waren allerdings hoch. Sie reichten von deutlichen Mehrerträgen bis hin zu stärkeren Mindererträgen gegenüber dem Vorjahr. Die einzelstandörtlichen stark divergierenden Witterungsverläufe spielten dabei eine erhebliche Rolle. Im jetzt dritten Jahr in Folge bewegten sich die Fallzahlen beim Triticale wieder auf einem Niedrigstniveau, zwischen 60 und 70 Sekunden. Offener Auswuchs trat in den Versuchen fast nicht auf. Angesichts der vorrangigen Verwertung als Futtergetreide dürfte sich dieses Qualitätsmerkmal vermarktungsseits damit nicht auswirken. Wie sich die geprüften Sorten im Einzelnen unter diesen Bedingungen bewährten, wird nachfolgend dargestellt.

Anbau- und Ertragsentwicklung

Aus der Tabelle 1 ist die Anbauflächenentwicklung beim Triticale seit 2000 zu ersehen. Nach einem landesweiten Anstieg bis zum Jahr 2002 ist bis zum aktuellen Jahr ein fast kontinuierlicher Rückgang in den Anbauflächen zu verzeichnen. Gegenüber dem vergangenen Jahr wurde landesweit die Anbaufläche um gut 3000 ha wieder etwas ausgedehnt.

Die nach der Besonderen Ernteermittlung (BEE) erhobenen Erträge zeigen, dass ein „in der Praxis angekommener“ züchterisch bedingter Ertragsfortschritt in den letzten 9 Jahren nicht festgestellt werden kann, trotz sehr vieler neu zugelassener Sorten. Trendmäßig sind Ertragszunahmen in diesem Zeitraum nicht zu verzeichnen. Ob diese Situation einzig den in den letzten Jahren gehäuft aufgetretenen ungünstigeren Witterungsverläufen zuzurechnen ist, lässt sich dabei nicht genauer beantworten aber als zusätzlich beeinflussende Größe anführen.

Vergleicht man die BEE - Erträge mit denen der in der Fruchtfolge konkurrierenden Getreidearten Gerste und Roggen, dann liegt das Triticale – Ertragsniveau (= 65 dt je ha) in den letzten 9 Jahren im Rheinland gegenüber dem Roggen mit durchschnittlich 3, gegenüber der Gerste mit 9 dt je ha niedriger. Im westfälischen Landesteil sind die entsprechenden Ertragsunterschiede zu Triticale (= 63 dt je ha) geringer. Mit Winterroggen wurden im Mittel der letzten 9 Jahre 1, mit Wintergerste 4 dt je ha mehr gedroschen. Bemerkenswert ist, dass mit Sommerweizen im Rheinland im Mittel der letzten 9 Jahre 66 dt je ha, also 1 dt je mehr erzielt wurde. Auch in Westfalen-Lippe lag der Sommerweizen mit durchschnittlich 64 dt je ha auf Roggenertragsniveau und 1 dt je ha besser als Triticale. Wenn die betriebliche Situation und der Standort es erlauben, sollten entsprechende grundsätzliche Überlegungen zur Kulturartwahl angestellt werden. Acker- und pflanzenbauliche Möglichkeiten bezüglich der Fruchtfolgegestaltung, der Bodenbearbeitung, des Pflanzenschutzes (Ackerhygienestrategien), Erzeugerpreis – Kostenverhältnisse verschiedener Kulturarten etc. spielen dabei eine zu beachtende Rolle. Vor allem die Erzeugerpreisverhältnisse und ihre mittlerweile immer kurzfristiger auftretenden drastischen Veränderungen erzwingen eine Neubewertung „konkurrierender“ fast „ertragsgleicher“ Kulturarten.

Die Ertragsstrukturanalyse (Tabelle 2) zeigt die Unterschiede des Ertragaufbaues in den Ackerbauregionen im Vergleich zum Vorjahr bzw. den Vorjahren. Auf den Lehm- und Höhenlagenstandorten waren gegenüber dem Vorjahr die Bestandesdichten erhöht. Bei annähernd gleichen TKM wirkten sich aber die insgesamt deutlich niedrigeren Kornzahlen je Ähre ertragsmindernd aus. Auf den Sandstandorten konnten alle drei Ertragsstrukturmerkmale das Vorjahresniveau nicht erreichen. Entsprechend deutlich ist der Minderertrag in diesem Jahr ausgefallen.

Die Landessortenversuche

Von im Herbst 2008 landesweit insgesamt 7 angelegten Landessortenversuchen konnten 6 ausgewertet werden. Drei Tage vor der Ernte verursachte auf dem Lößstandort Beckrath ein Hagelschlag 50 % Schaden. Aus dem benachbarten Niedersachsen stehen weitere 6 Landessortenversuche von Lehm- und Sandstandorten für die Auswertung zur Verfügung. Damit bieten insgesamt 12 Landessortenversuche eine fundierte Grundlage für eine standortspezifisch orientierte und sichere Sortenempfehlung.

Die Prüfung der Sorten erfolgte in zwei Intensitätsstufen (Tabelle 3). Als „Gegenwert“ für die  rund 120 € je ha höheren Produktionskosten in der Intensitätsstufe 2 (B 2) mussten bei einem Erzeugerpreis von 8,50 € je dt in dieser Intensitätsvariante rund 14 dt je ha Mehrertrag erzielt werden, um eine Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahmen gegenüber „B1“ zu gewährleisten. Dieses ist gegenüber dem vergangenen Jahr fast genau das Doppelte. 14 dt je ha Mehrertrag durch höhere Intensität zu erzielen ist unter den diesjährigen Ertragsverhältnissen schwierig gewesen. Wie aus den unteren Zeilen der Tabelle 4 hervorgeht (Vergleich Erträge aus B1 zu B2 in dt je ha im Mittel aller Sorten), konnte auf allen 6 nordrhein-westfälischen Versuchsstandorten dieser wirtschaftlich notwendige Mehrertrag in der höheren Intensitätsstufe nicht erzielt werden. Grenzwertig war dieses allenfalls auf den Höhenstandorten Meerhof und Altenmellrich.

Die Ertragsleistungen der Sorten

Die diesjährigen Ertragsleistungen der Sorten an den einzelnen Versuchsstandorten variieren beträchtlich (Tabelle 4). Mit Ausnahme der neu zugelassenen Sorte Cosinus gibt es keine Sorte, die auf allen Versuchsstandorten in allen Anbauregionen in diesem Jahr konstant überdurchschnittliche Ertragsleistungen aufwies. Zwischen den älteren und jüngeren sowie den neu zugelassenen Sorten zeigen sich keine deutlichen Ertagsunterschiede. Zumindest in diesem Jahr lassen die Landessortenversuchsergebnisse beim Triticale keinen Züchtungsfortschritt im Ertrag erkennen.

Als sichere Grundlage für die Sortenempfehlung werden die Vorjahresleistungen mit berücksichtigt. Nur dann lässt sich mit einer höheren Genauigkeit prognostizieren, dass schon mehrjährig gute Sorten auch im kommenden Anbaujahr mit einer hohen Wahrscheinlichkeit gute Ertragsleistungen erwarten lassen. Aus der Tabelle 5 sind die mehrjährigen Ertragsleistungen zu ersehen. Hier zeigt sich deutlich eine recht hohe Abhängigkeit der Sortenleistungen von den Standortgegebenheiten. Es sind eindeutige Wechselwirkungen zwischen Sorte und Anbauregion vorhanden. Der Tabelle 6 sind die Sortenempfehlungen für die verschiedenen Anbauregionen von NRW zu entnehmen. Tabelle 7 zeigt die spezifischen Eigenschaften der Empfehlungssorten zu ihrer optimalen Ertragsstruktur im Hochertragsbereich sowie zu speziellen zu beachtenden Schwächen und Stärken auf. Der Tabelle 8 sind die umfänglichen agronomischen Eigenschaften der Sorten zu entnehmen. Es ist zu erkennen, dass in der Gesamtheit des Merkmalkomplexes, sowohl bei den agronomischen Merkmalen als auch bei der Krankheitsanfälligkeit die Unterschiede zwischen den Sorten marginal sind. Lediglich in der Braunrostanfälligkeit zeigen sich die neuen Sorten insgesamt geringer anfällig. Die pflanzenbaulich wichtigen Qualitätsparameter zur Fallzahlstabilität bzw. zur Auswuchsfestigkeit sowie des Proteingehaltes der Sorten beruhen auf eigenen langjährigen Ergebnissen, die, weil nur auf NRW beschränkt, daher lediglich als Anhaltspunkte dienen können.

Intensitätsansprüche der Sorten

In den beiden Intensitätsvarianten B1 und B2 der Landessortenversuche wird die Stickstoffdüngung einheitlich durchgeführt. Dieses soll die Beantwortung der Frage ermöglichen, ob es Sorten gibt, die aufgrund ihrer besseren Gesundheit sowie Standfestigkeit einen verhalteneren fungiziden Pflanzenschutz sowie Wachstumsreglereinsatz benötigen. Da schon in jeweils einem Jahr bei einer Sorte, je nach Standort und Ertragsbedingungen mal in der B1, mal in der B2-Variante die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt werden und in mehreren Jahren weitere Schwankungen hinzukommen, lassen sich somit nur sortenspezifische Tendenzen bezüglich ihrer erforderlichen „Behandlungsbedürftigkeit“ ableiten. Diese ermöglichen aber schon bei der Sortenwahl eine grundsätzliche „Voreinschätzung“ über den voraussichtlichen niedrigeren oder höheren Intensitätsanspruch.

Das dafür herangezogene Beurteilungskriterium „bereinigte Marktleistung“ (BML) ist das rechnerische Produkt aus dem Ertrag und dem Erzeugerpreis abzüglich der jeweils in B1 und B2 vorhandenen variablen Kosten für Überfahrten, Wachstumsregler, Fungizide und Stickstoff (Tabelle 3). Der in einem Jahr jeweils aktuelle Erzeugerpreis spielt dabei schwerpunktmäßig die größte Rolle bezüglich des lohnenden Intensitätsaufwandes.

Erläuterung der Abbildung:

Von jeder Sorte wurde von jedem einzelnen LSV-Standort aus den jeweils verfügbaren Prüfjahren die entweder in der B1- oder in der B2 - Intensitätsstufe vorliegende höchste Bereinigte Marktleistung herangezogen und gemittelt (Säulen im Diagramm). Die jeweils der höchsten Marktleistung zugeordnete Intensitätsstufe als Ziffer – 1 oder 2 – wurde ebenfalls gemittelt (= Behandlungsindex, Punktemarkierung im Diagramm). Wenn in einem Versuchsjahr also überwiegend aus der Behandlungsstufe B1 die höchste bereinigte Marktleistung bei einer Sorte erzielt wurde, ergibt sich ein niedriger Behandlungsindex bzw. ein „Behandlungsanspruch“ von 1,1 bis 1,4. Wenn sich dieses über mehrere Jahre bei der gleichen Sorte so zeigt, lässt sich tendenziell ableiten, dass diese Sorte insgesamt eine niedrigere Behandlungsintensität benötigt, um die höchsten bereinigten Marktleistungen zu erzielen.

Aus der Abbildung lassen sich folgende Aussagen ableiten:

Die Sorten sind fallend nach ihrem diesjährigen Mittel bezüglich ihrer BML sortiert. Die gleichrangige Bewertung der BML von Dinaro, Benetto und Cando mit den der anderen Sorten ist nicht möglich, da diese nicht orhogonal auf allen Versuchsstandorten geprüft wurden. Es zeigt sich deutlich, dass vor dem Hintergrund der sehr niedrigen diesjährigen Erzeugerpreise in der überwiegenden Anzahl der Versuchsstandorte fast alle Sorten bereits in der unbehandelten B1- Variante die höchsten bereinigten Marktleistungen erbrachten (Behandlungsindex zwischen 1,0 und 1,3). Lediglich die Sorte Cando zeigte diesjährig auf allen Versuchsstandorten ausschließlich die höchste bereinigte Marktleistung in der höheren Intensitätsvariante B2. Bei Betrachtung der verfügbaren Vorjahresergebnisse ergeben sich sortenspezifische Tendenzen. Relativ deutlich zeigen sich bei den Sorten Benetto und Inpetto aber auch Cando, dass in der Mehrzahl der Jahre und Versuchsstandorte die höhere Intensitätsstufe B2 die wirtschaftlichere gewesen ist. Sorten wie Grenado, SW Talentro und Dinaro „streuen“ stärker. Bei diesen Sorten ist besonders intensiv und einzelfallbezogen zu beobachten und gebenenfalls pflanzenbaulich zu handeln. Die höhere Wirtschaftlichkeit zeigte sich je nach Jahr und Standort in etwa zu gleichen Teilen mal in der höheren, mal auch in der niedrigeren Intensitätsvariante. Über die Jahre betrachtet lässt sich gesichert bislang grundsätzlich keine Triticalesorte anbauen. Ob sich die vor allem beim Braunrost insgesamt besser eingestuften erstjährig geprüften Sorten Agostino und Cosinus, die die insgesamt höchsten bereinigten Marktleistungen in diesem Jahr fast ausschließlich in der B1 Variante erbrachten (1,0 bzw. 1,1), auch in den nächsten Jahren so zeigen, wäre zwar wünschenswert aber wahrscheinlich nicht realistisch.

Hinweise zur Aussaat

In Abhängigkeit der Standort- und Herbstwitterungsbedingungen ist zu beachten, dass durch die „richtige“ Wahl der Aussaatzeit dem Triticale noch eine gute Vorwinterentwicklung gewährleistet wird. Die Ansprüche an die Saattiefe und die Saatbettbedingungen, möglichst flach (2-3 cm) in ein feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett, mit nach unten wurzelgängigem Unterboden entsprechen denen des Roggens.

In der Tabelle 9 sind für die verschiedenen Ackerbau - Anbauregionen in NRW Empfehlungen zu den Aussaatmengen (kg je ha) sowie deren Berechnungsweise aufgeführt. Die dort jeweils aufgeführten Angaben zur anzustrebenden Zielbestandesdichte, den Beährungskoeffizienten sowie den Feldaufgangs- und Überwinterungsverlusten, die bei einer korrekten und sicheren Ausaatmengenberechnung zu berücksichtigen sind, basieren auf mehrjährig in den Landessortenversuchen ermittelten Ertragsstrukturdaten. Die in der Tabelle 7 angeführten sortenspezifischen Hinweise zur optimalen Bestandesdichte (Ähren je qm) können für die dann sortenspezifische Aussaatmengen - Berechnung herangezogen werden. Liegen eigene standörtliche Erfahrungen, vor allem für die möglichen Verlustkomponenten Feldaufgangs- und Überwinterungsverluste vor, so sollten diese in der Rechnung – neben der individuellen TKM und Minderkeimfähigkeit des Saatgutes - berücksichtigt werden. Die aufgeführten Werte beziehen sich auf die regional langjährig bewährte normale Saatzeit für Triticale sowie auf gute Saatbettbedingungen.

Bei größerer Saatzeitverspätung müssen die Beährungskoeffizenten (= ährentragende Halme je überwinterter Keimpflanze) reduziert werden, da sich die verfügbare Zeit für eine ausreichende Bestockung unter Kurztagsbedingungen im Spätherbst und möglicherweise im Frühjahr reduziert. Bei sich verschlechternden Saatbettbedingungen sind die Werte für die Feldaufgangsverluste sowie gegebenenfalls für die Überwinterungsverluste zu erhöhen.

Ziel muss sein, ausreichende aber nicht überhöhte Bestandesdichten als wichtige Basis für einen hohen und sicheren Ertrag zu sichern.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch