Landessortenversuche Triticale 2012

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Wintertriticale

Ein gutes Jahr für Wintertriticale

Angesichts der strengen Kahlfröste, einer schwachen Wasserversorgung während der Hauptvegetation und eines deutlich sonnscheinärmeren Frühjahrs überrascht es doch, dass das Erntejahr 2012 zu den bislang nur wenigen sehr guten Triticalejahren gehört. Allein in den Landessortenversuchen wurden gegenüber dem Vorjahr mit knapp 100 dt je ha rund 9 % mehr gedroschen. In der Praxis dürfte der schlechte Vorjahresertrag noch deutlich übertroffen worden sein. Joachim Holz, Landwirtschaftskammer Nodrhein-Westfalen, stellt die Ergebnisse vor.

Die Triticalefläche lag im aktuellen Anbaujahr mit rund 56 500 ha nrw-weit auf dem Vorjahresniveau. Seit 2005 haben sich damit bei dieser Kulturart keine wesentliche Änderung ergeben.

Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, lagen in den Landessortenversuchen die Erträge auf den Lößstandorten auf dem guten und hohen Vorjahresniveau. Bei guten Bestandesdichten zeigten sich gegenüber dem Vorjahr jedoch niedrigere Tausendkornmassen und Kornzahlen je Ähre, die sicherlich auf die nicht sehr üppige Wasserversorgung während der Hauptvegetationszeit zurückzuführen sind. Auf den Lehmstandorten wirkten sich die Kahlfröste im Januar und Februar dieses Jahres etwas stärker aus. Die zwar noch guten Bestandesdichten konnten die insgesamt deutlich niedrigeren Tausendkornmassen ertraglich nicht vollständig kompensieren.

Erstaunlich sind die extrem hohen Erträge auf den Sandstandorten, die zeigen, dass bei stimmiger Witterung im Verlauf der Vegetationszeit auf solchen Standorten hohe Erträge erzielbar sind. Insgesamt führten die sehr hohen Bestandesdichten in Kombination mit hohen Kornzahlen je Ähre sowie TKM zu diesen Erträgen. Auf leichten Sandstandorten sind für das Erzielen hoher Erträge unbedingt mindestens 550 ährentragende Halme je m² anzustreben. Gerade hier sollten damit die erforderlichen Mindest-Saatstärken überprüft werden; nicht immer können optimale Bestockungsbedingungen im Herbst und Frühjahr erwartet werden.

Absolut enttäuschend dagegen fielen die Erträge auf den Höhenlagen-Standorten aus. Hier verursachten die Kahlfröste starke Bestandesausdünnungen, je nach Sorte (siehe Grafik in der PDF-Datei) bis hin zum Totalausfall.

Die Landessortenversuche

Von im Herbst 2011 landesweit sechs angelegten Landessortenversuchen konnten fünf in die Auswertung einbezogen werden. Auf dem höchst gelegenen Landessortenversuchsstandort Meerhof mit rund 400 m über NN waren alle Triticale-Sorten mehr oder minder so stark ausgewintert, dass eine Auswertung nicht mehr möglich war. Dieses war auch bei einer Reihe weiterer Landessortenversuche von den Höhenlagen aus Niedersachsen der Fall, sodass nur wenige Ergebnisse aus dieser Standortgruppe für die Beurteilung vorliegen. Insgesamt stehen aus dem benachbarten Bundesländern Niedersachsen und Hessen noch sieben Versuche von Lehm-, Sand- und Höhenlagenstandorten für die Auswertung zur Verfügung. Damit bieten insgesamt zwölf Landessortenversuche eine fundierte Grundlage für eine regionsspezifische Sortenempfehlung.

Die Prüfung der Sorten erfolgte in zwei Intensitätsstufen (Tabelle 2). Als Gegenwert für die rund 112 € je ha höheren Produktionskosten in der Intensitätsstufe 2 (B 2) mussten bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 22 € je dt rund 5,1 dt je ha Mehrertrag erzielt werden, um eine Wirtschaftlichkeit dieser Mehr-Maßnahmen gegenüber B1 zu gewährleisten. Im vergangenen Jahr betrug dieser notwendige Mehrertrag bei einem Erzeugerpreis von 18 € noch 6,2 dt je ha. Dieses zeigt die Abhängigkeit der Wirtschaftlichkeit produktionstechnischer Maßnahmen vom Erzeugerpreis. Wie aus den unteren Zeilen der Tabelle 3 hervorgeht (Vergleich Erträge aus B1 zu B2 in dt je ha im Mittel aller Sorten), wurden in diesem Jahr auf allen Landessortenversuchsstandorten höchst wirtschaftliche Mehrerträge durch die höhere Intensität erzielt.

Das im Erntejahr 2012 geprüfte Sortenspektrum umfasst im nordwestdeutschen Bereich insgesamt 13 Sorten, differenziert nach den verschiedenen Anbauregionen.

Die Erträge

Die diesjährigen Erträge der Sorten zeigen hinsichtlich ihrer Standortspezifität deutlichere Unterschiede. Dieses gilt vor allem für die Sandstandorte im Vergleich zu den drei anderen Anbauregionen Löß-, Lehm- und Höhenlagen, siehe Tabelle 3 und 4.

Auf den Sandstandorten haben die im Vergleich zu den Vorjahren immer sehr konstant überdurchschnittlich dreschenden sehr kurzen Sorten Dinaro und Grenado leicht unterdurchschnittlich abgeschnitten. Die sehr langstrohige Sorte Tulus konnte sehr beständig auf allen Standortgruppen mit hohen Erträgen überzeugen, wie auch schon in den Vorjahren. Grenado zeigte auch auf den Lehmstandorten noch gute Leistungen. Wegen seiner deutlich schwächeren Winterhärte (siehe Grafik) konnte die längste Sorte im Sortiment, Tarzan, in diesem Jahr nicht ihre guten Vorjahresleistungen auf den Löß-, Lehm- und Höhenlagenstandorten wiederholen. Cosinus überzeugte auch wieder auf dem Lößstandort mit sehr guten Leistungen.

Von den erstjährig geprüften neuen Sorten zeigen Mikado sowie KWS Aveo in allen Anbauregionen hervorragende Ergebnisse. Erst das nächste Prüfjahr, unter hoffentlich wieder normalen Bedingungen, muss allerdings zeigen, ob sich diese Ergebnisse erneut bestätigen, um Sortenempfehlungen zu diesen neueren Züchtungen aussprechen zu können.

Der Tabelle 5 sind die Sortenempfehlungen für die verschiedenen Anbauregionen zu entnehmen. Es sei in diesem Zusammenhang nochmals daran erinnert, dass die diesjährige Auswinterung nicht zum alleinentscheidenden Sortenwahlkriterium bei der Winterhärte-Einstufung sein sollte. Tabelle 6 zeigt die Eigenschaften der Empfehlungssorten. Bei mehrjähriger Betrachtung der Gegebenheiten im höheren Ertragsbereich werden die Sortenunterschiede offensichtlich. Die Sorte Dinaro benötigt immer deutlich höhere Bestandesdichten als zum Beispiel Tulus oder auch Tarzan bei hohen Erträgen. Die Sorte Tulus oder gar auch Tarzan über überhöhte N-Düngung zu Dinaro- oder Cosinus-Bestandesdichten führen zu wollen, ist pflanzenbaulich gesehen kontraproduktiv.

Der Tabelle 7 sind die Eigenschaften der Sorten zu entnehmen. Sehr deutliche Unterschiede zwischen den Sorten bestehen in der Pflanzenlänge und damit auch in der potenziellen Gefährdung durch Lager, insbesondere bei güllegedüngtem Triticaleanbau und damit schwer zu kalkulierender Stickstofffreisetzung im Verlauf der Vegetation. Allerdings könnten längerstrohige, ertragreiche Sorten zusätzliche Vorteile in der alternativen Nutzung als Ganzpflanzensilage für Biogasanlagen haben.

Intensitätsansprüche der Sorten

Bezüglich der sortenspezifischen Intensitätsansprüche zeigt sich über die Jahre in der Tendenz, dass bei den Sorten Tarzan und Tulus eine mittlere Intensität für das Erzielen der höchsten bereinigten Marktleistungen ausreicht. Bei den übrigen empfohlenen Sorten sind die Intensitätsansprüche je nach Jahr deutlich schwankender. Dieses gilt insbesondere für die Sorte Grenado. Hier muss standort- und jahresspezifisch genau beobachtet und über einen wirtschaftlichen Pflanzenschutzeinsatz entschieden werden. Vor allem in diesem hochpreisigen Jahr 2012 zeigen sich bei den meisten Sorten die höchsten bereinigten Marktleistungen in der höheren Intensitätsstufe, die erforderlichen Mindest-Mehrerträge sind nur noch gering. Zu betonen ist, dass es sich um Mehrjahrestendenzen der sortenspezifischen Intensitätsansprüche handelt. Dieses enthebt nicht von genauer Bestandesbeobachtung und entsprechender -führung.

Hinweise zur Aussaat

In Abhängigkeit der Standort- und Herbstwitterungsbedingungen ist zu beachten, dass durch die richtige Wahl der Aussaatzeit dem Triticale noch eine gute - aber auch nicht zu üppige - Vorwinterentwicklung gewährleistet wird. Die Ansprüche an die Saattiefe und die Saatbettbedingungen, möglichst flach mit 2 bis 3 cm in ein feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett mit nach unten wurzelgängigem Unterboden entsprechen denen des Roggens.

In Tabelle 8 sind für die verschiedenen Anbauregionen in NRW die Empfehlungen zu den Aussaatmengen (kg je ha) sowie deren Berechnungsweise aufgeführt. Die aufgeführten Angaben zur anzustrebenden Zielbestandesdichte, den Beährungskoeffizienten sowie insbesondere den Feldaufgangs- und Überwinterungsverlusten, die bei einer korrekten und sicheren Ausaatmengen-Berechnung immer mit zu berücksichtigen sind, basieren auf mehrjährig in den Landessortenversuchen ermittelten Daten. Vor allem die möglichen Überwinterungsverluste sollten in gefährdeteren Lagen nach eigenen Standorterfahrungen rechnerisch Berücksichtigung finden, um darüber eine gewisse Keimpflanzen-Sicherungsgarantie über beziehungsweise nach Winter zu erhalten. Die in der Tabelle 6 angeführten Hinweise zur optimalen Bestandesdichte (Ähren je m²) können für eine Aussaatmengen-Berechnung herangezogen werden. Auf den bereits oben angeführten Sachverhalt, dass vor allem auf Sandstandorten eine Mindestbestandesdichte von 550 ährentragenden Halmen je m² als Basis für höhere Erträge dringend erforderlich ist, wird noch mal deutlich hingewiesen.

Bei sich verschlechternden Saatbettbedingungen sind die Werte für die Feldaufgangsverluste sowie gegebenenfalls für die Überwinterungsverluste zu erhöhen.

Ziel muss sein, ausreichende aber nicht überhöhte Bestandesdichtenausgangs Winter als wichtige Basis für einen hohen und sicheren Ertrag zu garantieren.

Autor: Dr. Joachim Holz