Landessortenversuche Triticale 2013

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Wintertriticale

Ein weiteres, sehr gutes Ertragsjahr für Wintertriticale

Allein in den Landessortenversuchen wurden gegenüber dem schon guten Vorjahr im Mittel gut 103 dt je ha fast 4 % mehr Triticale gedroschen. In der Praxis ist der schon sehr gute Vorjahresertrag nach ersten vorläufigen Ergebnissen der Besonderen Ern-teermittlung für NRW nochmals um knapp 4 dt/ha verbessert worden und liegt damit gute 11 % über dem Mittel der letzten fünf Jahre. Im Gegensatz zu den Gerstenflächen haben sich die Anbauflächen von Triticale nach dem Auswinterungsjahr, in dem diese Getreideart partiell ausgewintert war, nicht nur wieder erholt, sondern sogar ausgeweitet. Im aktuellen Anbaujahr lagen die Anbauflä-chen mit rund 69 129 ha NRW-weit 23 % höher als das Vorjahresniveau und sogar 19 % höher als das langjährige Mittel, die erste nennenswerte Veränderung seit 2005.

Im Stadium der Milchreife sind rund 30 % des Ertrages im Korn. Tritt dann wie in die-sem Jahr eine Trockenperiode in Kombination mit Temperaturen über 30 °C ein, kann das negative Auswirkungen auf die weitere Kornfüllung auf Standorten haben, die nicht von einem ausreichenden Wasservorrat im Boden zehren können. Auf solchen Standorten kann es dann passieren, dass sich die Stomata schließen, die Fotosynthese gehemmt und die weitere Umverlagerung aus den Blättern eingeschränkt wird. Triticale, der bekanntlich mit seinen langen, dicken Ähren prahlt, reagiert in solchen Fällen sehr schnell mit einer schlechteren Kornausbildung vor allem im oberen und unteren Teil der Ähre, die so genannte Medialdominanz der Ähre. Offenbar hat in diesem Jahr trotz der beschriebenen Witterungsverhältnisse die Wasserversorgung in den entscheidenden Wachstumsphasen ausgereicht, um derartiges zu verhindern - wie die Erträge aus den Landessortenversuchen (LSV) und auch der Praxis unmissverständlich zeigen. Ein weitere Bestätigung wäre hier die nicht beobachtete Basis- und Spitzensterilität der Triticaleähre, die nach ausgeprägten Trockenphasen während der Blüte auftreten kann. Wie aus der Tabelle 1 ersichtlich, lagen in den Landessortenversuchen die Erträge auf den Lößstandorten auf Spitzenniveau.

Bei vergleichbaren Bestandesdichten und TKM zeigten sich gegenüber dem Vorjahr in der Tendenz jedoch höhere Kornzahlen je Ähre. Auf den Lehmstandorten erklären sich die guten Erträge hauptsächlich durch die fast schon zu hohen Bestandesdichten. Auf den Sandstandorten konnten zum Vorjahr leicht höhere Bestandesdichten mit entsprechend niedrigeren Kornzahlen je Ähre bei jedoch etwas höheren TKM erfasst werden. In den Höhenlagen wurde durch hohe Bestandesdichten in Kombination mit höheren Kornzahlen je Ähre und TKM insgesamt ein sehr gutes Ertragsniveau erreicht. Langjährige Vergleiche zeigen jedoch, dass für sehr hohe Erträge bei Triticale das Merkmal Bestandesdichte nicht allesentscheidend ist. Die Ertragsmerkmale Kornzahl je Ähre und TKM können schwächere Bestandesdichten sehr gut ausgleichen. Lediglich auf den sehr leichten Sandstandorten sind für das Erzielen hoher Erträge unbedingt mindestens 500 ährentragende Halme je m² anzustreben.

Die Landessortenversuche

Von im Herbst 2012 landesweit sechs angelegten Landessortenversuchen konnten alle in die Auswertung einbezogen werden. Mit weiteren sechs Versuchen von Lehm-, Sand- und Höhenlagenstandorten des benachbarten Niedersachsen standen für die Auswertung insgesamt zwölf Landessortenversuche zur Verfügung und bieten damit eine fundierte Grundlage für eine gesicherte Sortenempfehlung. Die Prüfung der Sorten erfolgte in zwei Intensitätsstufen (Tabelle 2). Als Gegenwert für die rund 112 € je ha höheren Produktionskosten in der Intensitätsstufe 2 (B 2) mussten bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 14,50 € je dt rund 8,6 dt je ha Mehrertrag erzielt werden, um eine Wirtschaftlichkeit dieser Mehr-Maßnahmen gegenüber B1 zu gewährleisten. Im vergangenen Jahr betrug dieser notwendige Mehrertrag bei einem Erzeugerpreis von 22 € „nur“ 5,1 dt je ha, ein anschauliches Beispiel für die Abhängigkeit der Wirtschaftlichkeit produktionstechnischer Maßnahmen vom erzielbaren Erzeugerpreis. Und dieser kann bekanntlich erheblichen Schwankungen unterliegen. Umso wichtiger ist es generell, nicht mit zu großen Mengen bis zur letzten Sekunde zu „pokern“ und nicht schon gute Preise im Vorfeld auszuschlagen. Vorverträge können hier Sicherheiten bieten. Wie aus den unteren Zeilen der Tabelle 3 hervorgeht (Vergleich Erträge aus B1 zu B2 in dt je ha im Mittel aller Sorten), wurden in diesem Jahr auf allen Landessortenversuchsstandorten, außer dem Lößstandort, wirtschaftliche Mehrerträge durch die höhere Intensität erzielt. Das 2013 geprüfte Sortenspektrum umfasst im nordwestdeutschen Bereich insgesamt zehn Sorten, differenziert nach den verschiedenen Anbauregionen.

Die Erträge

Die diesjährigen Erträge der Sorten zeigen hinsichtlich ihrer Standortspezifität deutlichere Unterschiede,siehe Tabellen 3 und 4. Auf den Sandstandorten haben bereits im zweiten Jahr die im Vergleich zu den Vorjahren immer sehr konstant überdurchschnittlichen, sehr kurzen Sorten Dinaro und Grenado leicht unterdurchschnittlich abgeschnitten. Diese beiden Sorten werden zwar in diesem Jahr noch voll empfohlen, jedoch ist der Blick auch verstärkt auf mögliche Nachfolgesorten zu richten. Die sehr langstrohige Sorte Tulus (wuchtige Ähre) konnte auf den Sandstandorten in der Mehrzahl der Jahre betrachtet nicht das Niveau der Empfehlungssorten erreichen, wird aber aufgrund der noch guten Leistung auf dem NRW-Standort eingeschränkt empfohlen. Auch auf den Löß- und Lehmstandorten schwächelte diese Sorte im aktuellen Jahr, ebenso wie Grenado auf Lehm und Cosinus auf Löß, alles bislang mehrjährige Leistungsträger. Wegen der deutlich geringeren Winterhärte ist Grenado für auswinterungsgefährdete Lagen ein Risiko. Darüber hinaus ist die Sorte sehr anfällig gegen Gelbrost.

Von den neuen im Prüfungssortiment stehenden Kandidaten ist die Sorte KWS Aveo eine sehr blattgesunde Sorte, die besonders auf Sand mit sehr stabilen Leistungen überzeugt. Mikado und zusätzlich auf Sand auch die sehr mehltauanfällige Sorte Ad-verdo können durch ihre kürzere Halmlänge auf Güllestandorten mehr „Sicherheit“ bieten. Prinzipiell betrachtet stehen mit Tulus und KWS Aveo zwei Sorten im Landessortenversuch, die sich durch eine Kombination aus hoher Pflanzenlänge und Standfestigkeit auszeichnen. Hier bieten sich Überlegungen hinsichtlich einer möglichen Alternativnutzung an, wenn die Strohnutzung eine erwünschte Rolle spielt oder auch in Jahren mit Engpässen in Biogasanlagen als Ganzpflanzensilage. Diese sortenspezifische Nutzungsoption ist ein weiterer Grund für die „noch eingeschränkte“ Empfehlung von Tulus auf Sandstandorten. Im Vergleich dazu zeigt die ebenfalls lange und neue Sorte Securo (Roggentyp) eine erhöhte Lageranfälligkeit und damit auch ein vergleichsweise höheres Risiko, insbesondere bei güllegedüngtem Triticaleanbau und damit schwer zu kalkulierender Stickstofffreisetzung im Verlauf der Vegetation.

Der Tabelle 5 sind die Sortenempfehlungen für die verschiedenen Regionen von NRW zu entnehmen. Tabelle 6 zeigt die Eigenschaften der Empfehlungssorten sowie speziell zu beachtenden Schwächen und Stärken. Bei mehrjähriger Betrachtung der Gegebenheiten im höheren Ertragsbereich werden die Sortenunterschiede offensichtlich. Die Sorte Dinaro benötigt immer deutlich höhere Bestandesdichten als zum Beipsiel Tulus, um hohe Erträge zu erzielen. Die Sorte Tulus über höhere Aussaatstärken oder überhöhte N-Düngung zu „Dinaro- oder Cosinus-Bestandesdichten führen zu wollen, wäre pflanzenbaulich gesehen kontraproduktiv. Bei den neueren, zwei- und erstjährig geprüften Sorten ist die Datengrundlage für Aussagen zu Ertragsstrukturverhältnissen derzeit noch zu gering. Stärken und Schwächen dieser Sorten sind Tabelle 7 zu entnehmen. Für die Aussaat 2013 steht Saatgut der Sorten Mikado und Remiko zur Verfügung, da-nach werden diese beiden Sorten vom Züchter jedoch nicht weiter verfolgt.

Intensitätsansprüche der Sorten

Bezüglich der sortenspezifischen Intensitätsansprüche zeigt sich über die Jahre in der Tendenz, dass bei der Sorte Tulus eine mittlere Intensität für das Erzielen der höchsten bereinigten Marktleistungen ausreicht. Bei den übrigen empfohlenen Sorten sind die Intensitätsansprüche je nach Jahr deutlich schwankender, insbesondere bei der Sorte Grenado. Hier muss standort- und jahresspezifisch genau beobachtet und über einen wirtschaftlichen Pflanzenschutzeinsatz entschieden werden. Letztlich handelt es sich bei diesen Ermittlungen um mehrjährige Tendenzen der sortenspezifischen Intensitätsansprüche, die nicht von genauer Bestandsbeobachtung und entsprechender -führung entheben. Neben Weizen ist auch Triticale als „halber Weizen“ und mit einem zum Teil offenen Blühverhalten mit einer Fremdbefruchtungsrate von 20 bis 40 % stärker anfällig gegenüber Fusarium. Ergebnisse von Untersuchungen auf eine mögliche Mycotoxinbelastung des Erntegutes zeigten, dass mit Werten von < 0,2 mg/kg die DON-Gehalte in diesem Jahr weit unter dem Grenzwert von 1,0 für die Schweinefütterung lagen. Lediglich an einem Standort wurde in zwei Fällen ein minimal erhöhter Wert festgestellt und bei einer Sorte der Grenzwert überschritten.

Autor: Dr. Kathrin Bürling