Landessortenversuche Triticale 2014

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Ein weiteres, sehr gutes Ertragsjahr

In den Landessortenversuchen mit Wintertriticale wurden gegenüber dem sehr guten Vorjahr im Mittel über alle Standorte mit 101 dt je ha 2014 nur knapp 2 % weniger gedroschen. Das ist über die letzten fünf Jahre betrachtet das zweitbeste Ergebnis. Dr. Kathrin Bürling, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, hat die weiteren Versuchsergebnisse ausgewertet.

Die Anbauflächen von Triticale haben sich nach dem Auswinterungsjahr 2011/12, nach vorläufigen Angaben des statistischen Landesamtes, bereits im zweiten Jahr in Folge ausgeweitet. Im aktuellen Anbaujahr lagen die Anbauflächen mit rund 72 628 ha NRW-weit 7,3 % über dem Vorjahresniveau und sogar 24 % höher als das langjährige Mittel von1999 bis 2013. Dabei werden rund 90 % des Triticale in NRW in den Regierungsbezirken Münster, Detmold und Arnsberg angebaut. Ausschließlich hier ist auch die Zunahme in der Anbaufläche ursächlich. Die Erträge des Triticale haben sich in den letzten Jahren in den LSV kontinuierlich gesteigert. Auch die BEE Daten für die genannten Regierungsbezirke zeigen in den letzten Jahren eine Ertragssteigerung bei dieser Getreideart.

Neben den guten Erträgen hat Triticale auch aufgrund seines hohen Futterwertes seinen Platz hauptsächlich in Veredlungsregionen gefunden. Besonders in den Höhenlagen spielt auch die gegenüber einer Futtergerste bessere Winterhärte eine Rolle. Beim Triticale wird darüber hinaus gerne die mögliche Flexibilität in der Nutzungsrichtung in Anspruch genommen. Ist Mais für die Biogasanlagen ein knappes Gut, kann der Triticale mit seinen im Vergleich zu anderen Getreidearten überaus guten Gesamttrockenmasseerträgen in diese Schiene gelenkt werden. Bei sich abzeichnender guter Maisversorgung kann Triticale bis zur Totreife stehen gelassen und dann normal als Futtergetreide geerntet werden. Die Vorteile gegenüber einem Roggen liegen dabei in den geringeren Saatgutpreisen, dem geringeren Lagerrisiko sowie dem geringeren Anteil unerwünschter Substanzen bei der Wertbestimmung als Futtergetreide.

Hohe Bestandesdichten

Wie aus der Tabelle 1 ersichtlich, lagen in den Landessortenversuchen die Erträge auf den Lößstandorten bei äußerst niedrigen Bestandesdichten, entsprechend hohen Kornzahlen je Ähre und auch sehr hohen TKM auf einem hohen Niveau. Auf den Lehmstandorten erklären sich die sehr guten Erträge hauptsächlich durch die fast schon zu hohen Bestandesdichten. Auf dem Sandstandort in Merfeld wurden im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Spitzenjahren etwas niedrigere Bestandesdichten und TKM erreicht, die letztlich aber zu einem noch zufriedenstellenden Ertragsniveau führten. Einmal mehr zeigt sich, dass auf den Sandstandorten mindestens 550 ährentragende Halme für das sichere Erzielen sehr hoher Erträge erforderlich sind. Auf den Höhenstandorten lagen die Kornzahlen je Ähre sowie TKM auf Vorjahresniveau, bei jedoch deutlich geringeren Bestandesdichten, so dass hier ein nur durchschnittliches Ertragsniveau erreicht wurde. Langjährige Vergleiche zeigen jedoch, dass für sehr hohe Erträge beim Triticale das Merkmal Bestandesdichte nicht allesentscheidend ist. Die Ertragsmerkmale Kornzahl je Ähre und TKM können in der Regel schwächere Bestandesdichten sehr gut ausgleichen.

Die Landessortenversuche

Von im Herbst 2013 landesweit insgesamt sechs angelegten Landessortenversuchen konnten alle in die Auswertung einbezogen werden. Von den weiteren sechs Versuchen von Lehm-, Sand- und Höhenlagenstandorten des benachbarten Kammerlandes Niedersachsen konnte ein Versuch auf einem Lehmstandort nicht für die Auswertung herangezogen werden, ein Höhenstandort war zu Redaktionsschluss noch nicht geerntet. Für die Auswertung standen somit insgesamt zehn Landessortenversuche zur Verfügung und bieten damit eine fundierte Grundlage für eine anbauregionsspezifisch orientierte gesicherte Sortenempfehlung.

Die Prüfung der Sorten erfolgt prinzipiell in zwei Intensitätsstufen, Tabelle 2. Die in der praxisüblichen B2-Variante gewählte Fungizidstrategie hat sich in der Vergangenheit hinsichtlich einer wirtschaftlichen Gesundheitssicherung als ausreichend erwiesen. Das aktuelle Vegetationsjahr war beim Triticale, wie auch im Weizen, durch bereits sehr früh aufkommenden, im Rheinland Anfang März, äußerst starken Gelbrost-Infektionsdruck gekennzeichnet. In der überwiegenden Zahl wurde in der Praxis dennoch nicht vor Schossbeginn behandelt. Die mögliche, auch ausbleibende Wirkung auf den Kornertrag und damit die Wirtschaftlichkeit, die zu befürchtende Resistenzförderung durch reduzierte Aufwandmengen sowie der fehlende Schutz des Neuzuwachses bei sehr frühen Applikationen schon Ende der Bestockungsphase waren dabei kritisch diskutierte Themen. In der Praxis kam es bis Mitte März vielfach zu flächendeckendem Befall, wohingegen Ende März dann der Gelbrostdruck abzunehmen schien. Aufgrund der für den Erreger sehr günstigen Witterung des Monats konnten jedoch Neuinfektionen stattfinden, die sich dann im April in einer zweiten Gelbrostwelle niederschlugen. In der Konsequenz dieser Entwicklungen mussten sowohl in der Praxis als auch im LSV Extrabehandlungen durchgeführt werden. Dabei war das Erwischen des richtigen Zeitpunktes für die Maßnahmen ein entscheidender Faktor. In den Landessortenversuchen hat die planmäßig erste Maßnahme in der B2 zu Schossbeginn, siehe Tabelle 2, durchweg gut gewirkt.

Durch die unbehandelte B1 Variante war allerdings nach wie vor ein hoher Infektionsdruck gegeben. Auch konnte stellenweise noch ein Aufbrechen von Uredosporenlager in der behandelten Variante durch im Blattinnern zu weit entwickelte und damit durch das Pflanzenschutzmittel nicht mehr erfasste Entwicklungsstadien des Erregers beobachtet werden. Durch die geschilderten Umstände, insbesondere im Zusammenhang der Kleinparzellensituation, waren Nachbarschaftseffekte nicht auszuschließen. Die sich abzeichnende Lücke zwischen Wirkungsende der ersten Maßnahme und der geplanten Abschlussmaßnahme schien letztlich zu risikobehaftet, da die für die Photosynthese-Leistung entscheidenden oberen Blätter hier ungeschützt diesem Erregerdruck ausgesetzt gewesen wären. An vier von sechs Versuchsstandorten wurde daher, wie in Tabelle 2 vermerkt, eine Zwischenbehandlung mit Osiris, einem Mittel mit sehr guter Wirkung gegen Rostpilze, durchgeführt.

Als Gegenwert für die rund 184 € je ha höheren Produktionskosten in der planmäßigen Intensitätsstufe 2 (B 2) mussten bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 13,50 € je dt rund 13,6 dt je ha Mehrertrag erzielt werden, um eine Wirtschaftlichkeit dieser Mehr-Maßnahmen gegenüber B1 zu gewährleisten. An den vier Standorten mit drei Fungizidbehandlungen lagen die Produktionskosten 247 € über der B1, so dass hier 18,3 dt mehr Ertrag gedroschen werden mussten. Wie aus den unteren Zeilen der Tabelle 3 hervorgeht, in der der Vergleich der Erträge aus B1 zu B2 in dt je ha im Mittel aller Sorten zusammengefasst sind, wurden in diesem Jahr auf allen Landessortenversuchsstandorten höchst wirtschaftliche Mehrerträge durch die höhere Intensität erzielt, auch bei einer zusätzlichen, im Triticale normalerweise nicht erforderlichen oder praxisüblichen, dritten Fungizidbehandlung, die dieses außergewöhnliche Jahr gefordert hat.

Das im Erntejahr 2014 geprüfte Triticale-Sortenspektrum umfasst im nordwestdeutschen Bereich insgesamt nur acht Sorten, differenziert nach den verschiedenen Anbauregionen. Ursächlich dafür ist unter anderem, dass von den potenziellen Neuzugängen, also Sorten, die zur Aussaat 2013 zur Zulassung anstanden, zwei Kandidaten seitens der Züchter kurz vor oder nach der (Nicht-)Zulassung durch das BSA zurückgezogen wurden und eine weitere, neu zugelassene Sorte wegen verschiedenartiger Probleme für den deutschen Markt nicht weiter verfolgt wird. Es bleibt zu hoffen, dass zur kommenden Aussaat aus ertraglicher und agronomischer Sicht neue interessante Sortenkandidaten für die Aufnahme in die LSV zur Verfügung stehen werden.

Die Erträge

Die diesjährigen sowie mehrjährigen Erträge der einzelnen Sorten sind den Tabellen 3 und 4 zu entnehmen. Auf den Sandstandorten haben bereits im dritten Jahr die im Vergleich zu den Vorjahren immer sehr konstant überdurchschnittlich dreschenden, sehr kurzen, älteren Sorten Dinaro und Grenado - Grenado ebenso auf Lehm - unterdurchschnittlich abgeschnitten und können mit neueren Sorten, wie Adverdo oder auch KWS Aveo, in der Ertragsleistung und -stabilität nicht mehr mithalten. KWS Aveo zeichnet sich dabei durch eine Kombination aus hoher Pflanzenlänge und Standfestigkeit aus. Bei den zweijährig geprüften Sorten zeigt sich SU Agendus ertragsstabiler und –potenter als Securo. Die bessere Blattgesundheit Letztgenannter scheint insofern keinen Vorteil gebracht zu haben, als dass im Vergleich dazu die Sorte SU Agendus mit einer deutlich höheren Gelbrosteinstufung unter den speziell diesjährigen Bedingungen nicht schlechter abgeschnitten hat. Darüber hinaus ist diese sehr lange Sorte stark lageranfällig und stellt dadurch für Güllestandorte ein hohes Risiko dar. SU Agendus, aber auch die sehr mehltauanfällige Sorte Adverdo, bieten hier mehr Sicherheit.

Auch auf den Löß- und Lehmstandorten zeichnet sich die Sorte KWS Aveo durch stabil überdurchschnittliche Erträge aus. Mit der Sorte Tulus präsentiert sich in diesen Anbaugebieten eine zweite, etwas ertragsschwächere Sorte mit der Merkmalskombination lang, aber standfest. Die Sorte Cosinus zeigt nach wie vor auf dem Lößstandort - nur hier geprüft - eine sehr gute Leistung. Bei den beiden neueren, empfohlenen Sorten ist die Einschränkung der Sorte Securo auf dem Lößstandort in ihrer hier geringeren Ertragspotenz gegenüber der Sorte SU Agendus, bei auch ungünstigeren agronomischen Eigenschaften, zu sehen. Auf der anderen Seite erzielt diese Sorte eine deutlich höhere Gesamttrockenmasse, was für die Verwertung in einer Biogasanlage einen Vorteil darstellt. Spielt dieser Aspekt keine Rolle, ist die Lageranfälligkeit dieses Prüfkandidaten in der empfohlenen Anbauregion bei güllegedüngtem Triticaleanbau und damit schwer zu kalkulierender Stickstofffreisetzung im Verlauf der Vegetation unbedingt zu beachten.

Auf den Höhenstandorten können nach Vorlage von nur zwei landeseigenen Standortergebnissen mehrjährig betrachtet die Sorten Tulus und KWS Aveo sicher empfohlen werden. Bei den übrigen neueren Sorten zeigt sich bei der vergleichsweise dünneren Datengrundlage eine zu hohe Ertragsstreuung, als dass für die Anbauregion Höhenlagen eine Empfehlung gegeben werden könnte.

Prinzipiell betrachtet stehen mit Tulus und KWS Aveo zwei Sorten im Landessortenversuch, die sich durch ihre Kombination aus hoher Pflanzenlänge und Standfestigkeit für die eingangs erwähnte mögliche Alternativnutzung in Jahren mit Engpässen in den Biogasanlagen unter Nutzung als Ganzpflanzensilage besonders anbieten, aber auch, wenn prinzipiell die Strohnutzung eine erwünschte Rolle spielt.

Der Tabelle 5 sind die Triticale-Sortenempfehlungen für die verschiedenen Anbauregionen von NRW zu entnehmen. Die Tabelle 6 zeigt die spezifischen Eigenschaften der Empfehlungssorten zu ihrer optimalen Ertragsstruktur im Hochertragsbereich sowie zu speziellen zu beachtenden Schwächen und Stärken. Bei vieljähriger Betrachtung der sortenspezifischen Ertragsstrukturgegebenheiten im höheren Ertragsbereich werden die Sortenunterschiede offensichtlich. Die Sorte Cosinus benötigt immer deutlich höhere Bestandesdichten als zum Beispiel Tulus, um hohe Erträge zu erzielen. Die Sorte Tulus über höhere Aussaatstärken oder überhöhte N-Düngung zu Cosinus-Bestandesdichten führen zu wollen, wäre pflanzenbaulich gesehen kontraproduktiv. Bei den neueren, zweijährig geprüften Sorten ist die Datengrundlage für valide Aussagen zu Ertragsstrukturverhältnissen derzeit noch sehr gering und soll vornehmlich der ersten Orientierung dienen.

Der Tabelle 7 sind die detaillierten Eigenschaften aller im LSV geprüften Sorten zu entnehmen. Dabei ist auf Folgendes hinzuweisen: Durch das Bundessortenamt wurde die Einstufung der Sorten im Merkmal Gelbrost unter Berücksichtigung der deutschlandweiten Gelbrost-Boniturdaten des aktuellen Jahres angepasst. Die vorgenommenen Änderungen weisen dabei speziell in NRW in die gleiche Richtung. Ursächlich für die sortenspezifisch diesjährig mitunter stärkeren Abweichungen zu der bisherigen Einstufung ist die jahresspezifisch mögliche rasche Änderung von Gelbrostrassen. Das Auftreten neuer, wärmetoleranter Rassen wird schon seit Längerem beobachtet. 2014 trat nach Angaben des JKI erneut und verstärkt die europaweit derzeit wichtigste Rasse Warrior auf. Die Dominanz dieser Rasse hat die Anfälligkeit der Sorten gegenüber Gelbrost verändert. Bestehende Sortenresistenzen können durch neue Rassen unwirksam werden.

Fusariumanfälligkeit des Triticale

Neben Weizen ist auch Triticale als halber Weizen und mit einem zum Teil offenen Blühverhalten mit einer Fremdbefruchtungsrate von 20 bis 40 % stärker anfällig gegenüber Fusarium. Erste Ergebnisse von Untersuchungen auf eine mögliche Mycotoxinbelastung des Erntegutes zeigten nach den ersten drei von sechs zu erwartenden Analyseergebnissen aus den LSV NRW, dass je nach Sorte mit Werten von 0,3 bis 0,7 mg/kg an zwei Standorten die DON-Gehalte zwar unter dem Grenzwert von 1,0 für die Schweinefütterung lagen, jedoch auf das nicht zu unterschätzende Gefahrenpotenzial hinweisen. Ein LSV-Standortergebnis lag insgesamt unter der Nachweisgrenze von 0,2 mg/kg. Acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen, wie Bodenbearbeitung und eine Pflanzenschutzstrategie, spielen in diesem Zusammenhang insbesondere in Maisfruchtfolgen eine besonders wichtige Rolle. Nach langjährigen Untersuchungen zwischen 2003 bis 2013 einer Mehrländerkooperation in denen die DON-Gehalte der Triticalesorten überwiegend nach Maisstoppelinfektion analysiert wurden, konnten durchaus sortenspezifische Abstufungen im Gehalt und somit der Fusariumanfälligkeit ermittelt werden. Danach weist die Sorte SU Agendus häufiger sehr hohe DON-Gehalte auf, Cosinus hohe, Tulus mittlere bis hohe, KWS Aveo mittlere und die Sorten Adverdo und Securo niedrige Gehalte. Zu beachten ist hierbei, dass die Datengrundlage bei den neueren Sorten, wie Securo und SU Agendus, noch sehr gering ist.

Autor: Dr. Kathrin Bürling