Landessortenversuche Triticale 2015

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Erntereife Triticale

Sehr gutes Ertragsjahr für Wintertriticale

Im Erntejahr 2015 wurde in den Landessortenversuchen im Mittel über alle Standorte und Sorten mit knapp 102 dt je ha das Vorjahresniveau erreicht. Bei fünfjähriger Betrachtung ist dies das zweitbeste Ergebnis. Nach den vorläufigen Ergebnissen des statistischen Landesamtes dagegen wurden in der Praxis mit knapp 72 dt/ha landesweit rund 10 % weniger als im Vorjahr gedroschen. Damit liegen die Praxiserträge in NRW auf dem Niveau der letzten fünf Jahre, weiß Dr. Kathrin Bürling.

Die Anbauflächen von Triticale haben sich nach dem Auswinterungsjahr 2011/12 den vorläufigen Angaben des statistischen Landesamtes zufolge bereits im dritten Jahr kontinuierlich ausgeweitet. Dabei lagen im aktuellen Anbaujahr mit rund 70 495 ha NRW-weit die Anbauflächen jedoch nur knapp über dem Vorjahresniveau, damit aber 21 % höher als das langjährige Mittel von 2005 bis 2014. Rund 90 % des Triticale in NRW werden in den Regierungsbezirken Münster, Detmold und Arnsberg angebaut. Ausschließlich hier ist auch die Zunahme in der Anbaufläche ursächlich. Im Rheinland gehen die Anbauflächen kontinuierlich zurück. Die Erträge des Triticale haben sich in den letzten Jahren in den LSV kontinuierlich gesteigert. Auch die Daten aus der Besonderen Ernteermittlung für die genannten Regierungsbezirke zeigen in den letzten Jahren im Schnitt eine Ertragssteigerung bei dieser Getreideart. Neben der guten Ertragsleistung hat Triticale auch aufgrund seines hohen Futterwertes seinen Platz hauptsächlich in Veredlungsregionen gefunden. In den Höhenlagen spielt auch die gegenüber einer Futtergerste bessere Winterhärte noch eine beachtliche Rolle. Bei Triticale wird darüber hinaus gerne die mögliche Flexibilität in der Nutzungsrichtung in Anspruch genommen. Ist Mais für die Biogasanlagen ein knappes Gut, kann Triticale mit seinen im Vergleich zu anderen Getreidearten überaus guten Gesamttrockenmasseerträgen in diese Schiene gelenkt werden. Bei sich abzeichnender guter Maisversorgung kann Triticale bis zur Totreife stehen gelassen und dann normal als Futtergetreide geerntet werden. Die Vorteile gegenüber Roggen liegen dabei in den geringeren Saatgutpreisen, dem geringeren Lagerrisiko sowie dem geringeren Anteil unerwünschter Substanzen bei der Wertbestimmung als Futtergetreide.

Triticale holt auf

Im Vergleich der bereinigten Marktleistungen, die sich aus den Erträgen x Erzeugerpreis abzüglich spezifische variable Produktionskosten, in € je ha, ergibt, aus den Landessortenversuchen von Winterweizen, Wintergerste, Triticale und Winterroggen konnten folgende Beobachtungen gemacht werden: In den Jahren 2006 bis 2011 und 2014 war der Roggen als konkurrierendes Fruchtfolgeglied dem Triticale auf den Sandstandorten immer sehr deutlich überlegen, während sich in den Jahren 2012, 2013 und aktuell 2015 jedoch der Triticale gegenüber dem Roggen als wirtschaftlicher erwiesen hat und dabei sogar über dem Niveau des Weizens lag. Auf den besseren Lehmstandorten drehte sich in den Jahren 2011 bis 2014 das Bild zugunsten des Triticale. Auf den Lößstandorten zeigt der Vergleich von Weizen, Stoppelweizen, Gerste und Triticale, dass bis auf das Jahr 2011 in allen direkten Vergleichen der Weizen und oder die Gerste wirtschaftlich die Nase vorne hatten, jedoch in fünf von acht Vergleichen der Triticale eine bessere bereinigte Marktleistung vorzuweisen hatte als der Stoppelweizen. Auf Hochertragsstandorten kommt unter anderem die „per se“ höhere Ertragspotenz von Weizen (Blattfruchtweizen) und Gerste zum Tragen. Auf den Höhenstandorten hingegen ist der Triticale in sechs von neun Fällen der Gerste überlegen.

Wie aus der Tabelle 1 ersichtlich, lagen in den Landessortenversuchen die Erträge auf den Lößstandorten bei niedrigen Bestandesdichten, entsprechend hohen Kornzahlen je Ähre und durchschnittlichen TKM auf einem hohen Niveau. Hier zeigt sich über die Jahre recht deutlich, dass auf den Böden mit besten Bonitäten für das Erreichen von Spitzenerträgen vergleichsweise niedrige Bestandesdichten anzustreben sind. Auf den Lehmstandorten erklären sich die trotz hoher Bestandesdichten extrem niedrigen Erträge hauptsächlich durch die unterdurchschnittlichen Kornzahlen je Ähre und TKM. Auf dem Sandstandort in Merfeld wurden im Vergleich zum vorangegangenen Jahr zwar gleiche Bestandesdichten gezählt, jedoch sehr hohe Kornzahlen je Ähre in Kombination mit extrem niedrigen TKM erreicht, was letztlich aber doch noch zu einem sehr zufriedenstellenden Ertragsniveau führte. Einmal mehr zeigt sich, dass auf den Sandstandorten mindestens 550 ährentragende Halme für das sichere Erzielen sehr hoher Erträge erforderlich sind, normalerweise in Kombination mit hohen TKM. Auf den Höhenstandorten lagen die Bestandesdichten sowie die Kornzahlen je Ähre auf Vorjahresniveau. Die etwas höheren TKM führten am Ende zu den besseren und dabei zufriedenstellenden Ertragsergebnissen im aktuellen Jahr. Auch hier zeigt sich, wie auf den Sandstandorten eine Merkmalsgewichtung bezüglich der Erträge zugunsten höherer Bestandesdichten und TKM und weniger auf die Bedeutung des Merkmals Kornzahl je Ähre liegt.

Langjährige Vergleiche zeigen jedoch, dass generell für sehr hohe Erträge beim Triticale das Merkmal Bestandesdichte nicht das alles entscheidende ist. Die Ertragsmerkmale Kornzahl je Ähre und TKM können in der Regel schwächere Bestandesdichten sehr gut ausgleichen. Ausschlaggebend dafür ist letztlich der jahres- oder vegetationsspezifische Witterungsverlauf am Standort.

Elf Landessortenversuche

Von im Herbst 2014 landesweit insgesamt sechs angelegten Landessortenversuchen konnten alle in die Auswertung einbezogen werden. Von den weiteren sechs Versuchen von Lehm-, Sand- und Höhenlagenstandorten des benachbarten Kammerlandes Niedersachsen konnte ein Versuch auf einem Lehmstandort nicht für die Auswertung herangezogen werden. Für die Auswertung standen somit insgesamt elf Landessortenversuche zur Verfügung und bieten damit eine fundierte Grundlage für eine anbauregionsspezifisch orientierte gesicherte Sortenempfehlung.

Die Prüfung der Sorten erfolgt prinzipiell in zwei Intensitätsstufen, siehe Tabelle 2. Das aktuelle Vegetationsjahr war bei Triticale, wie auch im Weizen, durch einen erneut starken Gelbrost-Infektionsdruck gekennzeichnet. Gelbrost kann auf Ausfall- und Wintergetreide bei Temperaturen bis maximal -10°C überwintern. Der hohe Befall im vorangegangenen Jahr, der erneut milde Winter sowie die Witterungsbedingungen im Frühjahr spielten dem Erreger somit erneut in die Karten. Bereits Ende März konnte sporulierender Gelbrost auf Blättern in Triticale- und Weizenbeständen gemeldet werden. In der unbehandelten Variante „B1“ in den LSV konnte später zum Zeitpunkt der Kornfüllungsphase in den hoch anfälligen Sorten sogar ein starker Befall der Ähren beobachtet werden, wie auf dem Foto auf S. ?? zu sehen. Nach Informationen des JKI kommt neben der Warrior-Rasse bei Triticale auch die Rasse „Triticale aggressive“ vor, die das Virulenzspektrum um zwei Virulenzen erweitert, die Warrior nicht besitzt. Rassenspezifische Resistenzen der Sorten sind dadurch sehr gefährdet.

In den Landessortenversuchen musste auch in diesem Jahr eine Änderung gegenüber den geplanten fungiziden Maßnahmen durchgeführt werden. Am Standort Lage-Heiden wurde Ende März immenser Gelbrostbefall festgestellt, der in Kombination mit einem stark erhöhten Mehltaubefall den gesamten Versuch zu vernichten drohte. Um eine Vergleichbarkeit der beiden NRW-Standorte weiterhin zu gewährleisten, wurde daher nicht nur in Lage-Heiden, sondern auch am Standort in Neukirchen-Vluyn, wie in Tabelle 2 vermerkt, die erste Behandlung Ende Bestockung/Anfang Schossen geändert. Als Gegenwert für die rund 174 € je ha höheren Produktionskosten in der planmäßigen Intensitätsstufe 2 (B 2) mussten bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 15 € je dt rund 11,6 dt je ha Mehrertrag erzielt werden, um eine Wirtschaftlichkeit dieser Mehr-Maßnahmen gegenüber „B1“ zu gewährleisten. An den zwei Standorten mit geänderter Fungizidbehandlung lagen die Produktionskosten 199 € über der “B1“, so dass hier 13,2 dt/ha mehr Ertrag gedroschen werden mussten. Wie aus den unteren Zeilen der Tabelle 3 hervorgeht, wurden in diesem Jahr auf allen Landessortenversuchsstandorten höchst wirtschaftliche Mehrerträge durch die höhere Intensität erzielt. Erneut zeigte sich, dass die Charakterisierung des Triticales als widerstandsfähige und gegenüber Pilzkrankheiten robuste Getreideart eher der Vergangenheit angehört.

Konstante Erträge

Die dies- sowie mehrjährigen Ertragsleistungen der einzelnen Sorten sind den Tabellen 3 und 4 zu entnehmen. Auf den Sandstandorten zeigte die Sorte KWS Aveo in diesem Jahr auf den drei niedersächsischen Standorten zwar keine guten Leistungen, ist jedoch, mehrjährig und für den landeseigenen Standort Merfeld betrachtet, eine konstant überdurchschnittlich dreschende Sorte. Auf der anderen Seite rührt die eingeschränkte Empfehlung der Sorte SU Agendus daher, dass diese in den letzten beiden Jahren am Standort Merfeld deutlich unterdurchschnittliche Erträge bei sonst insgesamt sehr guter Leistung erzielte. Bei dieser Sorte ist die extrem hohe Anfälligkeit gegenüber Gelbrost unbedingt zu beachten und bei der zu planenden Fungizidstrategie entsprechend zu berücksichtigen.

Auf den Lehmstandorten zeichnet sich die Sorte KWS Aveo ebenfalls mit Ausnahme des Standortes Borwede in Niedersachsen durch stabil überdurchschnittliche Erträge aus. Tulus und SU Agendus sind hier im Vergleich instabiler und schwanken um den Mittelwert. Auf den Höhenstandorten schwanken die mehrjährigen Erträge der langjährig geprüften Sorten in allen Fällen mehr oder weniger stark um den Mittelwert, wobei die beiden empfohlenen Sorten hierbei eine höhere Ertragspotenz aufweisen.

Prinzipiell betrachtet stehen mit Tulus und KWS Aveo zwei Sorten im Landessortenversuch, die sich durch ihre Kombination aus hoher Pflanzenlänge und Standfestigkeit für eine mögliche Alternativnutzung in Jahren mit Engpässen in den Biogasanlagen für die Nutzung als Ganzpflanzensilage besonders anbieten, aber auch, wenn prinzipiell die Strohnutzung eine erwünschte Rolle spielt. Die neueren, zwei- und erstjährig geprüften Sorten zeichnen sich durch eine geringe Pflanzenlänge und eine noch durchschnittliche bis gute Blattgesundheit aus.

Der Tabelle 5 sind die Triticale - Sortenempfehlungen für die verschiedenen Anbauregionen von NRW zu entnehmen. Die Tabelle 6 zeigt die spezifischen Eigenschaften der Empfehlungssorten zu ihrer optimalen Ertragsstruktur im Hochertragsbereich sowie zu speziellen zu beachtenden Schwächen und Stärken. Bei vieljähriger Betrachtung der sortenspezifischen Ertragsstrukturen im höheren Ertragsbereich werden die Sortenunterschiede offensichtlich. Die Sorte Cosinus benötigt immer deutlich höhere Bestandesdichten als zum Beispiel Tulus, um hohe Erträge zu erzielen. Die Sorte Tulus über höhere Aussaatstärken oder überhöhte N-Düngung zu Cosinus-Bestandesdichten führen zu wollen, wäre pflanzenbaulich gesehen kontraproduktiv. Bei den neueren zweijährig geprüften Sorten ist die Datengrundlage für valide Aussagen zu Ertragsstrukturverhältnissen derzeit noch sehr gering und soll vornehmlich der ersten Orientierung dienen. Der Tabelle 7 sind die detaillierten Eigenschaften aller im LSV geprüften Sorten zu entnehmen.

Fusariumanfälligkeit des Triticale

Neben Weizen ist auch Triticale stärker anfällig gegenüber Fusarium. Erste Ergebnisse von Untersuchungen auf eine mögliche Mycotoxinbelastung des Erntegutes zeigten nach den ersten fünf von sechs zu erwartenden Analyseergebnissen aus den LSV NRW, dass am Standort Altenmellrich bei der Sorte Barolo mit 0,2 mg/kg und am Standort Vluyn mit 0,5 mg/kg bei KWS Aveo und 0,4 mg/kg bei Securo die DON-Gehalte zwar deutlich unter dem Grenzwert von 1,0 für die Schweinefütterung lagen, jedoch auf das nicht zu unterschätzende Gefahrenpotenzial auch bei dieser Getreideart hinweisen. 2015 war die Witterung zur Blüte, ebenso wie beim Weizen, nicht fusariumförderlich, was in anderen Jahren jedoch gegenteilig sein kann und dann die Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte auch beim Tritcale eine Bedeutung zukommt. Acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen, wie Bodenbearbeitung und Pflanzenschutzstrategie, spielen in diesem Zusammenhang insbesondere in Maisfruchtfolgen eine besonders wichtige Rolle. Nach langjährigen Untersuchungen von 2003 bis 2014, in denen die DON-Gehalte der Triticalesorten überwiegend nach Maisstoppelinfektion analysiert wurden, konnten durchaus sortenspezifische Abstufungen im Gehalt und somit der Fusariumanfälligkeit ermittelt werden. Danach weisen die Sorten Tantris und Adverdo niedrige DON-Gehalte in der Versuchsserie auf, KWS Aveo mittlere, Tulus mittlere bis hohe, Cosinus hohe und SU Agendus häufiger sehr hohe DON-Gehalte.

Autor: Dr. Kathrin Bürling