Landessortenversuche Winterweizen 2012 - Frühsaaten

Erntereifes Weizenfeld

Neben dem normal- bis etwas spätreiferen Blattfruchtweizen Sortensortiment - nach Zuckerrüben, Kartoffeln, Raps oder auch Mais - werden als Spezialsegment zusätzliche Sortenversuche mit deutlich frühreiferen Winterweizensorten in der gleichen Fruchtfolgestellung durchgeführt. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch stellen die aktuellen Landessortenversuche dazu vor.

Das frühreife Sortensortiment konnte in diesem Jahr vor allem auf Sandstandorten wiederholt ihre Vorteile wieder zur Geltung bringen. Generell kann dieses spezielle Sortenspektrum unter sehr trockenen Frühsommerbedingungen, die in den letzten zehn Jahren verstärkt aufgetreten sind, in Form sicherer Erträge eine pflanzenbauliche Maßnahme zur Ertragsrisikostreuung sein.

Stellenwert frühreifer Winterweizensorten

Sehr frühreife Sorten sind gegenüber den normal- bis etwas später reifen Weizensorten rund drei bis fünf Tage früher druschreif. Daher werden sie in einem gesonderten Sortiment geprüft, da auch der gesamte Entwicklungsverlauf während der Vegetationszeit entsprechend etwas früher verläuft. Dieses hat konsequenterweise zur Folge, dass die gesamten produktionstechnischen Maßnahmen ebenfalls früher erfolgen müssen. Diese pflanzenbaulich entwicklungsbedingten Unterschiede lassen sich nicht in einem gemeinsamen Landessortenversuch durchführen.

Auf den Lehmstandorten zeigten die frühreifen Sorten im Mittel der letzten acht Jahre keine wesentlichen Ertragsunterschiede zu den normalreifen Sorten. Der Ertragsabstand betrug durchschnittlich lediglich 1 dt je ha weniger. Auch auf den Höhenlagenstandorten war in den letzten sechs Jahren (2006 bis 2011) bei den frühreifen Sorten gegenüber den normal- bis spätreifen Sorten im Mittel ein zu vernachlässigender Minderertrag von 1,0 dt je ha hinzunehmen. Lediglich auf den ertragreichen, wasserführenden, milden Lößstandorten im Rheinland fallen die frühreifen Sorten in ihrer durchschnittlichen Ertragsleistung mit 4,4 dt im Mittel der letzten zehn Jahre gegenüber den normalreifen Sorten ab. Auf den natürlicherweise immer problematischeren Sandstandorten ist es genau umgekehrt, hier können die Vorteile der frühreifen Sorten unter den in der Regel immer wasserknappen Bedingungen voll zur Geltung kommen. Im Mittel von sieben Jahren betrug der Ertragsvorteil gegenüber den normalreifen Sorten deutliche 7 dt je ha. Auch in diesem Jahr war die Ertragsdifferenz auf den Sandstandorten im Vergleich zu den anderen sehr deutlich, siehe Tabelle 2, Standort Merfeld.

Frühreife bedeutet pflanzenphysiologisch immer eine etwas geringere Vegetationszeit und damit auch eine gewisse natürliche Ertragsbegrenzung. Da nicht alle Sorten in diesem Segment gleich frühreif sind, haben die etwas Späteren unter den Frühreiferen oftmals Vorteile und erreichen Ertragsleistungen, die an die besten Sorten im normalreifen Sortensortiment heranreichen. Sorten wie JB Asano, Cubus und Kerubino sind reifeseitig die Grenzgänger zwischen den beiden Sorten-Reifegruppen.

Zusammenfassend lassen sich folgende acker- und pflanzenbauliche sowie weitere betriebsrelevante Aspekte anführen, die für den Anbau frühreifer Weizensorten sprechen können:

  • Entzerrung von Arbeitsspitzen (N-Düngung, Fungizidmaßnahmen, Ernte), vor allem für größere Betriebe von Interesse
  • als Stoppelweizen-Vorfrucht zu Raps, gleichzeitig kombiniert mit der Aussaat von Raps-Hybridsorten, ermöglicht eine deutlich verlängerte Feldarbeitszeitspanne für eine optimale Saatbettbereitung und Aussaat des Rapses
  • Stoppelweizenanbau in Rapsfruchtfolgen generell erforderlich, wenn vor allem die Gräserbekämpfung in Wintergerste problematisch ist
  • Anbau auf sehr leichten, sandigen, trockenen Standorten bzw. sehr tonigen Standorten
  • Ertragsrisikostreuung auf Normal-Standorten (Frühsommerhitze während der Kornfüllungsphase wie im Juni 2010)
  • mögliche Risiken: Fallzahlproblematik, wenn frühzeitigere Ernte witterungsbedingt nicht möglich (2007, 2008, 2009, 2010 einzelstandörtlich ein größeres Problem). Insbesondere die fallzahllstabileren Sorten sind dabei zu beachten, siehe Tabelle 5.

Pflanzenbauliche Reaktionsmöglichkeiten und Besonderheiten sind:

  • Eine der Abreife angepasste Ernte ist möglichst einzuhalten, auch unter Inkaufnahme einer eventuell höheren Kornfeuchte in problematischeren Erntejahren.
  • Frühreife bedeutet nicht, dass gerade mit diesen Sorten eine Frühsaat, also mehr als drei Wochen vor der ortsüblichen Saatzeit, durchzuführen ist. Die standortübliche Weizen-Saatzeit ist für dieses Sortensortiment ebenfalls gültig. Pflanzenbaulich betrachtet, gibt es keinen Zusammenhang zwischen einer Frühsaat im Herbst und einer noch früheren Reife im folgenden Sommer.

Die Landessortenversuchsergebnisse

Im vergangenen Herbst wurden an insgesamt acht Standorten in NRW die Landessortenversuche mit insgesamt 13 frühreifen Winterweizensorten angelegt. Davon konnten allerdings wegen der Auswinterungskalamität die beiden Standorte Meerhof und Steinheim-Breitenhaupt nicht ausgewertet werden. Aus den gemeinsamen Anbauregionen mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen standen, auch nur beschränkt, noch zwei weitere Landessortenversuchsergebnisse zur Verfügung, so dass diesjährig insgesamt nur acht (Vorjahr 16) Landessortenversuchsergebnisse für die Sortenleistungsbeurteilungen verfügbar waren. Die Anbautechnik und die Versuchsdurchführung entsprechen der höheren Intensitätsstufe (B 3) der Landessortenversuche für die normalreifen Sorten, siehe Tabelle 1. Dadurch ist die Vergleichbarkeit der Sorten - Ertragsleistungen aus den verschiedenen Weizenanbausegmenten unmittelbar gegeben.

Der Tabelle 2 sind die diesjährigen Ertragsergebnisse von den Einzelstandorten zu entnehmen. Es ergaben sich im Mittel der Sorten zum Teil beachtlich hohe Ertragsniveaus. Über alle Standorte und Anbauregionen hinweg zeigten diesjährig Kerubino, Cubus sowie JB Asano konstant deutlich überdurchschnittliche Erträge. Bei den zwei- und erstjährig geprüften neueren Sorten zeichnen sich mit Ausnahme von Barok keine deutlichen herausragenden Sorten ab. Viele dieser Sorten sind auch französischer Herkunft, die - wie zu erwarten - entsprechend stärker unter der diesjährigen Auswinterung gelitten haben. In der Tabelle 3 sind die mehrjährigen Ertragleistungsergebnisse der Sorten in den verschiedenen Ackerbauregionen aufgeführt. Wie in diesem Erntejahr, so auch schon in den vorherigen, bestätigen die oben angeführten Sorten mehrjährig ihr hohes und gesichert konstantes Leistungspotenzial. Auf der Basis dieser mehrjährigen Ertragsleistungen ergeben sich die in der Tabelle 4 aufgeführten Sortenempfehlungen für die einzelnen Anbauregionen in NRW. Die Tabelle 5 zeigt die Einstufungen der Sorten hinsichtlich ihrer agronomischen Eigenschaften. Zu den empfohlenen, sehr frühreifen Winterweizensorten sind in der Tabelle 6 die sortenspezifische Eigenschaften und Merkmale aufgeführt, die für eine sortenspezifische Saatstärke und Bestandesführung von Bedeutung sind. Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau der Blattfruchtweizensorten bewegen.

Autor: Dr. Joachim Holz und Heinz Koch