Landessortenversuche Ökoweizen 2012

Winterweizen der Sorte Butaro im ökologischen AnbauBild vergrößern
Schöner, dichter Bestand der Sorte ‚Butaro’ Anfang Juli

Vier von acht Standorten durch extreme Kahlfröste 2012 verloren

Die diesjährigen Öko-Winterweizen-Landessortenversuche (LSV) des bundesländerübergreifenden Anbaugebietes AGB 3 „Lehmige Standorte West“ wurden an jeweils drei Standorten in NRW und Hessen sowie an zwei Standorten in Niedersachsen im Herbst 2011 angesät. Die meisten der Versuchsstandorte sind in einem bundesweiten Projekt (BÖLN) eingebunden, welches sich nunmehr im 4. Auswertungsjahr befindet und von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen koordiniert wird. Hier werden zusätzliche für den Ökolandbau wichtige Parameter wie z.B. Bodenbedeckungsgrad, Blattstellung oder Feuchtklebergehalte ermittelt. Die zusammenfassenden Ergebnisse werden mit dem Abschluss des Projektes im Mai 2013 erwartet. An den Versuchsstandorten wurden einheitlich abgestimmte Sortimente verwendet, so dass 18 Winterweizensorten gemeinsam verrechnet werden konnten.

Winterüberlebensfähigkeit

An vielen Standorten des AGB 3 mussten die Versuche umgebrochen werden, weil die extreme Kältephase Anfang Februar zu großen Auswinterungsschäden bei den meisten Sorten führte. In NRW war besonders der Standort Lichtenau betroffen, wo fast alle Sorten mit Boniturnote 9,0 quasi abstarben (Tabelle). Einzig die Sorte Famulus konnte hier mit Boniturnote 4,5 ihre gute Winterhärte zeigen. Aber auch in Warstein-Belecke (NRW), Alsfeld-Liederbach (Hessen) und Wiebrechtshausen (Niedersachsen) waren die Schäden groß, so dass die Versuche dort aufgegeben wurden. Dies betraf auch die Dinkelsortenversuche (Tabelle). Im Mittel über alle Standorte fielen die Sorten Butaro (Note 3,4), Genius (Note 4,7), Famulus (Note 2,9) und Kerobino (Note 4,5) mit guter bis mittlerer Überwinterungsfähigkeit auf.

Ertragsleistungen der Standorte

In NRW war in 2012 nur noch der Standort Dörentrup/Wendlinghausen vorhanden. Trotz der auch hier vorhandenen Schwächungen der Pflanzen kamen die Verrechnungssorten Capo, Naturastar und Estevan auf ein Mittel von 35,5 dt/ha (Tabelle). Die Sorte Akteur erreicht hier mit 125 % relativem Ertrag den höchsten Wert. Auffallend schlecht waren die Sorten Wiwa und Scaro aus der Ökozüchtung der Schweiz sowie die Sorte Meister mit jeweils knapp über 60 % Relativertrag. Auf den Standorten Frankenhausen in Hessen und Wiebrechtshausen in Niedersachsen zeigte sich auch in diesem Jahr das bessere Ertragsniveau mit etwas über 50 dt/ha im Mittel der Standardsorten. Im Mittel aller Standorte der Jahre 2010 bis 2012 sind die Sorten Akteur (107 %), Discus (105 %), Genius (101 %), Lukullus (102 %) und Kerobino (106 %) ertraglich überdurchschnittlich einzuschätzen.

Darstellung der Sorten anhand der letzten drei Jahre im Öko-LSV des ABG 3

Mehrjährig geprüfte Sorten

Akteur E: ertragsstabil und auf gutem Niveau v.a. in 2011 und 2012 vorne dabei, beste Sorte in Dörentrup in diesem Jahr, in 18 Versuchen im Mittel 107 % Ertrag (98-125 %) im Vergleich zu den Standardsorten, mit guten Qualitäten, mittlere Pflanzenlänge, wenig Lageranfällig, allerdings etwas Mehltau und Gelbrost anfällig

Capo E: in diesem Jahr in Dörentrup unterdurchschnittliche Erträge (72 %), in Frankenhausen beste Sorte (114 %), mittlere Winterhärte, sonst eigentlich ertragsstabiler, in 18 Versuchen im Mittel 100 % Relativertrag, eignet sich offenbar für trockene Lagen bzw. trockene Jahre, sichere gute bis sehr gute Qualitäten, begrannte Sorte mit langem Wuchs und guter Bestockung, guter Bestandesdichte und Beschattung, daher gute Unkrautunterdrückung, lageranfälliger, recht blattgesund

Naturastar A: ähnliche mittlere Winterhärte wie Capo, in Dörentrup etwas besser, sichere leicht unterdurchschnittliche Erträge (Mittel 97 % in 18 Versuchen), 2012 in Dörentrup über durchschnittlich (103 %) und sichere Qualitäten, langstrohig mit guter Unkrautunterdrückung, rel. gute Blattgesundheit, etwas Blattseptoria

Discus A: in 2012 ebenfalls mittlere Überwinterungsfähigkeit, daher in Dörentrup mit 90 % Relativertrag die Ertragsstärke nicht ausspielend, sonst sehr hohe, überdurchschnittliche und sichere Erträge (105 % in 17 Versuchen), geringere Qualitäten, gute Bodenbedeckung und Unkrautunterdrückung, sehr blattgesund

Alle hier vorgestellten mehrjährig geprüften Sorten sollten bei der Anbauplanung Berücksichtigung finden: Als ausgewogen und relativ sicher im Ertrag und der Qualität könnend die Sorten Akteur, Capo und Naturastar bezeichnet werden. Discus ist als Futter- oder Masseweizen bedenkenswert. Akteur zeigte sich ausgesprochen winterhart, Capo eher mit Schwächen bei der Winterfestigkeit.

Sorten aus der Öko-Züchtung

Butaro E: Sorte aus der biologisch-dynamischen Züchtung (H. Spieß, Deutschland), laut Züchter besonders widerstandsfähig gegen Weizensteinbrand, gute Winterüberlebensfähigkeit mit zweitbester Boniturnote (3,4) über alle Standorte, mit im Mittel 93 % unterdurchschnittlicher Ertrag im Vergleich zu den Standardsorten, aber sehr hohe Qualitäten zu erwarten, mittlere Bodenbedeckung, hohe Pflanzenlänge und sehr lageranfällig, mittlere Blattgesundheit

Wiwa E : Sorte aus der biologisch-dynamischen Züchtung (Kunz, Schweiz), mit Boniturnote 6,5 eine der schlechtesten Sorte in Bezug auf die Winterüberlebendfähigkeit, geringstes Ertragsniveau des Sortiments (86 % im Mittel, 17 Versuche), sehr gute Qualitäten zu erwarten, etwas Mehltau und Braunrost anfällig, mittlere Pflanzenlänge, mittlere Lagerneigung, eher steilere Blatthaltung, daher gut zu striegeln

Scaro E: Sorte aus der biologisch-dynamischen Züchtung (Kunz, Schweiz), mit Boniturnote 6,7 ebenfalls eine der schlechtesten Sorte in Bezug auf die Winterüberlebendfähigkeit, mittlerer Ertrag etwas besser als Wiwa (91 % im Mittel), gute Qualität etwas schlechter als Wiwa, etwas Mehltau und Blattseptoria anfällig

Aufgrund der geringen Erträge, der starken Auswinterungsneigung und der vergleichsweise langsameren Entwicklung bis zum Schossen werden die Sorten Wiwa und Scaro nicht mehr im LSV weitergeführt. Die Qualitäten waren in den letzten Jahren sehr gut, abzuwarten bleibt, ob dies in 2012 auch der Fall ist. Von den drei genannten Sorten aus der Ökozüchtung ist Butaro für den Anbau zu empfehlen.

Neue Sorte aus der konventionellen Züchtung, überwiegend zweijährig geprüft

Genius E: mittlere-bessere Winterüberlebensfähigkeit, mittlerer Ertrag (101 %), Qualitäten im Mittelfeld, kürzere Sorte mit geringer Lagerneigung, aber nur geringem Unkrautunterdrückungspotential, blattgesünder als Event

Famulus E: beste Überwinterungsfähigkeit des Sortiments mit Boniturnote 2,9 über alle Standorte, durchschnittlicher Ertrag (99 % im Mittel), kürzere Sorte, standfest, mittlere Bodenbedeckung, Mehltau und Braunrost anfällig

Florian E: mittlere Winterüberlebensfähigkeit, mittlerer Ertrag (99 %), kürzere Sorte, geringe Unkrautunterdrückung, Braunrost und Blattseptoria anfällig

Meister A: schlechte Überwinterungsfähigkeit (Note 6,8), unterdurchschnittliche Erträge (93 %), mäßige Qualitäten (Futterweizen), kurz-mittlere Länge und sehr steile Blatthaltung, daher nicht so gute Unkrautunterdrückung, Braunrost und Mehltau anfällig

JB Asano A: in Hessen schon 2010 und 2011 geprüft mit überdurchschnittlichen Erträge, diese Jahr mittlere Winterüberlebensfähigkeit und unterdurchschnittliche Erträge in Dörentrup (74 %)

Kerubino (E): etwas bessere Winterüberlebensfähigkeit, hohe Erträge im ersten Jahr (111 % in Dörentrup)

Von den neueren Sorten sticht Famulus durch die gute Überwinterung hervor. Auf leichten Standorten in Mecklemburg-Vorpommern und Brandenburg hatte diese Sorte allerdings nicht überzeugt. Kerubino könnte interessant sein, weitere Versuchsergebnisse bleiben jedoch abzuwarten.

Fazit

Der extreme Winter hat für einige Landwirte starke Schäden verursacht. Für die Versuchsanstellung konnten die Sorten hinsichtlich der Winterüberlebensfähigkeit deutliche Stärken oder Schwächen zeigen, die sich dann auch im weiteren Vegetationsverlauf in der Verunkrautung der Parzellen wiederspiegelte. Dies ist ein entscheidendes Kriterium im Ökolandbau, wenn man nach mangelnder Winterhärte dem Unkraut nicht mehr Herr wird. Daher fallen insbesondere Sorten wie Wiwa, Scaro und Meister negativ auf und können für einen Anbau nicht empfohlen werden. Da die Qualitätsergebnisse noch nicht vorliegen, kann noch keine abschließende Empfehlung ausgesprochen werden. Mit langjährig geprüften Sorten wie Akteur, Naturastar oder Discus steht man aber auf der sicheren Seite. Butaro hat sich in diesem Jahr sehr gut präsentiert, hat in der Regel sehr gute Qualitäten, allerdings niedrigere Erträge. Begrannte Sorten sind unter anderem interessant, weil sie weniger vom Wild verbissen werden: anbauwürdig Capo, Arnold, Estevan und Lukullus. Von den neueren Sorten sind Famulus und Kerubino interessant, müssen aber noch weiter geprüft werden.

Saatgutbezug

Die Verwendung von ökologisch erzeugtem Saat- und Pflanzgut ist grundsätzlich gemäß EU-Bioverordnung vorgeschrieben. Der Saatgutbezug kann über die Ökosaatgutvermehrer aus NRW z.B. Bioland-Z-Saatgutliste erhältlich beim Bioland Landesverband NRW erfolgen. Die Verfügbarkeit einzelner Sorten finden Sie im Überblick unter www.organicXseeds.de.

Autor: Dr. Claudia Hof-Kautz