Landessortenversuche Winterweizen 2012 - Späte Saaten

Feldbegehung im Winterweizen

Spätgesäte Weizensorten besser als erwartet

Nach spät gerodeten Zuckerrüben oder spät geerntetem Mais stellt sich die Frage, welche Weizensorten bei einer Spätsaat noch über die beste Leistungsfähigkeit verfügen. Eine besondere Herausforderung in diesem Jahr waren die Spätsaat-Sortenprüfungen wegen der Kahlfröste im Januar. Im Ergebnis erzielten sie gegenüber den zur Normalzeit gesäten Sorten erstmalig ein höheres Ertragsniveau. Die Ergebnisse dazu stellen Dr. Joachim Holz und Heinz Koch vor.

Im Herbst 2011 wurden an drei Versuchsstandorten in NRW die Landessortenversuche Winterweizen mit 13 Sorten in Spätsaat angelegt. Wie gut auch deutlich weniger winterharte Weizensorten einen massiven Kälteeinbruch überstehen können, wenn sie sich gerade in einem frostunempfindlichen Entwicklungsstadium befinden, zeigt der diesjährige Spätsaatversuch auf dem Standort Steinheim-Breitenhaupt. Mit gut 90 dt je ha im Mittel über alle Sorten konnte ein sehr guter Ertrag erzielt werden. Insbesondere die Sorten Winnetou und Mentor als besonders auswinterungsgefährdete Sorten zeigten unter den Bedingungen einer Spätsaat ebenfalls noch gute Ertragsleistungen.

Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte ausschließlich unter den Bedingungen einer auf Gesunderhaltung der Sorten ausgerichteten Intensität. Es stehen nicht die Intensitätsfragen, sondern die Ertragsleistungen der Sorten unter Spätsaatbedingungen im Vordergrund des Interesses.

Grundsätzlich ist über die letzten acht Jahre aus den Landessortenversuchen festzustellen, dass eine Spätsaat gegenüber einer Normalsaat schon erheblich Ertrag kostet. Im Mittel der Standorte betragen die Mindererträge auf den Lößstandorten bei Spätsaat rund 18 dt je ha und auf den Lehm- sowie Höhenlagenstandorten rund 10 dt je ha. In diesem Jahr zeigten sich auf dem Löß- und Lehmstandort allerdings verkehrte Verhältnisse. Infolge der Spätsaat wurden die Kahlfröste von allen Weizensorten deutlich besser überstanden. Im Mittel der Sorten zeigte die Spätsaat, sowohl auf dem Löß- als auch dem Lehmstandort, ein um rund 2,5 dt je ha höheres Ertragsniveau als beim Sortensortiment zur Normalsaatzeit ausgesät.

Die Leistungen der Sorten

Spätsaat beim Weizen, die bewusste Inkaufnahme einer Verkürzung der Vegetationszeit, erfordert in der Regel frohwüchsige, robuste, in der Regel aber auch winterhärtere Sorten, da diese einem höheren Risiko ausgesetzt sind, unter ungünstigen Saatbett- und Witterungsbedingungen keimen, auflaufen sowie sich nach Winter schnell regenerieren zu müssen.

Unter Spätsaat generell lässt sich eine um rund drei bis fünf Wochen später erfolgte Aussaat definieren.

Nicht selten, in Normaljahren bei sehr frühem Vegetationsende im Herbst, läuft die Saat vor Winter nicht mehr auf. Unter diesen Bedingungen müssen sich die Sorten nach Winter noch unter Kurztagsbedingungen sehr schnell entwickeln und bestocken, um über ausreichende Bestandesdichten noch vernünftige Erträge realisieren zu können.

Inwieweit die Winterhärte der Sorte eine entscheidende Rolle bei der Sortenwahl spielen sollte, ist pflanzenbaulich betrachtet nicht eindeutig zu klären, was in diesem Jahr wieder sehr deutlich wurde. Unter Berücksichtigung der mangelnden Winterhärte zum Beispiel der Sorte Winnetou, aber seiner in den vergangenen Jahren mehrjährig überwiegend noch guten stabilen Erträge unter allen Standortbedingungen (Tabellen 1 und 2), kann dieses Merkmal nicht das absolute Ausschlusskriterium sein. Ähnliches zeigt sich erstjährig bei der Sorte Mentor. Offensichtlich besitzen nicht prüfbare Kriterien, wie Sortenvitalität oder Frohwüchsigkeit sowie auch eine mögliche sehr gute Regenerationsfähigkeit in Verbindung mit einem den jeweiligen Umständen angepassten Ertragstrukturaufbau aus Bestandesdichte, Kornzahl je Ähre und TKM, einen größeren Einfluss.

Extrem späte Saatzeiten im Rheinland bis Anfang Februar können grundsätzlich zwar noch funktionieren, sind aber nicht empfehlenswert. In solchen Fällen sollte auf winterhärtere Sommerweizen, auch als Wechselweizen bezeichnet, zurückgegriffen werden. Der Ertrag der Wechselweizensorte Granny auf dem Lößstandort 2011 bei extremer Spätsaat fällt überproportional gut aus (Tabelle 2).

Auf der Grundlage der in der Tabelle 2 aufgeführten Ergebnisse lassen sich die in Tabelle 3 aufgeführten Sortenempfehlungen ableiten. Generell zeigen sich die im normal gesäten Weizensortiment herausragenden Sorten auch in der Spätsaat als leistungsfähig.

Hinweise zur Aussaat

Gegenüber einer Normalsaat sollten die Saatstärken pauschal um rund 15 % erhöht werden. Generell muss bei Spätsaat von niedrigeren Bestandesdichten zur Ernte ausgegangen werden, da eine Bestockung vor Winter nur selten ausreichend möglich ist und im Frühjahr unter Kurztagsbedingungen häufig nicht mehr die erforderlichen Bestockungsraten und ährentragenden Halme je Einzelpflanze erzielt werden können, wie bei der normalen, üblichen Aussaatzeit. Unter den Bedingungen der Spätsaat ist in der Regel mit deutlich schlechteren Feldaufgangsraten wegen ungünstiger Saatbettbedingungen oder Verschlämmungsgefahr, und etwas höheren Überwinterungsverlusten zu rechnen. Wenn von 300 gesäten Körnern je m² „nur  90 % auflaufen, entspricht dieses einem schon erforderlichen Saatgutaufschlag von 30 Körnern je m². Häufig ist auch nur mit Feldaufgängen um 85 % zu rechnen. Wenn von 300 aufgelaufenen Keimpflanzen je m² im Herbst 15 den Winter nicht überleben, müssen auch dafür 5 % Saatgutaufschlag, also 15 Körner, erfolgen. Bei der Saatstärkenberechnung sollten damit neben der Minder-Keimfähigkeit auch diese beiden Verlustkomponenten zur Absicherung einer erwünschten Mindest-Bestandesdichte abgeschätzt und berücksichtigt werden.

Als weitere pflanzenbauliche Maßnahmen im frühen Frühjahr kann bei sehr dünnen Beständen über eine erhöhte Start -N-Düngung von 80 bis 100 kg N je ha sowie eine frühe CCC-Maßnahme in EC 23 bis 25 versucht werden, die Bestockung stärker zu fördern.

Autor: Dr. Joachim Holz und Heinz Koch