Landessortenversuche Winterweizen 2013 - Stoppelweizen

Winterweizen, Beizung mit LatidudeBild vergrößern
Stoppelweizen: Unterschiede zwischen „ohne Latitude-Beizung“ - links - und „mit Latitude-Beizung“ - rechts. Der rechte Bestand präsentiert sich grüner.

Stoppelweizen- Ergebnisse 2013

In der Vergangenheit hat sich der Stoppelweizen immer stärker ausgeweitet und hat zum Teil auch die Wintergerste, wo sie sich nicht aus arbeitswirtschaftlichen Gründen als frühräumende Vorfrucht oder unter schwächeren Standortbedingungen in der Fruchtfolge halten konnte, verdrängt. Im Vergleich zu den alternativen Fruchtfolgegliedern Wintergerste, Triticale und Winterroggen werden die hohen Erträge des Stoppelweizens sowie die in der Regel höheren Erzeugerpreise mit einer insgesamt höheren ökonomischen Vorzüglichkeit in Verbindung gebracht. In diesem Jahr lagen die Blattfruchtweizenerträge im Mittel der Sorten und der vier Standorte, an denen sowohl Blattfruchtweizen als auch Stoppelweizen im Landessortenversuch angebaut wurde, rund 5 dt je ha über denen der Stoppelweizenerträge.

Besonderheiten des Stoppelweizenanbaus

Beim reinen Ertragsvergleich zwischen Blattfrucht- und Stoppelweizen der letzten elf Versuchsjahre auf Lößstandorten ergibt sich im Mittel der Sorten ein Ertragsvorteil von 5,2 dt je ha zugunsten des Blattfruchtweizens. Auf den Lehmstandorten lag der Mehr- beziehungsweise Minderertrag des Stoppelweizens gegenüber dem Blattfruchtweizen in den letzten neun Jahren zwischen + 0,9 in Vluyn und -3,7 dt je ha in Haus Düsse, auf den Übergangslagen in Steinheim-Breitenhaupt betrug der Minderertrag im Mittel schon beachtliche 5,8 und auf den Höhenlagen in Altenmellrich deutliche 12 dt je ha. Auf den Lößstandorten konnten lediglich in drei von neun Jahren höhere Stoppelweizenerträge erzielt werden. Auf den Lehmstandorten war dieses in sieben von insgesamt 16 unmittelbaren Vergleichen und auf den Übergangs- und Höhenlagen in fünf von 15 Versuchen aus sieben beziehungsweise acht Versuchsjahren zugunsten des Stoppelweizens der Fall.

Entscheidender sind die wirtschaftlichen Vergleiche der konkurrierenden Wintergetreidearten über die bereinigten Marktleistungen, bei denen die jeweiligen Ertragsleistungen, Erlöse und Produktionskosten der Getreidearten verrechnet werden. Da zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht alle Ertragsdaten vorlagen, beziehen sich die folgenden Aussagen dazu, wenn nicht anders ausgewiesen, auf die Versuchsjahre 2006 bis 2012. Hier zeigt sich auf den Lößstandorten, dass in diesen Jahren gleich nach dem Blattfruchtweizen überwiegend der Stoppelweizen die nächst höheren bereinigten Marktleistungen erbringt. In den letzten beiden der genannten Jahre übertraf allerdings Triticale den Stoppelweizen in der Wirtschaftlichkeit. In den Jahren 2012 und 2013 trifft dies ebenfalls, wenn auch in geringerem Maße, auf die Gerste zu. Auf den Lehmstandorten zeigt sich in vier von sieben Versuchsjahren, dass der Winterroggen eine leicht höhere wirtschaftliche Vorzüglichkeit besitzt als der Stoppelweizen. Auf den Höhenlagenstandorten folgt nach dem Blattfruchtweizen in vier von sechs Vergleichsjahren dagegen gleich Triticale mit der nächst höheren Wirtschaftlichkeit. Daher sollte auf den Lehm- und Höhenlagenstandorten durchaus auch Roggen oder Triticale verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wo standortbedingt häufiger Auswinterungsschäden zu erwarten sind, sollte dabei der Focus auf dem Roggenanbau liegen. Leider enttäuschen im aktuellen Jahr die Erzeugerpreise für Roggen.

Neben einer reinen Kalkulation des Ertrages und der Wirtschaftlichkeit können sich für einen Betrieb auch arbeitswirtschaftliche Vorteile ergeben, wenn beispielsweise noch ungenutzte Schlagkraftreserven bei andererseits knapper Arbeitszeit verfügbar sind. Zu beachten ist, dass in einer solchen Situation zwar relativ einfach eine größere Winterweizenanbaufläche mit nur unwesentlich mehr Arbeit bewirtschaften werden kann, demgegenüber jedoch gewisse Anbaurisiken stehen und betriebsindividuell abgewogen werden müssen: Ebenso wie innerhalb einer Getreideart Risikostreuung durch die Wahl des Saatzeitpunktes oder die Wahl von Sorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten vorgenommen werden kann, kann man diese auch über die Wahl der Getreideart beeinflussen. Hintergrund ist die Unwägbarkeit des Witterungsverlaufes und die Zunahme von Extremwitterungsereignissen, die das Vertrauen auf für nur eine Kulturart optimale Witterung in den nächsten Monaten sehr risikoreich macht. Darüber hinaus ist beim Stoppelweizen mit einem höheren Krankheitsdruck an der Halmbasis und dem Auftreten von Ährenfusariosen zu rechnen, was in der Folge mit erhöhten Aufwendungen von der Bodenbearbeitung bis hin zu erhöhten Fungizidaufwendungen, verbunden ist. Direkt- und Arbeitserledigungskosten steigen. Auch diese Schwierigkeiten gilt es, bei einer Entscheidung für oder gegen den Stoppelweizen zu berücksichtigen.

Winterweizen mit Weizen als Vorfrucht

Im Erntejahr 2013 standen in Nordrhein-Westfalen Ergebnisse von vier Landessortenversuchen mit insgesamt 13 Sorten zur Verfügung (Tabelle 2). Die Versuchsdurchführung entspricht der höheren Intensitätsvariante B3 bei den Landessortenversuchen Winterweizen nach Blattfrucht. Die Sorten wurden jeweils mit einer Standardbeize (B1) sowie in der zweiten Variante (B2) mit der Zusatzbeize Latitude zur Schwarzbeinigkeitsbekämpfung geprüft. Gegenüber dem Blattfruchtweizen-Landessortenversuch ist der N-Sollwert um 20 kg je ha erhöht (Tabelle 1). Die Intensitätskosten der beiden Varianten unterscheiden sich durch die Beizkosten. Die mit Latitude gebeizten Sorten mussten gegenüber der Normalbeize bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 16 € je dt einen wirtschaftlichen Mindestmehrertrag von 3,2 dt je ha erbringen. Beim Vergleich der Durchschnittserträge aus der B1-Variante (Standard-Beize) mit der B2-Variante (Latitude-Beize) zeigen in Tabelle 2 die unteren Zeilen, dass die Latitude-Sonderbeizung sich in diesem Jahr nur auf einem Standort als wirtschaftlich erwies. Bei der generellen Frage nach dem wirtschaftlich lohnenden Einsatz der teureren Wurzelschutzbeize Latitude mit dem Wirkungsschwerpunkt gegen den im Stoppelweizenanbau häufiger auftretenden bodenbürtigen Schwarzbeinigkeitserreger, geben einjährige und reine Mittelwertberechnungen lediglich eine grobe Orientierung. In der Vergangenheit hat sich herausgestellt, dass es entscheidender ist, nach möglichen sortenspezifischen Reaktionen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit auf die Latitude-Beize zu schauen. Eine Betrachtung der Ergebnisse über mehrere Jahre und Orte zeigt dabei, dass lediglich bei den Sorten Winnetou und Inspiration die Sonderbeize meist wirtschaftlich war, und bei diesen damit eingesetzt werden sollte. Züchterisch verwertbare Resistenzen gegenüber dem Erreger der Schwarzbeinigkeit sind bislang keine gefunden worden.

Zur Beurteilung der generellen Stoppelweizen-Anbaueignung der Weizensorten sind in Tabelle 2 die diesjährigen Einzelstandort-Erträge im Mittel der beiden Varianten B1 und B2 aufgeführt. Die Ertragsleistungen der Sorten präsentieren sich zwischen den vier Standorten und drei Ackerbauregionen zum Teil sehr unterschiedlich. Für eine abgesicherte Sortenempfehlung sind die in Tabelle 3 aufgeführten Mehrjahresergebnisse entscheidend. Die daraus resultierenden Sortenempfehlungen sind Tabelle 4 zu entnehmen. Neben der Beurteilung der Ertragsleistung der einzelnen geprüften Stoppelweizensorten, spielen besonders die "Schwächen" eine wichtige Rolle. Besonders die Problemkrankheiten Halmbruch, DTR und Ährenfusariumanfälligkeit sind zu beachten, da viele der leistungsfähigen und empfohlenen Stoppelweizensorten in diesen Merkmalen nur durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Widerstandsfähigkeiten zeigen. Entsprechend sind diesbezüglich die pflanzenbaulichen Maßnahmen, wie Fungizidwahl und -strategie, zu wählen.

Hinweise zur Aussaat

Neben den speziellen Eigenschaften der Sorten gilt es beim Stoppelweizenanbau noch einige ackerbauliche Punkte zu beachten. Wird das Stroh der Vorfrucht nicht abgefahren, muss unbedingt für eine sehr gute Stroh-Häckselqualität und Stroh-Verteilung durch den Mähdrescher gesorgt werden. Bei der Stoppelbearbeitung und Saatbettbereitung beziehungsweise der Entscheidung Pflug-oder Mulchsaat ist das Risiko einer grünen Brücke, also die Übertragung verschiedener Krankheiten die auf Pflanzenmaterial, wie Stoppelresten, überdauern, möglichst gering zu halten. Ferner ist die Strohverdaulichkeit des Bodens und die Mineralisierungsgeschwindigkeit zu beachten und gegebenenfalls mit höheren Saatstärken, höherer N-Düngung oder N-Ausgleichsdüngung (Gülle?) zu reagieren. Ein weiteres Problem bei einer "Monokultur" kann die spezifische und aufwendigere Gräserbekämpfung sein.

Der Saatzeitpunkt sollte nicht zu früh gewählt werden, da man sich hiermit weitere Risikofaktoren einhandelt, wie beispielsweise eine stärkere Frühinfektion mit bodenbürtigen Krankheiten im Herbst. Mulchsaat ist hier besonders betroffen. Schwarzbeinigkeit, Halmbruch, die höhere Gefährdung mit Ährenfusarium sowie Blattseptoria und DTR können die Intensitäten beträchtlich erhöhen. Das Ertrags- und Qualitätsrisiko steigt. Weiterhin kann unter warmen Herbstbedingungen und zu früher Saat ein Befall mit dem durch Blattläuse übertragbaren Gelbverzwergungsvirus auch beim Weizen zu höheren Insektizidaufwendungen führen. Mit Blick auf das vergangene Auswinterungsjahr kann ein durch zu frühe Saat zu weit entwickelter Bestand unter Umständen nicht ausreichend winterfest sein, die Sorte Winnetou ist zum Beispiel sehr empfindlich, was durch einen späten Eintritt in die Vegetationsruhe oder einen wüchsigen Herbst noch verschärft werden kann. Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau des Blattfruchtweizens bewegen. Unter ungünstigeren Mulchsaatbedingungen mit größeren oder ungleichmäßig verteilten Strohrückständen in der Krume ist die Saatstärke um 20 bis 30 Körner je m² zu erhöhen.

Autor: Dr. Kathrin Bürling