Landessortenversuche Winterweizen 2014 - Stoppelweizen

Winterweizen, Beizung mit LatidudeBild vergrößern
Stoppelweizen: Unterschiede zwischen „ohne Latitude-Beizung“ - links - und „mit Latitude-Beizung“ - rechts. Der rechte Bestand präsentiert sich grüner.

Stoppelweizen kann sich lohnen

In den Landessortenversuchen werden auch immer Sorten für den Stoppelweizenanbau getestet. Dr. Kathrin Bürling, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, stellt die aktuellen Ergebnisse vor.

Der Stoppelweizenanbau hat sich immer stärker ausgeweitet. Zum Teil hat er auch die Wintergerste verdrängt. Vor dem Hintergrund des kommenden Greenings könnten sich die Verhältnisse allerdings wieder ändern. Im Vergleich zu Wintergerste, Triticale und Winterroggen können die hohen Erträge des Stoppelweizens sowie die in der Regel höheren Erzeugerpreise ökonomisch interessanter sein. In diesem Jahr lagen im Mittel der Sorten und der vier Standorte, an denen sowohl Blattfruchtweizen als auch Stoppelweizen im Landessortenversuch angebaut wurde, die Blattfruchtweizen- und Stoppelweizenerträge auf einem Niveau.

Besonderheiten des Stoppelweizenanbaus

Beim Ertragsvergleich zwischen Blattfrucht- und Stoppelweizen der letzten zwölf Versuchsjahre auf Lößstandorten (Kerpen-Buir) ergibt sich im Mittel der Sorten ein Ertragsvorteil von 5,4 dt je ha zugunsten des Blattfruchtweizens. Auf den Lehmstandorten lag der Mehr- oder Minderertrag des Stoppelweizens gegenüber dem Blattfruchtweizen in den letzten zehn Jahren zwischen + 1,3 in Vluyn und - 3,0 dt je ha. Auf den Lößstandorten konnten lediglich in drei von elf Jahren höhere Stoppelweizenerträge erzielt werden. Auf den Lehmstandorten war dieses in neun von insgesamt 20 Vergleichen und auf den Höhenlagen in zwei von acht Versuchen zugunsten des Stoppelweizens der Fall.

Entscheidender noch als der Ertragsvergleich zwischen Blattfrucht- und Stoppelweizen sind letztlich die wirtschaftlichen Vergleiche der konkurrierenden Wintergetreidearten über die bereinigten Marktleistungen, bei denen die jeweiligen Erträge, Erlöse und Produktionskosten verrechnet werden. Hier zeigt sich auf den Lößstandorten, dass gleich nach dem Blattfruchtweizen 2006, 2007 und 2010 der Stoppelweizen die nächst höheren bereinigten Marktleistungen erbringt. In den letzten vier Jahren übertraf allerdings der Triticale den Stoppelweizen in der Wirtschaftlichkeit, in den letzten drei Jahren ebenso die Wintergerste.

Auf den Lehmstandorten zeigt sich in fünf von neun Versuchsjahren, dass der Winterroggen eine gleiche bis leicht höhere wirtschaftliche Vorzüglichkeit gegenüber dem Stoppelweizen besitzt. Auf den Höhenlagenstandorten folgt nach dem Blattfruchtweizen in fünf von acht Vergleichsjahren dagegen gleich der Triticale mit der nächst höheren Wirtschaftlichkeit. Daher sollte auf den Lehm- und Höhenlagenstandorten durchaus auch dem Roggen oder dem Triticale verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wo standortbedingt häufiger Auswinterungsschäden zu erwarten sind, sollte dabei der Focus auf dem Roggenanbau liegen. Leider enttäuschen im aktuellen Jahr sowohl erneut die Erzeugerpreise für Roggen als auch für Triticale.

Neben einer reinen Wirtschaftlichkeit können sich auch arbeitswirtschaftliche Vorteile durch den Stoppelweizenanbau ergeben. Relativ einfach kann eine größere Winterweizenanbaufläche mit nur unwesentlicher Ausweitung der Arbeitserledigungszeitspannen bewirtschaftet werden. Demgegenüber stehen jedoch auch gewisse Anbaurisiken, die betriebsindividuell abgewogen werden müssen.

Ebenso wie innerhalb einer Getreideart eine Risikostreuung durch die Wahl des Saatzeitpunktes (Spätsaatverträglichkeit) oder die Wahl von Sorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten vorgenommen werden kann, kann man diese auch über die Wahl der Getreideart beeinflussen. Die Unwägbarkeit der Witterung und die Zunahme von Extremen machen ein Vertrauen auf optimale Witterung der nächsten Monate für nur eine Kulturart, wie Blattfrucht - oder Stoppelweizen, hoch risikoreich. Darüber hinaus ist beim Stoppelweizen mit einem höheren Krankheitsdruck an der Halmbasis und dem Auftreten von Ährenfusariosen zu rechnen, was mit erhöhten Aufwendungen bei der Produktionstechnik, von der Bodenbearbeitung bis hin zu erhöhten Fungizidaufwendungen, verbunden ist. Direkt- und Arbeitserledigungskosten steigen. Auch diese Schwierigkeiten gilt es bei einer Entscheidung für oder gegen den Stoppelweizenanbau zu berücksichtigen.

Winterweizen mit Weizen als Vorfrucht

Zur Ernte 2014 standen in Nordrhein-Westfalen Ergebnisse von vier Landessortenversuchen mit insgesamt 14 Sorten zur Verfügung (Tabelle 2). Die Versuchsdurchführung entspricht der höheren Intensitätsvariante B3 bei den Landessortenversuchen Winterweizen nach Blattfrucht, sodass sich auch hier wie beim Blattfruchtweizen bereits erläutert ergeben haben. Unberührt davon wurden die Sorten wie immer mit einer Standardbeize (B1 und B2) sowie in der zweiten Variante (B2) zusätzlich mit der Zusatzbeize Latitude mit Schwerpunkt Schwarzbeinigkeitsbekämpfung geprüft. Gegenüber dem Blattfruchtweizen-Landessortenversuch ist der N-Sollwert um 20 kg je ha erhöht (Tabelle 1).

Die Intensitätskosten der beiden Varianten unterscheiden sich durch die Beizkosten. Die mit Latitude gebeizten Sorten mussten gegenüber der Normalbeize bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 15 € je dt einen Mehrertrag von 2,8 dt je ha erbringen. Beim Vergleich der Durchschnittserträge (Mittel über die Sorten) aus der B1-Variante (Standard-Beize) mit der B2-Variante (Standardbeize plus Latitude-Beize) zeigen in der Tabelle 2 die unteren Zeilen, dass die Latitude-Sonderbeizung sich in diesem Jahr am Standort Kerpen-Buir als wirtschaftlich, am Standort Neukirchen-Vluyn „gerade eben“ wirtschaftlich und an den zwei weiteren Standorten als nicht wirtschaftlich erwiesen hat.

In Neukirchn-Vluyn konnte in diesem Jahr ein verstärktes Auftreten von Schwarzbeinigkeit in der B1 ohne Spezial-Zusatzbeize beobachtet werden. Laboruntersuchungen konnten den Befall mit dem Erreger bestätigen sowie etwaige zusätzliche Infektionen mit gleicher Symptomatik ausschließen. Ursachen dieses Jahreseffekt könnten Trockenheit nach der Ernte, die zu einer geringen Verrottungsrate organischer Masse und damit der Schaffung von Überdauerungsmöglichkeiten für den Erreger sorgte, sowie der milde Herbst, Winter und ein trockenes Frühjahr sein, die der weiteren Erregerenwicklung zuträglich waren.

Bei der generellen Frage nach dem lohnenden Einsatz der teureren Wurzelschutzbeize Latitude geben einjährige und reine Mittelwertberechnungen lediglich eine grobe Orientierung. In der Vergangenheit hat sich herausgestellt, dass es entscheidender ist, nach sortenspezifischen Reaktionen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit auf die Latitude-Beize zu schauen. Dabei zeigt sich, dass lediglich bei der Sorte Inspiration und auch bei Lear die Sonderbeize überwiegend wirtschaftlich war, und bei diesen damit auf jeden Fall eingesetzt werden sollte. Die neuere Sorte Elixer sowie Matrix zeigen über ihre ersten drei oder vier Prüfjahre die Tendenz, dass sie überwiegend wirtschaftlicher ohne eine Zusatzbeize auskommen. Bei den übrigen Sorten zeigen sich sehr variable Ergebnisse, sodass hier das persönliche Sicherheitsbedürfnis des Praktikers für oder gegen eine Zusatzbeize entscheidet. Züchterisch verwertbare Resistenzen gegenüber dem Erreger der Schwarzbeinigkeit sind bislang keine gefunden worden.

Zur Beurteilung der generellen Stoppelweizen-Anbaueignung der Weizensorten sind in Tabelle 2 die Erträge der beiden Varianten B1 und B2 aufgeführt. Die Leistungen der Sorten präsentieren sich zwischen den vier Standorten in den drei Ackerbauregionen zum Teil sehr unterschiedlich. Für eine abgesicherte Sortenempfehlung sind die in Tabelle 3 aufgeführten Mehrjahresergebnisse entscheidend. Die daraus resultierenden Sortenempfehlungen sind Tabelle 4 zu entnehmen.

Bei den Futterweizensorten Winnetou und Anapolis ist die Schwäche in der Winterfestigkeit zu beachten. Insbesondere Winnetou sollte in den Höhenlagen auf keinen Fall zu früh gesät werden, da in Jahren mit strengem Winter das Risiko der Auswinterung besonders hoch sein kann. Die C-Sorten Lear und Elixer zeigen eine spezielle Eignung für Übergangslagen, wie Steinheim-Breitenhaupt, also Lagen in 150 bis 200 m N.N., ebenso in der Tendenz die B-Sorte Smaragd, die daher auf den Höhenstandorten eingeschränkt empfohlen werden. Auf den Lehmstandorten zeigten sich die Sorten Anapolis und Boxer über zwei Jahre mit stark schwankenden Leistungen, die diesjährig die Standfestigkeit und Gelbrostanfälligkeit dieser beiden Sorten widerspiegelt.

Neben der Beurteilung der Erträge der einzelnen Stoppelweizensorten spielen agronomische Schwächen eine wichtige Rolle. Besonders die Problemkrankheiten Halmbruch, DTR und Ährenfusariumanfälligkeit sind zu beachten, da viele der leistungsfähigen und empfohlenen Stoppelweizensorten in diesen Merkmalen nur durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Widerstandsfähigkeiten zeigen. Entsprechend sind die acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen, wie Fungizidwahl und -strategie, zu wählen.

Ebenso wie in den LSV-Blattfruchtweizen wurden in den LSV-Stoppelweizen von den stark fusariumanfälligen Sorten Laboranalysen über mögliche DON-Gehalte im Erntegut durchgeführt. An zwei Standorten lagen die Werte für alle Sorten unter der analytischen Nachweisgrenze von 0,2 mg/kg. An den beiden anderen Prüforten Vluyn und Altenmellrich konnten in den Sorten Tobak mit jeweils 0,3 mg/kg und Boxer mit 0,3 und 0,5 mg/kg leicht erhöhte, jedoch noch weit unter dem Grenzwert von 1,25 mg/kg liegende DON-Gehalte festgestellt werden.

Hinweise zur Aussaat

Neben den speziellen Eigenschaften der Sorten gilt es beim Stoppelweizenanbau noch einige besondere ackerbauliche Punkte zu beachten. Wird das Stroh der Vorfrucht nicht abgefahren, muss unbedingt für eine sehr gute Stroh-Häckselqualität und Stroh-Verteilung durch den Mähdrescher gesorgt werden. Bei der Stoppelbearbeitung und Saatbettbereitung sowie der Entscheidung Pflug- oder Mulchsaat ist das Risiko einer grünen Brücke, also die Übertragung verschiedener Krankheiten, die auf den Stoppelresten, überdauern, möglichst gering zu halten. Ferner ist die Strohverdaulichkeit des Bodens und die Mineralisierungsgeschwindigkeit zu beachten und gegebenenfalls mit höheren Saatstärken, höherer N-Düngung oder N-Ausgleichsdüngung (Gülle?) zu reagieren. Ein weiteres Problem bei einer Monokultur kann die spezifische und aufwendigere Gräserbekämpfung sein.

Mit Blick auf den Saatzeitpunkt sollte dieser nicht zu früh gewählt werden, da man sich hiermit weitere Risikofaktoren einhandelt, wie beispielsweise eine stärkere Frühinfektion mit bodenbürtigen Krankheiten im Herbst. Mulchsaat ist hier besonders betroffen. Schwarzbeinigkeit, Halmbruch, die höhere Gefährdung mit Ährenfusarium sowie Blattseptoria und DTR können unter solchen Bedingungen die Intensitäten beträchtlich erhöhen. Das Ertrags- und Qualitätsrisiko steigt. Weiterhin kann unter warmen Herbstbedingungen und zu früher Saat ein Befall mit dem durch Blattläuse übertragbaren Gelbverzwergungsvirus auch beim Weizen zu höheren Insektizidaufwendungen führen. Mit Blick auf das Auswinterungsjahr 2011/2012 kann ein durch zu frühe Saat zu weit entwickelter Bestand unter Umständen nicht ausreichend winterfest sein. Die Sorte Winnetou zum Beispiel ist sehr empfindlich, was durch einen späten Eintritt in die Vegetationsruhe und einen wüchsigen Herbst noch verschärft werden kann.

Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau des Blattfruchtweizens bewegen. Unter ungünstigeren Mulchsaatbedingungen, größeren oder ungleichmäßig verteilten Strohrückständen in der Krume ist die Saatstärke um 20 bis 30 Körner je m² zu erhöhen.

Autor: Dr. Kathrin Bürling