Landessortenversuche Winterweizen 2012

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Winterweizen

Unerwartet hohe Erträge beim Winterweizen

Der extreme Winter zeigte landesweit seine Auswirkungen auf die Winterweizenbestände. Umso überraschender ist nach den Ergebnissen der besonderen Ernteermittlung (BEE) das landesweit erzielte hohe Ertragsergebnis von 86,3 dt je ha. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch erläutern, wie die Sorten sich in den Landessortenversuchen präsentierten.

Die zwischen März bis Juni vorherrschende kühle, sonnenscheinarme Witterung bei aber passenden Niederschlägen zu den entscheidenden Entwicklungsstadien sorgte offensichtlich für die noch sehr guten Erträge des Weizens. Im abgelaufenen Vegetationsjahr waren die Winterhärte, die Fallzahlstabilität sowie regional etwas stärker auch die Ährenfusariumanfälligkeit der Weizensorten die beherrschenden Themen in der Beratung und der Praxis.

Anbauentwicklung

Die Winterweizen-Anbaufläche in Nordrhein-Westfalen verzeichnet in den letzten vier Jahren einen stetigen Rückgang, der in diesem Jahr besonders drastisch war durch die auswinterungsbedingten Umbrüche. Von rund 291 800 ha 2009 ist sie im aktuellen Anbaujahr um 54 000 ha auf 237 800 ha gesunken. Gegenüber dem Vorjahr betrug die Abnahme der Weizenanbaufläche rund 35 000 ha, wobei aber rund 30 000 bis 31 000 ha allein der Auswinterung anzulasten sind.

In NRW bewegt sich in den letzten 18 Jahren der Weizenertrag in der Praxis relativ stabil zwischenbeachtlichen 80 und 90 dt je ha. In nur vier Erntejahren lag der Ertrag unter 80 dt je ha, im bundesweiten Vergleich liegt NRW im Ertragsniveau genau um 10 dt je ha höher. Verglichen mit dem durchschnittlichen Weizenertrag der Industrienationen in Höhe von rund 29 dt je ha liegt das Weizenertragsniveau in NRW damit auf einem sehr hohen und recht stabilen Niveau. Trotz der seit Mitte der 90iger Jahre gesunkenen Erzeugerpreise und der damit erforderlichen Einsparungen bei der Produktionstechnik sowie der im letzten Jahrzehnt gehäuft aufgetretenen Witterungsextrema ist es gelungen, die Erträge auf diesem sehr hohen, stabilen Niveau zu halten. Dieses ist eine beachtliche Leistung und muss im Zusammenhang mit den Leistungen der Pflanzenzüchtung, auch wenn sie vielfach in der Praxis nicht so deutlich wahrgenommen wird, des Pflanzenschutzes sowie der Fortentwicklung des gesamten produktionstechnischen Know how gesehen werden.

Die Auswirkungen des Witterungsverlaufs 2011/12 auf die Erträge des Winterweizens in den Landessortenversuchen sind in der Tabelle 1 dargestellt. In den Höhenlagen sind die Versuche wegen der Auswinterung völlig ausgefallen, keine Sorte hat überlebt. Auf den Lehmstandorten differenzierten die Sorten hinsichtlich ihrer Winterhärte am deutlichsten. Damit erklärt sich dort das insgesamt etwas niedrigere Ertragsniveau. Erwartungsgemäß litten die Bestandesdichten am deutlichsten. Die nur gering niedrigeren TKM sowie leicht erhöhten Kornzahlen je Ähre konnten zwar noch einiges kompensieren, aber die Erträge nicht ausgleichen. Trotzdem ist das dort erzielte Ertragsniveau im Vergleich zu vielen anderen Vorjahren noch befriedigend. Infolge der höheren Bestandesdichten und der Kornzahlen je Ähre bei niedrigeren TKM konnte auf den Lößböden noch ein gutes Ertragsniveau erzielt werden.

Beachtlich sind die Erträge auf den Sandböden. Hier zeigt sich, wie schon bei der Wintergerste, Winterroggen und Triticale, dass bei günstiger Niederschlagsverteilung hohe Erträge möglich sind. Höhere Bestandesdichten, höhere Kornzahlen je Ähre bei insgesamt hohem TKM-Niveau führten gegenüber dem Vorjahr zu dem sehr guten Ergebnis.

Die Landessortenversuche

In Nordrhein-Westfalen wurden im Herbst 2011wieder auf insgesamt neun Standorten die Landessortenversuche Winterweizen ausgedrillt. Auswinterungsbedingt konnten die Höhenlagen nicht in die Auswertung einbezogen werden. Auch aus Niedersachsen konnten statt der sonst möglichen sieben nur vier Versuchsergebnisse in die Auswertung einbezogen werden. Damit stehen insgesamt nur zehn Ergebnisse für eine Leistungsbewertung der Weizensorten zur Verfügung. Diese Landessortenversuche beinhalten das vom Sortenumfang her größte normal- bis etwas spätreifere Sortensortiment. In den Versuchen sind die in den Regionen mehrjährig bewährten Sorten vertreten, die in den Wertprüfungen des Bundessortenamtes besten neuen Sorten unter nordwestdeutschen Anbaubedingungen und die besten aus den EU-Versuchen ermittelten Sorten. Zweijährig unterdurchschnittlich abgeschnittene Sorten werden nicht mehr weiter geprüft. Diese dynamische Sortenkandidatenwahl für die Landessortenversuche sichert in NRW eine frühzeitige, umfängliche und lückenlose Prüfung aller zurzeit verfügbaren Leistungsträger im deutschen und europäischen Winterweizensortiment.

Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte, wie immer, in drei Intensitätsvarianten, siehe Tabelle 2.

Als Grundlage für die Beurteilung und die Sortenempfehlung wird das Ertragsmittel aus der mittleren (B2) und der höheren Intensitätsvariante (B3) herangezogen. Diese Werte sind in den Ertragstabellen aufgeführt. Zwischen diesen beiden Varianten bewegt sich, je nach Jahr und Standort immer wieder verschieden, die produktionstechnische optimale Intensität.

Die Produktionstechnik der mittleren Intensitätsvariante (B 2) ist darauf ausgerichtet, die Merkmale Gesundheit in der früheren Wachstumsperiode sowie die Standfestigkeit der Weizensorten im Einfluss auf die Ertragsleistung dergestalt zu testen, indem mit den pflanzenbaulichen Schutzmaßnahmen entsprechend später, erst ab EC 37 zum Fahnenblattstadium begonnen wird.

In Tabelle 2 sind die wirtschaftlich notwendigen Mindestmehrerträge aufgeführt, die durch die höheren Intensitätsvarianten aufgrund der aktuellen Erzeugerpreis-Kostenverhältnisse erzielt werden mussten. In Tabelle 3, in den unteren Zeilen, zeigt sich, dass unter den diesjährigen Bedingungen auf allen Versuchsstandorten im Mittel über die Sorten die mittlere und höhere Intensität sicher wirtschaftlich gewesen waren. Bei Vergleich der mittleren mit der höheren Intensitätsstufe rechnete sich allerdings nicht mehr an allen Standorten die höhere Intensitätsstufe (B3).

Die Leistungen der Sorten

In Tabelle 3 sind die Sorten nach dem Gesamt-Durchschnittsergebnis 2012 sortiert aufgeführt. Die niedersächsischen Einzelstandortergebnisse sind in der Tabelle nicht verzeichnet, in den Mittelwerten über die Anbauregionen aber berücksichtigt. Einige Sorten sind nur noch in den Anbauregionen geprüft worden, in denen sie in den vergangenen Jahren bessere Leistungen zeigten.

Dass tatsächlich nur die besten Sorten in den Landessortenversuchen geprüft werden, zeigt sich auch in diesem Jahr wieder an der hohen Leistungsdichte. Die Ergebnisse zwischen den durchschnittlichen und überdurchschnittlichen Sorten liegen dicht beieinander. Lediglich die durch die Auswinterung betroffenen Sorten auf den Lehmstandorten zeigen in diesem Jahr entsprechend größere Unterschiede in ihren Erträgen. Diese dürfen daher nicht überbewertet werden - sowohl positiv wie beispielsweise bei der mehrjährig geprüften Sorte Julius, als auch negativ, wie zum Beispiel bei der ebenfalls schon mehrjährig geprüften Sorte JB Asano.

Auch lässt sich erneut feststellen, dass zwischen den besten mehrjährig geprüften und den neueren zwei- und erstjährig geprüften Sorten keine sicheren Ertragsunterschiede bestehen. Die bislang empfohlenen, mehrjährig geprüften Sorten zeigten damit auch 2012 ein hohes, sicheres Leistungsvermögen. Zwischen den besten C-, B- und A- Sorten bestehen ebenfalls keine Leistungsunterschiede. Dieser Umstand erleichtert vor allem für den reinen Marktfruchtbaubetrieb die Sortenwahlentscheidung hinsichtlich einer höher qualitativen Sorte mit dem Ziel einer flexibleren Vermarktungsmöglichkeit.

In der Tabelle 4 sind - als sichere Beurteilungsgrundlage für die mehrjährigen Leistungen der Sorten - die über die letzten, maximal fünf Prüfjahre erzielten Erträge, zusammengefasst. Aus dieser lassen sich eine spezifische Standorteignung sowie die Ertragstreue einer Sorte beurteilen. In Tabelle 5 sind die Sortenempfehlungen für die verschiedenen Ackerbauregionen aufgeführt. Langjährige Ertragsanalysen zu den empfohlenen Sorten sowie deren pflanzenbaulichen Stärken und Schwächen sind Tabelle 6 zu entnehmen. Insbesondere der in der Tabelle aufgeführte unterschiedliche Ertragsstrukturaufbau (vor allem Bestandesdichte und TKM-Leistung) der empfohlenen Sorten sollte bei der erforderlichen Aussaatstärke stärker berücksichtigt werden. Auch bei einem eventuellen Vergleich eines dünner stehenden JB Asano-Schlages mit einem dichter stehenden Smaragd-Schlag kann diese Tabelle hilfreich sein, damit keine falschen Schlussfolgerungen gezogen werden, dass einem JB Asano doch noch Stickstoff fehlen könnte.

Die in Tabelle 6 aufgeführten Stärken, aber auch Schwächen, der empfohlenen Sorten sind zu beachten und bei der Sortenwahl in Abhängigkeit der betriebsindividuellen Gegebenheiten, wie vor allem Höhenlage, Fruchtfolge und Bodenbearbeitung, wie beispielsweise Mulchsaat, zu berücksichtigen. Dieses gilt vor allem für die Merkmale Winterhärte, die Fallzahlstabilität mit Blick auf eine Vermarktung oder Eigenverfütterung, und Ährenfusariumanfälligkeit. Viele mehrjährig ertragstreuen, ertragspotenten und daher empfohlene Sorten (Tabelle 6) haben als gemeinsames Merkmal leider die höhere Ährenfusariumanfälligkeit (Tabelle 7). Dabei ist zu beachten, dass die Einstufungsnote 5 oder 6 in der Praxis keinen spürbaren Unterschied in der potenziellen Ährenfusariumgefahr bedeutet. Mittlerweile regelmäßig durchgeführte Mykotoxin-Untersuchungen zeigen, dass beim Einhalten bestimmter Fruchtfolgegegebenheiten (Mais), Bodenbearbeitung (pflügen) und schließlich bei einer gezielten späteren Fungizidmaßnahme in EC 59/61 (B2- und B3-Variante der Landessortenversuche, Tabelle 2) keine höheren Risiken auftreten müssen. Unbedingte Voraussetzungen dafür sind allerdings, dass der optimale Termin und die erforderliche Fungizidaufwandmenge eingehalten werden.

Frühere Untersuchungen aus Bayern zeigen, dass bei zu niedrig eingesetzter Wirkstoffmenge sogar der DON-Gehalt steigen kann. Auch dieses Jahr zeigen sich bei den höher anfälligen Sorten in den Landessortenversuchen keine vermarktungsrelevanten Probleme. Es wurden Werte von kleiner 0,2 bis maximal 0,8 mg DON je kg ermittelt. Daher können auch mit solchen Sorten unter Beachtung entsprechender pflanzenbaulicher Grundsätze sichere, gesunde und vermarktbare Weizenpartien erzeugt werden. Nach der EU-Mykotoxin-Verordnung gilt für gereinigtes Getreide ein höchstzulässiger DON-Wert von 1,25 mg/kg.

Die in Tabelle 7 aufgeführten Eigenschaften der Sorten ermöglichen in Abhängigkeit der betriebsindividuellen Standort- und Fruchtfolgegegebenheiten sowie des Düngungsregime (organische Düngung), aber auch Bodenbearbeitungsverfahren eine Feinjustierung der Sortenwahl.

Eine jedes Jahr überragende, sichere Sorte gibt es nicht. Die in den Tabelle 6 und 7 aufgeführten Merkmale ermöglichen einen entsprechend gezielten Fungizideinkauf bezüglich der erforderlichen Wirkungsstärken gegenüber bestimmten Krankheiten.

Auswuchs und Fallzahlstabilität

Ein spezielles Qualitätsproblem, insbesondere bei spät gedroschenen Weizenpartien, kann die Fallzahl sein. Dieses tritt häufig in den Erntejahren auf, in denen nach der Voll- und Totreife des Weizens länger anhaltender Niederschlag auftritt. Mit solchen Verhältnissen ist nicht in jedem Jahr, sondern im Schnitt nur alle fünf Jahre zu rechnen, sodass die Fallzahlstabilität einer Sorte zwar mit berücksichtigt, aber nicht zum einzigen Sortenwahlkriterium herangezogen werden sollte.

Die Höhe der Fallzahl wird durch die Aktivität der stärkeabbauenden Enzyme zunächst in der äußeren Aleuronschicht, aber im Weiteren auch im Endosperm (Mehlkörper) des Weizenkorns bestimmt. Dieser Vorgang ist bei der Keimung des Weizenkorns erforderlich, um den Embryo mit lebenswichtigen Substanzen zu versorgen. Niedrige Fallzahlen beeinträchtigen die Backqualität durch die Schwächung der Krumenelastizität der Gebäcke. Bei Fallzahleinstufungen von Sorten mit 3 kann häufig schon bei normalen Abreife- und Erntebedingungen die von der Vermarktungsseite geforderte Mindestfallzahl von 220 s nicht erreicht werden. Je mehr Stärke im Korn durch die Amylasen in zuckerartige Vorsubstanzen abgebaut wurde, desto niedriger ist die Fallzahl, in Sekunden gemessen. Die Viskosität der Stärkeaufschwemmung mit Wasser wird geringer. Sind die Fallzahlen sehr niedrig, und noch keine Keimlinge sichtbar, spricht man von verdecktem Auswuchs, sind sie bereits sichtbar, von offenem Auswuchs.

In Tabelle 7 ist zu vielen Sorten die Fallzahlstabilität aus eigenen Ermittlungen aufgeführt. Sorten mit einer geringen Fallzahlstabilitätsnote zeigten in den Landessortenversuchen in den vergangenen Jahren und auch wieder diesjährig bei unterschiedlichen Ernteterminen im jeweils gleichen Jahr ein besonders schnelles Sinken der Fallzahl. Solche gefährdeteren Sorten sollten, wenn möglich, immer bevorzugt gedroschen werden.

Welche Intensitätsstufe lohnt sich?

Bereits mehrjährig werden in den Landessortenversuchen die drei Intensitätsvarianten B1, B2 und B3 bei gleicher Stickstoffdüngung durchgeführt. Diese Vorgehensweise soll die Frage beantworten, ob es gegebenenfalls Sorten gibt, die aufgrund ihrer besseren Gesundheit sowie sonstiger guter Merkmale einen verhalteneren Pflanzenschutz oder Wachstumsreglereinsatz benötigen. Ermitteln lässt sich dieses, wenn von mehreren Orten und Jahren errechnet wird, in welcher der drei Intensitätsstufen die Sorten in den Einzeljahresversuchen die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielen. Die Schwankungen sind je nach Jahr und Standort groß. Auch die jeweiligen Erzeugerpreise in den Jahren beeinflussen die Wirtschaftlichkeit verschieden intensiver Produktionssysteme. Daher lassen sich aus diesen Ergebnissen lediglich sortenspezifische Tendenzen zur erforderlichen Behandlungsbedürftigkeit ableiten. Diese kann allerdings dann hilfreich sein, wenn es um eine in ihrer Notwendigkeit als nicht ganz sicher zu beurteilende Fungizidmaßnahme geht. Sortenspezifische Angaben hierzu sind Tabelle 6 zu entnehmen.

Nur die besten Sorten kommen und bleiben in den Landessortenversuchen!

Aus der Praxis kommt immer wieder die Frage, warum die eine oder andere Sorte nicht oder nicht mehr in den Landessortenversuchen geprüft wird, sie sei doch noch so gut.

Die beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes 2012 führt rund 135 eingetragene Winterweizensorten auf, inklusive EU-Sorten. Letztere sind Sorten, die in anderen EU-Staaten zugelassen und in Deutschland damit auch vertriebsfähig sind. Bevor eine neue Sorte durch das Bundessortenamt zugelassen und dann auch in die beschreibende Sortenliste eingetragen wird, muss sie 3 Jahre lang im gesamten Bundesgebiet auf insgesamt rund 53 Standorten ihren „Wert“ (Ertragsleistung, Qualität, Gesundheit etc.) zeigen (Wertprüfungen). Parallel dazu wird in einer 2-jährigen Registerprüfung untersucht, ob die zuzulassende Sorte beständig, homogen, unterscheidbar und neu ist. Sind letztere Merkmale in Ordnung und zeigt sie darüber hinaus auch einen „landeskulturellen“ Wert, d.h. sie ist in irgendeinem Merkmal bzw. einer Merkmalkombination besser als bereits eingetragene Sorten, wird sie zugelassen und eingetragen.

Landessortenversuche haben die Aufgabe, diese zugelassenen Sorten auf ihre Eignung unter den spezifischen Standortverhältnissen der Länder, in den jeweiligen Anbauregionen zu prüfen. Um eine gezielte Auswahl solcher neuzugelassener Sorten vorzunehmen, werden von den drei Landwirtschaftskammern in Nordwestdeutschland (Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen) die in diesem Bereich durchgeführten etwa 20 3-jährigen Wertprüfungsversuche gesondert ausgewertet. Es werden dann nur die Sorten in die LSV aufgenommen, die unter den nordwestdeutschen Anbaubedingungen die besten Leistungen zeigten.

Nach einem ähnlichen Prinzip wird dieses Procedere mit EU-Sorten durchgeführt. Ist eine ausländische Züchterfirma der Auffassung, dass eine ihrer Sorten auch in Deutschland sehr gute Leistungen zeigen könnte, werden solche Sorten in speziell dafür eingerichteten EU-Sortenversuchen in Deutschland geprüft und nach erfolgreichem Abschneiden dann auch in die Landessortenversuche übernommen.

Diese Vorgehensweise führt insgesamt dazu, dass aus dem umfangreichen nationalen und internationalen Sortenangebot wirklich nur noch die absoluten Leistungsträger-Sorten in den LSV stehen. Es gibt daher keine noch besseren Sorten, auch wenn in der Praxis immer mal wieder vermeintliche Sorten-Geheimtipps die Runde machen, möglicherweise noch untermauert von gezielt selektierten, nur guten Praxisversuchsergebnissen, aus ganz anderen Landesteilen, aus einem Jahr, ohne Wiederholungen und zufallsverteilten Versuchsanlagen. Die hohe Leistungsdichte bzw. die relativ geringen Leistungsunterschiede der Sorten in den LSV zeigt die Richtigkeit dieser Vorgehensweise der Offizialberatung.

Bei der Beurteilung der Sortenleistungen auf dem eigenen Betrieb - mit einem immer zahlenmäßig sehr eingeschränkten Sortenspektrum - ist zu bedenken, dass sicher immer dann eine Sorte noch als gut beurteilt wird, wenn die betriebsindividuelle Ertragserwartung der Sorten erfüllt wird. Im Landessortenversuch dagegen müssen sich diese Sorten jedes Jahr in einem unter gleichen Bedingungen durchgeführten Leistungsvergleich von 20 – 30 „Konkurrenten“ messen und dieses auf vielen Einzelstandorten. Wenn sich zeigt, dass bestimmte Sorten über 2 Jahre auf vielen Standorten deutlich unterdurchschnittliche Leistungen zeigen, werden sie nicht mehr weiter geprüft. Wenn also eine in der Praxis noch verbreitet angebaute Sorte in den LSV mehrjährig und vielortig ertraglich nur noch mit relativ 95 abschneidet und es neue gibt, die gesichert mit relativ 105 deutlich besser abschneiden, dann muss dieses zur Kenntnis genommen werden. Nur so kann ein Züchtungsfortschritt neuerer Sorten über ein derart gestaltetes Landessortenversuchswesen exakt, sicher, gezielt und schnell in die Praxis umgesetzt werden.

Hinweise zur Aussaat

Voraussetzung für ein gutes Auflaufen und Überwintern der Saat ist eine dem Standort und den herrschenden Witterungsbedingungen angepasste sorgfältige Grundboden- und Saatbettbereitung sowie die Wahl der optimalen Saatzeit mit einer darauf abgestimmten Saatstärke.

Folgende Grundsätze sind zu beachten:

  • Saatzeit nicht überzogen früh wählen. Überwachsene, zu üppig entwickelte Winterweizenbestände werden früher mit Krankheiten befallen und können leichter Auswinterungsschäden erleiden, siehe die Sorte Winnetou. Im Mittel langjährig bewährte standortspezifische Saatzeiten sollten beachtet werden. Frühsaaten bringen nur in seltenen Fällen höhere Erträge.
  • Kontrolle auf Bodenverdichtungen in den Unterboden und damit Wasserverfügbarkeit verbessern.
  • Intensität der Saatbettbereitung in Abhängigkeit der jeweiligen Erntebedingungen der Vorfrüchte Kartoffeln, Raps oder Zuckerrüben durchführen. Mäuse- und Schneckenprobleme sollten dabei mit berücksichtigt werden.
  • Saatstärken nicht zu niedrig kalkulieren. Mit dem Vertrauen auf optimale Witterung im Spätherbst und Frühjahr bewegt man sich im Bereich des Risikos. Die geringe Bestockungszeit unter Kurztagsbedingungen sollte zum Nachdenken über vermeintlich optimale, kostengünstige Dünnsaaten führen. Fehlende Bestandesdichten können nicht immer ausreichend über Kornzahl je Ähre und TKM kompensiert werden. Deshalb bedeutet Ertragssicherung schon im Herbst, über eine ausreichende Saatstärke für eine sichere Bestandesdichte im nächsten Frühjahr zu sorgen. Der Aspekt des Feldaufgangs und der Überwinterungsrate  - von wie viel gesäten Körnern laufen tatsächlich auch kräftige, gut überwinterte Keimpflanzen auf? - sollten als Verlustkomponenten bei der Saatstärkenberechnung mit berücksichtigt werden. Die Einstufungen der sortenspezifischen Winterhärte ist der Abbildung zu entnehmen.

Die zu den Sorten in Tabelle 6 angegebenen optimalen Zielbestandesdichten für hohe Erträge können zudem ersatzweise in die Berechnung für die Saatstärken in Tabelle 8 eingesetzt werden.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch