Maissaatgut schon im Herbst bestellen?

Maissorten
Maissorten im Demonstrationsanbau

Die Sortenwahl und Saatgutbestellung bei Mais verlagert sich unabhängig von der Maisaussaat mit deutlichen regionalen Unterschieden zusehend in den Herbst. Erste Empfehlungen zur Sortenwahl gibt Norbert Erhardt, Landwirtschaftskammer NRW, Münster.

Während die Sortenwahl und die Saatgutbestellung für die Maisaussaat früher traditionell im Januar begann und schwerpunktmäßig im Februar lief, ist seit einigen Jahren regional unterschiedlich ein deutlicher Trend zu früheren Maissaatgutbestellungen zu erkennen. Neben der Kundenbindung bringt die Frühbestellung nach Aussagen der Saatgutwirtschaft eine zeitliche Flexibilität hinsichtlich der Saatgutaufbereitung und logistische Vorteile mit sich. Im örtlichen Landhandel bietet es sich natürlich auch an, Maissaatgutbestellungen mit dem „Weihnachts- oder Neujahrsgeschäft“ zu verbinden.

Der Stichtag am 28. Februar als letzter Bestelltermin für Saatgut mit Sonderbeizen hat durchaus nach wie vor   Bedeutung, fast jedes Züchtungsunternehmen räumt aber mittlerweile zumindest in der Werbung besondere Konditionen für die frühe Saatgutbestellung zu unterschiedlichen Stichtagen vor dem Jahreswechsel ein. Einige Anbieter werben sogar bereits beginnend mit der „Maisfeldtagssaison“ ab Ende August, mit gestaffelten Feldtags- und Frühbezugsrabatten für die frühe Sortenentscheidung zu einem Zeitpunkt, wo die Häcksler und Drescher noch laufen und die Ernte oft noch draußen steht.

Zweifelsfrei lässt sich das Produkt Maissaatgut in Sortendemonstrationen vor der Maisernte optisch sehr gut präsentieren, was für den Maisanbauer unbedingt den Vorteil hat, dass er die Sorte, die im nächsten Jahr aus dem Saatgut wachsen soll, auf dem Feld in Augenschein nehmen kann. Dabei können einige Sorteneigenschaften, wie etwa Wuchshöhe und Bestockungsneigung oder in diesem Jahr die Anfälligkeit für Turcicum-Blattflecken direkt begutachtet und mit anderen Sorten verglichen werden.

Transparente Saatgutpreise

Für den Landwirt erfreulich ist die mittlerweile transparente Preisgestaltung einzelner Anbieter. War es noch vor einigen Jahren üblich, dass der Mais in die Erde kam, bevor die Saatgutpreise bekannt waren, gehen heute einige Züchtungs- bzw. Vertriebsfirmen neue Wege und nennen schon jetzt verbindliche „Landwirtepreise“ sowie konkrete Rabatte für entsprechende Bestellmengen und den Bestelltermin. In Abhängigkeit vom Bestelltermin werden dem Landwirt dabei Frühbezugsrabatte bis zu einer Größenordnung von 5,- € / Einheit (50.000 Körner) eingeräumt. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass sich die Rabatte zum Teil auf den Listenpreis im März oder sogar zur Aussaat im April beziehen. Gegenüber den klassischen Bestellterminen in Januar oder Februar bleibt dann aber maximal ein Preisvorteil von 3,- € / Einheit bestehen. Bei einer Aussaatstärke von 9,0 Pflanzen/m²   ergibt sich daraus ein Vorteil bei den Saatgutkosten von gut 5,- €/ha. Eine Einsparung in vergleichbarer Größenordnung wäre z.B. Beispiel auch dadurch zu erzielen, wenn die Keimfähigkeit des Saatgutes 99 Prozent statt durchaus möglicher 96 Prozent entsprechen würde und dies dann bei der Aussaat auch Berücksichtigung fände.

In Ertrag umgerechnet entspricht der Frühbezugsrabatt von 3,- €/Einheit  in etwa einer Erntemenge von 0,3 dt/ha Körnermais. Im Vergleich zu Ertragsermittlungen in Exaktversuchen, wie den von den Landwirtschaftskammern durchgeführten Landesortenersuchen (LSV), wird dann schnell deutlich, dass mit dem Saatgutpreis allein unter Umständen auch am falschen Ende gespart werden kann. Immerhin zeigen sich in den LSV mit Mais im Mittel der Jahre durchaus Kornertragsunterschiede von bis zu 10 Prozentpunkten und mehr, was bei hohem Ertragsniveau absolute Ertragsdifferenzen von 10 bis 12 dt/ha zwischen den geprüften Sorten entspricht. Ähnlich verhält es sich mit dem Abreifeverhalten der Maissorten. Bereits geringfügig höhere T-Gehalte einer Sorte zur Ernte verursachen bei der Körnermaisnutzung deutlich höhere Trocknungskosten. Optisch sind diese Ertrags- und Abreifeunterschiede auch von Experten eventuell im Ansatz noch zu erkennen, aber kaum zu quantifizieren. Noch gravierender können sich Sortenunterschiede   auf den Erfolg auswirken, wenn sich zum Beispiel durch die höhere Energie- oder Stärkekonzentration einer Maissorte bessere Leistungen im Veredlungsbereich erzielen lassen.

Versuchsergebnisse geben Aufschluss

Um der Praxis auch die Sortenwahl im Rahmen der Frühbezugsaktionen zu erleichtern, werden an dieser Stelle noch einmal die Sortenempfehlungen der Landwirtschaftskammer veröffentlicht, die sich aus den Versuchsjahren 2005 bis 2007 ergeben haben. Für den Maisanbau in NRW empfiehlt die Landwirtschaftskammer nur Sorten, die mindestens zweijährig ihr Leistungspotenzial in den Landessortenversuchen unter Beweis gestellt haben. Dabei ist nicht das Spitzenergebnis in einem ausgewählten Versuch ausschlaggebend, sondern vielmehr das Abschneiden einer Sorte an der Summe der Standorte und in unterschiedlichen Jahren. Insbesondere nach außergewöhnlichen Jahren sollten neue Sorten mit nur einjährigen Versuchsergebnissen allenfalls kleinflächig im Probeanbau getestet werden.

Bezüglich der Auswertung der aktuellen Landessortenversuche mit Mais ist zu beachten, dass für die Datenverarbeitung und speziell für die Aufbereitung der Silomaisproben (einige tausend Proben müssen auf T-Gehalt und Inhaltstoffe untersucht werden) nach der Ernte mehrere Wochen benötigt werden, bevor mit der Verrechnung der Versuche begonnen werden kann. Auch die mehrjährige Zusammenfassung und die Interpretation der Ergebnisse nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch, um die aktualisierte Sortenempfehlung auf sichere Beine stellen zu können. Sobald die Verrechnung abgeschlossen ist, stehen die Ergebnisse den Beratern der Landwirtschaftskammer und den Züchterhäusern zur Verfügung. Zeitgleich erfolgt die Veröffentlichung der aktuellen Ergebnisse im Internet. Für die Berichterstattung in den Wochenblättern müssen die Ergebnisse nochmals anschaulich dargestellt und entsprechend kommentiert werden. Anders als in den Vorjahren ist die Veröffentlichung in den Wochenblättern jetzt aber nicht mehr zu den starren Terminen um den Jahreswechsel vorgesehen. In günstigen Jahren mit zeitigen Ernteterminen wird dies zumindest für die Körnermaisergebnisse zukünftig ab Anfang Dezember erfolgen. Können einzelne Versuche hingegen erst spät im November geerntet werden, so zieht sich die Ergebnissaufbereitung und Verrechnung der gesamten Versuchsserie schnell bis in den Dezember hinein.

Fazit für die Praxis

Die Sortenwahl sollte vor dem Hintergrund der Sortenleistung und nicht auf Grund von Preisnachlässen und Rabatten erfolgen. Eine wichtige Hilfestellung bei der Sortenwahl stellen dabei die Landessortenversuche der Landwirtschaftskammer dar. Hier werden die Sorten unabhängig von den Züchter- und Vertriebsinteressen neutral geprüft. Die Ergebnisse der diesjährigen Versuche können aber erst   nach der entsprechenden Versuchsauswertung- und –verrechnung in die Sortenempfehlung einfließen.

In der Praxis sollten aber auch die einzelbetrieblichen Sortenerfahrungen Berücksichtigung finden. Exakte Ertrags- und Qualitätsermittlungen helfen dabei aber immer weiter als die visuelle Beurteilung einzelner Sorten auf ausgewählten Schlägen.

Autor: Norbert Erhardt