Riswicker Grünlandtag am 14.06.2007

Gülleausbringung
Moderne Technik zur Gülleausbringung auf Grünland. Foto: Gerighausen

Weniger Nährstoffe aufs Grünland?

Dass die Vorgaben der novellierten Düngeverordnung für Gesprächsstoff sorgen und auch Grünlandbetriebe weiter darüber nachdenken müssen, wie sie ihre Nährstoffbilanzen ausgleichen können, wurde bei den Diskussionen auf dem diesjährigen Riswicker Grünlandtag vergangene Woche in Kleve deutlich.

Dr. Wilhelm Wehren konnte in seinen Begrüßungsworten an die am vergangenen Donnerstag zahlreich im Landwirtschaftszentrum Haus Riswick erschienenen Grünlandwirte keine Entwarnung geben: „Die Reduzierung des Stickstoffaufwandes auf Grünland von 210 auf 170 kg N hat nicht etwa die erwartete Entbürokratisierung gebracht, sondern vielmehr einen neuen Papierkrieg entfacht“, meinte der Leiter von Haus Riswick. So sei für diejenigen Landwirte, die einen Antrag auf Ausbringung von 230 kg N/ha auf intensiv genutztem Grünland gestellt hätten, der Aufwand zum Beispiel wegen vermehrter Bodenprobennahmen noch gestiegen. „Wir wollen versuchen, diesen Mehraufwand sowie auch die Möglichkeit einer Verschiebung von Sperrfristen mit den Unteren Wasserbehörden kreisweise zu besprechen“, kündigte Wehren weitere Verhandlungen an.

Günter Jacobs, Dünge-Referent bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, unterstrich die Aussage seines Kollegen. „Seit die Novelle der Düngeverordnung im Januar 2006 erschienen ist, ist noch so manches aus aktuellem Anlass wieder verändert worden. Die Vollzugshinweise gibt es zum Beispiel erst seit Mai 2007, also wenige Wochen. Von Entbürokratisierung ist nicht viel zu merken!“, meinte Jacobs. Auch er sprach die Möglichkeit für Grünlandwirte an, einen Antrag zu stellen, 230 statt der in der neuen Verordnung festgesetzten 170 kg N aus Wirtschaftsdüngern auf Grünland zu düngen. Die letzte Änderung der Düngeverordnung zum Antragsverfahren habe es Ende Februar 2007 gegeben. „Seitdem ist ein schnelles Antragsverfahren möglich. Erstaunlicher und meiner Meinung auch enttäuschender Weise haben jedoch nur wenige Landwirte in NRW diese Möglichkeit genutzt, obwohl vorher von Landwirtschafts-Seite viel Wind gemacht worden ist. Das macht es bei der nächsten Verhandlungsrunde nicht einfacher, eine Folgeverlängerung herauszuschlagen“, bedauerte Jacobs. 285 nordrhein-westfälische Landwirte - davon die meisten aus Borken - hätten Anträge gestellt, 800 waren es Deutschland weit.

Auch die Sperrfristen für so genannte Düngemittel mit wesentlich verfügbarem N-Gehalt könne die jeweils zuständige Stelle verschieben, was wiederum eine Antragsstellung voraussetze. „Sammelanträge auf Fristverschiebung sind möglich“, so Jacobs. „Zuständig ist der Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter. Allerdings ist das Einvernehmen der zuständigen Unteren Wasserbehörde erforderlich. Ein möglichst unbürokratisches Antragsverfahren wird derzeit erarbeitet.“ Die zuständigen Behörden könnten die Sperrfristen jedoch lediglich verschieben, nicht verkürzen, gab der Düngeexperte zu bedenken.

Für die Vor-Ort-Kontrollen insbesondere infolge von Anträgen auf 230 kg N/ha, deren Häufigkeit bei 3 % der Betriebe liege, sollten sich die Landwirte entsprechend vorbereiten. „Zum Beispiel ist der obligatorische Düngeplan zeitnah auszufüllen und parat zu halten.“ Rechtssicherheit, was Fragen der korrekten Ausbringung bei Frost betreffe, ließe sich zum Beispiel mit einem Ausdruck der Witterungstabellen unter www.agrowetter.de erreichen. „Wenn Sie für den bestimmten Tag, an dem Sie Gülle gefahren haben, nachweisen können, dass Auftautiefe und Frosttiefe unfragwürdig waren, sind Sie auf der sicheren Seite und können um eine Ordnungswidrigkeitsklage herumkommen“, betonte Jacobs.

N-Ausscheidungen reduzieren

Grünlandbetriebe haben einen wesentlich höheren Stickstoff-Aufwand pro Kuh und Jahr als Ackerfutterbaubetriebe. Und da es am Niederrhein zahlreiche reine Grünlandbetriebe mit hohem Ertragspotenzial gibt, hat diese Region ganz besonders unter den neuen Vorgaben der Düngeverordnung zu leiden. Hendrik van de Sand, Versuchsassistent am Landwirtschaftszentrum Haus Riswick, stellte einige Ergebnisse seiner Versuche zu einer N-reduzierten Fütterung und damit Möglichkeiten für Grünlandwirte und Milchviehhalter vor, mit Fütterungsstrategien auf die Vorgaben der neuen Düngeverordnung zu reagieren. „Wenn weniger Stickstoff an die Kuh verfüttert wird, gelangt auch weniger N per Ausscheidung oder Gülle-Düngung auf die Flächen!“, so seine logische Annahme. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass hoch leistende Kühe zwar auch mehr Stickstoff ausscheiden würden, auf der anderen Seite aber eine deutlich bessere N-Effizienz aufwiesen. „Deswegen nimmt man eine Nährstoffbilanzierung in Milchviehbetrieben zumeist auf Grundlage der verschieden hohen Milchleistungen vor“, meinte van de Sand.

Eine geeignete Maßnahme zur Reduzierung der N-Ausscheidungen sei zum Beispiel eine Fütterung streng nach Bedarf des am Dünndarm nutzbaren Rohproteins, des so genannten nXPs. „Der Bedarf an nXP fällt mit abnehmender Leistung im zunehmenden Lauf der Laktation, so dass am Ende der Laktation die Tiere oftmals überversorgt werden. Mit zunehmender Trockenstehphase steigt der Bedarf an nXP dann wieder, weshalb die Trockensteher in zwei Fütterungs-Gruppen eingeteilt werden sollten!“, empfahl van de Sand. Ebenso könne die RNB-Versorgung angepasst werden, wenn bekannt sei, dass die N-Bilanz des Pansens bei vornehmlicher Gras-Fütterung leicht positiv sei. „Diese lässt sich mit Futtermitteln mit leicht negativer RNB, wie Weizen, Gerste, Roggen, Mais oder Kartoffeln, ausgleichen.“ So ließen sich die RNB-Werte in den Rationen reduzieren.

Früher und länger auf die Flächen

„Wenn die Sperrfrist für die Gülleausbringung vom 15. November bis zum 31. Januar reicht, ist es nötig, in der verbleibenden Zeitspanne die Nährstoffwirkung zu optimieren!“ Das ist ein Anliegen von Dr. Clara Berendonk, ebenfalls Haus Riswick, die aktuelle Ergebnisse zur Grünlanddüngung präsentieren konnte. „Bei einer leistungsfähigen Grünlandnarbe und rechtzeitig im Frühjahr platzierter Grünlanddüngung ist der Güllestickstoff – bei frühem Vegetationsbeginn und guten Wachstumsbedingungen – direkt wirksam“, hätten Versuchserfahrungen gezeigt. Pflanzenbaulich ergebe sich daraus die Frage, ob sich die Sperrfrist nicht verschieben lasse. Bei Ausbringung im Januar/Februar sei die Güllewirkung besonders in den Niederungslagen optimal und es sei sinnvoll, eine gute Befahrbarkeit der Flächen vorausgesetzt, den Dünger dann auch ausbringen zu dürfen. „Dann steht sie bei Vegetationsbeginn direkt zur Verfügung“, meinte die Referentin. Die Sperrfrist solle also 14 Tage früher, am 15. Januar, enden und könne dafür in den Niederungslagen im Herbst früher beginnen. Für die Mittelgebirgslagen mache die Vorverlegung der Sperrfrist jedoch keinen Sinn, weil dort bei Schnee und Frost im Januar keine Gülle gefahren werden kann. Dort ist die Verschiebung der Sperrfrist nach hinten sinnvoll, damit die Befahrbarkeit der Böden bei der Herbstgüllegabe besser abgepasst werden kann“, erklärte Berendonk.

Ein weiterer Versuchsschwerpunkt beschäftige sich mit der Wirkung von Biogasgülle im Vergleich zu Frischgülle. Untersuchungen der N-Mengen und -Fraktionen in Biogasgülle hätten ergeben, dass der Anteil an Ammonium-Stickstoff wegen der höheren Vergärungsstufe der Gülle höher sei. „Dadurch verschiebt sich auch das Verhältnis des wirksamen Stickstoffs!“, betonte Dr. Berendonk. Der Gehalt an den übrigen Nährstoffen sei abhängig vom Koferment. Der zweite Unterschied bestehe in dem höheren pH-Wert der Biogasgülle, der um 0,4 Einheiten über demjenigen von Rohgülle liege. „Je höher der pH-Wert, desto stärker geht der wasserlösliche Ammonium-Stickstoff in flüchtigen Ammoniak-Stickstoff über, was die Emissionen beschleunigt“, erläuterte sie einen Nachteil. „Im Sommer sollte Biogas-Gülle also nur an kühlen Tagen und nah am Boden platziert werden.“

Zur Verbesserung der N-Wirkung sind auf Haus Riswick Versuche mit Güllezusätzen wie dem Nitrifikationshemmer Piadin gelaufen, der die Umwandlung von Ammonium ins auswaschungsgefährdete Nitrat verzögert. Der Einsatz sei besonders auf leichten Böden bei der Herbst- und Frühjahrsgüllegabe zu empfehlen, die Aufwandmengen seien abhängig vom Zeitpunkt der Applikation. In den Versuchen hätte sich ein überraschend hohes Ertragsniveau ergeben. „Das zeigt, dass Piadin sehr wohl einen Effekt hat und in Grünlandbetrieben eingesetzt werden kann“, meinte die Expertin. Eine Gülledüngung mit mineralischer Ergänzung aus Piamon, Ammonsulfatlösung und Nitrofert habe gezeigt, dass diese langsam fließenden N-Quellen, zu Vegetationsbeginn ausgebracht, eine gute N-Wirkung und Ertragsbildung, aber keine gravierenden Effekte auf den pH-Wert im Boden hatten. „Auch wenn bislang nur vorläufige Ergebnisse vorliegen, sind insbesondere ASL und Nitrofert als Ergänzungsdünger zu empfehlen. Die Frage, wie sich der pH-Wert langfristig entwickelt, muss jedoch noch abschließend geklärt werden.“

Autor: Meike Siebel