Landessortenversuche Winterweizen 2014

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Winterweizen

Erneut hohe Erträge

Nach den vorläufigen Ergebnissen der besonderen Ernteermittlung (BEE) lag das Ertragsniveau in der Praxis in NRW mit 91,9 dt/ha auf Vorjahres- und damit wieder auf Spitzenniveau. Aber: Circa 12 % des Weizens stehen jedoch noch auf dem Halm und werden aufgrund der Witterung vermutlich zum Großteil auch nicht mehr gedroschen werden können. Dr. Kathrin Bürling, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, stellt die Ergebnisse der Landessortenversuche (LSV) vor.

Mit 281 906 ha ist die Winterweizen-Anbaufläche gegenüber dem Vorjahr um 1,8 % gestiegen. Das Vegetationsjahr 2013/14 war bundesweit durch einen hohen Gelbrostdruck geprägt, die allen in langer Erinnerung bleiben wird. Darüber hinaus forderten lokale Unwetter mit Starkregen, begleitet von heftigen Sturmböen die Standfestigkeit des Getreides, besonders wegen der deutlich höheren Bestandesdichten. Die Leistung der Sorten war somit auch von der Toleranz gegenüber der in diesem Jahr besonderen Gelbrostrassen-Mischung sowie der Halmstabilität der Sorten abhängig. Ein Beispiel: Die in der Gelbrostanfälligkeit mit der Note 7 eingestufte Sorte JB Asano war in den LSV in der unbehandelten Variante (Tabelle 2; B1 - kein Fungizideinsatz) massiv von Gelbrost befallen, sodass hier schon sehr frühzeitig kaum noch grüne und aktive Blattmasse vorhanden war. In Haus Düsse beispielsweise spiegelte sich dies in nur 48 dt/ha Ertrag wider. In der Variante mit reduziertem Pflanzenschutz (B2),also der ersten Fungizidmaßnahme erst Ende der Schossphase/Fahnenblattstadium (ab EC 37), lag das Ertragsniveau dieser Sorte schon bei 83 dt/ha und in der B3-Variante mit gesundheitssicherndem Pflanzenschutz (drei Fungizidmaßnahmen - erste zu Schossbeginn) bei äußerst zufriedenstellenden 109 dt/ha. Hier zeigt sich recht deutlich, dass durch zum richtigen Zeitpunkt platzierte Fungizidmaßnahmen in diesem Jahr eine stark gelbrostanfällige Sorte, wie JB Asano, ihr Potenzial zeigen konnte.

Gelbrosteinstufung geändert

Durch das Bundessortenamt (BSA) wurden in der beschreibenden Sortenliste die Einstufungen vieler Sorten im Merkmal Gelbrost unter Berücksichtigung der deutschlandweiten Gelbrost-Boniturdaten des aktuellen Jahres angepasst. Dabei weisen die vorgenommenen Änderungen speziell in NRW mit wenigen Ausnahmen 2014 in die gleiche Richtung. Bei den Sorten Bombus, Meister und Boxer wurde die Anfälligkeit gegenüber dem Gelbrosterreger vom BSA heruntergestuft. Nach den aus den LSV vorliegenden Boniturdaten lässt sich dieses prinzipiell auch für NRW bestätigen. In der Tendenz zeigten diese Sorten hier jedoch im aktuellen Jahr eine noch geringere Anfälligkeit. Bei der Sorte Boxer konnte darüber hinaus beobachtet werden, dass der Gelbrostdruck deutlich später als in den übrigen, stärker anfälligen Sorten zum Tragen kam. Auf der anderen Seite zeigte die Sorte Trapez eine etwas höhere Anfälligkeit als die bisherige Einstufung des Vertreibers vorgibt. Bei sowohl den älteren Sorten Tobak, Elixer und Anapolis, als auch bei den neuen, erstjährig geprüften Sorten Johnny, Ohio, Mescal und RGT Reform konnte trotz der guten Einstufung mit der Note 2 durchaus in diesem Jahr auch eine höhere Anfälligkeit beobachtet werden. Da jedoch für die sortenspezifisch mitunter stärkeren Abweichungen nach bisherigen Erkenntnissen die jährlich mögliche rasche Änderung von Gelbrostrassen ursächlich ist, kann die Situation im kommenden Jahr durchaus wieder ganz anders aussehen.

Die Auswirkungen der Witterung 2013/14 auf die Erträge des Winterweizens in den Landessortenversuchen sind in der Tabelle 1 dargestellt. Auf den Lößstandorten wurde bei sehr hohen Bestandesdichten, entsprechend sehr niedrigen Kornzahlen je Ähre sowie auch niedrigen TKM ein im Vergleich zu den beiden Vorjahren leicht höheres und insgesamt mittleres Ertragsniveau erzielt. Ebenfalls sehr hohe Bestandesdichten bei sehr niedrigen Kornzahlen je Ähre, aber noch guten TKM, erklären das noch zufriedenstellende Ertragsniveau auf Lehm.

Auf dem Sandstandort Merfeld führten die sehr hohen Bestandesdichten in Kombination mit hohen TKM zu einem recht guten Ertrag. Mit im mehrjährigen Vergleich niedrigen Werten bei den Merkmalen Kornzahl je Ähre und TKM konnten auf den Höhenstandorten nur unterdurchschnittliche Erträge bei sehr hohen Bestandesdichten gedroschen werden.

Die Landessortenversuche

In Nordrhein-Westfalen wurden im Herbst 2013 wieder auf insgesamt neun Standorten die Landessortenversuche Winterweizen ausgedrillt. Aus dem Kammergebiet Niedersachsen konnten sechs Landessortenversuchsergebnisse in die Auswertung einbezogen werden. Mit 15 drei- und mehrjährig bislang bewährter, sechs zweijährig geprüfter sowie sieben neuer, im März dieses Jahres vom BSA zugelassener Sorten, umfasst der LSV Weizen das größte Sortiment. Die neuen Sorten werden schon vor der Zulassung vorzeitig im LSV geprüft, um den Züchtungsfortschritt frühzeitig zu ermitteln und entsprechend schnell für die Praxis nutzbar zu machen.

Die Prüfung der Winterweizensorten erfolgte wie immer in drei Intensitätsvarianten (Tabelle 2). Als Grundlage für die Leistungsbeurteilung und die Sortenempfehlung wird das Ertragsmittel aus der mittleren (B2) und der höheren Intensitätsvariante (B3) herangezogen. Diese Werte sind in den Ertragstabellen aufgeführt. Zwischen diesen beiden Varianten bewegt sich, je nach Jahr und Standort immer wieder verschieden, die produktionstechnische optimale Intensität.

Allen drei Stufen gleich ist die N-Düngungsstrategie, die, wie bereits im Artikel zur Wintergerste (siehe LZ 31/2014, ab Seite 20) beschrieben, in zwei Überfahrten durchgeführt wird. Die Produktionstechnik der mittleren Intensitätsvariante (B 2) ist bezüglich des Pflanzenschutzes darauf ausgerichtet, die Merkmale Gesundheit in der früheren Wachstumsperiode zu testen, indem mit der ersten Fungizidmaßnahme erst ab EC 37 (Fahnenblattstadium) begonnen wird. In der praxisüblichen Variante, B3 erfolgen bereits zu Schoßbeginn entsprechende Maßnahmen. Ebenso wie im LSV-Triticale wurden jedoch in diesem Jahr aufgrund der Gelbrostproblematik Änderungen in den Strategien vorgenommen. In der B2-Variante wurde die erste Maßnahme an fünf Standorten etwas vorgezogen und an drei Standorten in der B3-Variante eine zusätzliche, vierte Maßnahme durchgeführt (Tabelle 2).

In der Tabelle 2 sind die wirtschaftlich notwendigen Mindestmehrerträge aufgeführt, die jeweils durch die höheren Intensitätsvarianten aufgrund der diesjährig vorhandenen Preise und Kosten für die eingesetzten Betriebsmittel erzielt werden mussten. Wie aus den unteren Zeilen der Tabelle 3 zu entnehmen ist, war an allen NRW-Standorten die B2-Variante wirtschaftlich. Die intensive B3-Variante war an den Standorten mit zusätzlichen Mehrkosten durch eine außerplanmäßige vierte Fungizidbehandlung nur in Vluyn relativ deutlich nicht wirtschaftlich, auf den Lößstandorten grenzwertig. Auch an dem Sandstandort Merfeld sowie dem Höhenstandort Steinheim-Breitenhaupt konnte bei planmäßiger Durchführung in dieser Stufe kein ausreichender Mehrertrag erzielt werden.

Die Erträge der Sorten

In Tabelle 3 sind die Sorten nach dem Durchschnittsergebnis 2014 aller Versuche und Anzahl geprüfter Standorte aufgeführt. In Tabelle 4 sind - als sichere Beurteilungsgrundlage für die Sorten - die über die letzten, maximal fünf Prüfjahre erzielten Erträge aufgeführt. Spezifische Standorteignungen, vor allem aber auch die Ertragstreue einer Sorte, lassen sich auf dieser Basis beurteilen. In Tabelle 5 sind daraus die Sortenempfehlungen zusammengestellt.

Die mehrjährig geprüfte, winterharte C-Weizensorten Elixer zeigte sich auf den Sand- und Lehmstandorten als sehr ertragsstarke Futterweizensorte und stellt mit ihrer guten Einstufung in der Fusariumanfälligkeit (Note 4) eine Option insbesondere für Maisfruchtfolgen dar. Auf den Lößstandorten könnte und müsste dort die zwar gute Leistung für eine Futterweizensorte jedoch noch besser sein. Auf den Höhenstandorten ist diese Sorte aufgrund des Auswinterungsjahres 2011/12 erst zweijährig geprüft und zeigt hier nach sehr guten Wertprüfungsergebnissen und auch erstem LSV-Jahr eine stärkere Streuung der Erträge. Diese lässt sich durch eine hohe Lagerneigung an einigen Versuchsstandorten erklären. In den Höhenlagen ist mehrjährig geprüft nach wie vor die spätreife Sorte Lear ertragsstark, wobei in diesen Regionen aufgrund der späten Reife möglicherweise Schwierigkeiten mit der Erntezeit auftreten können. Hier gibt es ertraglich mindestens gleich gute A- und B-Sorten.

Im Segment der Backweizen-Sorten (B-Weizen) zeigen sich wie bereits im vergangenen Jahr die Sorten Tobak und Smaragd als sehr ertragsstark und stabil. Auf den Lößstandorten ist darüber hinaus die Sorte Trapez mit vergleichbarer Ertragspotenz und auch -stabilität zu sehen. Auf den Sandstandorten stellt die Sorte Inspiration und auf den Höhenstandorten die Sorte Primus bei noch guten Anbauerfahrungen eine weitere Option dar. Die fallzahlstabile und winterharte Sorte Tobak, ebenso wie Smaragd, Trapez und Inspiration, zeichnen sich durch eine sehr starke Anfälligkeit gegenüber Ährenfusarium aus, die durch das BSA mit einer Einstufung von 7, 6, 6 und 6 klassifiziert ist (siehe unten, "Achtung Mykotoxine").

Bei ausschließlicher Futternutzung bietet insbesondere die neuere, zweijährig geprüfte blattgesunde, standfeste und ertragsstarke C-Sorte Anapolis als derzeit einzige Sorte, die mit der Note 3, also gering in der Anfälligkeit gegenüber Fusarium eingestuft ist, in allen Regionen und dabei insbesondere für Maisfruchtfolgen eine Alternative. Die sehr spätreife und nicht sehr strohstabile Sorte Boxer zeigte auf den Lehmstandorten nach sehr guten Wertprüfungsjahren und auch sehr gutem ersten LSV-Jahr eine schlechte Leistung, vermutlich bedingt durch ihre äußerst hohe Gelbrostanfälligkeit und Lagerneigung. Sie ist aber weiterhin als ertragspotente, mit geringerer Fusariumanfälligkeit (Note 5) eingestufte Sorte zu betrachten. Zu beachten ist generell, dass die Einstufungsnote 5 oder 6 in der Praxis möglicherweise kaum einen spürbaren Unterschied in der Ährenfusariumgefahr bedeuten kann. Auf den Lößstandorten stellt die neuere Backweizensorte Edward mit recht guten Qualitätseinstufungen eine Ergänzung in diesem Segment dar.

A-Weizen-Sorten

Im Qualitätsweizenanbau (A-Sorten) zeigt sich nach wie vor die langjährig bewährte, frühreifere Sorte JB Asano mit ihren Schwächen in den Merkmalen Fallzahlstabilität und Winterhärte für die Löß- und Lehmstandorte als gute Wahl. Die gegenüber den vorangegangenen Jahren diesjährig deutlich schwächeren Erträge an einigen Standorten ist auf die geschilderte Gelbrostproblematik zurückzuführen, die durch die Berücksichtigung der B2-Variante in den Verrechnungen in Tabellen 3 und 4 stärker zum Tragen kommt. JB Asano ist neben ihrer Frohwüchsigkeit als etablierte Sorte insbesondere unter dem Aspekt ihrer früheren Reife zu sehen. Für Praktiker, die eine Sorte zur Entzerrung des Erntefensters suchen, hat sich, wie die Ergebnisse des LSV mit früher reifen Sorten mehr- und auch diesjährig über alle Anbauregionen hinweg gezeigt haben, JB Asano als bewährte, ertragsstarke Sorte gezeigt, die darüber hinaus aufgrund ihrer Qualität eine flexible Vermarktung ermöglicht.

Auf den Lößstandorten stellt sich die ertraglich durchschnittlich stabile Sorte Meister in Punkto Qualität sicherer dar. Julius war auf Lehmstandorten letztes Jahr ertraglich unterdurchschnittlich und dieses Jahr überdurchschnittlich (Gelbrost Note 2), ist als winterharte, standfeste Sorte mit guten Qualitäten als normalreife A-Sorte empfehlenswert. Auf den Sandstandorten ist diese Sorte zwar etwas ertragsschwächer, jedoch bei guten Anbauerfahrungen ebenso unter den genannten Eigenschaften zu sehen. Die A-Sorte Linus, die sich im Auswinterungsjahr auch gut hat behaupten können, weist hinsichtlich der Fallzahlstabilität zwar extreme Unsicherheiten auf, präsentiert sich aber in den Höhenlagen im Vergleich zu den anderen empfohlenen B- und C-Sorten mehrjährig auch sehr ertragsstark und -stabil. Für die Verfütterung spielt die mangelnde Fallzahlstabilität eher keine Rolle.

Bei den neuen, einjährig geprüften Sorten zeichnet sich mit Johnny eine über alle Anbauregionen hinweg ertragsstarke B-Weizensorte ab, bei der die Schwäche in der Winterhärte zu beachten ist. Mescal, ebenfalls eine B-Sorte, hatte entsprechend ihrer BSA-Einstufung größere Schwierigkeiten mit der Standfestigkeit. RGT Reform als kurze und standfeste sowie blattgesunde A-Weizensorte mit sehr guten Qualitätserwartungen zeigt gute Voraussetzungen, um als möglicher Nachrücker in diesem Segment zu fungieren. Bei der Futterweizensorte Ohio ist die höhere Fusariumanfälligkeit zu berücksichtigen. Die Erträge dieser Sorte sind auf den Lehm- und Höhenstandorten nicht besser als die der dort bereits mehrjährig geprüften, empfohlenen C-Sorten.

Auf den Lößstandorten wurde über das LSV-Sortiment hinaus die ältere Sorte Sophytra (Zulassung 2008) sowie die Sorten Apian und Pamier geprüft (Tabellen 3 und 4). Sophytra, in den Vorjahren unterdurchschnittlich, bewegte sich diesjährig auf durchschnittlichem Niveau, kommt jedoch nicht an die Leistungsträger der LSV-Sorten im B-Segment heran. Apian und Pamier als B- und A-Sorte zeigten sich erstjährig an beiden Prüfstandorten mit sehr guten Leistungen. Beide Sorten weisen gute Eigenschaften auf, insbesondere in den in diesem Jahr geforderten Merkmalen Standfestigkeit und Gelbrostanfälligkeit. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Sorten im nächsten Prüfjahr präsentieren.

In Tabelle 6 sind die Stärken und Schwächen der empfohlenen Sorten aufgeführt. In Tabelle 7 sind die Eigenschaften der Sorten nach Einstufung durch das Bundessortenamt aufgeführt, wobei niedrige Noten eine geringe und hohe eine starke Ausprägung der betreffenden Eigenschaft bedeuten.

Intensität und Qualität

Über die Berechnung der bereinigten Marktleistung ist es möglich, sortenspezifische Tendenzen zur erforderlichen Behandlungsbedürftigkeit der Sorten abzuleiten. Die Sorte Ohio zeigte diesjährig ihre höchste bereinigte Marktleistung in der unbehandelten B1, also ohne Fungizidmaßnahmen, was jedoch aufgrund der hohen Fusariumanfälligkeit dieser Sorte nicht von einer auf diesen Krankheitserreger ausgerichteten Fungizidstrategie entheben sollte. Bei der ebenfalls erstjährig in drei Intensitätsstufen geprüften Sorte Johnny hat sich die nach BSL gute Blattgesundheit im aktuellen Jahr mit der höchsten bereinigten Marktleistung in der Stufe mit reduziertem Pflanzenschutz bestätigt.

Bei den Sorten Desamo, Pionier und auch Anapolis zeigte sich über zwei Jahre in der Tendenz, ebenso bei der Sorte Elixer über drei Jahre, ebenfalls die höchste Wirtschaftlichkeit durch eine extensivere Pflanzenschutzstrategie. Bei den mehrjährig geprüften und empfohlenen Sorten Meister, JB Asano, Primus und Trapez (siehe Tabelle 5) zeigt sich in der Mehrzahl der Jahre und Standorte in der Tendenz ein höherer Intensitätsanspruch. Dieses bedeutet, dass bei anstehenden Fungizidentscheidungen in der Mehrzahl der Fälle diese dann auch wirtschaftlicher sein werden.

Umgekehrt verhält es sich bei den mehrjährig geprüften und empfohlenen Sorten Julius und Smaragd (Tabelle 5), bei denen sich in der Mehrzahl der Standorte und Jahre die extensive Variante (B2) als die wirtschaftlichste erwies. Bei anstehenden, schwierig zu entscheidenden Fungizidmaßnahmen ist es damit weniger wahrscheinlich, dass diese wirtschaftlich lohnend sein werden. Angesichts der großen Schwankungen lassen sich bei den übrigen empfohlenen Sorten noch keine gesicherten Aussagen zu ihren Intensitätsansprüchen machen. Insgesamt betrachtet, spiegelt sich diesjährig insbesondere die Gelbrostanfälligkeit der Sorten in der bereinigten Marktleistung wieder.

Ein spezielles Qualitätsproblem, insbesondere bei spät gedroschenen Weizenpartien, kann die Fallzahl sein. Mit solchen Verhältnissen ist jedoch im Schnitt nur alle fünf Jahre zu rechnen, sodass die Fallzahlstabilität einer Sorte zwar mit berücksichtigt, aber nicht zum einzigen Sortenwahlkriterium herangezogen werden sollte. Die Fallzahl bietet ein bequemes Markt- und Handelskriterium, das jedoch eine positive Qualitätsveränderung unterdrückt. Denn die bei der Getreideannahme ermittelte Schrotfallzahl beschreibt weder exakt den Auswuchs im Korn, noch vor allem die realen Verhältnisse in einem Weizenteig. Die Fallzahlen steigen im Getreide-/Mehllager, sodass die Mehlfallzahl höher ist als die vermarktungsrelevante, „an der Gosse gemessene“ Schrotfallzahl. Darüber hinaus bedeuten niedrige Fallzahlen nicht immer automatisch Qualitätsverluste.

Langjährige Backversuche des MRI-Detmold haben keine Hinweise auf Qualitätseinschränkungen des Rohstoffs bei Gärverlauf, Gebäckvolumen, Porenbild oder Krumenelastizität gezeigt. Hier wird über kurz oder lang, ebenso wie bezüglich der Tatsache, dass moderne, leistungsfähige B-Sorten mit Proteingehalten unter den vermarktungsrelevanten 12 % gute Backergebnisse erzielen, ein Umdenken stattfinden müssen. Die bisher vorliegenden Ergebnisse aus den LSV des aktuellen Jahres zeigen sehr hohe Fallzahlen zwischen überwiegend 300 und 450 Sekunden. Fallzahlen über 330 s weisen dabei auf Enzymschwäche und somit die Wahrscheinlichkeit triebschwacher Teige hin, was jedoch durch den Einsatz von Backmitteln korrigiert werden kann.

Noch ein Hinweis zur Gewichtung der wichtigsten Sortenwahlkriterien Ertrag, Gesundheit und Qualität: Jüngste Ergebnisse eines Göttinger betriebswirtschaftlichen Unternehmerberatungsbüros haben gezeigt, dass die Wahl einer Sorte mit 5 % höherem Naturalertrag den Gewinn um bis zu 15 % steigern kann, während über eine mögliche Einsparung von Fungiziden durch die Wahl gesünderer Sorten oder auch das Setzen auf eine Entlohnung höherer Qualitäten nur 7 bis 9 % Gewinnsteigerung erzielbar sind.

Achtung Mykotoxine

Ein Besatz des Erntegutes mit Fusariumtoxinen kann zu einer Verschlechterung der Backqualität führen. Das Risiko, den nach der EU-Mykotoxin-Verordnung für gereinigtes Getreide höchstzulässigen DON-Wert von 1,25 mg/kg zu überschreiten, ist bei solchen Sorten erhöht. Daher gilt es, pflanzenbauliche Aspekte zu berücksichtigen, um dieses Risiko so weit wie möglich zu reduzieren. Die Sporen des Erregers dieser Krankheit überdauern unter anderem auf Ernterückständen, wie Mais- und Getreidestoppel, im Boden. Somit ist prinzipiell eine wendende Bodenbearbeitung, optimaler Weise mit vorangegangenem Mulchen im Herbst zur weiteren Förderung der Strohrotte, unabdingbar. Weizen mit hoher Fusariumanfälligkeit, wie insbesondere die Sorte Tobak, sollte auf gar keinen Fall pfluglos nach Mais oder auch Weizen angebaut werden. Bereits eine Maisstoppel/m² genügt, um einen Bestand zu infizieren. Körnermais oder CCM stellen hier ein besonders hohes Risiko dar. Bei alleinigem Pflugeinsatz ohne Mulchen ist die Gefahr hoch, dass durch eine unvollständige Rotte im Folgejahr bei erneutem Pflügen wieder Infektionsmaterial hochgeholt wird.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist die in jedem Fall gezielte, termingerechte Fungizidbehandlung zur Blüte, mit der vom Hersteller empfohlenen, vollen Aufwandmenge. Frühere Untersuchungen aus Bayern zeigen, dass bei zu niedrig eingesetzter Wirkstoffmenge der DON-Gehalt sogar steigen kann. Beim Anbau nach Blattfrüchten, in Kombination mit einer gezielten Fungizidstrategie, ist das Risiko eines Befalls mit dem Erreger vergleichsweise gering einzuschätzen. Dies bestätigen die langjährigen Mycotoxinuntersuchungen auf DON-Gehalte in den Landessortenversuchen Blattfruchtweizen, die auch in diesem Jahr wieder mit Messwerten kleiner 0,2 mg/kg in der B3-Variante (Fungizidmaßnahme in EC 59/61, Tabelle 2), auch bei höher anfälligen Sorten deutlich unter dem gesetzlich festgelegten Grenzwert liegen. Hier zeigt sich, dass unter konsequenter Einhaltung bestimmter pflanzenbaulicher Maßnahmen beim Anbau fusariumanfälliger Sorten keine höheren DON-Risiken auftreten müssen.

Autor: Dr. Kathrin Bürling