Berufserfahrung sichtbar machen durch Validierung

Platten legen in der Galabau-ÜbungshalleBild vergrößern
Bewertung des Tätigkeitsbereichs „Befestigte Flächen vorbereiten und herstellen“ im Beruf Gärtner/in

Gesetzlicher Anspruch im Berufsbildungsgesetz

Mit den §§ 50b ff ist ein gänzlich neues Instrument „Validierung“ im Berufsbildungsgesetz (BBiG) verankert worden. Es steht nun alternativ und mit Regelungen zur Durchgängigkeit neben den bekannten Instrumenten des etablierten Ausbildungs- und Prüfungswesens.

Fortan haben Menschen ohne Berufsabschluss einen gesetzlichen Anspruch darauf, ihre beruflichen Kompetenzen, die sie unabhängig von einer formalen Berufsausbildung in der Praxis erworben haben, durch ein sog. „Validierungsverfahren“ feststellen und bescheinigen zu lassen. Eine Feststellung erfolgt immer am Maßstab eines anerkannten Ausbildungsberufes. 

Ziele, Merkmale, Ablauf und Voraussetzungen

Insbesondere in sehr praktisch orientierten Berufen gibt es viele „Quereinsteiger/-innen“, so auch in den grünen Berufen. Diese Personen haben über die Zeit oft ein bemerkenswertes Knowhow aufgebaut, so dass sie sich manchmal nicht von den Fachkräften unterscheiden, die das bekannte Ausbildungs- und Prüfungswesen durchlaufen haben. Oft fühlen sie sich aber als Mitarbeiter/-innen zweiter Klasse. Das kann sich nun ändern. Ein Validierungsverfahren verfolgt das Ziel, die in der Praxis erworbenen Kompetenzen sichtbar zu machen. Das kann erheblich zur Steigerung des Selbstwertgefühls beitragen, so dass die Mitarbeiter/-innen selbstbewusster gegenüber der Kundschaft auftreten und auch eine höhere Akzeptanz in der Belegschaft erfahren. Validierungsverfahren können in Unternehmen wichtige Bausteine in einer Gesamtstrategie zur Personalbindung und -entwicklung sein.

Ein Verfahren kann sich – je nach Antrag und Ausgang – auf zwei Dimensionen beziehen:

  • überwiegende Vergleichbarkeit: Die für die Ausübung des Referenzberufes erforderlichen Kompetenzen können überwiegend, d.h. zu mehr als 50 %, festgestellt werden. Das Ergebnis wird in einem Bescheid dargestellt.
  • vollständige Vergleichbarkeit: Die für die Ausübung des Referenzberufes erforderlichen Kompetenzen können vollständig festgestellt werden. Das Ergebnis wird in einem Zeugnis dargestellt.

Auch der Nachweis der vollständigen Vergleichbarkeit ist formell nicht mit dem Berufsabschluss gleichzusetzen. Wer über ihn verfügt, kann sich jedoch der regulären Abschlussprüfung stellen. Insofern ist für eine Durchlässigkeit der Systeme gesorgt. Auch eine Zulassung zur Fortbildungsprüfung ist im jeweiligen Referenzberuf möglich.

Das Verfahren gliedert sich in vier Schritte:

Allgemeiner Ablauf des Validierungsverfahrens

Allgemeiner Ablauf des ValidierungsverfahrensBild vergrößern

Teilnehmen können Personen, die

  • mindestens 25 Jahre alt sind,
  • das 1,5-fache der regulären Ausbildungszeit als Berufserfahrung nachweisen können (i.d.R. 4,5 Jahre),
  • ihren Wohnsitz in Deutschland haben oder die Hälfte der nötigen Berufserfahrung in Deutschland erworben haben,
  • im Referenzberuf keinen deutschen Berufsabschluss oder keinen anerkannten ausländischen Abschluss haben und
  • im maßgeblichen Referenzberuf nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis stehen.

Da das gesamte Verfahren auf Deutsch durchgeführt wird, sind ausreichende Sprachkenntnisse erforderlich. Das betrifft vor allem die Fachsprache im jeweiligen Beruf. Wenn Sie sich unsicher sind, ob und in welcher Form das Verfahren für Sie infrage kommt, lassen Sie sich von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen gerne beraten!

Für die Antragsstellung sind folgende Dokumente notwendig:

  • Kopie eines Identitätsnachweises (z.B. Personalausweis, Reisepass),
  • Kopie eines Wohnsitznachweises (z.B. Personalausweis, Aufenthaltstitel),
  • Angaben zur Berufserfahrung im Referenzberuf (z.B. aktueller Lebenslauf),
  • Nachweise über den Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit (z.B. Arbeitszeugnisse, Weiterbildungen, Schulungen),
  • ggf. Antrag auf Nachteilsausgleich.

Nachweise, die in einer anderen Sprache als in Deutsch ausgestellt sind, müssen mit einer Übersetzung eingereicht werden.

Wer zunächst „nur“ eine überwiegende Gleichwertigkeit angestrebt hat oder bei der Überprüfung einer vollständigen Gleichwertigkeit nicht erfolgreich war, das fehlende Knowhow in einer anschließenden weiteren Praxiszeit aber noch aufbauen konnte, kann die Teilnahme an einem sog. Ergänzungsverfahren beantragen. Hier können einzelne weitere oder alle noch fehlenden Bausteine in Angriff genommen werden, bis hin zur vollständigen Gleichwertigkeit.

Das Validierungsverfahren ist eine hoheitliche, gebührenpflichtige Leistung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen; je nach Referenzberuf und Charakter des Verfahrens müssen ggf. zusätzlich Material- und Maschinenkosten berechnet werden.

Besondere Bestimmungen für Menschen mit Behinderung

Bei der Durchführung von Feststellungsverfahren sollen die besonderen Verhältnisse von Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden. Die Art der Behinderung sowie Art und Umfang eines zu gewährenden Nachteilsausgleichs sind mit dem Antrag auf Feststellung der beruflichen Handlungsfähigkeit mittels einer fachärztlichen bzw. psychologischen Stellungnahme vorzulegen. Auch können Verfahrensbegleiter benannt werden, die mit den Belangen von Menschen mit Behinderungen vertraut sein müssen.

Menschen mit Behinderung, für die ein Verfahren zur Feststellung der überwiegenden oder vollständigen Vergleichbarkeit nicht infrage kommt, können die Validierung einer teilweisen Vergleichbarkeit ihrer beruflichen Handlungsfähigkeit beantragen. Auch das Mindestalter von 25 Jahren entfällt für diese Zielgruppe.

Erprobung im Projekt ValiKom

Wie ein Validierungsverfahren in der Praxis aussehen kann und welche Vorteile es für Teilnehmende und Arbeitgeber/-innen bietet, haben die Landwirtschaftskammern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, zusammen mit 17 Industrie- und Handelskammern und 13 Handwerkskammern, bereits in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt „ValiKom Transfer“ erprobt. Einen anschaulichen Überblick geben diese drei kurzen Videos:

Wie zeigen Teilnehmende ihr berufliches Können?


Wie profitieren Arbeitgeber?


Wie bewertet die Landwirtschaftskammer?


Projekt „Servicestelle Validierung“

Zur Erarbeitung der Grundlagen für das neue Instrument „Validierungsverfahren“ und zur Beratung anderer zuständiger Stellen wirkt die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen neben 10 weiteren Kammern in den Bereichen Handwerk und Industrie bzw. Handel im deutschlandweiten Bündnisprojekt „Servicestelle Validierung“ mit.

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Ansprechpartner

Sie haben Fragen zu den Feststellungsverfahren oder zum Projekt? Sprechen Sie uns gerne an!

Michael Bösing
Telefon: 0251 2376-232
E-Mail: michael.boesing@maillwk.nrw.de

Holger Gaudek
Telefon: 0251 2376-436
E-Mail: holger.gaudek@maillwk.nrw.de

Postanschrift:
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Geschäftsbereich 4 - Berufsbildung, Fachschulen
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