Dokumentation von Pflanzenschutzmittel-Anwendungen - Neue Vorgaben ab 2026

Kommt sie oder kommt sie nicht, das hat in den letzten Wochen für reichlich Verwirrung gesorgt: Die erweiterte Dokumentationspflicht für die von beruflichen Verwendern von Pflanzenschutzmittel geführten Aufzeichnungen. Die anstehenden gesetzlichen Änderungen betreffen sowohl Inhalt und Format sowie den Zeitpunkt der Aufzeichnung und dessen Umwandlung in ein maschinenlesbares Format.

Wie der aktuelle rechtliche Stand ist und welche Lösung die Landwirtschaftskammer NRW Landwirten und Gärtnern mit einer ZID-Nummer ab sofort zur Verfügung stellt, dazu berichtet Andrea Claus-Krupp vom Pflanzenschutzdienst NRW.

Was ändert sich bei der Pflanzenschutzmittel-Aufzeichnung 2026?

Inhalt: Ab 1. Januar 2026 sind landwirtschaftliche Betriebe in den EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, zusätzliche Angaben in ihren Aufzeichnungen zu machen. Die zu erfassenden Angaben werden um den EPPO-Code der behandelten Kultur, die Zulassungsnummer des angewendeten Pflanzenschutzmittels, die Lage als geodatenbasiertem Standort – wobei die InVeKoS-Bezeichnung/FLIK oder eine Geokoordinate ausreichend ist, den Umfang der behandelten Einheit sowie der Art der Verwendung erweitert. Darüber hinaus gibt es zwei optionale Angaben sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, dazu gehört das BBCH-Stadium der Kultur. Dies muss dann aufgezeichnet werden, wenn die Anwendung (Indikation) Einschränkungen zum Einsatzzeitpunkt enthält, das heißt, die Verwendung des Pflanzenschutzmittels (PSM) auf bestimmte Entwicklungsstadien der Kultur beschränkt ist. Sofern die Anwendung des PSM auf bestimmte Tageszeiten beschränkt ist, wie bei B2-Insektiziden und Tankmischungen mit Fungiziden aus der Gruppe der Ergosterol-Biosynthese-Hemmern (NB6623), muss bei betroffenen PSM die Uhrzeit dokumentiert werden.

   zu erfassende Angaben Art.67 EU-VO 1107/2009 DV-VO 564/2023 PflSchG § 11 Erläuterung
Anwender   Name     x
Kultur Bezeichnung x   x inkl. Nichtkulturland etc.
EPPO-Code(+)   x    (+) Sofern zutreffend, d.h. Nutzungen mit EPPO-Code
PSM-Anwendung Zeitpunkt Datum x   x  
Zeitpunkt Uhrzeit (+)   x   (+) Bei Indikationen mit zeitlichen Einschränkungen (z.B. Bienenschutz)
PSM Bezeichnung x   x  
PSM Zulassungsnummer   x    
Menge verwendet x   x  
BBCH Stadium (+)    x    (+) Bei Indikationen mit Einschränkungen zu Stadium der Kultur (z.B. Wachstumsregler)
Indikation       Muss nicht aufgezeichnet werden!
Fläche Bezeichnung x     x Schlag, Teilschlag, Bewirtschaftungseinheit, Einrichtung, …
Lage   x   InVeKoS-Bezeichnung oder alternative Bestimmungsmethode z.B. GPS-Punkt
Einheit behandelt   x   Umfang der behandelten Einheit (Fläche, Volumen, Menge)
Art der Verwendung      x   Oberflächen (z. B. Agrarflächen, Gleise, Nichtkulturland, § 17-Flächen, in Gewächshäusern, …), in geschlossenen Räumen (Lager, Gewächshäuser, …), Saat-/ Pflanzgutbehandlung

Format & Zeitpunkt: Mit der Änderung des Art. 67 der EU VO 1107/2009 zur Aufzeichnung von Pflanzenschutzmittel-Anwendungen durch die Durchführungs-VO 564/2023 müsste eigentlich ab 01.01.2026 die Dokumentation von Pflanzenschutz-Anwendungen in einer elektronischen, maschinenlesbaren Form geführt werden. Eine weitere erst im Oktober 2025 beschlossene Änderung (DVO 2025/2203) erlaubt allen EU-Mitgliedsstaaten, diese maschinenlesbare Aufzeichnung um ein Jahr auf den 01.01.2027 zu verschieben. Deutschland hat dieser Verschiebung in den EU-Gremien zugestimmt und wird die rechtlichen Voraussetzungen im deutschen Pflanzenschutzgesetz dafür schaffen. Diese Änderung soll mittels einer Formulierungshilfe über den Bundestag in die bereits laufende Gesetzesänderung eingebracht werden, wird jedoch erst im Februar/März 2026 abgeschlossen werden. Durch diese Gesetzesanpassung können Landwirte und Gärtner ein weiteres Jahr schriftliche Aufzeichnungen führen und erst ab 01.01.2027 ist nur noch die elektronische Form zulässig - dann muss der berufliche Verwender die Anwendung eines PSM „unverzüglich aufzeichnen und spätestens 30 Tage nach dem Einsatz in ein elektronisches Format umwandeln“.

Daten bleiben im Betrieb

Auch wenn die Begehrlichkeiten aus Politik und Gesellschaft nach den Anwendungsdaten der Landwirtschaft groß sind, mit der derzeitigen EU-Verordnung wird es keine Berichtspflicht und keine zentrale Datenbank geben, in die diese Informationen eingereicht werden müssen. Die Aufzeichnung wird wie bisher lokal beim Landwirt geführt und muss mindestens drei Jahre aufbewahrt werden, gerechnet ab Jahresbeginn nach Entstehung der Aufzeichnung. Sie muss wie bereits bisher der zuständigen Behörde, in Nordrhein-Westfalen dem Pflanzenschutzdienst (PSD) NRW, auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden, da der PSD die rechtlichen Vorgaben des Pflanzenschutzes im Rahmen von Konditionalitäten- und Fachrechtskontrollen überprüft. Das Auswahlverfahren und die Quote für Kontrollen richtet sich dabei nach EU- und Bundesvorgaben. Die zu kontrollierenden Betriebe werden anhand einer Zufallsauswahl und einer Risikoanalyse ausgewählt.

Dabei wird die Landwirtschaftskammer NRW dann in ihrer Funktion als „Landesbeauftragter“ tätig. In dieser Funktion nimmt die Landwirtschaftskammer (der Direktor der Landwirtschaftskammer als LB) hoheitliche Aufgaben wie Pflanzenschutzkontrollen oder Agrarförderung wahr, die ihr vom Staat/Land übertragen werden. Während der davon strikt getrennte Bereich der „Selbstverwaltung der Landwirtschaftskammer“ berufsständische Aufgaben wie Berufsausbildung, Pflanzenbau- und Pflanzenschutz-Beratung übernimmt.

Sollten die PSM-Anwendungen von Dritten wie Lohnunternehmern oder im Rahmen einer überbetrieblichen Zusammenarbeit durchgeführt worden sein, ändert sich an der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht für den Bewirtschafter der Flächen nichts, er hat „unverzüglich“ und ab 2027 digital aufzuzeichnen.

Digital - keine Pflicht, aber eine große Hilfe

Obwohl erst ab 2027 eine digitale Aufzeichnung erfolgen muss, sind zur Erfüllung der bereits ab Januar 2026 geforderten zahlreichen zusätzlichen Angaben digitale Lösungen wie Schlagkarteien, Programme auf dem eigenen Rechner oder Web-Anwendungen sehr gut geeignet. Betriebe können frei wählen, durch welches Produkt sie sich digital, z. B. bei „der Suche nach dem richtigen EPPO-Code einer Kultur“ unterstützen lassen.

NEU – Pflanzenschutzmittel-Aufzeichnungen im Düngeportal NRW

Daher stellt die Landwirtschaftskammer NRW ab sofort allen Landwirten und Gärtnern, die Inhaber von HIT- oder ZID-Zugangsdaten sind ein komfortables Basis-Tool im Düngeportal NRW zur Verfügung. Diese Anwendung kann zur Aufzeichnung der PSM-Anwendungen genutzt werden, auch ohne dass das Düngeportal für die Düngedokumentation verwendet wird. Der große Mehrwert dabei, mit einem Klick können die betriebseigenen Schläge aus den ELAN-Daten über die Funktion „Flächen einladen/aktualisieren“ importiert werden.

Düngeportal FlächenübernahmeBild vergrößern
Abb.: Um die PSM-Dokumentation anzulegen, einfach Schläge aus dem ELAN-Antrag importieren

Anschließend können ein oder mehrere Schläge - für Mehrfachbuchung, mit identischen PSM-Anwendungen auf verschiedenen Schlägen- ausgewählt werden, für die die erforderlichen Angaben im Eingabedialog (siehe Abbildung) erfasst werden können. Eine komfortable digitale Unterstützung bietet das Programm dabei an verschiedenen Stellen: Sie werden hierbei u.a. auf der Basis von „Web-Diensten mit direktem Zugriff auf die Zulassungsdatenbank“ bei den Eingaben unterstützt. So sind einmal angelegte Anwender auswählbar, Kulturbezeichnungen werden beim Eingeben der ersten Buchstaben vorgeblendet und der dazugehörige EPPO-Code mitgeliefert, Pflanzenschutzmittel können (mit verschiedenen Filtern) durch eine direkte Anbindung an die Datenbank des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eingegeben werden, bei aktuell zugelassenen Mitteln, inklusive widerrufener und in der Aufbrauchfrist befindlicher PSM, wird über die Auswahl der Anwendung bereits die maximal zugelassene Aufwandmenge aufgezeigt und muss nur noch händisch angepasst werden. Sofern die ausgewählte Anwendung/Indikation auf ein bestimmtes BBCH-Stadium beschränkt ist, wird dieses Stadium vorgeblendet und kann angepasst werden sowie wie im abgebildeten Beispiel zu sehen, wird für „Teppeki“ als B2-PSM die Uhrzeit-Eingabe erforderlich.

Beispiel PflanzenschutzdokumentationBild vergrößern
Abb.: PSM-Dokumentation anlegen – rechtskonforme Angaben im Dialog auswählen und ergänzen

Neben der dargestellten schlagbezogenen Dokumentation sind auch betriebsbezogene PSM-Anwendungen wie die Behandlung von Kartoffeln im Lager möglich. Dafür können Bezeichnungen wie „Lager 1“ oder „Vorratshalle“ frei vergeben und eine Geokoordinate eingetragen werden.

Bericht für die eigenen Unterlagen und maschinenlesbarer Export

Nach der Eingabe aller rechtlich erforderlichen Angaben können die Daten als PDF-Dokument gespeichert und mit einer datums- oder schlagbezogenen Sortierung (Update Anfang Januar 2026) ausgedruckt und zukünftig im JSON-Format maschinenlesbar exportiert werden.

Bericht aus dem DüngeportalBild vergrößern
Abb.: Ausdruck, datumsbezogen, der schlagbezogenen PSM-Anwendungen (Klicken zum Vergrößern)

NEU – kein Umtausch, aber Updates inklusive

Die Landwirtschaftskammer hat sich entschlossen, möglichst noch im Dezember eine erste Version auf den Gabentisch zu legen – diese Version kann ab sofort genutzt werden! Anfang des Jahres wird es dann bereits ein Update mit weiteren nutzerfreundlichen Funktionalitäten wie der Dokumentation von Tankmischungen geben. Ein „+“-Button ermöglicht hierbei mehrere PSM als Tankmischung gleichzeitig auf verschiedenen Schlägen oder in unterschiedlichen Kulturen zu dokumentieren und diese Tankmischung im Nachgang erneut zu bearbeiten.

Die Möglichkeit der mobilen Dokumentation mit dem Smartphone, die Eingabe weiterer Kulturen des Zierpflanzen-Kulturbaums und zusätzliche Verbesserungen stehen auf der Update-Liste. Dann wird es unter Erste Hilfe im Düngeportal neben dem jetzt schon verfügbaren Handbuch ein Erläuterungsvideo, FAQs und ähnliches geben. Unterstützend stehen auch die Agrarbürodienstleister zur Verfügung und im Programm selbst bieten zahlreiche Info-Buttons Erklärungen zu den geforderten Eingaben.

Bei allen verfügbaren und geplanten Funktionalitäten bleibt zu beachten, dass dieses Dokumentations-Tool keine digitale Schlagkartei ist und wird, demzufolge zahlreiche Cross Checks weder jetzt noch zukünftig möglich sind – komplizierte Anwendungsbestimmungen im Risikomanagement von PSM wie Vorgaben zu Behandlungsabständen zwischen Anwendungen, maximale Anwendungshäufigkeiten, maximale jährliche oder überjährige Anwendungsmengen müssen dessen ungeachtet vom beruflichen Verwender beachtet werden. Bestimmungsgemäßer Pflanzenschutz gehört daher sowohl bei der Anwendung als auch der Aufzeichnung in sachkundige Hände!

Weitere kostenlose Dokumentationsmöglichkeiten

  • PSM-DOK (www.psmdok.de/) für teilnehmende Bundesländer
  • DiPAgE (verfügbar ab Februar 2026) bundesweite Lösung auch für Nichtkulturland-Anwender, Dienstleister, Öffentliche Einrichtungen, etc.