Kalkdüngung

RegenwurmBild vergrößern
Regenwürmer lieben es eher neutral bis leicht alkalisch. Der pH-Wert sollte daher nicht zu niedrig gehalten werden.


Verschlämmter LössbodenBild vergrößern
Insbesondere schluffreiche Böden neigen zur Verschlämmung, was die Aufnahmefähigkeit für Niederschläge reduziert.


Acker mit tiefen FahrspurenBild vergrößern
Ohne regelmäßige Kalkzufuhr verlieren die Böden ihre Struktur und sind gefährdet für Strukturschäden.


Landwirtschaft 1.0 im Blick behalten

Mit einer Kalkdüngung lässt sich die Bodenfruchtbarkeit, Nähstoffeffizienz und Bodenstruktur verbessern und erhalten. In Deutschland klafft oft jedoch eine Lücke zwischen Kalkeinsatz und Kalkbedarf. Welche nachhaltigen positiven Effekte eine Kalkdüngung für den Ackerbau hat, erklärt Holger Fechner, Landwirtschaftskammer NRW.

Schon die Kelten wussten, als erfolgreiche Ackerbauern ihrer Zeit, dass ein Aufbringen von Kalkmergel positive Auswirkungen auf den Boden und Pflanzenbau hat. Daher „mergelten“ sie ihre Flächen regelmäßig mit kalkreichen Tongesteinen. Aufgrund dessen wurden den Ackerflächen viele Jahrzehnte der Bodenfruchtbarkeit zugesprochen.  

Viele damalige Intentionen zur Kalkung können auch auf heute übertragen werden. Einzige Unterschiede: Heute rücken betriebswirtschaftliche und umweltrelevante Gründe in den Fokus. In Zeiten einer zunehmend reglementierten Düngung der Nährstoffe Stickstoff (N) und Phosphat (P), von pflanzenbaulich angespannten Witterungsverhältnissen sowie von schwankenden Erzeugerpreisen bei ansonsten steigenden Betriebskosten, sollte die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit sowie die Resilienz des Bodens gegenüber äußeren Einflüssen mehr beachtet werden. Eine regelmäßige Versorgung des Bodens mit Kalk (CaO) ist hier ein wesentlicher Baustein.

Die Kalkung hilft dabei mit, die Ertragskraft des Standortes allgemein zu bewahren und die Nährstoffeffizienz zu maximieren. Das verschärfte Düngerecht erfordert es zudem, die Nährstoffverfügbarkeit sowie das Standort- und Ertragspotenzial auszuschöpfen und zu optimieren. Damit dies gelingt, ist eine regelmäßige Kalkzufuhr auf den meisten Standorten wichtig und sollte bereits jetzt für die Zeit nach der Ernte eingeplant werden.

Vielfältige Kalkeffekte

Die Kalkzufuhr wirkt sich vielfältig auf den Boden aus. Eine zentrale Funktion ist die physikalische Wirkungsweise des Kalks. Sie führt zu einer Flockung der vorhandenen Tonteilchen und einer Brückenbildung zwischen Ton- und Humuspartikeln. Beides ergibt eine optimale Krümelstruktur, die besonders auf ton- und schluffreichen Böden wichtig ist. Vor allem auf diesen Böden wird die Erosionseigenschaft herabgesetzt. Die Böden werden insgesamt tragfähiger, was bei immer schwererem Maschineneinsatz zunehmend entscheidender wird: Mit einer höheren Tragfähigkeit wird auch die Verdichtungsgefahr gesenkt.

Auch das Wurzelwachstum sowie der Wasser-, Luft- und Wärmehaushalt werden begünstigt. Insbesondere die hohen Niederschlagssummen der letzten Herbst- und Wintermonate sowie einige, unter nassen Bedingungen geerntete Kartoffel- oder Zuckerrübenbestände haben ihren Tribut in punkto Erosionsgefahr und Bodenverdichtung gezollt. Unter diesen Umständen ist es besonders wichtig, die physikalische Resilienz zu optimieren und weiter aufrecht zu erhalten.

Chemische Eigenschaften

Eine weitere Eigenschaft des Kalks besteht darin, schädliche Säuren im Boden zu neutralisieren und dadurch den pH-Wert zu regulieren. Das ist insofern wichtig, als dass die Verfügbarkeit der meisten Nährstoffe für die Pflanze vom pH-Wert abhängt. Bestimmte Nährstoffe, wie Eisen, Kupfer, Mangan oder Zink, sind bei einem niedrigen/sauren pH-Wert mobil und pflanzenverfügbar. Andere, wie etwa Molybdän oder Bor, sind dies erst bei einem hohen/basischen pH-Wert.

Der Hauptnährstoff P wird im sauren und im basischen Milieu im Boden festgelegt und ist dann für die Pflanzen nicht verfügbar. Als Kompromiss ergibt sich ein optimaler Wert zwischen pH 5,5 und 7 – wobei es Unterschiede zwischen den Bodenarten gibt. Auch auf die Nährstoffeffizienz des Hauptnährstoffs N scheinen der pH-Wert und eine Kalkung positiv zu wirken.

Dies wurde zuletzt zwischen 2017 bis 2020 in einem bundesweiten Projekt mit Hilfe von mehreren standorttreuen Exaktversuchen geprüft. Den Ergebnissen nach, konnte der Stickstoffentzug pro Jahr und Hektar bei dieser verhältnismäßig kurz angelegten Versuchsdauer durchschnittlich bereits um 5 kg erhöht werden. Damit konnte auch die Stickstoffnutzungseffizienz gesteigert werden. In Zeiten hoher Mineraldüngerpreise und hoher Anforderungen, die sich aus dem Düngerecht ergeben, sind die Steigerung der Nährstoffeffizienz sowie -verfügbarkeit wichtige Stellschrauben für einen erfolgreichen Ackerbau.

Biologisch wirksam

Ein richtig eingestellter pH-Wert ist auch für die im Boden lebenden Mikroorganismen bedeutend. Das Bodenleben bevorzugt ein schwach-saures bis neutrales Milieu. Nur bei diesen günstigen Lebensbedingungen können die Organismen die Mineralisierung der darin organisch gebundenen Nährstoffe sowie den Aufbau von stabilen Humusformen leisten. Letzteres trägt wesentlich dazu bei, eine günstige Bodenstruktur zu bilden und zu erhalten.

Nebeneffekt für Kulturpflanzen

Werden die genannten Prozesse im Boden durch kontinuierliche Kalkgaben aufrechtgehalten, finden die Kulturpflanzen optimale Bedingungen für das Wurzelwachstum und die Nährstofflieferung und -aufnahme vor.

Nicht zuletzt ist das in allen Kalkformen enthaltene Calcium auch ein Pflanzennährstoff. Allerdings ist freies Calcium, etwa als Flüssigblattdünger, für die Pflanzenernährung wirkungsvoller. Eine Kalkung mit den klassischen Kalkformen ist somit vorrangig eine Maßnahme für den Boden und indirekt für die Pflanzen.

Die Verluste an basisch wirksamen Substanzen im Boden sind stark von den Bewirtschaftungs- und Standortbedingungen abhängig. Das Ausmaß ergibt sich insbesondere durch die angebauten Kulturarten, die Bodenart und vor allem durch die Höhe der Niederschläge. Der jährliche Verbrauch von CaO liegt auf Ackerland etwa bei 500 kg/ha und etwa bei 300 kg/ha auf Grünland.

Zu geringer Kalkeinsatz

Die Kalkverluste können unter Berücksichtigung der Flächennutzung – Anteile LN Acker- und Grünland – sowie des Aufkommens der Bodenarten in NRW auf etwa 340 kg/ha Kalk pro Jahr beziffert werden. Ein Blick auf die Grafik zeigt die Entwicklung des Kalkabsatzes und des Kalkeinsatzes pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in Deutschland. Wie dort zu sehen ist, beläuft sich der durchschnittliche, jährliche Einsatz an Kalk in den letzten fünf Jahren auf nur etwa 165 kg/ha auf der LN. Rechnerisch ergibt sich somit eine Lücke von etwa 50 % zwischen Einsatz und durchschnittlichem Bedarf.

Absatz und aufgewendete Menge je landwirtschaftlich genutzter Fläche an Kalk (CaO) in Deutschland im Zeitverlauf
Absatz und aufgewendete Menge je landwirtschaftlich genutzter Fläche an Kalk (CaO) in Deutschland im Zeitverlauf, Quelle: Destatis 2024

Der Kalkeinsatz ist – auf die Einzeljahre bezogen – sehr schwankend und insgesamt auf einem zu geringen Niveau. Zu beachten ist allerdings, dass bei der amtlichen Mitteilung über den Düngemittelabsatz nur die mineralischen Düngemittel berücksichtigt werden. Mit dem Einsatz von Kompost, Champost und anderen organischen Düngemitteln, wie etwa Hühnertrockenkot, wird den Flächen ebenfalls basische Bestandteile zugeführt. So kann die aufgezeigte Lücke etwas relativiert werden.  

Kalkmenge anpassen

Der optimale pH-Wert als Maßstab für die Kalkdüngung orientiert sich, neben der Nutzung als Ackerland und Grünland, vor allem an der Bodenart. Je schwerer der Boden ist, umso höher fällt die Kalkmenge aus, die zur Erhaltung eines optimalen pH-Wertes benötigt wird: die sogenannte Erhaltungskalkung. Die Ursache dafür ist, dass schwere Böden einen höheren Ziel-pH-Wert und Tonböden allgemein ein höheres Pufferungsvermögen aufweisen. So enthalten sie bei gleichem pH-Wert deutlich höhere Kalkmengen als ein tonloser, leichter Boden. Die Auswaschungsverluste sind darum auch höher als auf den leichten Böden.

Bei der Kalkung sind diese Unterschiede unbedingt zu beachten. Werden die Flächen pauschal mit den gleichen Kalkmengen versorgt, erreichen schwere Böden nicht den Ziel-pH-Wert und leichte Böden werden über den eigentlichen Zielwert hinaus gekalkt. Dies kann vielleicht auch der Grund sein, warum immer wieder Mangan-Mangelsymptome bei Wintergerste auf leichten Böden beobachtet werden. Mangan wird bei einem zu hohen pH-Wert festgelegt und nicht mehr pflanzenverfügbar.  

Fazit

Wegen der tendenziell zunehmenden Niederschlagssummen sowie einer Verschiebung der Niederschlagsverteilung sollte die Regenverdaulichkeit der Böden zunehmend im Fokus stehen. Dazu trägt eine Kalkung maßgeblich bei. Sie zieht zahlreiche nachhaltige Effekte auf Boden und Pflanze nach sich und unterstützt das Aufrechterhalten sowie gegebenenfalls ggf. eine Steigerung der Bodenfruchtbarkeit. Insbesondere die Nährstoffverfügbarkeit sowie -effizienz werden durch eine Kalkung positiv beeinflusst. Der optimale Zeitpunkt für das Ausbringen von Kalk besteht nach der Ernte auf die Stoppel.

Autor: Holger Fechner