Finanzieller Vorteil durch Kalkung?
Eine regelmäßige Düngekalkung verbessert die Bodenfruchtbarkeit, -struktur und Nähstoffeffizienz. Welche Kalkformen es gibt, und ob sich eine Kalkung überhaupt ökonomisch rechnet, beantwortet Holger Fechner, Landwirtschaftskammer NRW.
Durch eine Kalkung wird vor allem die Nährstoffverfügbarkeit sowie -effizienz positiv beeinflusst. Somit leistet sie einen erheblichen Anteil an der Ertragskraft des Bodens – vor allem in Zeiten einer stärker reglementierten Düngung und Wetterextremen. Doch wie stark wirkt sich eine Kalkung auf dem eigenen Standort aus?
Aktuell laufender Dauerversuch ausgewertet
In Deutschland gibt es nicht viele Versuche, die sich mit Fragestellungen zum Thema Kalk befassen, da sich Ergebnisse erst nach einigen Jahren einstellen. Auch lassen sich die Resultate eines Standortes nur bedingt auf andere übertragen. Denn die Kalkwirkung hängt von verschiedenen Einflussfaktoren ab und diese sind an jedem Standort anders ausgerichtet. Hinzu kommt, dass Kalk-Ertragseffekte durch andere Effekte, wie beispielsweise die Fruchtfolge oder die Witterung, überlagert werden. Eine eindeutige Zuordnung ist daher schwierig. In älteren Literaturangaben wird von einem Ertragsrückgang von bis zu 50% für verschiedene landwirtschaftliche Kulturen bei suboptimal eingestelltem pH-Wert berichtet.
In 2022 wurde deshalb einer der wenigen aktuell laufenden Versuche in Deutschland mit aktuellen Preisen bewertet. Es handelt sich dabei um einen zehnjährigen Kalkversuch Nähe Cunnersdorf, Sachsen, der vom Institut für Agrarökonomie der Landesanstalt für Landwirtschaft Bayern (LfL) für die Auswertung verwendet wurde. Der Versuch findet auf sandigem Lehm mit den Fruchtfolgegliedern Zuckerrübe – Sommergerste – Ackerbohne – Winterweizen – Wintergerste statt. Es werden unterschiedliche Kalkformen im Rahmen der Fruchtfolge eingesetzt. Die Ergebnisse bis 2019: Bis auf ein Jahr und eine Kalkform – Branntkalk, 2018 zu Winterweizen – konnten in allen Varianten mit einer Kalkung positive Ertragseffekte gegenüber der Kontrollvariante generiert werden.
Beim direkten Vergleich eines kohlensauren Kalkes mit und ohne Magnesiumzusatz zeigten sich Ertragsvorteile zugunsten des Kalkes mit Magnesium. Für eine ökonomische Auswertung wurden die bayerischen Deckungsbeiträge der jeweiligen Varianten miteinander verglichen. Dabei wurde mit jeweiligen Beschaffungskosten für die Kalkdünger in den Jahren ihres Einsatzes und den Kosten für eine eigene Ausbringung eines bayerischen Durchschnittsbetriebs mit 60 bis 80 ha Ackerland gerechnet. Zudem wurde eine durchschnittliche Flächengröße von 2 ha unterstellt.
Ökonomischer Vorteil
Doch eine Kalkung kostet auch Geld. Die Kalkpreise sind in letzter Zeit tendenziell gestiegen und nicht alle vorteilhaften Kalkungseffekte lassen sich monetär beziffern. Denn die meisten Effekte wirken indirekt und erst nach längerer Zeit auf die ökonomisch herangezogenen Parameter im Pflanzenbau. Insgesamt bleibt jedoch festzuhalten: Eine Kalkung zahlt sich letztlich aus.
Bei der zehnjährigen Betrachtung ergaben ausnahmslos alle gekalkten Varianten der nicht gekalkten Kontrollvariante gegenüber ökonomische Vorteile – unabhängig von der Kalkform. Der größte durchschnittliche, ökonomische Vorteil wurde mit 85 €/ha zugunsten der eingesetzten kohlensauren Kalke mit Magnesiumzusatz ausgerechnet. Das lag zwar an der deckungsbeitragsstarken Zuckerrübe, doch beim Herausrechnen dieser lag der ökonomische Vorteil immerhin noch bei ungefähr 50 €/ha.
Würde man die Deckungsbeiträge mit Zahlen aus NRW berechnen, zeigten sich ähnliche Tendenzen. Auch, wenn sich der Standort des Versuchs und dessen Bedingungen nur bedingt auf die Verhältnisse anderer Orte in Deutschland übertragen lassen, gibt dieser Versuch eindeutige Hinweise auf die monetären Vorteile von Kalkungsmaßnahmen im Ackerbau.
Besonders in Jahren mit hohen Handels- und Kontraktpreisen der Marktfrüchte wie zuletzt 2023 sollte in eine Kalkung investiert werden. In Jahren mit durchschnittlichen Erträgen und Erlösen sowie angenommener moderat ansteigender Kalkdüngekosten in den kommenden Jahren rechnet sich eine Kalkung in vielen Fällen.
Findet die Düngekalkung regelmäßig im Rahmen der Fruchtfolge statt, bleibt es bei einer Erhaltungskalkung. Eine Sanierung eines weit abgefallenen pH-Wertes ist ungleich teurer. Neben den ökonomischen Vorteilen sollten zudem die vielen pflanzenbaulichen Vorteile berücksichtigt werden.
Auch die Landwirtschaftskammer NRW investiert demnächst in einen Dauerdüngerversuch zum Thema Kalkung, um die Potenziale für einen hiesigen Standort zu prüfen. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits. Es wird jedoch einige Jahre dauern, um verlässliche Ergebnisse daraus aufzeigen zu können. Untersucht werden soll zum Beispiel auch, welche Auswirkungen eine Regulation des pH-Werts auf die Stickstoffeffizienz hat.
Welche Kalkformen wählen?
Die unterschiedlichen Kalktypen und ihre Anforderungen sind unter anderem in der nationalen Düngemittelverordnung (DüMV) geregelt, zum Beispiel Kalkgehalt, typenbestimmender Anteil, Nährstoffformen, Löslichkeit sowie Herstellungsart und Herkunft. Auf EU-Ebene werden die Kalkdünger in der aktualisierten EU-Düngeprodukteverordnung innerhalb der Produktfunktionskategorie (PFC) 2 ähnlich wie in der DüMV definiert und geregelt.
Die wichtigste Eigenschaft von Kalkdüngern ist es, Säuren zu neutralisieren. Als Maß wird der in Summe aus dem Kalk- und Magnesiumgehalt berechnete CaO- und MgO-Gehalt als Referenzwert herangezogen. Bei der düngemittelrechtlichen Deklaration wird die Neutralisationswirkung von Calcium und Magnesium gleich bewertet, obwohl Magnesium eine etwa 1,4-mal höhere neutralisierende Wirkung aufweist. Für einen Kalk mit höherem Magnesiumanteil, wie es bei den kohlensauren Kalken häufiger vorkommt, ergibt sich daraus eine höhere basische Wirksamkeit als sie ausgewiesen wird.
Bei den meisten Kalken liegt Calcium gebunden als Calciumcarbonat CaCO3 vor. Bezugsbasis bei der Bemessung des Kalkbedarfs ist immer CaO. Daher muss bei CaCO3 mit einem Umrechnungsfaktor von 0,56 gerechnet werden. Das gilt auch für das in manchen Kalken enthaltene MgCO3. Hier beträgt der Umrechnungsfaktor 0,48.
Die Favoriten
Am häufigsten werden kohlensaurer Kalk sowie kohlensaurer Magnesiumkalk als Kalkdünger eingesetzt. Sie besitzen einen CaCO3-Gehalt von mindestens 15 % und werden aus kalkhaltigem Naturgestein hergestellt. Daher variiert ihre Zusammensetzung. Wie schnell diese Kalke wirken, hängt von der Herkunft und dem Mahlgrad ab. Deklariert werden muss die Wirkungsgeschwindigkeit in Form der Reaktivität. Von kohlensauren Kalken wird mindestens eine Reaktivität von 30 % gefordert. Ist der Gehalt an MgCO3 größer als 25 %, muss die Reaktivität nur 10 % betragen. Üblicherweise liegen die Reaktivitäten dieser Kalkformen bei 40 bis 60 %.
Für die Erhaltungskalkung
Kohlensaure Kalke verfügen über eine langsame und nachhaltige Wirkung, sind mild für die Pflanzen und können auf allen Standorten eingesetzt werden. Sie sind die idealen Kalke für eine Erhaltungskalkung. Ausgebracht werden sie in erdfeuchtem Zustand, sodass keine Stäube entstehen.
Branntkalk für die Aufkalkung
Beim Brennen von Naturkalken entsteht Branntkalk. Dieser ist in gemahlener oder gekörnter Form erhältlich. Branntkalk wirkt sehr schnell und eignet sich somit ideal für eine Aufkalkung – besonders bei mittleren und schweren Böden. Auf Sandböden können aus der geringen Pufferkapazität schnell größere Sprünge beim pH-Wert resultieren. Beim Ausbringen auf nassem Boden besteht die Gefahr der Klumpenbildung, was die Wirkung herabsetzt.
Eine Kopfdüngung mit Branntkalk ist aufgrund seiner ätzenden Wirkung nicht zu empfehlen. Das gilt auch für Grünland. Ausgebracht auf unbestelltem Ackerland ist die Ätzwirkung in Bezug auf Ackerschnecken jedoch erwünscht. Gleichzeitig hat er eine fungizide Wirkung, beispielsweise auf Kohlhernie. Der erforderliche Mindestgehalt an CaO bzw. MgO bei Branntkalken liegt bei 65 %, wobei die meisten Branntkalke Gehalte von 80 bis 95 % aufweisen.
Für das Ausbringen von Branntkalk in trockenem, gemahlenem Zustand sind zwingend Schneckenstreuer erforderlich, die gleichzeitig für ein homogenes Streubild sorgen. Körniger Branntkalk kann hingegen breitflächig mit dem Schleuderstreuer ausgebracht werden. Um Branntkalk vor der Reaktion mit Wasser zu schützen, muss er zwingend in Silos oder Big-Bags gelagert und transportiert werden.
Etwas dazwischen: Mischkalk
Eine Zwischenform von kohlensauren Kalken und Branntkalken sind Mischkalke. Ihr Vorteil liegt in einer gleichermaßen schnellen wie auch langsamen, nachhaltigen Wirkung. Bei der Anwendung von Brannt- oder Mischkalken ist darauf zu achten, dass diese nicht zusammen mit organischen Düngern ausgebracht werden dürfen, die Ammonium (NH4) enthalten. Durch einen kurzfristigen, starken Anstieg des pH-Werts ergeben sich hohe gasförmige Stickstoffverluste.
Kohlensaurer Konverterkalk
Neben den aus Naturgesteinen direkt gewonnen Kalkdüngern gibt es auch Nebenprodukte aus der Industrie. Ein solches Produkt ist zum Beispiel Konverterkalk, der durch Vermahlen von Konverterschlacke bei der Stahlproduktion gewonnen wird. Hierbei handelt es sich um kieselsaure Kalke, die in ihrer Wirkung kohlensauren Kalken ähneln. Die enthaltenen Kieselsäuren haben eine positive Wirkung auf die Pflanzengesundheit sowie die Phosphatverfügbarkeit. Außerdem enthalten sie oftmals verschiedene Spurenelemente, die den Pflanzen zugutekommen.
Carbokalk
Eine weitere Kalkform industriellen Ursprungs ist Carbokalk, der in der Zuckerfabrik anfällt. Er wirkt sehr schnell. Das enthaltene Calcium liegt allerdings als CaCO3 vor.
Angeboten wird Carbokalk in flüssiger oder abgepresster Form. Aufgrund der unterschiedlichen TM-Gehalte ist der Anteil an basisch wirksamen Bestandteilen sehr unterschiedlich. Zu beachten ist, dass Carbokalk auch Anteile an Stickstoff und Phosphat enthält. Sofern diese deklariert sind, müssen beide Nährstoffe bei der Düngedokumentation und auch bei der Stoffstrombilanzierung berücksichtigt werden.
Ob weitere Regelungen, wie die Sperrfrist oder das Aufbringen auf überschwemmten, wassergesättigten, gefrorenen oder schneebedeckten Böden beachtet werden müssen, hängt von den tatsächlichen Stickstoff- und Phosphatgehalten ab.
Kalkdünger |
Basische Wirkung |
Tatsächliche Kalkform, |
---|---|---|
Kohlensaurer Kalk |
42 bis 53 %, teils als MgO |
75 bis 95 % CaCO3 und MgCO3, langsam und nachhaltig |
Kohlensaurer Magnesiumkalk |
(> 15 % MgCO3 und MgO)* |
Leicht umsetzbar ab 80 % Reaktivität |
Branntkalk |
(65)* 80 bis 95 %, teils als MgO |
Gebrannter Kalk mit sehr schneller Wirkung |
Mischkalk |
(50)* 60 bis 65 %, teils als MgO |
Gemisch aus Branntkalk und kohlensaurem Kalk; teils schnell, teils nachhaltige Wirkung |
Konverterkalk (feucht-körnig) |
(40)* 45 %, davon 7% MgO |
Kieselsaure Kalke mit nachhaltiger Wirkung, Spurennährstoffe |
Kalkdünger aus der … |
||
Zuckerherstellung |
27 bis 32 %, |
CaCO3 mit schneller Wirkung, etwa 0,4 % N und 0,6 bis 1 % P2O5, 12 bis 15 % organische Bestandteile |
Zuckerherstellung |
19 %, |
CaCO3 mit schneller Wirkung, etwa 0,2 % N und 0,7 % P2O5, |
Verbrennung von Braunkohle |
40 %, |
Schwefel, Kieselsäure, Spurennährstoffe |
Sodaherstellung |
45 % |
0,5 % Schwefel, 10 % Kieselsäure, Spurennährstoffe, mittlere Umsetzbarkeit, etwa 60 % Reaktivität |
Aufbereitung von Trink- und Brauchwasser |
Je nach Herkunft sehr unterschiedliche Kalkgehalte und Reaktivitäten überwiegend als CaCO3 |
|
Weitere 17 Herkünfte aus Düngemittelverordnung (DüMV) aus Industrie möglich. |
* Mindestgehalt
Weitere Informationen
Darüber hinaus sind noch zahlreiche weitere Kalke industrieller Herkunft für die Landwirtschaft zugelassen. Diese Kalke sind oftmals kostengünstig zu bekommen. Allerdings sollte sich – neben den düngewirksamen Parametern – auch über ihren Schadstoffgehalt informiert werden.
Eine Übersicht zu den wichtigsten Kalkdüngern sind in der Tabelle zusammengefasst. Weitere Tabellen mit den Kalkdüngeempfehlungen für Ackerland und Grünland sowie Informationen zu den Kalkdüngeformen gibt es im „Ratgeber Pflanzenbau und Pflanzenschutz“ der Landwirtschaftskammer NRW sowie auf der Website www.duengung-nrw.de.
Fazit
Aufgrund der Ergebnisse des Dauerdüngeversuchs rechnet sich die Investition zumindest in eine Erhaltungskalkung auch ökonomisch. Der optimale Zeitpunkt für das Ausbringen von Kalk besteht nach der Ernte auf die Stoppel. Dafür gibt es unterschiedliche Kalkformen. Bei der Auswahl ist auf die Begleitnährstoffe zu achten: Sie müssen auf die Nährstoffgehalte im Boden und düngerechtlich abgestimmt sein.
Autor: Holger Fechner