Blauzungenkrankheit ist nach Deutschland zurückgekehrt

Blauzungenvirustyp BTV 3 nach den Niederlanden jetzt auch in NRW nachgewiesen.
Im Spätsommer 2006 wurde in Europa erstmals nördlich der Alpen ein Blauzungenvirus nachgewiesen. Der damals in der Eifelregion festgestellte Stamm BTV 8 war bis dato nur südlich der Sahara beobachtet wurden. Zuletzt war im September 2023 in den Niederlanden in der Region um Utrecht erstmals der Stamm BTV 3 bei Schafen nachgewiesen worden und hatte sich dort, sicher begünstigt durch den warmen Herbst, zügig ausgebreitet. Am 10.10.2023 gab es den ersten klinischen Verdacht auf BTV im Kreis Kleve, erste Laboruntersuchungen waren positiv, die Bestätigung durch das FLI steht noch aus. Der Stamm BTV 3 war – vermutlich von Tunesien aus – vor einigen Jahren bis nach Sizilien und Sardinien vorgedrungen, hatte sich dann aber nicht weiter in Europa ausgebreitet.
Die Blauzungenkrankheit wird verursacht durch ein Orbivirus, von dem mittlerweile über 25 Serotypen bekannt sind. Sie kann alle Haus- und auch Wildwiederkäuer befallen und ist eine anzeigepflichtige Tierseuche. Klinische Verdachtsfälle sind deshalb dem zuständigen Veterinäramt anzuzeigen. Für den Menschen ist die Blauzungenkrankheit absolut ungefährlich.
Krankheitsbild
Bei unseren Haustieren sehen wir, abhängig von Tierart, Serotyp und der Viruslast, unterschiedlich stark ausgeprägte Klinik: entzündliche Rötungen der Maul- und Nasenschleimhäute, ödematöse Schwellungen im Kopfbereich, Entzündungen der Haut im Bereich von Zitzen und Kronsaum, also letztlich überall dort, wo die übertragenden Stechinsekten (vor allem Gnitzen) leicht an Blut gelangen können. Insbesondere die Veränderungen rund um die Maulhöhle führen zusammen mit dem auftretenden Fieber zu deutlichem Rückgang der Futteraufnahme mit teilweise massiven metabolischen Folgen (Energiemangel, Pansenübersäuerung aufgrund der Bevorzugung des weniger die Schleimhäute irritierenden Kraftfutters). Laut den Erfahrungen aus den Niederlanden führt der Typ BTV 3 bei Schafen zu deutlicherer Klinik als bei Rindern. Die typischen BT-Symptome findet man auch bei uns überwiegend bei dieser Spezies, während Rinder vor allem Fieber und Leistungsdepressionen zeigen.
Impfung und Prophylaxe
Leider gibt es zwischen den Serotypen des Blauzungenvirus keine brauchbare Kreuzimmunität, so dass damals die in Europa bereits vorhanden BT-Vakzinen (gegen die Serotypen 2, 4 und 8) nicht eingesetzt werden können, um den klinischen Schäden entgegen zu treten. In Südafrika existente Lebendvakzinen entsprechen nicht den hiesigen Sicherheitsvorschriften und sollen allenfalls eine Abmilderung der Klinik bei Schafen bewirken. Die alleinige Anwendung von Repellent-Insektiziden zum Schutz der Tiere erwies sich bei BTV 8 schnell als nicht ausreichend, um die Erkrankung einzudämmen. Mit seit Juni 2024 können in Deutschland 3 kommerzielle Vakzinen im Rahmen einer Anwendungsgestattung zum Schutz der Tiere vor schwerer Klinik eingesetzt werden. Diese Vakzinen sind aber noch nicht zugelassen und können deshalb auch für das Verbringen von Tieren aus Restriktionsgebieten keine Erleichterungen herbeiführen. Leider war die Gestattung der Anwendung doch so spät im Jahr, dass wahrscheinlich vielerorts nun in akute Infektionsgeschehen hineingeimpft wird und alleine dadurch die Effektivität der Impfung leidet.
Weitere Informationen
Weiterführende Informationen zur Blauzungenkrankheit finden sich auf der
Homepage des FLI:
www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/blauzungenkrankheit/
Hinweise zu den Verbringungsregelungen finden Sie auf der Seite des LANUV NRW:
www.lanuv.nrw.de/verbraucherschutz/tiergesundheit/tierseuchenbekaempfung/tierseuchen/blauzungenkrankheit
- Blauzungenkrankheit, Fotos von Krankheitssymptomen bei Rindern und Schafen
- Blauzungenkrankheit bei Schafen in den Niederlanden
Autor: Dr. Peter Heimberg