Kulturlandschaftsentwicklung

Die Landschaften Mitteleuropas stehen seit Jahrtausenden unter dem gestaltenden Einfluss des Menschen. Zunächst geprägt durch eine kleinbäuerliche Flächenbewirtschaftung, hat sich die Kulturlandschaft mit der Entwicklung moderner landwirtschaftlicher Produktionsverfahren stark gewandelt. Dabei besteht die Kulturlandschaft aus einem Mosaik unterschiedlicher Nutzungen und Strukturen, zu denen neben der Landwirtschaft auch die Forstwirtschaft zählt. Aber auch andere Flächennutzungen dringen in den letzten Jahrzehnten immer stärker in den sogenannten planerischen Freiraum, den wir in diesem Zusammenhang als Kulturlandschaft bezeichnen, vor. Dabei erfüllt die Kulturlandschaft neben der Produktion landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Güter vielfältige Funktionen, zu denen die touristische Nutzung genauso zählt wie die klimaausgleichende Wirkung auf die Städte und Ballungsgebiete. Die Landwirtschaftskammer setzt sich auf zahlreichen Ebenen für den Erhalt und die Entwicklung einer vielfältigen, regionstypischen leistungsstarken und naturnahen Kulturlandschaft ein. Als größtem Flächennutzer in der Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalens hat dabei der Erhalt und die Entwicklung einer die natürlichen Lebensgrundlagen nutzenden und schonenden Agrarstruktur eine herausragende Bedeutung.

Karte der Kulturlandschaften in NRW
Kulturlandwirtschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen, Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Landschaftsverband Rheinland, 2007; Karte der Kulturlandschaften: Seite 476

Weitere Informationen und Download des Fachbeitrages unter:

Beispiel: Nieheimer Flechthecken

Nieheimer FlechtheckeBild vergrößern
Nieheimer Flechthecke. Foto: Heimatverein Nieheim

Hier ein Beispiel aus Ostwestfalen im Kreis Höxter: Die Nieheimer Flechthecken. Historische Quellen belegen die Nieheimer Flechthecken schon für das Jahr 1650. Ihre größte Verbreitung hatten sie um 1900, besaßen sie doch viele Vorteile gegenüber geschnittenen Hecken oder Holzzäunen: Man brauchte kein zusätzliches, wertvolles Holz. Die Hecke lieferte Brennholz, Forkenstiele und Spazierstöcke. Sie war Lieferant für zusätzliche Nahrung: Nüsse für die Menschen, Laub bzw. Laubheu für das Vieh. Die Struktur der Flechthecke ist am besten in den Wintermonaten zu erkennen, wenn Sie kein Laub trägt. Ab dem Frühjahr wird die Flechthecke zu einem grünen Wall, der ein hervorragender Lebensraum für Kleintiere und andere Pflanzen ist. Flechthecken haben die größte Brutdichte der Vogelwelt. Sie locken Mäuse, Hasen, Rebhühner und Reptilien an. In ihrem Schatten wachsen die wilde Christrose (Nieswurz) und der Lerchensporn. Für weitere Artenvielfalt sorgen die Kopfweiden, die mit den Hecken gepflanzt werden.

Der Nieheimer Heimatverein und Heimatfreunde haben sich im Ehrenamt zur Aufgabe gemacht, die Hecken intensiv zu pflegen und diese Technik an die jüngere Generation weiterzugeben. Die Landwirtschaftskammer NRW hat diese Initiative durch Gespräche mit der örtlichen Landwirtschaft im Raum Nieheim unterstützt.

Der Heimatverein Nieheim hat im Jahr 2017 einen Antrag für die Anerkennung der Nieheimer Flechthecke als immaterielles Kulturerbe gestellt dem mittlerweile stattgegeben wurde.