Blauzungenkrankheit und Impfempfehlung (Stand 17.02.2025)
Im Oktober 2023 wurde der erste Nachweis von BT-V 3 in NRW geführt. Seitdem gab es immer wieder Fälle der Erkrankung, seit Juli 2024 vermehrt sich das Virus explosionsartig und führte zu schweren Erkrankungen und vielen Todesfällen in den Schafherden, aber auch Rinderbestände hatten deutliche klinische Symptomatik und auch Todesfälle. Ziegenbetriebe meldeten einen Rückgang der Milchleistung.
BT-V ist ein Virus, welches Schäden in kleinen Blutgefäßen verursacht. Bei BT-V 3 sieht man, anders als bei BT-V 8 und 4, häufiger Lahmheiten und einen steifen Gang auf allen vier Gliedmaßen der Tiere. Entzündungsanzeichen am Kronsaum wie bei BT-V 8 sind dagegen seltener erkennbar.
Desweiteren schwillt bei Schafen häufig der Kopf an, Maul und Rachen sind entzündet und es kommt in der Folge zu Schluckbeschwerden mit geringerer Futter- und Wasseraufnahme. Dabei haben die Tiere häufig hohes Fieber (41 – 42 °C).
Auch die Blutgefäße der inneren Organe sind betroffen, so können Entzündungen an der Pansenschleimhaut entstehen oder Herzmuskelentzündungen. Bei trächtigen Tieren kann es zu Aborten oder Fetopathien kommen.
Euter- und Zitzenhaut sind häufig entzündet und es bilden sich Krusten, was die Melkbarkeit deutlich verschlechtert.
Deckbullen oder –böcke können temporär unfruchtbar werden; bei BT-V 8 wurde beobachtet, dass Schafböcke erst nach 3 – 4 Monaten wieder deckbereit waren.
Durch die Vielzahl der betroffenen Organe kommt es v.a. bei Schafen häufig zu Todesfällen.
Betroffene Tiere können nur symptomatisch behandelt werden, d.h. mit fiebersenkenden und entzündungshemmenden Mitteln, wie nicht-steroidalen Antiphlogistika; zudem mit begleitender „Pflege“ der Tiere, d.h. wegen der erschwerten Futter- und Wasseraufnahme ist besonders darauf zu achten, dass die Tiere weiter Futter aufnehmen, und zwar nicht nur leicht Verdauliches wie Kraftfutterpellets oder Rübenschnitzel, was zwar gerne auch von kranken Tieren aufgenommen wird, aber schnell zu einer Übersäuerung des Pansens führt und dann die empfindliche Pansenflora zerstört. Um den Pansen zu unterstützen, kann Pansenstimulans gegeben werden. Weiterhin unterstützend können zugelassene Vitamin-E-Selen-Präparate wirken. Bei tierärztlich diagnostizierten bakteriellen Sekundärinfektionen können auch Antibiotika zum Einsatz kommen.
Desweiteren gilt es, die das Virus übertragenden Gnitzen von den Tieren fernzuhalten, sei es über Repellentien, die über den Hoftierarzt zu beziehen sind, durch Aufstallen der Tiere, was zumindest zu einem geringeren Befall führt, oder evtl. Umtreiben auf Flächen, auf denen weniger Gnitzen fliegen, d.h. auf Höhenlagen ohne stehende Gewässer, Tümpel etc. Dies alles bietet jedoch keinen hundertprozentigen Schutz vor den Gnitzen !
Ganz Deutschland ist Restriktionsgebiet, ebenso sind die Nachbarländer Niederlande, Belgien und Frankreich auch betroffen, d.h. innerhalb dieser Gebiete gibt es keine Handelsbeschränkungen.
Auch im Winter gibt es weiterhin Nachweise von Blauzungenkrankheit, was damit zusammenhängt, dass das Virus über längere Zeit in den Tieren persistiert (Rind bis über 200 Tage, Schaf ca. 50 Tage).
Klare Impfempfehlung jetzt im Winter
Es wird empfohlen, jetzt im Winter, also vor Beginn der Gnitzensaison, die Tiere zu vakzinieren, um für die nächste Saison einen ausreichenden Schutz vor der Tierseuche in der Herde zu haben.
Zudem ist es vom Handling her sicher leichter zu impfen, solange die Tiere noch im Stall und noch nicht auf den Flächen verteilt sind. Es empfiehlt sich, rechtzeitig mit dem Hoftierarzt einen Termin zu vereinbaren und zu besprechen, welcher der drei gestatteten Impfstoffe bestellt werden soll.
Die Verluste in den Herden, sei es durch Todesfälle, aber auch durch Folgen der Infektion wie schlechte Fruchtbarkeit v.a. bei den Kühen, z.T. vermehrten Ovarialzysten, hohen Zellzahlen und vielen Euterentzündungen sowie Lahmheiten, erscheinen deutlich höher als die Kosten der Impfung und evtl. Impfschäden. V.a. aus den Niederlanden wurde zudem berichtet, dass auch geimpfte Tiere an Blauzunge erkranken können, dabei klinischen Symptome aber deutlich reduziert.
Die Impfempfehlung gilt ausdrücklich auch für Böcke. Eine genaue Aussage über Impfschäden gibt es weder für weibliche noch für männliche Tiere, jedoch sind die Impfstoffe auch für trächtige Tiere gestattet, woraus hervorgeht, dass die negativen Auswirkungen der Impfstoffe auf die Fruchtbarkeit gering sind.
Es gibt zurzeit drei Impfstoffe, die eingesetzt werden dürfen. Laut Herstellerangaben reicht bei zweien dieser Impfstoffe bei Schafen eine Impfung zur Grundimmunisierung, bei dem dritten sind zwei Impfungen im Abstand von drei Wochen erforderlich. Weiterhin ist eine Wiederholungsimpfung nach 12 Monaten bzw. jetzt im Winter vor dem Start der Gnitzensaison durchzuführen. Die Impfstoffe sind gemäß Herstellerangaben anzuwenden, die am besten mit dem Hoftierarzt besprochen werden.
Eine Aussage über die Länge der Immunität nach Impfung bzw. nach Infektion kann bisher noch nicht sicher gemacht werden, da das Virus erst in 2023 neu aufgetreten ist. Untersuchungen zur Immunität gegen BT-V 3 liefern bisher nur vorläufige Ergebnisse.
Auch vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gibt es eine entsprechende Impfempfehlung (s. Merkblatt).
Autor: Dr. Cordula Koch Tiergesundheitsdienst NRW