Schäden und Schädlinge auf dem Grünland

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Wildschweinschäden

Nach dem historischen Trockenjahr 2018 war es 2019 vor allem in den nördlichen Landesteilen von NRW zwischen April bis Mitte September genauso trocken wie 2018. Erhebliche Ertragsausfälle bei den Folgeschnitten im Sommer in der Größenordnung von 25 bis 30 Prozent waren die Folge. In den südlichen gelegenen Mittelgebirgsregionen in NRW war die Sommertrockenheit dagegen deutlich geringer ausgeprägt, so dass die Ertragsdefizite etwas moderater ausfielen. Die Trockenheit dauerte im letzten Jahr auch nicht bis Ende Oktober, wie 2018, sondern ab Mitte September regnete es wieder vermehrt. Selbst auf trockenen Standorten regenerierte sich das Grünland meist wieder gut, sodass im Herbst meist noch ein passabler Schnitt geerntet werden konnte. Aber bereits im Spätsommer letzten Jahres zeigte sich landesweit ein zunehmender Mäusedruck auf Acker- und vor allem auf Grünlandflächen. Vor allem im Nordwesten Niedersachsens sind geschätzt über 100.000 Hektar Grünland von Mäusen so stark geschädigt, dass diese neu ausgesät werden müssen.

Das Ausmaß der Schäden auf dem Grünland zeigt sich meist in den Spätherbst und Wintermonaten, also während der Vegetationsruhe, wenn die Fraßschäden an den Grünlandpflanzen durch Mäuse nicht mehr durch Wachstum kompensiert werden können. Und so stellt sich die Situation bei vielen Betrieben vor allem in den Mittegebirgsregionen in NRW auch da. Durch Mäuse verursachte Lücken auf dem Grünland in der Größenordnung von 50 bis 70 Prozent und mehr sind auch in NRW keine Seltenheit. Eine genaue quantitative Schadensschätzung vorzunehmen ist aber kaum möglich. Vor dem Hintergrund der bislang sehr milden Witterung bis in die Höhenlagen der Mittelgebirge und der nur durchschnittlichen Niederschlagsmengen der bisherigen Herbst- und Wintermonate, sind die Mäuse nach wie vor aktiv. Inwieweit die Mäusepopulationen in den nächsten Wochen zunehmend dezimiert werden ist abzuwarten und sollte weiter beobachtet werden. Erfahrungsgemäß kommt es im Zeitraum von Februar bis März meist zu einer deutlichen Abnahme der Populationsdichten. Dies hat folgende Ursachen:

  • Widrige Witterungsverhältnisse über längeren Zeitraum (v.a. langanhaltende Nässe, Frostwirkung 20 bis 30 cm Bodentiefe)
  • Zurückgehende Reproduktionsraten
  • Zunehmend mangelndes Nahrungsangebot v.a. bei starkem Mäusebesatz und bereits stark dezimierten, lückigen Grünlandnarben

Mäuseaufkommen bestimmen?

Viele Landwirte, die erhebliche Mäuseschäden zu beklagen haben fragen nach pragmatischen Lösungen, um zum einen die Mäuse unmittelbar zu bekämpfen bzw. aus dem Grünland zurückzudrängen und zum anderen, die zu erwartenden Futterverluste zu kompensieren. Wer eine stark geschädigte Grünlandfläche mit einer Striegelübersaat, im Direktsaatverfahren (z.B. Vredo) oder auch mit einer flach den Boden bearbeitenden Kreiseleggen-Drillmaschinen-Kombination Nach- bzw. Neuansaaten durchführt, geht das Risiko ein, dass weiterhin aktive Mäuse den Boden durchwühlen und durchlöchern und zudem die Grassaat als Nahrungsquelle nutzt.

Aber zunächst sollte vor der Planung des Saatverfahrens Ende Februar bis Anfang März zunächst kontrolliert werden, ob die Mäuse weiterhin aktiv sind und eine problematische Populationsdichte aufweisen. Nach Empfehlungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen kann mit der sogenannten „Lochtretmethode“ die Besatzstärke relativ präzise ermittelt werden. Je nach Ergebnis können daraus die Bekämpfungsstrategien abgeleitet werden. Die Lochmethode funktioniert wie folgt: Zunächst ist eine etwa 250 m² große repräsentative Fläche auszumessen (etwa 16 x 16 m). Die Eckpunkte sollten mit Stäben markiert werden. Dann werden alle Mäuselöcher zugetreten oder mit Boden aufgefüllt und markiert. Nach 24 Stunden werden alle wieder geöffneten Löcher gezählt. Da die Anzahl der wieder geöffneten Löcher mit der vorkommenden Zahl an aktiven Feldmäusen in einem Verhältnis von 2,5:1 steht, lässt sich daraus relativ genau die tatsächliche Besatzstärke bestimmen. Die Schadschwelle für eine Bekämpfung beträgt 6 bis 9 wieder geöffnete Löcher auf 250 m². Diese Methode ist zwar relativ aufwendig, die Ergebnissen geben dem Landwirt aber eine wertvolle Information zur Besatzstärke und welche weiteren Maßnahmen zielführend sein können.

Mäuseloch-Tretmethode

Feststellung der Besatzstärke bei Mäusen nach der Lochmethode

Chemische Mäuse-Bekämpfung

Die chemische Bekämpfung beschränkt sich in Deutschland ausschließlich auf Zinkphosphid-haltige Präparate. Folgende Präparate sind im Handel erhältlich: Ratron Giftlinsen, Ratron-Giftweizen, Arvalin und Arvalin forte. Der Wirkstoff Zinkphosphid ist ein schnell wirkendes Gift, das aktiv von den Zielorganismen gefressen werden muss. Dort wirkt es im Körper als starkes Stoffwechsel- und Nervengift, das zum sicheren Tod führt. Fressen andere Tiere durch Zinkphosphid getötete Mäuse (z.B. Füchse, Vögel), besteht, anders als bei Cumarin-haltigen Rodentiziden, keine Gefahr, dass diese zu Schaden kommen.

Damit möglichst keine anderen Organismen als Mäuse die Zinkphosphid-haltigen Präparate erreichen und fressen, sind unbedingt die Anwendungshinweise zu beachten:

  •  Möglichst tiefe Ablage der Mäuseköder in die Mäusegänge mit einer speziellen Legeflinte.
  •  Keine breitflächige Ausbringung.
  •  Einhaltung eines Abstands zu Gewässern von 10 m. Dies gilt für permanent und periodisch wasserführende Gewässer, aber nicht für gelegentlich wasserführende Gewässer. Die Abstandsauflagen gelten auch für das Auslegen von Köderboxen.
  •  Keine Anwendung an Wegrändern, Feldsteifen, Banketten, Blüh- und Puffersteifen, Böschungen, Gräben, Brachen usw., sondern nur auf landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Bei großflächigem Befall oder einem Befall auf vielen Betriebsflächen ist das konsequente Ausbringen von Giftpräparaten mit der Legeflinte extrem aufwendig. Erfahrungsgemäß ist ein hoher und nachhaltiger Wirkungsgrad nur dann zu erreichen, wenn systematische chemische Bekämpfungsmaßnahmen gemarkungsübergreifend erfolgen. Die Förderung von natürlichen Fraßfeinden wie Greifvögel, Störche, Graureiher, Füchse und Marder ist vorbeugend sicher sinnvoll, die Entwicklung extremer Mäusepopulationen kann aber auch sie meist nicht verhindern.

Bei der Anwendung von Zinkphosphid-haltigen Präparaten sind zum Schutz von Kleinsäugern seit dem 6. November 2019 folgende Anwendungsbestimmungen zu beachten:

  •  Keine Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten des Feldhamsters zwischen 1. März und 31. Oktober.
  •  Keine Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten der Haselmaus in einem Umkreis von 25 m um Bäume, Gehölze oder Hecken zwischen 1. März und 31. Oktober.
  •  Keine Anwendung in aktuell nachgewiesenen Vorkommensgebieten der Birkenmaus zwischen 1. März und 31. Oktober.
  • Weiterhin folgende Bestimmungen für die Anwendung von Zinkphosphid-haltigen Rodentiziden in Schutzgebieten zu beachten:
  •  Vor einer Anwendung in Natura 2000 Gebieten (FFH- und Vogelschutzgebieten) ist nachweislich sicherzustellen, dass die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck maßgeblicher Bestandteile des Gebietes nicht erheblich beeinträchtigt werden. Der Nachweis ist bei Kontrollen vorzulegen.
  •  In der neu gefassten Anwendungsbestimmung wird der besondere Schutzstatus von FFH- und Vogelschutzgebieten hervorgehoben. Ein gesondertes Verbot der Anwendung in Naturschutzgebieten wird jedoch nicht mehr ausgesprochen. Grund hierfür ist, dass ein solches Anwendungsverbot bereits grundsätzlich für alle Mittel mit dem Wirkstoff Zinkphosphid gilt (geregelt in der Pflanzenschutzmittelanwendungsverordnung: §4 PflSchAnwV in Verbindung mit Anlage 2).
  •  Keine Anwendung auf nachgewiesenen Rastplätzen von Zugvögeln während des Vogelzugs.

Mechanische Mäusebekämpfung

Auf Grünlandflächen, wo eine extrem starke und aktive Mäusepopulation festzustellen ist, die meist auch mit einem sehr hohen Lückenanteil von 50 bis 80 Prozent und mehr einhergehen, kann nur eine mechanische Bekämpfung im Rahmen einer tiefgehenden Bodenbearbeitung einen deutlichen befallsreduzierenden Erfolg versprechen. Am wirkungsvollsten erweist sich dabei ein mindestens 20 cm tiefes Pflügen. Experten nach hat das Pflügen von 15 bis 25 cm Tiefe eine meist stressinduzierte Mortalitätsrate bei Mäusen von 60 bis 90 Prozent zufolge. Aber auch das flache Pflügen (10 bis 15 cm tief) und ebenso das Grubbern (15 bis 25 cm tief) haben schon einen guten Effekt. Die Mäusenester werden durch wendende Bodenbearbeitung zerstört. Zudem bedeutet dieser extreme Eingriff für die schutz- und nahrungslosen Mäuse einen katastrophalen Umstand. Randnah lebende Mäuse werden zum Teil zunächst auf die sicheren Randflächen (Feldränder, Böschungen usw.) ausweichen können. Dort wo eine möglichst tiefe wendende Bodenbearbeitung möglich ist, sollte dieses Verfahren in Erwägung gezogen werden. Mit einer flachen Bodenbearbeitung bis maximal 10 cm (z.B. Fräse, Kreiselegge, Kreiselgrubber) oder mit scharfem Striegeln werden die Mäusenester dagegen nicht hinreichend zerstört, da diese meist unterhalb dieses Bearbeitungshorizontes liegen. Im Einzelfall sind aber vor einem Grünlandumbruch Aspekte des Gewässer- und Bodenschutzes mit der Landwirtschaftskammer sowie den zuständigen Kreisbehörden abgeklärt werden.

Wildschweinschäden

Milde Winter bedeuten auch für Wildschweine eine bessere Überlebensrate. Daher sind auch in diesem Winter vor allem in den waldreichen Mittelgebirgsregionen auf dem Grünland große Schäden durch Wildschweine zu beklagen. Begünstigt wird die Aktivität der Wildschweine auf dem Grünland auch durch das vielerorts starke Auftreten von Engerlingen des Mai- und Junikäfers, des Schnelllaufkäfers und sonstiger Käferarten. Die Wildschweine durchwühlen dabei intensiv die Grünlandnarbe, auf der gezielten Suche nach dieser schmackhaften Proteinquelle.

Während bei leichten Schäden gegebenenfalls ein Antreten der Grassoden mit dem Fuß oder einer Walze möglich ist, ist bei flächenhaften Schäden zur Planierung und Einarbeitung von Grassoden sowie für die Einsaaten, ein Maschineneinsatz erforderlich. Es soll an dieser Stelle kein spezielles Verfahren empfohlen oder beschrieben werden. Welches Verfahren zur Anwendung kommt, hängt von den jeweiligen maschinentechnischen Möglichkeiten des Betriebes oder Lohnunternehmers vor Ort ab. Viele Lohnunternehmen sind seit Jahren auf die Problematik von Wildschweinschäden eingerichtet und bieten die Wiederherstellung von geschädigten Grünlandflächen mit speziellen Maschinen wie dem Wiesenengel oder dem Wiesenhobel an. Nach Erfahrungen der Landwirtschaftskammer NRW können mit den genannten Geräten gute Planierungs-, Einarbeitungs-, und Ansaaterfolge erzielt werden. Ein in der Frontzapfwelle angebauter Mulcher oder eine flach eingestellte Kreiselegge zerkleinern dabei sehr effektiv die Grassoden und führen bereits eine Vorplanierung durch. Mit einer kombinierbaren Aufbausämaschine z.B. auf dem Wiesenengel oder dem Wiesenhobel im Heckanbau, kann die Bodenbearbeitung und Aussaat dann in einem Arbeitsgang erfolgen. Durch dieses kombinierte Verfahren können der Bodenbearbeitungseffekt und damit der Ansaaterfolg verbessert und die Kosten minimiert werden.

Unabhängig davon welche Technik zum Einsatz kommt, wichtig für den Erfolg von Bodenbearbeitung und Saat sind trockene Bodenverhältnisse bei der Durchführung. Danach entscheidet im Wesentlichen der Witterungsverlauf, wie gut sich die Ansaaten etablieren.

Problem mit Larven

Bereits im letzten Jahr waren auf immer mehr Grünlandflächen häufig zahlreiche, mehrere Quadratmeter große Areale zu erkennen, die regelrecht abgestorben waren. Werden solche Fleckenteppiche auf dem Grünland beobachtet, sollte in diesen Bereichen der Boden mit einem Spaten aufgegraben werden. Denn meist sind Larven von Käferarten wie Mai- und Junikäfer oder Laufkäferarten, die in den letzten Jahren wieder vermehrt aufgetreten sind, die Ursache. Aber auch die Larven der Wiesenschnake, auch Tipulalarven genannt, können bei hohem Aufkommen zu erheblichen Grünlandschäden führen. Dabei kann die abgestorbene Grasnarbe leicht vom Boden abgezogen werden.

MaikaeferlarvenBild vergrößern
Maikäferlarven
Tipula-LarvenBild vergrößern
Tipula-Larven

Die genannten Schadlarven ernähren sich vornehmlich von Pflanzenwurzeln. Bei starkem Vorkommen dieser Larven kann es vor allem während Phasen geringen Wachstums und während der Vegetationsruhe zu erheblichen Grünlandschäden kommen, da die Pflanzenwurzeln komplett abgefressen werden. Die kritische Befallszahl bei Engerlingen des Mai- und Junikäfers liegen bei 40 pro Quadratmeter. Bei starker Schädigung der Grasnarbe und entsprechend hoher Schadschwelle ist eine Bodenbearbeitung mit rotierenden Arbeitswerkzeugen erforderlich, um die Larven durch Schlag- und Quetschwirkung abzutöten. Zudem fördert die Ablage der Larven an die Bodenoberfläche bei Sonneneinstrahlung die Mortalitätsrate. Wirkungsvoll gegen Engerlinge ist der Einsatz von Kreiselegge und Kreiselgrubber (5 cm Arbeitstiefe) oder der Bodenfräse (8 bis 10 cm Arbeitstiefe). Wichtig ist es, die Bodenbearbeitung im Abstand von ein bis drei Tagen zu wiederholen und bei Sonnenschein durchzuführen. Der zweite Arbeitsgang kann dann mit einer kombinierten Aussaat erfolgen. Die Bodenbearbeitung sollte möglichst weit über die tatsächlich geschädigten Areale hinaus durchgeführt werden. Mai- und Junikäfer haben einen mehrjährigen Zyklus, bei dem sie zwei Jahre als fraßschädigende Larve leben.

Bei Tipulalarven liegt die Schadschwelle bei 300 Individuen im Herbst und im Frühjahr bei 100 Individuen pro Quadratmeter. Solche Schadschwellen werden eher selten erreicht. Im Nordwesten Niedersachsens sind derzeit jedoch mehrere zehntausend Hektar Grünland mit einem Besatz weit über den Schadschwellen befallen. Eine direkte Bekämpfung mit Insektiziden ist nicht zulässig. Der Einsatz von Kalkstickstoff dürfe eher von begrenzter Wirkung sein, da dieser über die kurzzeitige schädigende Cyanamidphase maximal nur in 3 cm Bodentiefe wirkt. Ob eine oben beschriebene Bodenbearbeitung einen deutlichen Reduzierungserfolg bei Tipulalarven herbeiführen kann, darüber gibt es derzeit zu wenig Erfahrungen. Wenn auf einer Befallsfläche im Frühjahr mehr als 100 Larven pro Quadratmeter festgestellt werden, ist die Neuansaat zu risikoreich. Da sich Tipulalarven erst im Juni verpuppen und dann den Wurzelfraß einstellen, sollten Neuansaaten auf Befallsflächen nicht vor Juni durchgeführt werden.

Autor: Hubert Kivelitz