Extra-Strohgaben zur Einsparung von Heu oder Heulagen

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Das niederschlagsarme Frühjahr und der sehr trockene Sommer 2018 haben zu einer Grobfutterknappheit geführt. Gutes Heu ist knapp und teuer. Die Grünlandflächen zeigten im Herbst zwar wieder Aufwuchs bei den noch warmen Temperaturen, allerdings enthielten die letzten Aufwüchse im Spätherbst nur wenige Nährstoffe und konnten damit nur wenig zur Nährstoffversorgung von Pferden beitragen. Ein alleiniger Einsatz des wasserreichen Grases wäre auch keinesfalls artgerecht gewesen, denn Pferde brauchen Struktur zum Mahlen bzw. zur Speichelflussanregung mit dem enthaltenen Natrium zur Verdauungsvorbereitung. Neben der Alternative Maissilage wird auch wieder verstärkt Futterstroh in die Rationen eingemischt. Doch welche Menge ist sinnvoll?

Alternative Stroh

Eine Extragabe von Stroh in gehäckselter Form war in Zeiten starker Pferdehaltungen in unseren Landen die typische Vorgehensweise bei hohen Kraftfuttergaben. Besonders bei intensiv arbeitenden Pferden vor Pflug-, Egge- oder Saatmaschine wurden bei den Extragaben von Hafer in den einzuhaltenden Arbeitspausen Strohhäcksel hinzugegeben, um ein zu hastiges Herunterschlingen von z. T. hohen Hafer- bzw. Kraftfuttergaben zu bremsen.

Für das Häckseln wurden besonders gute Strohpartien (gerne das Haferstroh) in hygienisch einwandfreier Qualität extra gelagert und je nach Bedarf wurden die Häckselpferdekisten wieder aufgefüllt. Auf vielen Böden stehen heute noch alte Häckselkisten und Häckselmaschinen.

In heutiger Zeit ist das Häckseln natürlich nicht mehr anzutreffen, weil den Pferden ganz einfach mehr Zeit für die zusätzliche Strohaufnahme gegeben werden kann. Was bleibt, ist die Forderung nach guter Strohqualität, das heißt ein Stroh mit hoher Futterakzeptanz, zusätzlicher Nährstofflieferung, aber natürlich vor allem mit hohem Hygienestatus, damit die natürlichen Verdauungsvorgänge von Futteraufnahme, Futterzerkleinerung inklusive Einspeichelung, gutem Futter abschlucken, Futterbreitransport durch Magen und Darm normal ablaufen kann und Verdauungsstörungen, wie Schlundreizungen bis –verschluss sowie Fehlgärungen mit Koliken erst gar nicht auftreten. Bekanntlich ist das Pferd sehr empfindlich aufgrund seines besonders aufgebauten Verdauungstraktes.

Das von der Ernte bis Verfütterung gewonnene bzw. bereitgehaltene Stroh sollte also vor allem einen TOP-Hygienestatus aufweisen. Alle Maßnahmen von richtiger Mähdreschereinstellung, mindestens 1mal Schwaden vor Pressen, weniger als 15 % Restfeuchte im gesamten Ballen bei allen Ballen und trockener schädlingsfreier Lagerung sind zur Erreichung eines guten Stroh-Hygienestatus durchzuführen. Am guten Geruch bei der Strohverteilung spiegeln sich dann diese stets genauestens durchzuführenden Maßnahmen wieder. Mit einer zusätzlichen Analyse auf Schimmelpilze können die sensorischen Prüfungen auf Geruch und Anteile unerwünschter Stoffe, wie z. B. Beikräuter oder Strohwurzeln mit Erdanteilen natürlich weiter abgecheckt werden.

Die vielfach gestellte Frage, welche Getreideart das beste Stroh für Pferde erwarten lässt, ist differenziert zu beantworten. Sicherlich steht an erster Stelle das Haferstroh, wenn die späte Ernte ein gut nachgetrocknetes Haferstroh zugelassen hat. Das Trocknen nach der Ernte darf ruhig 4 – 6 Tage beim Haferstroh dauern, denn Haferstroh ist in der Regel viel feuchter beim Drusch als Gersten- oder Weizenstroh. Hinzu kommt, dass bei spät geernteten Haferschlägen oft das Wetter nicht mehr mitspielt – kürzere Tage, viel nächtlicher Tau und so weiter.

Viel Haferstroh gibt es aber gar nicht mehr, weil der Haferanbau deutlich rückläufig war. Gut geeignet ist aber auch Gerstenstroh, wobei das Stroh von Sommergersten oft eine höhere Futterakzeptanz besitzt, wenn es noch gut strukturiert und nicht zu fein gedroschen und dann nicht mehrfach von Niederschlägen durchnässt war und dann mit mehrmaligen Schwaden eventuell sogar Wenden getrocknet werden musste. Dieses verträgt das Stroh von Wintergersten schon besser und noch besser das von Weizen.

Entscheidend ist, wie bereits gesagt, ein sauberes, gut strukturiertes Stroh, frei von Keimen, Pilzen und geschmacksbeeinträchtigenden Substanzen. Bei der trockenen Lagerung ist deshalb auch stets auf eine Schädlingsbekämpfung zu achten.

Nährwerte von Stroh

Gutes Stroh ist aus Sicht der Energiebereitstellung gutem Heu natürlich deutlich unterlegen – es liefert im Mittel über alle Stroharten mit 5,2 MJ DE nur 66 % des Gehaltes von Wiesenheu mit 7,3 MJ DE bzw. nur 50 % von Durchschnitts-Maissilagen. Ausschlaggebend hierfür ist in erster Linie der um 1,35 bzw. 1,75fach höhere Rohfasergehalt gegenüber Heu bzw. Maissilage im Stroh. Von gutem Stroh sollte je 1 kg weniger Heu also etwa 1,52 kg Stroh mehr angeboten werden. Ein Stroh-Aussuchen ist fürs Pferd dann auch noch gut möglich. Der Gehalt an Rohprotein beträgt im Stroh sogar nur 1/6 (16,7 %) dessen von Heu undbedarf gegebenenfalls einer Ergänzung mit proteinliefernden Komponenten, wie z. B. mit einem Protein liefernden Kraftfutter oder mit Soja- oder kleinen Ackerbohnengabe. Wobei bei ausgewachsenen Pferden mit leichtem bis mittleren Arbeitseinsatz das Eiweiß bereits oft mehr als ausreichend angeboten wird.

Bei den im Wachstum und Körperentwicklung und/oder Training befindlichen Pferden liegt natürlich ein viel höherer auszugleichender Proteinbedarf vor. Hier kann mit speziellen Ergänzungsfuttern von Pferdefutterherstellern eine sehr gezielte Proteinergänzung erfolgen, unter anderem unter Berücksichtigung der neuen Versorgungsempfehlungen zu den Aminosäuren als entscheidende Eiweißbausteine im Futter.

Als ideales Grobfutter-Ausgleichsfutter zum proteinarmen Stroh kann natürlich auch Luzerneheu, meistens aus Frankreich importiert mit im Mittel 135 g Rohprotein je kg vermischt mit Stroh zugefüttert werden. Eine Mischung von 3 kg Stroh und 1 kg Luzerneheu liefern pro kg Luzerne-Stroh-Mischung etwa die mit 1 kg Heu angebotene Rohproteinmenge und das geringe Mineralstoffangebot im Stroh wird ebenfalls angehoben. Ein derartiges Stroh-Luzerne-Gemisch ist auf jeden Fall besser als minderwertiges Heu.

Übersicht 1: Wertbestimmende Inhaltsstoffe für Pferde pro kg Futtermittel
Quelle: DLG Futterwerttabelle 1995 ergänzt, AID Heft Pferdefütterung, LWK NRW Rechenmeister Pferde

Futtermittel TN Rohfaser Rohstärke DE Rohprotein/
verd. Rohprotein
Ca P
  g g g MJ g g g
Gutes Wiesenheu 860 269 - 7,3 87/54 4,3 2,6
Heulage 700 203 - 6,2 98/69 6,0 2,6
Weidegras, 2./3. Aufwuchs 190 45 - 1,8 40/30 1,1 0,6
stärkearme Maissilage 350 71 95 4 30/19 1,1 0,8
Gutes Futterstroh
(Gerste, Weizen, Hafer)
860 367 - 5,2 32/11 3,0 0,9
Luzerneheu 860 333   5,9 135/86 13,6 2,1
Hafer 880 99 392 12,2 108/85 1,1 3,2
Ergänzungsfutter 880 160 380 13,1 125/95 11,0 4,5
Sojaextraktionsschrot 880 57   12,4 439/400 3,0 6,4
Ackerbohnen 880 79   12,0 263/218 1,2 4,8

In der Übersicht 2 sind Beispielrationen für Reitpferde aufgeführt - es sind Rationen mit wenig, viel und sehr viel Stroheinsatz für Reitpferde mit leichter und mittlerer Arbeit. Nach den Versorgungsempfehlungen zum verdaulichen Rohprotein sind alle Rationen als bedarfsgerecht einzustufen – sehr schön ist aber zu sehen, dass bei zusätzlicher angepasster Ergänzung von Luzerneheu zum Stroh im Verhältnis 1:3 einerseits die Heugabe nochmals gesenkt werden konnte und andererseits die Versorgung mit verdaulichen Rohprotein auf Größenordnungen bei den Rationen mit wenig Stroheinsatz wieder angeglichen werden konnte. Nämlich auf 535 g bei leichter Arbeit und 645 g verdauliches Rohprotein bei mittlerer Arbeit. Mit steigendem Stroheinsatz ist zur Einstellung der bedarfsgerechten Energieversorgung der Ergänzungsfutteranteil erhöht worden. Die bei höheren Stroheinsatz erhöhten Mineralfuttergaben sind bei den Rationen mit Luzerneheu auf die Mengen bei wenig Stroheinsatz gerechnet worden.

Übersicht 2: Beispielsrationen für ein Reitpferd auf Grundlage des Erhaltungsbedarfs (600 kg LM), kg Futtermittel je Tag

Ration: ohne Arbeit leichte Arbeit
Strohanteil wenig viel sehr viel wenig viel sehr viel
Gutes Wiesenheu,
1. Schnitt
9,5 7/6,5 4,5/4 11 8/7,5 5/4,5
Gutes Futterstroh
(Gerste/Hafer/Weizen)
1 3 4,5 1 2,5 4
Luzerneheu   --/1 --/1,5   --/0,8 --/1,3
Ergänzungsfuttermittel
zu Heu und Stroh
- 0,7 1,5 0,4 1,5 2,6
Mineralfutter 0,1 0,12 0,15 0,1 0,12 0,15
MJ DE /Tag 75 76 76 90 91 91
verdauliches Rohprotein g/Tag 525 480/535 435/535 645 600/645 560/645

Autor: Dr. Gerhard Stalljohann